Wacken Open Air 2002 - Wacken

16.08.2002 | 14:19

01.08.2002,

FREITAG - Party-Stage


AVALANCH

In den frühen Morgenstunden - so gegen 10 Uhr - kämpfte ich mich durch Schlamm und Regen bis zur Party-Stage durch, um AVALANCH zu sehen. Doch leider waren wohl die meisten Festival-Besucher der Meinung, dass es sich hierbei um unmenschliche Bedingungen handelte und so konnte ich gerade einmal drei Hartgesottene vor der Bühne entdecken (und diese drei hatten vermutlich auch noch einen Presseausweis, denn es war schon kurz nach 10 Uhr, bis die ersten Leute überhaupt auf das Festivalgelände gelassen wurden - Martin). Doch das blieb nicht lange so, denn bereits nach dem dritten Song stand schon fast der ganze Platz voll - zwar gut verteilt, aber immerhin. Die Jungs auf der Bühne gaben jedenfalls zu jeder Zeit ihr Bestes und begeisterten die mehr oder weniger vorhandenen Fans mit ihrem symphonischen Power Metal. Zwar gibt es von AVALANCH auch eine englisch-sprachige Scheibe ("Eternal Flame"), doch nach WACKEN brachten sie ausschließlich ihre spanischen Songs mit. Das Mitsingen wird zwar dadurch etwas schwieriger, jedoch verleiht es auch eine gewisse Originalität. Im Set fand man vor allem Songs von ihrer neuesten CD "El Angel Gaido", wie zum Beispiel "Tierra Denadie", "Angel Gaido", "Corazon Negro" und "Levantate Y Anda". Auch "Torquemada" von der "Llanto De Un Héroe" war mit von der Partie.
[Ulrike]


REBELLION

Bei REBELLION handelt es sich um ein neues Projekt von Uwe Lulis und Tomi Göttlich (beide Ex-GRAVE DIGGER). Zusammen mit Bjorn Eilen (Gitarre, Vocals; Ex-WARHEAD), Randy Black (Drums; ANNIHILATOR) und Michael Seifert (Vocals; BLACK DESTINY) setzten sie erst vor kurzem ihre Metal-Oper um Shakespear´s Macbeth in die Welt. Doch nun zu ihrem Gig in WACKEN: Los ging es mit "Disdaining Fortune", dem zweiten Stück auf der Scheibe "Shakespear´s Macbeth", das vor allem aus der Textpassage "Hail Macbeth" besteht. Eigentlich ein guter Anheizer, nur leider war der Sound am Anfang sehr schlecht, da die linken Boxen keinen Ton von sich gaben. Doch das wurde schnell behoben und so konnte der Auftritt ohne weitere technische Probleme fortgesetzt werden. Weiter ging es mit "The Prophecy", bei dem vor allem die verschiedenen Gesangslinien von Michael Seifert auffielen. Denn bei dem balladen-artigen Anfang setzte er seine tiefere, klangvolle Stimme ein und ging später wieder über in sein übliches hohes Gekreische, das mit der Zeit etwas nervig wurde. Desweiteren hatten REBELLION noch die Stücke "Evil Speaks", "Deamons Rising" und "Die With Harness On Your Back" mitgebracht, die gebührend abgefeiert wurden.
[Ulrike]


DORNENREICH

Also, Black Metal von DORNENREICH und Party-Stage bringen rein klanglich und begrifflich eine Dissonanz in mir zu schwingen. Dank Schlammschlacht und unüberschaubaren Menschenmassen kam ich während des Openers angestapft, konnte aber nicht allzu viel versäumt haben. Sofort beglückten mich die dominant konkurrierenden Klänge von NECROPHOBIC auf der Black-Stage - im Laufe des Festivals fragte ich mich vermehrt und zunehmend verwundert, wozu die Stages überhaupt spezielle Namen bekamen; es wurde ohnehin nach Lust und Laune dort verteilt, was an Auftritten abzureißen war. Zurück zu DORNENREICH. Klanglich gesehen hatte ich noch schmerzhaft den schrebbelnden Auftritt auf dem WGT 2001 in Erinnerung und war auf Ähnliches gefasst, wurde jedoch positiv überrascht. Wäre da eben nicht erwähnte Nebenbühnen-Konkurrenz gewesen, die später - oh, Jubel! - durch IRON SAVIOR abgelöst wurde. Diesmal waren jedenfalls nicht nur wildes Durchgeprügel und Geschrebbel zu vernehmen, und die Besucher dankten es mit einem für Wacken-Nacht-Verhältnisse - hey, es war gerade nach zwölf - dicht gedrängten Bereich vor der Bühne. Ein Schelm, wer denkt, es hätte am dort ausgelegten Stroh und der somit schlammfreien, allerdings von dekorativen frühmorgendlichen Bierleichen verzierten Zone gelegen. Die filigraneren, abwechslungsreich arrangierten Strukturen gerade neuerer Stücke von DORNENREICH kamen durchaus zum Tragen, waren aber wegen der Umstände eher mühselig herauszuhören. Etwas zum Schmunzeln lud die eher sanfte und scheue Sprechstimme des Sängers in den Übergangspausen ein, was ihn mir aber gleich sympathischer machte. Diese Pausen waren allerdings mehr holprig überbrückt und etwas langatmig ruhig gestaltet, etwas mehr Struktur und Show gerade im BM-Bereich wünscht man sich schon. Der Auftritt selbst wirkte noch ebenso unausgeschlafen wie Wacken selbst, was ich den Jungs nicht wirklich verübeln kann, was aber den Auftritt auch nicht gerade spannender machte. Aber die Musik wurde besonders von dem Pulk im Vorderteil des Areals, wo sie besser zu vernehmen war, schwer abgefeiert und entsprechend gewürdigt, und das zu Recht. Was allerdings etwas befremdlich anmutete, war erst das nahezu klammheimliche Entschwinden von der Bühne und das erneute Auftauchen kurz darauf mit der Nachricht, man würde noch einmal "Trauer" spielen. Entweder hatte da jemand Langeweile oder die Zeitplanung ein Loch, auf jeden Fall war man wohl auf keine Zugabe eingestellt, und Präsentation sowie Zugabe selbst kamen ziemlich schlaff und wenig originell herüber. Insgesamt und gutes Spiel mit klasse Black Metal im Angebot, aber an Live-Präsentation sicherlich noch erheblich zu verbessern - für die widrigen Begleitumstände konnte die Band schlecht etwas.
[Andreas]


WOLF

Es gab dieses Jahr in Wacken einige Bands, auf die ich wirklich gespannt war, und WOLF gehörten auf alle Fälle dazu, denn mit ihrem Zweitwerk "Black Wings" haben sie zu Beginn des Jahres ein sehr gutes Album vorgelegt. Also pilgerte ich mal wieder zur Party-Stage und harrte der Dinge, die da kommen würden... Ohne Intro, ohne viel Drumherum, stürmten die Jungs aus Schweden schließlich auf die Bühne und rockten gleich ordentlich los - man merkte gleich, dass es hier um puren Heavy Metal geht und um sonst nichts. Der "Black Wings"-Opener "Night Stalker" wurde auch hier zum Einstieg verwendet, und mit "Demon Bell" wurde gleich noch richtig nachgelegt. Die Menschenmenge vor der Bühne war zwar durchaus noch überschaubar, aber die Leute, die da waren, gingen recht gut mit, und so wurden auch die Songs vom Debüt wie "Electric Raga", "Moonlight" oder das großartige "In The Shadow Of Steel" begeistert aufgenommen. Im Vordergrund stand bei diesem Auftritt aber schon das aktuelle Album, so dass es auch noch "I Am The Devil" und "Venom" zu hören gab. Wie bereits angedeutet, legten WOLF keinen gesteigerten Wert auf irgendwelche Show-Elemente - die Jungs standen einfach nur auf der Bühne und rockten vor sich hin und waren ganz in ihrem Element, und es war trotzdem nur so eine Freude, ihnen zuzusehen. Und mit dieser Meinung schien ich nicht allein dazustehen, denn die Band wurde gut abgefeiert. Aber auch das änderte nichts an der Tatsache, dass WOLF nach "Genocide" beendeten bzw. beenden mussten, aber noch gebührend verabschiedet wurden. Auf alle Fälle ist es schön, wenn es immer mal wieder auch eine Power Metal-Band gibt, die sich nicht an HELLOWEEN & Co. orientiert, sondern eher IRON MAIDEN-lastig zu Werke geht. Diese Band sollte man sicherheitshalber mal im Auge behalten!
[Martin]


METALUCIFER

METALUCIFER schienen den Tiger getankt zu haben und konnten es wohl nicht abwarten; jedenfalls legten sie glatt zehn Minuten zu früh los. Und dabei ging es um einiges dynamischer zur Sache als zwei Stunden zuvor bei DORNENREICH. Bei richtig schönem Poser Metal wohl auch kein Wunder. Die Jungs spielten Klischee pur, sehr schön auch die Kurzeinlage mit der Kettensäge und ähnliche Aktionen. Eine Metal-Hymne jagte die nächste und man bewies ein gutes Gespür für Mitgröhl-Parts, wie es beim True Metal sein soll. Der japanische Frontmann zeigte sich wie erwartet als gut gelauntes Energiebündel in bester Manier. Leider ging auch hier wieder der Gesang in dominantem Drum-Gewitter und - diesmal weniger störenden - Konkurrenzklängen von der Nebenbühne unter, was der Melodieführung nicht gut zupass kam. Aber der Stimmung tat das keinen Abbruch, METALUCIFER waren mit ihren treibenden Riffs und Rhythmen laut genug und mit ausreichend Kraft bepackt, zudem wurde der Kontakt zum Publikum gesucht, das sich für den Auftritt bedankte, indem es lautstark nach Zugabe verlangte, was aber auf einem Festival meist zu wenig Erfolg führt, so auch hier. Für mich war die Band jedenfalls eine erfreuliche und unterhaltsame Neuentdeckung, die ich live nur empfehlen kann.
[Andreas]


NOCTURNAL RITES

Freitag nachmittag; die Sonne scheint, es ist angenehm warm, die Meute ist gut gelaunt, und NOCTURNAL RITES werden begeistert empfangen. Zu recht, wie sich herausstellt, denn die sympathischen Schweden schaffen es, die Stimmung mit ihrem melodischen Power Metal so richtig anzuheizen. Enthusiastisch gehen die sechs ans Werk und das Publikum geht richtig mit. Der blonde Jonny Lindkvist am Mikro schafft´s mit Gesten und Anfeuerungsrufen, auch die Metalheadz in den hinteren Reihen aus der Reserve zu locken, und bei mir steigt die Laune merklich um ein Viefaches, denn die Jungs auf der Bühne haben auch rein optisch etwas zu bieten. Mit dem Sound war ich, soweit ich das beurteilen kann, zufrieden; die exzellente Stimme kam gut zur Geltung, allerdings wehte leider zu oft eine undefinierbare Geräuschbrühe von der Nebenbühne herüber, auf der DYING FETUS scheinbar gerade versuchten, die Welt aus den Angeln zu heben. Band und Fans feierten eine rundum gelungene Party, und ich denke, es hat beiden Parteien gleich viel Spaß gemacht. NOCTURNAL RITES sind definitiv eine der positiven Überraschungen dieses Festivals für mich gewesen; macht weiter so, Jungs!
[Hjalana]


DIMPLE MINDS

In einem meiner früheren Leben muss ich schwer gesündigt haben, denn sonst kann ich mir nicht erklären, für welches Verbrechen ich mit der Rezension des Auftritts der Proll-Punk-Rocker bestraft wurde. Sah ja ganz fesch und dynamisch aus, wie die fußballbegeisterten Saufodenpoeten da oben im Einheitsoutfit ihr Auswärtsspiel absolvierten und erfolgreich um die Gunst des Publikums buhlten, aber letztlich fand ich den Bekanntheits- und Beliebtheitsgrad der Combo zu diesem Zeitpunkt auf fußballfreiem Rasengrund vor mir eher erschreckend als begeisternd. Da vom Text vor dieser Stage aus bereits erwähnten Gründen mal wieder nicht wirklich etwas zu verstehen war, bleibt mir nur, im Wesentlichen nach Klangbild und visueller Darbietung zu urteilen, und das war musikalisch entsprechend dürftig - dagegen sind die ONKELZ wahre Virtuosen - und optisch ein Fall für die Ethikkommission. Die bierbecherhaltende Meute tollwutschäumender Badewannensänger um mich herum verwandelte sich nach und nach in eine Horde hechelnder und gröhlender Halbprimaten, deren ursprünglichste Instinkte - Saufen, Ficken, Fußball - zu furchteinflößendem Leben erwachten. Auf´s gesamte W:O:A projiziert, wurde damit allerdings der Nerv der Veranstaltung irgendwie getroffen. Was sich mir darbot, war die Kampftrinker-Alternative für Volksmusikhasser, die auf ihr geliebtes Oktoberfest-Feeling nicht verzichten wollen; Bass und Gitarren ersetzen Akkordeon und Blasmusik. Wahlhymnen für die Deutsche Biertrinker-Partei groovten von der Bühne und diese sind vermutlich nur zu ertragen, wenn man selbst in Bierlaune badet oder gerade wieder Fußball-WM angesagt ist, selbst wenn man zu Gute hält, dass diese geschmackliche Entgleisung sich selbst nicht ganz ernst nimmt, jedoch leider mit einem allzu realen Kern versehen ist. Na dann: Prost, zum Wohl und hoch die Tassen.
[Andreas]


MEGAHERZ

Nach dem DIMPLE-MINDS-Kulturschock ein herber Kurswechsel in punkto lyrischem Gehalt. Zwar wurde das Auditorium nach dem leckeren Elektro-Intro vom charismatischen und begnadeten Sänger Alexx mit erhobener Bierdose begrüßt, was mich zunächst in blasser Erinnerung zusammenzucken ließ, aber ein zufrieden-düsteres Grinsen breitete sich auf meinem inzwischen sonnenverbrannten Gesicht aus, als MEGAHERZ unter Beweis stellten, dass man textlich und gesangstechnisch eher RAMMSTEIN als unausgereifte Kopie betrachten sollte, auch wenn allgemein der umgekehrte Schluss geführt wird. Ein Crossover aus Neuer Deutscher Härte und Gothic Metal mit Tiefgang wurde geboten und mit enormer Bühnenpräsenz, Leichtigkeit und Begeisterung zelebriert; MEGAHERZ bewiesen, dass es keiner Pyroschlacht bedarf, um exzellente Live-Arbeit zu leisten, die dem Zuschauer die volle Dosis Programm für sein Geld liefert. Alexx freute sich ebenso wie ich über die inzwischen obligatorischen Begleitklänge von der Nebenbühne, wo SAVATAGE einen Großteil der Besucher abgezogen hatten und lautstark zu konkurieren wussten. Warum Alexx bei der Ansage zum Titel "Blender" so schräg zur SAVATAGE-Bühne sah, kann man mit schelmischem Grinsen nur vermuten. Aber man schlug sich dennoch wacker. Dank Stimmgewalt war sogar der Großteil der düsteren, zynischen und kritischen Texte zu verstehen, die bei mir ein ums andere Mal den Nerv zu treffen wussten. Die fünf Bayern hatten offensichtlich trotz der nicht ganz vorteilhaften Umstände ihre helle Freude an der Live-Präsentation ihrer Werke und Alexx schreckte auch vor einem kleinen Bad in der Menge nicht zurück. Dieser Auftritt war in allen Belangen für mich eine echte Offenbarung und ich kann jedem nur empfehlen, dem nächsten MEGAHERZ-Konzert in seinem Umfeld einen Besuch abzustatten.
[Andreas]


DRAGONLORD

DRAGONLORD, das Side-Project von TESTAMENT-Gitarrist Eric Petersen, waren recht kurzfristig aufs Billing gerutscht, wollten die ihnen gebotene Chance allerdings nutzen. Auch wenn vor der Party-Stage nicht viel los war (zeitgleich lärmten DESTRUCTION auf der Black-Stage), so gaben DRAGONLORD von der ersten Sekunde an alles, um die Meute mit ihrem Sound in den Bann zu ziehen. Musikalisch kann man DRAGONLORD aber gar nicht so einfach beschreiben. Klar erinnert so manches an DIMMU BORGIR oder auch SAMAEL, aber alles verbunden mit thrashigen Einflüssen und dem Death Metal-lastigen Gesang von Eric Petersen selber. Da auch der Sound gut war, konnten Kracher wie "Spirits In The Mist", "Born To Darkness", "Judgement Failed" oder "Rapture" richtig gut ihre Wirkung entfalten. Und wenn auch einige Leute abwanderten, so wurden die Reaktionen während des Sets immer besser, kein Wunder bei dieser guten Show. Mit den letzten beiden Songs, dem guten MERCYFUL FATE-Cover "Black Funeral" und dem sehr coolen "Tradition And Fine" hatten DRAGONLORD dann endgültig gewonnen. Auf CD konnte mich die Band damals nicht überzeugen, aber live waren sie eine der positiven Überraschungen des diesjährigen Wacken Open Airs.
[Herbert]


PUNGENT STENCH

Ja, ja, PUNGENT STENCH sind zurück, haben aber eine ganz deutliche Wandlung durchgemacht. Die Band hat deutlich an technischer Klasse gewonnen, dadurch ist aber natürlich auch der Charme der Anfangstage, als PUNGENT STENCH ohne Rücksicht auf guten Sound oder spielerisches Können herrlich cool lospolterten, wohl auf immer und ewig verloren. Trotzdem konnten PUNGENT STENCH überzeugen, und das lag nicht nur am schön kranken Intro oder dem Ledertanga von Martin Schirenc, sondern auch an den coolen Songs. Kracher wie "Shrunken And Mummified Bitch", "Splatterday Night Fever" oder "Viva La Muerte" kommen halt auch mit besserem Können immer noch gut, genau wie das "Deadly Medley", ein Mix alter Stücke. Schade nur, dass die neue Scheibe etwas außen vor blieb. Trotz allem ein guter Gig, der von den Fans sehr gut aufgenommen wurde, der fette "Pungent Stench"-Chor war der beste Beleg dafür.
[Herbert]


CANDLEMASS

Die Doom-Götter von CANDLEMASS waren für viele Wacken-Besucher wohl eine der größten Enttäuschungen des gesamten Festivals, und das lag ganz bestimmt nicht an der Band selbst. Es war nur einfach so, dass CANDLEMASS ihren Platz in der Running Order mit TORFROCK getauscht haben und damit schlichtweg etwa zwei Stunden früher auf die Bühne gegangen sind. Und da diese Änderung nicht ausreichend kommuniziert wurde, haben viele Fans, die zum Teil nur wegen CANDLEMASS nach Wacken gekommen waren, das nicht mitbekommen und dementsprechend die Band entweder verpasst oder nur noch die letzten Songs mitbekommen. Andererseits, wenn wirklich alle, die CANDLEMASS sehen wollten, vor der Party-Stage gestanden hätten, dann wäre es ja noch enger zugegangen als so schon (warum man eine Band wie CANDLEMASS überhaupt auf eine kleinere Bühne verbannt, ist mir sowieso schleierhaft). Wie auch immer - die dichtgedrängte Menge vor der Bühne konnte es kaum erwarten, bis auch der letzte Kerzenleuchter angezündet war und das Intro "Marche Funebre" erklang. Unter tosendem Applaus kam die Band auf die Bühne, und als dann schließlich auch noch Messiah Marcolin vor die Menge trat, gab es überhaupt kein Halten mehr. CANDLEMASS legten mit "Dark Reflections" los, und als dann anschließend "Mirror, Mirror" kam, war die Stimmung in der Menge schon fast am Überkochen. Daran war natürlich Messiah nicht ganz unschuldig, der das Publikum immer wieder mit energischen Gesten anstachelte und auch sonst den Kontakt zum Publikum suchte. Und selbstverständlich bemühte er sich auch dieses Mal wieder, seine Ansagen in Deutsch zu formulieren (wenn auch hin und wieder recht holprig). Den Schwerpunkt bei der Songauswahl hatten CANDLEMASS dieses Mal ganz eindeutig auf ihr Zweitwerk "Nightfall" gelegt, das gleich mit fünf Songs vertreten war: "Bewitched", "Dark Are The Veils Of Death", "Samarithan", "At The Gallow´s End" und natürlich "Well Of Souls". Als die Schweden danach die Bühne verließen, war das Publikum davon überhaupt nicht angetan und forderte überaus lautstark nach einer Zugabe. Diese gab es dann auch, und zwar in Form des CANDLEMASS-Klassikers schlechthin, nämlich "Solitude". Danach war dann endgültig Schluss, auch wenn die Menge noch minutenlang sang und klatschte und insgeheim auf einen weiteren Nachschlag hoffte. In jedem Fall waren CANDLEMASS wieder - wie auch schon auf dem Bang Your Head - einer der Höhepunkte des Festivals, und wer diese Band nicht gesehen hat, der hat in der Tat etwas verpasst!
[Martin]


MY DYING BRIDE

Zu später Stunde saß ich ermattet auf den Rasen gefläzt vor der inzwischen verhassten Party-Stage und lausche den sehr schön düsteren Intro-Klängen, die MY DYING BRIDE ankündigten. Leider wurde bereits dieses gnadenlos von den benachbarten CHILDREN OF BODOM niedergeknüppelt. Einige schrille Misstöne und ein schmerzhaftes Gitarrengeschrebbel zu Beginn ließen nicht nur mich zusammenzucken, wie ein Blick in die Runde zeigte. Atmosphärische Bühnenausleuchtung und reichlich Effektnebel in der Dunkelheit stimmten passend ein auf die ganz gelungene Stilmischung aus Black, Doom und Dark Metal, die live-tauglich den Schwerpunkt auf die Bretterparts setzte und eher die vorderen Reihen zu begeistern wusste und mich im halbabgeschalteten Zustand eigentlich weniger packte. Zwar wurde das Klangbild bald besser, aber irgendwie zog der Auftritt eher unbeeindruckend an mir vorbei, woran ich nicht unbedingt der Band die Schuld geben möchte. Zeit für eine Runde Tiefschlafkoma und vor allem Zeit, endlich der ermüdenden akustischen Zumutung der Party-Stage den Rücken zu kehren.
[Andreas]


TORFROCK

Um circa 1 Uhr, also eigentlich schon am Samstag morgen, hieß es dann endlich: "Die Bagalutenband fällt wieder ein!" und die Torfmoorholmer Rock-Opas gaben ihre Blödelmucke zum Besten. Der Einstieg erfolgte natürlich mit "Bagaluten Band", das vom zahlreich vorhandenen Publikum abgefeiert wurde. Weiter ging es mit "Wildsau" von der CD mit dem schönen Namen "Goiler Tonträger" und mit "Schimmelreiter" von der "Rockerkuddl". Ebenfalls vom "Goilen Tonträger" stammt der anschließende Brüller "Kettenhemd", der wie so oft von dem Wickinger Rolo handelt, der des öfteren eine Metdiät machen muss, damit er wieder in sein Kettenhemd passt. Manch einer denkt beim Wort "Metdiät" bestimmt daran, Rolo hätte auf Met verzichten müssen, aber nein, das wäre ja unspaßig: Er musste extra viel von dem Honiggebräu saufen, damit er wieder etwas stämmiger wurde. Mit der Frage "Darf ich euer Vorsänger sein?" stimmte Sänger Klaus Büchner seinen riesigen Background-Chor auf seine Aufgabe bei "Boot im Sturmgebraus" ein, was auch wirklich bombastisch hinhaute. Als dann bei "Beinhart" der betrunkene Brösel (Zeichner der Werner-Comics) auf die Bühne stolperte, sein Bier auf Ex runterlaufen ließ und seine imaginäre Luftgitarre zu den Torfmoorklängen malträtierte, war dann die Stimmung endgültig am brodeln. Auch der Ohrwurm "Renate" von der "Rata-ta-zong"-CD wurde von der Menge begeistert aufgenommen und mitgegröhlt. Nachdem Klaus Büchner auf die Frage "Sollen wir gleich ´ne Zugabe spielen, oder sollen wir erst von der Bühne gehen?" ein lautes "Zugabe" erntete, legten die Torfmoorholmer sogleich mit "Wir unterkellern Schleswig-Holstein" los. Alles in allem ein gelungener und witziger Auftritt, der von der Bagalutenband auch abwechslungsreich gestaltet wurde, vor allem auch dadurch, dass immer wieder andere Instrumente, wie Blockflöte, Bassflöte oder Schellenkranz, zum Einsatz kamen. Doch leider sind die TORFROCK-Boys halt doch nicht mehr die jüngsten und so lies die restliche Bühnenshow etwas zu wünschen übrig.
[Ulrike]


RED AIM

Besser konnte der Freitag gar nicht zu Ende gehen. RED AIM hatten (passenderweise) zur Party-Stage geladen, und die, die gekommen waren, haben es mit Sicherheit nicht bereut. Das war zwar doch ein relativ kleines Häuflein, aber die ließen sich die Party dann durch nix vermiesen. Hier stand einfach der Spaß im Vordergrund, was besonders den herrlichen Ansagen von Frontkartoffel Dr. Don Rogers zu verdanken war (z.B. vor "Aroma": "Jetzt hebt jeder seine Arme in die Höhe, dreht den Kopf nach rechts und riecht... Aaah!") . Dieser stellte zu allem Überfluss trotz der Kühle des fortgeschrittenen Abends auch noch seinen eindrucksvollen Astralleib zur Schau. Gewonnen hatten RED AIM übrigens schon mit ihrem dritten Song, denn das war nämlich ein fetziges MAIDEN-Cover von "The Trooper", das das Publikum auf Hochtouren brachte. Aber auch die eigenen Songs, voll von erdigem Rock ´n´ Roll mit hohem Spaßfaktor, konnten vollauf begeistern - bei Titeln wie "My Lovely Mr. Singing Club" (übersetzt das mal ins Deutsche) kein Wunder. Weitere Beiträge hörten auf Namen wie "Krumbernkammatran", "El Gonzo Mondial" und "Highway Crucifix". Der Hammer war aber das Ende, als es Dr. Rogers tatsächlich schaffte, die Leute zu einer großen Rock-Polonnaise anzustiften, die zu den Klängen des abschließenden "Aprilfuckers" (mit der von Teilen unserer Redaktion so geliebten Textzeile "Put your finger in your Rosie... Till you see the light!") in einer ausgelassenen Schlacht im Stroh endete. Diese Band war ein echtes Erlebnis. Somit hat es auch der Rezensent nicht bereut, dass er sich, obwohl schon nah an der Erschöpfungsgrenze, doch noch zu RED AIM gequält hat. Klasse Unterhaltung, klasse Band.
[Stephan]


Redakteur:
Martin Schaich

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