CARNE - Ville Morgue
Mehr über Carne
- Genre:
- Noise / Sludge / Post Hardcore
- ∅-Note:
- 6.00
- Label:
- Solar Flare Records
- Release:
- 15.11.2013
- Introduction A
- We Are The Romanoes
- Fear Trade
- Crown Of Porns
- 1000 Beers
- Introduction B
- Slave / Her
- Chien Noir
- Intermede
- Ville Morgue
Die spinnen, die Franzosen.
CARNE ist mal wieder eine dieser anders gearteten Bands aus dem frankophonen Raum, deren verrückte Veröffentlichungen in jüngerer Zeit vermehrt zu uns herüber schwappen. Ein französischer Hintergrund scheint so etwas wie eine Garantieerklärung für abgedrehte, schmerzhafte Musik der härteren Gangart geworden zu sein - im Falle von CARNE versorgt uns hier ein Duo (!) mit einer noiselastigen Mixtur aus Post Hardcore und Sludge, und "Ville Morgue", der aktuelle Output des Doppels aus Lyon, dient als eindrucksvoller Beweis für die Wut und Experimentierfreudigkeit westseits des Rheins.
Prinzipiell ist mir ein solch anstrengend-fordernder Beitrag auch allemal lieber als der ganze risikofreie Kram, der nur bequem den gängigen Trends hinterherläuft. Allerdings kommt "Ville Morgue" dann doch wieder eine ganze Spur zu konfus daher. Mehrere drei- bis siebenminütige Tracks werden wild durcheinander gewürfelt mit einigen aus undefinierten Geräuschkulissen bestehenden Interludes, und dabei verstören die vollwertigen Songs im Grunde mehr als dass sie mitreißen. Ähnlich wie bei den Eidgenossen von CORTEZ findet die Gitarrenarbeit mehr in Form von breiig-verzerrtem Hintergrundlärm statt, denn als erkennbarer Rhythmus- oder Melodiegeber. Geschrien wird durchgängig; Refrains oder wirklich eingängige, nachvollziehbare Parts sind nicht auszumachen. Noch extremer als bei sonstigen Kapellen aus dem unbequemen Spannungsfeld von Noise und Hardcore zelebrieren die beiden Franzosen von CARNE geradezu genüsslich eine Art akustischer Folter, treiben die Disharmonien auf die Spitze, weiden sich an der Hässlichkeit und dem Schmerz, den sie mit ihren Kompositionen sezieren. Strukturlosigkeit hat System, und trotz des progressiv angesetzten Songaufbaus bleiben Momente der Abwechslung Mangelware. Nur bei 'Slave / Her' erklingt über mehrere Minuten gequälter weiblicher Sprechgesang, womit sich Track Nr.7 etwas deutlicher vom Rest der Platte abhebt. Und sonst? 'Fear Trade' ergeht sich über längere Etappen in einem stumpfen Prügel-Part, 'Crown Of Porns' klingt wie eine Doom-Version von RAGE AGAINST THE MACHINE, der Titeltrack bietet hier und da sogar so etwas wie nachvollziehbare Gitarrenmelodien – doch "Ville Morgue" bleibt durchgängig vor allem eines: Enorm schwer verdaulich.
Wer sich heutzutage noch an SCRATCH ACID erfreuen kann, oder Bands wie SEA OF BONES oder OM abfeiert, darf auch bei CARNE mal ein Ohr riskieren. Für Fans zugänglicherer Post-Hardcore-Kapellen wie DEFEATER oder SCARRED BY BEAUTY dürfte "Ville Morgue" allerdings zu starken Tobak darstellen. Die Musiker von CARNE verdienen Anerkennung für ihre unkonventionelle Vorgehensweise, eine Hörempfehlung kann aber nur an bekennende Freunde unbequemer musikalischer Experimente ausgesprochen werden.
- Note:
- 6.00
- Redakteur:
- Timon Krause