BLEED - Bleed
Mehr über Bleed
- Genre:
- Nu Metal / Alternative Metal
- ∅-Note:
- 8.50
- Label:
- 20 Buck Spin
- Release:
- 02.05.2025
- Climbing Down
- Fixate
- Through The Cylinder
- Killing Time
- Marathon
- Cynical
- Enjoy Your Stay
- Slip
- Shallow
- Take It Out
Der Nu Metal der Neunziger lebt - und wie!
Ich fühle mich ein wenig schuldig, denn seit ein paar Jahren schon bezeichne ich die Amerikaner TETRARCH als den vielleicht spannendsten Newcomer im Nu Metal. Dabei habe ich komplett übersehen, dass sich in Texas mit BLEED ebenfalls eine Band aufgemacht hat, diesen Titel für sich zu beanspruchen. Ein kurzes Antesten der Debüt-EP "Somebody's Closer" schien jedenfalls zu bestätigen, dass sich auch der Fünfer im Sound der Neunziger und frühen Zweitausender extrem wohlfühlt und den Vibe der Genre-Größen durchaus überzeugend transportieren kann. Falls die Mannschaft aus Dallas diese Qualität auch auf dem Debüt "Bleed" übertragen kann, steht einem Kopf-an-Kopf-Rennen der beiden US-Nu-Metaller wahrscheinlich nichts mehr im Wege.
Musikalisch hinkt der Vergleich beider Bands trotz ähnlicher Einflüsse allerdings doch ein wenig, denn wo sich TETRARCH beispielsweise primär am melodischen Spätwerk von KORN orientiert und die eigenen Songs immer mit einem modernen Pop-Appeal serviert, ist BLEED deutlich ungeschliffener, wütender und uriger unterwegs. So erinnert mich etwa der Opener 'Climbing Down' mit seinen Scratches und spröden Riffs ganz stark an das LIMP BIZKIT-Debüt, während die melancholischen Untertöne und der emotionsgeladene Gesang von Fronter und Gitarrist Ryan Hughes auch schnell die Landsleute DEFTONES und deren mittleren Karriereabschnitt um "Around The Fur" und "White Pony" auf den Plan ruft. Gerade die Gesangslinien sind dabei ein umheimlich packender Aspekt und machen den Song direkt zu einem Volltreffer für Fans der neumetallischen Neunziger. 'Fixate' mischt dagegen zwei komplett andere Kollegen miteinander, denn während die groovenden Riffs die Luft des KORN-Debüts atmen, erinnern mich die grungig angehauchten Gesangslinien an Mitstreiter wie P.O.D. oder ALICE IN CHAINS. Diese Kombination funktioniert hier wunderbar und gerade der erneut bärenstarke Gesang sorgt dafür, dass sich auch der zweite Track des Debütalbums als Volltreffer erweist.
Und auch im weiteren Verlauf verliert BLEED glücklicherweise nicht den Faden, sondern kämpft sich munter weiter durch die Untiefen der Neunziger, um den Liebhabern des Nu Metal einen wohlig vertrauten Sound zu kredenzen. Das größte Kunststück der Amerikaner ist es dabei aber - wie auch bereits bei den ersten beiden Tracks -, die eigene DNA offenkundig durchscheinen zu lassen und die Nostalgie-Knöpfe bei den Zuhörenden zu drücken, ohne dabei je zu sehr bei einem spezifischen Vorbild abzukupfern, sodass man auf die Idee kommen könnte, es hier mit einem lahmen Abklatsch zu tun zu haben. Im Gegenteil, der Fünfer vermengt all seine Einflüsse gekonnt zu einem Bandsound, der zwar in sich nicht revolutionär, aber unfassbar abwechslungsreich ausgefallen ist. Das alles sorgt dafür, dass die Liste der Anspieltipps nicht gerade kurz ausfällt, denn mit dem erneut sehr grungig veranlagten 'Marathon', dem melancholischen Hass-Brocken 'Killing Time' oder dem harmonisch unheimlich unterhaltsamen 'Cynical' drängen sich viele Nummern als potentielle Höhepunkte auf. Und ja, sogar ein paar ruhige Töne haben ihren Weg auf "Bleed" gefunden, wobei mich das akustisch geprägte 'Shallow' sogar an die Kollegen INCUBUS und deren Superhit 'Drive' denken lässt.
Schlussendlich ist es dann wohl eine Grundsatzfrage, wo man die Zukunft des Nu Metals sieht. Mögt ihr es eher poppig-modern mit offensichtlichen Hits, dann ist TETRARCH sicher der richtige Ansprechpartner für euch. Wenn ihr - wie ich übrigens auch - aber immer schon die ungeschliffene, rohe und trotzdem prägnante Seite des Genres geliebt habt und etwa das DEFTONES- oder KORN-Frühwerk verehrt, dann darf ich euch BLEED und das selbstbetitelte Debüt wärmstens ans Herz legen, denn hier wird der Geist der Neunziger auf überraschend packende und doch eigenständige Art und Weise wiederbelebt.
- Note:
- 8.50
- Redakteur:
- Tobias Dahs