ICON FOR HIRE - Icon For Hire
Mehr über Icon For Hire
- Genre:
- Alternative / Pop / Rock
- ∅-Note:
- 8.50
- Label:
- Tooth & Nail Records
- Release:
- 15.10.2013
- Cynics & Critics
- Nerves
- Sugar & Spice
- Hope Of Morning
- Sorry About Your Parents
- Pop Culture
- Watch Me
- Slow Down
- Rock and Roll Thugs
- Think I'm Sick
- Fix Me
- Counting On Hearts
Setzt ICON FOR HIRE ihren "Scripted" Erfolg fort?
Das zweite Album einer Band gilt gemeinhin als richtungweisend. "Make It Or Break It". Moment... nein halt, das war eine Fernsehserie. Wie auch immer, ihr versteht, was ich meine. (Ja, gilt aber eigentlich erst für das dritte Werk - PK)
Mit "Scripted" hat ICON FOR HIRE schon ein bärenstarkes Debüt hingelegt, auf dem Ariel und die Jungs Alterna-Rock mit viel Elektronik und poppigen Melodien gepaart haben und alles zu einem vielleicht nicht technisch ausgereiften oder intellektuell fordernden, aber stimmigen, zusammenhängenden und kurzweiligen Mix vermengten. Mit großen Erwartungen und viel Euphorie kündigten die Amerikaner dann über ihre diversen Facebook-Profile das neue Album an, posteten immer neue Statements über die allgemeine Zufriedenheit mit dem Ergebnis, das auf uns warten würde. Nun hat das lange Warten (endlich) ein Ende, das selbstbetitelte zweite Werk ist da und alle so: "yeeeaah!". Oder... auch nicht. Denn das kann man schon vorweg nehmen: die Scheibe wird polarisieren und zumindest einige eingefleischte Fans vor den Kopf stoßen. Solange sie sich danach aufraffen und wieder reinhören, kann es Ariel und ihren Männern ja prinzipiell egal sein. Aber wie beschreibt man das, was man da hört? Wie bewertet man es? Sie machen es uns nicht unbedingt leicht.
Vielen Fans dürfte die sehr "modern" klingende Art nicht unbedingt gefallen, Electro hält viel mehr Einzug als noch auf dem Debüt und Ariel "rappt" fast mehr als das sie singt. Obwohl sich ihr Sprechgesang noch deutlich von denen unterscheidet, die das hauptberuflich verzapfen. Und ihre Texte sind ausgesprochen intelligent, ein wenig Emo-lastig, aber das trifft doch heutzutage auf 90% aller Jugendlichen zu. Einen Draht zu ihnen zu finden, in dem man die vorher schon sehr typischen Lyrics noch weiter in das Feld verschoben hat, nunja. Mich stören die Texte nicht, tatsächlich ertappe ich mich sogar dabei, sie schnell auswendig zu lernen. Ein gutes Zeichen für Musik, die vielleicht merkwürdig und sehr andersartig klingt, aber ins Ohr geht und nach kurzer Zeit verlangt, wieder Gehört zu werden. Immerhin scheppern die Riffs noch deutlich, der Bass ist nicht dominant, unterlegt aber vor allem die ruhigeren Parts ganz ausgezeichnet.
Im Vorfeld gabs 'Cynics & Critics' schon auf Youtube und Soundcloud und ist, im Nachhinein betrachtet, eine perfekte erste Kostprobe vom kommenden Album. Der Song erinnert mit dem mächtigen, höchst melodischen Refrain noch am ehesten an "Scripted". Die Strophen sind dabei aufgeteilt, der erste Part ist immer sehr melodisch gesungen, der zweite rotzt den Text nur vor sich hin und schreit und kreischt mehr, was dem Text mehr Wucht verpasst. Stark wird es erst richtig, wenn das am Ende in der Bridge noch von massiven Riffs und einem passenden, stampfenden Rhythmus unterlegt wird. Schon nach kurzer Zeit ist der Opener im Gehör und macht es sich da erst mal gemütlich.
'Nerves' schiebt direkt den zweiten, an "Scripted" erinnernden Song nach. Auch hier dominiert ein besonderer Rhythmus, eine ganz eigene (irgendwie an Pop-Songs aus dem Radio klingende) Melodie und wieder ein starker Refrain. Der würde sich als etwas drückendere Single auch im Radio gut machen. Die erst etwas untergeordneten, dann hervortretenden Gitarren dürften so manchen Radiohörer umpusten. Das Highlight folgt schon mit dem dritten Song, 'Sugar & Spice'. Die Melancholie unter der Oberfläche ist überdeutlich, wird aber von schweren Instrumenten begraben. Paradoxerweise besticht das erste Highlight der Scheibe nicht durch einen besonders ausgefallenen Refrain, es sind die Strophen, die den Hörer hoffentlich in ihren Bann ziehen.
Im Verlauf fällt die Scheibe leider ein wenig ab, knickt sogar im Anschluss regelrecht ein. 'Hope Of Morning' und 'Sorry About Your Parents' scheitern kläglich an ihrer Ausrichtung. 'Hope Of Morning' weiß nicht, ob er in die Hip-Hop-Richtung gehen soll, ist sich unsicher und verwirft diesen Ansatz sofort wieder, schleicht dann im Midtempo vor sich hin. Uninspiriert vorgetragene Lyrics machen die Sache nicht besser. 'Sorry About Your Parents' klingt vom Beat her vielleicht wie US Hip Hop, aber die schweren Gitarren zertrümmern diese Überlegung sofort wieder. Der Refrain verbreitet eine einzige Langeweile. Und gesanglich ist der komplette Song total unauffällig, eigentlich ein Unding bei ICON FOR HIRE, denn die Band lebt von Ariels besonderer Stimme und dem Melodiewechsel zwischen Strophen und Refrains. Eine Spezialität, die Ariel besonders gut beherrscht. Und das zeigt sie uns zum Glück im Anschluss wieder. 'Pop Culture' hämmert sofort mit einer Technorhythmusfraktion auf den Hörer ein und die Gitarren wirken anfangs wie hinter einem Schleier versteckt. Wenn auch sie mitmischen dürfen und Ariel den Beat wörtlich antreibt, muss man zwangsläufig auf die Lyrics schauen, denn der ganze Song wirkt wie eine wundervolle Parodie auf die Popkultur. Die Technoparts werden dann von schweren Gitarrenriffs und einem omnipräsenten Bass verdrängt, höchst interessant.
'Watch Me' mixt mehr denn je die modernen Popklänge mit guten Riffs und einem echten Schlagzeug. Von der ganzen Art her klingt der Song wie eine Ballade, verpuppt in einem Kokon aus einem Rock/Pop-Hybrid. Ariels Stimme macht den Song erst hörenswert. An ihr kann man sich sowieso ganz gut durch das Album hangeln. Bis auf die beiden Ausfälle geleitet sie den Hörer sehr zuverlässig durch das Geschehen. Das klappt im folgenden 'Slow Down' auch sehr gut. Leicht melancholisch angehaucht und butterweich singt sich Ariel durch den Song. Vielleicht der radiotauglichste Song, am Ende dann aber doch ein Tick zu zart, an der Grenze zum Gewöhnlichen. Das zweite Highlight klingt schon vom Titel her wie eine absolut vor Klischee triefende Nummer, 'Rock and Roll Thugs' beginnt aber wie eine wunderschöne Ballade, jetzt erst werden wohlige Erinnerungen an 'The Grey' richtig wach und auch diese neue Ballade besitzt einen tollen Drive und einen super Refrain. Das mag vielleicht das eine oder andere Klischee bedienen, aber so what? Es KLINGT gut, es fühlt sich verdammt richtig an, die Melodie, Ariels Stimme, die drückenden Riffs und das super begleitende Schlagzeug samt Bass, alles macht Spaß an dem Song. Auch das Break gegen Ende, wenn die Instrumente etwas zurückgefahren werden und Ariel uns "You're Not Listening, You Don't Understand" mit fettem Rhythmus und ordentlich Wucht entgegen schmettert, drückt man (bzw. ich) sofort die Repeat-Taste.
Auch die letzten Songs machen einen durchweg guten Eindruck, 'Think I'm Sick' hat einen recht markanten Refrain und wieder dieses tolle Wechselspiel zwischen Strophe und Refrain. Dazu kommt die erste echte Ballade, 'Fix Me', wie gemacht für Ariels besondere Stimme. 'Counting On Hearts' klingt wie ein kleiner Querschnitt der zweiten Hälfte des Albums und hat, wenn sie denn kommen, die schwersten Riffs des Albums zu bieten. Eigentlich ist der Song nichts besonderes, aber er wächst mit der Zeit.
Ich werde das Album nicht für seine Andersartigkeit abstrafen. Es war unglaublich mutig von Ariel und ihren Jungs, diese Richtung einzuschlagen. ICON FOR HIRE hätte auch einfach ein "Scripted 2" herausbringen können. Nein, es gibt was neues, was seltsam anderes. Aber wenn es euch auch kriegt und ihr auf einmal, ohne offensichtlichen Grund, mehr hören wollt, dann hat es auch euch gefangen und ihr versteht, was ich meine. Hätte es die beiden Ausfälle nicht gegeben und wenn sie am Ende nicht versucht hätten, sich zu oft selbst innerhalb des Albums zu kopieren und immer wieder die ruhigen Parts an 'The Grey' anlehnen zu wollen, wäre eine höhere Benotung drin gewesen. Fazit: Mutig, anders, fordernd. I like!
- Note:
- 8.50
- Redakteur:
- Dennis Hogrefe