W.A.S.P. - München
04.08.2025 | 21:3803.08.2025, Backstage
W.A.S.P. rockt das Backstage Werk in München.
Am Tag zuvor hat W.A.S.P. noch auf dem verregneten Wacken Open Air bei den Metalheads für Begeisterung gesorgt. Am heutigen Sonntag spielt die Band im trockenen und seit Monaten ausverkauften Backstage Werk in München.
Manchmal passt es einfach mit dem Timing. Obwohl ich W.A.S.P. schon sehr lange kenne und zu schätzen weiß, habe ich das Debütalbum bis vor ein paar Jahren nicht gekannt. Erst eine ganz bewusste Entscheidung, einen Großteil der verfügbaren Hörzeit dem Heavy Metal der 80er zu widmen, hat mich dem W.A.S.P.-Debüt nahe gebracht. Es ist zu einem Dauerbrenner geworden, ein Album ohne ein schlechtes Lied (nun ja, das 'Paint It Black'-Cover kann man ignorieren), dafür mit vielen großartig-eingängigen Metal-Hymnen.
Jetzt widmen die Mannen um Frontmann Blackie Lawless genau diesem Album eine komplette Welttournee. Ein Pflichttermin also. Nur ist das Konzert schon monatelang vorher ausverkauft und meine bessere Hälfte (die "W.A.S.P:" ebenso verfallen ist) musste bis kurz vor knapp warten, bis es online doch noch ein Ticket auf dem Sekundärmarkt zum vernünftigen Preis gab. Umso größer jetzt die Freude.
Endlich da, trauen wir aber unseren Augen nicht. Ich gehe schon lange ins Münchner Backstage, aber so eine lange Schlange vor dem Einlass habe ich noch nie gesehen. Es ist aber nicht nur W.A.S.P., es ist auch "Free & Easy", wo es BETWEEN THE BURIED AND ME für umme zu sehen gibt. Das erklärt wohl den Andrang, der manche Leute fast eine Stunde kostet. So startet auch W.A.S.P. eine halbe Stunde später als geplant.Es geht gleich mit zwei meiner Favoriten los. Nachdem bei 'I Wanna Be Somebody' die richtige Lautstärke für Blackies Gesang nach einer Minute gefunden wird, ist der Sound schon mehr als passabel und lässt die Meute lauthals mitsingen, die Stimmung ist sofort grandios. Blackie posiert hinter einem gigantischen silbernen Mikroständer, der ein mit einem Totenkopf gekröntes Rückgrat darstellt, daneben die imposanten Gestalten der langjährigen Begleiter, Gitarrist Doug Blair und Bassist Mike Duda. Die sehen schon mordscool aus, diese Typen, das muss man ihnen lassen! Sofort geht es mit 'L.O.V.E. Machine' weiter, zu dem es auch ein kultiges Video gibt. Alle hier brauchen sie, Blackies Liebesmaschine, tonight, toniiiiiight!
Blackie ist allerdings kein Mensch, der sich an der Euphorie seines Publikums ergötzt. Schnell wird der Jubel durch seine Ansagen unterdrückt. Er erzählt darüber, wie es zustande kam, dass man das Debüt-Album in Gänze spielt, über Zweifel, das Set nicht wie sonst immer zuvor mit 'On Your Knees' anzufangen und Diskussionen mit dem Management. Nun, allzu nahbar war Herr Lawless ja noch nie, doch es gibt sicher nur wenige im Publikum die sich dessen grämen. Die Musik spricht für sich selbst und die Stimmung ist absolut bombastisch. 'Hellion', 'Tormentor', 'The Flame', das lässt auch bei Fans der alten Stunde wohl kaum Fragen offen. Bei meinem Liebling 'Sleeping (In The Fire)' gibt es am Ende ein langes Gitarrensolo, bei dem Blackie und Mike verschwinden, Doug Blair kostet den Moment voll aus. Und nach gut 45 Minuten sagt Blackie dann schon zum erstem Mal tschüß.
Nach einer kurzen Pause folgen dann zwei Medleys, die uns in die W.A.S.P. Musik der zweiten Hälfte der 80er einführt. Ich bin nun nicht der allergrößte Fan von solchen Medleys - man sollte lieber einen ganzen Song voll spielen, vor allem wenn er 'The Headless Children' oder 'The Real Me' heißt - doch nicht erst durch unseren Cheffe weiß der Kenner, dass eine W.A.S.P-Show heutzutage auf keinen Fall länger als 90 Minuten sein darf (zu Marcels Konzertbericht vom Carlswerk Victoria zu Köln, 2023). Deshalb muss man all die Klassiker eben kompakter verpacken. Und zugegebenermaßen ist das Arrangement der Medleys, nun auch teilweise unterlegt mit Videoeinspielungen, sehr gut gelungen.
Trotzdem ist die Freude groß, daß 'Wild Child' - für mich der Prototyp eines W.A.S.P.-Songs - wieder in voller Länge gespielt wird. Das grandiose Original-Video, ein Zeitdokument, das alles was man in den 80ern lieben (oder hassen) kann zusammenfasst, läuft dabei im Hintergrund.
Mit dieser Hymne kann man gut aufhören, doch danach meldet sich Blackie nochmal zu Wort. Er teilt mit, dass wir hier gerade Musikgeschichte erleben, denn die Wahrscheinlichkeit, dass das Debüt-Album auf zukünftigen Konzerten noch einmal gefeatured würde, sei sehr gering. Lustigerweise kommt jetzt aber nicht 'Animal', der einzige "W.A.S.P."-Song der noch fehlt, sondern 'Blind In Texas' vom Nachfolger. Diesen Song habe ich eigentlich gar nicht so auf dem Schirm, dem durstigen Publikum entlockt er aber nochmal alles und macht mir große Lust, mich jetzt endlich dem zu widmen, was "The Last Commmand" neben 'Wild Child' noch so zu bieten hat. Vielleicht liegt nächstes Jahr ja dann eben jenes Album im Fokus, wer weiß? Jetzt gehen wir aber erstmal ganz happy in Bettchen.
Text: Thomas Becker
Photo Credit: Andre Schnittker
- Redakteur:
- Thomas Becker