HALESTORM - Everest
Mehr über Halestorm
- Genre:
- Hard Rock
- ∅-Note:
- 9.50
- Label:
- Napalm Records
- Release:
- 08.08.2025
- Fallen Star
- Everest
- Shiver
- Like A Woman Can
- Rain Your Blood On Me
- Darkness Always Wins
- Gather The Lambs
- Watch Out!
- Broken Doll
- K-I-L-L-I-N-G
- I Gave You Everything
- How Will You Remember Me
Spannender Sprung in klassische Hard-Rock-Gefilde!
Wenn es um starke Rockmusik geht, dann kommt man als Fan des Genres schon seit Jahren nicht an den Amerikanern HALESTORM vorbei. Die Anziehungskraft der Band geht dabei aber nicht nur von der einmaligen Stimme von Fronterin Lzzy Hale aus, die so ziemlich jeden Kollegen oder jede Kollegin locker an die Wand singen kann. Nein, auch das Songwriting des Vierers, der von Lzzys Bruder Arejay am Schlagzeug, Joe Hottinger an der Gitarre und Basser Josh Smith komplettiert wird, hat sich über die letzten Dekaden konsequent weiterentwickelt. Schwache Alben gibt es in der bisherigen Diskografie bisher somit nicht, weshalb die Erwartungen an den neuen Silberling "Everest", der den sechsten Studio-Release auf Albumdistanz markiert, dann auch entsprechend hoch sind.
Doch schon der als erste Single veröffentlichte Titeltrack sorgte bei einigen Fans für hochgezogene Augenbrauen, denn auch wenn Classic Rock schon immer ein Bestandteil des HALESTORM-Sounds war, klang der Vierer wohl noch nie so sehr nach dem Hard Rock der Achtziger und so episch-ausladend wie in diesem beinahe fünfminütigen Epos. Von kompakten Stakkato-Riffs und poppigen Refrains fehlt dann hier erst einmal auch jede Spur, stattdessen liefert uns Lzzy harmonisch unheimlich interessante Gesangslinien, während Joe ungeahnt viel Platz für seine Soli bekommt und gleich mal seinen inneren Jake E. Lee oder Randy Roads kanalisiert. Generell fühle ich mich irgendwie an das OZZY OSBOURNE-Werk der Achtziger erinnert, wenn sich HALESTORM hier durch eine getragene und unheimlich hymnische Nummer wuchtet, die wenig mit komapakten Hits wie 'I Miss The Misery' zu tun hat. Doch bitte nicht falsch verstehen, die neueste Evolutionsstufe des Quartetts mag erst einmal ungewohnt klingen, ist für meine Begriffe dennoch unheimlich packend und wirkt nach der langsamen Entwicklung hin zu mehr klassischem Hard Rock auf den letzen drei Langspieler auch nicht deplatziert.
Die zwei weiteren Singles 'Rain Your Blood On Me' und 'Darkness Always Wins' bestätigen ebenfalls die eher klassische Ausrichtung von "Everest". Gerade der letztgenannte Song ist mit dramatischem Piano, einem unfassbaren Ohrwurm im Refrain und erneut dezenten OZZY-Vibes, sobald die Gitarren einsetzen, ein wahrer Hit-Volltreffer, während 'Rain Your Blood On Me' mit groovigen Riffs eine gute Portion DIO mit ins Klangbild bringt und sich als wuchtiger Rocker präsentiert.
Auch im übrigen Songmaterial von "Everest" ist der klassische Achtziger-Anstrich zu keinem Zeitpunkt zu überhören, wobei HALESTORM gewohnt vielseitig zur Sache geht. So ist 'Shiver' eine dramatische Ballade, während 'Fallen Star' eine wahre Achterbahn von einem Song ist, bei der sich rasant-wuchtig rockende Passagen mit dramatisch-melancholischen Strophen die Klinke in die Hand geben. 'Like A Woman Can' nimmt das Tempo dagegen komplett heraus und räumt Lzzy viel Raum ein, um sich gesanglich zu entfalten, wohingegen 'Gather The Lambs' und 'Broken Doll' als recht kompakte Rocker noch am ehesten die Brücke hin zum direkten Vorgänger "Back From The Dead" schlagen. Auch einige komplette Vollgas-Rocker haben sich mit 'Watch Out!' und 'K-I-L-L-I-N-G' in die Trackliste geschlichen, die sogar ein paar Punk-Gedanken wecken, allerdings auf den ersten Blick auch am wenigsten Hit-Potential in sich tragen. Im Kontext von "Everest" als Gesamtwerk sorgen sie aber für wohltuende Abwechslung zwischen den doch eher getragen-epischen Songs, welche das Rückgrat der Scheibe bilden.
Wenn uns 'How Will You Remember Me' dann am Ende der Spielzeit mit AOR-Tönen, einem tollen Refrain und einem singenden Gitarrensolo in die Stille entlässt, bleibt man schon etwas ratlos vor dem heimischen Player zurück. Der nächste Sprung in der Evolution von HALESTORM will nämlich doch erst einmal verdaut werden, fällt er doch anno 2025 größer aus, als man das vielleicht anhand der bisherigen Karriere vermutet hätte. So hat "Everest" am Ende vielleicht nicht ganz so viele offensichtliche Hits im Gepäck wie etwa "The Strange Case Of ..." oder das Debüt, zeigt aber dafür eine Band, die mit viel Experimentierfreude die Vergangenheit auferstehen lässt, ohne die eigene DNA zu vergessen.
Etwas Geduld lohnt sich also, denn mit Zeit und ein paar Durchläufen mausert sich "Everest" zu einem Volltreffer, der vielleicht sogar den bisherigen Höhepunkt der Diskografie markieren könnte und mit dem Titeltrack und 'Darkness Always Wins' zwei Tracks mit absolutem Klassiker-Potential im Rücken hat.
- Note:
- 9.50
- Redakteur:
- Tobias Dahs