WOLFHEART, BEFORE THE DAWN, SUOTANA und FULL HOUSE BREW CREW - Siegburg

29.09.2025 | 16:21

27.09.2025, Kubana

Sehr willommenes Déjà-vu mit zwei grandiosen Livebands.

Ich bin ganz ehrlich zu euch, ich hatte nicht daran geglaubt, BEFORE THE DAWN und WOLFHEART noch einmal auf einer Co-Headliner-Tour zu erleben! Immerhin hat Tuomas Saukkone, der ja federführend als Mastermind hinter beiden Bands steht, bei einem kleinen Plausch nach der Show in Siegburg im November 2023 zu Protokoll gegeben, dass die Doppelbelastung für ihn deutlich zu anstrengend wäre.

Doch auch in Finnland scheint man das gerne fälschlich Altkanzler Konrad Adenauer zugeschriebene Zitat "Was kümmert mich mein Geschwätz von gestern" (im Original stammt es wohl von Friedrich Althoff) zu kennen.Denn nur gut zwei Jahre später finde ich mich erneut im Kubana in Siegburg ein, um genau diesen Doppelpack des melodischen Death Metals erneut zu erleben. Heuer sind mit FULL HOUSE BREW CREW und SUOTANA direkt zwei Supportacts am Start, die dem Publikum vor der Suakkonen-Vollbedienung erst einmal einheizen dürfen.

Leider verhindert der sehr frühe Konzertbeginn um 18:30 Uhr, dass ich rechtzeitig in Siegburg eintreffe, um mir das Set von FULL HOUSE BREW CREW zu Gemüte zu führen. Beim Antesten hatte mir der moderne Hard Rock der Truppe um WOLFHEART-Gitarrist Vagelis Karzis, der hier den Sechssaiter und auch den Gesang übernimmt und damit neben Tuomas ebenfalls auf dieser Tour eine Doppelschicht schiebt, extrem gut gefallen. Entsprechend kann ich euch auch nur mit auf den Weg geben, euch das aktuelle Album "Rise Of The Underdogs" einmal zu Gemüte zu führen, wenn ihr es derbe rockend mögt. 

Mein Abend beginnt also mit SUOTANA, deren Album "Ounas II" ich ja gerade erst als soliden und durchaus unterhaltsamen Melodic Death Metal beschrieben hatte. Auch heute Abend macht das Sextett eine gute Figur, ist mit ordentlich Spielfreude am Start und gerade die Saitenfraktion lässt zu den folkig-rasanten Riffs des Songmaterials mächtig die Matten kreisen. Auch Fronter Tuomo Marttinen überzeugt mit starken Growls, was insgesamt zu einem gelungenen Gesamteindruck beiträgt.

Vor der Bühne ertappte ich mich dann auch schnell dabei, dass ich SUOTANA live als noch unterhaltsamer empfinde als aus der Konserve im heimischen Wohnzimmer. Bleibt zu hoffen, dass die Finnen beim nächsten mal diese Spielfreude auch eins zu eins ins Studio übertragen können, damit der "Ounas II"-Nachfolger dann auch auf ganzer Linie zündet.

Nach angenehm überschaubarer Umbaupause beginnt dann die Doppelschicht von Tuomas Saukkonen, der nun erst einmal hinter dem Drumkit Platz nimmt und den Motor für den melancholischen und extrem melodischen Sound von BEFORE THE DAWN gibt. Doch während sich die Band prompt in die starke Single 'As Above, So Below' stürzt und damit schnell das Publikum auf ihrer Seite hat, muss ich mir erst einmal die Augen reiben, denn den Sechssaiter bedient hier nicht wie gewohnt Juho Räihä. Ob der Finne terminlich einfach nicht verfügbar war oder gesundheitlich angeschlagen ist, ließ sich leider nicht recherchieren, auf jeden Fall greift heuer Vagelis Karzis kurzerhand als Aushilfe in die Saiten und vertritt Juho würdig. 

Das bedeutet aber gleichzeitig auch, dass der guten Mann gleich dreimal (!) an jedem Abend der Tour auf der Bühne steht. Klar, Sport ist für Vagelis ganz offenkundig kein Fremdwort, aber trotzdem gebührt ihm für diese Leistung großer Respekt, denn drei schweißtreibende Shows im heißen Scheinwerferlicht gehen schon ordentlich auf die Kondition.

Doch genug gesagt zur Situation an der Gitarre, denn gerade auch Fronter Paavo Laapotti verdient großes Lob. Seit der Reunion mit ihm am Mikrofon sehe ich BEFORE THE DAWN nunmehr schon zum dritten Mal in zwei Jahren. Wirkte der Finne gerade 2023 noch etwas verhalten, ist er inzwischen zum Frontmann gereift, der von tollen Klargesängen bis hin zu gerade markerschütternden Growls das gesamte Spektrum des Gesangs abrufen kann, das den Sound des Vierers ausmacht. 

Die Setliste des heutigen Abends bietet ihm aber auch ausreichend Gelgenheit dazu, sein Sangeskünste perfekt in Szene zu setzen. So gibt es mit dem bereits erwähnten 'As Above, So Below', 'Fatal Design' und der rasanten Abrissbirne 'Shock Wave' gleich drei Tracks vom starken aktuellen Langdreher "Cold Flare Eternal" zu hören, während das Reunion-Album "Stormbringers" mit 'Downhearted' leider nur noch einmal vertreten ist. 

Andererseits muss man den Finnen natürlich auch zugestehen, dass es schwierig ist, in nur 50 Minuten alle Highlights des eigenen Katalogs unterzubringen, denn davon gibt es viele. So machen 'Dying Sun' und das getragene 'Monsters' ein gewohnt starke Figur, während sich 'Faithless' immer mehr zu einem weiteren Live-Liebling für mich persönlich mausert. Zwischen den Hits bleibt aber auch noch genügend Zeit für eine Überraschung in Form einer Akustikversion von 'Seraphim' vom Debüt "My Darkness". Der Track wurde vor dieser Tour noch nie live gespielt und wird heute von Tuomas an der akustischen Gitarre und Paavo in einer sehr reduzierten Version zelebriert.

Zum Finale wird es dann aber natürlich wieder deftig, wobei 'Deathstar' mit Sicherheit den lautesten Singalong des Abends erntet. 'Wrath' gibt dem übrigens ordentlich gefüllten Kubana danach die Gelegenheit, noch einmal die Nackenmuskeln für den späteren Headliner aufzuwärme, bevor uns wie gewohnt das überragende 'Deadsong' glücklich in die Stille entlässt. Ja, BEFORE THE DAWN ist und bleibt eine Macht und eine meiner liebsten Livebands überhaupt, das hat auch der heutigen Abend wieder unterstrichen.

Setliste BEFORE THE DAWN: As Above, So Below; Fatal Design; My Darkness; Faithless; Dying Sun; Monsters; Seraphim; Downhearted; Shock Wave; Deathstar; Wrath; Deadsong

Die folgende Umbaupause ist dann mit guten 30 Minuten doch überraschend lang. Zum einen liegt das wohl an ein paar technischen Problemen, denn der Soundcheck des Schlagzeugs sieht zwischendrin doch etwas hektisch aus. Zum anderen geht es aber wohl auch darum, Vagelis und Tuomas ein paar Minuten Pause zu verschaffen, bevor sie mit WOLFHEART wieder die Bühne entern. 

Beim Start scheinen die technischen Stolpersteine der Umbaupause dann auch noch nicht gänzlich ausgeräumt zu sein, denn irgendwie klingen gerade Gesang und Gitarren in den eröffnenden Minuten etwas matschig und undifferenziert. Schade, denn gerade das epische 'Ancient Cold' und 'Ghosts Of Karelia' sind für mich zwei Höhepunkte des Sets, die aber so nicht gänzlich zur Wirkung kommen. Doch keine Sorge, spätestens ab 'Burning Sky', das übrigens ebenfalls vom aktuellen Langdreher "Drakonian Darkness" stammt, ist aber auch klanglich alles in bester Ordnung und der episch-melodische und trotzdem wuchtige Sound der Finnen zündet endgültig auf ganzer Linie.

In Sachen Songauswahl stützt sich Tuomas Saukkonen dabei heuer primär auf die beiden letzten Langspieler, wobei gerade "King Of The North" mit 'The King', 'Fires Of The Fallen' und 'Cold Flame' noch einmal ordentlich zum Zuge kommt. Ebenfalls darf natürlich 'Carnivore' von der neuen EP "Draconian Darkness II" nicht fehlen, das sich im Live-Setting als echter Kracher und Belastungstest für die Nackenmuskulatur entpuppt. Den größten Applaus in der ersten Hälfte der Show ernet allerdings 'Zero Gravity', das nicht umsonst ein Fixpunkt im Set des Quartetts geworden ist und den Grenzgang zwischen Melodie und Härte perfekt zelebriert. 

Gleiches kann man auch von 'Valkyrie' behaupten, das auf dieser Tour erstmalig seit 2019 wieder im Set gelandet ist und gemeinsam mit dem "Constellation Of The Black Light"-Kollegen 'Breakwater' einen schönen Doppelpack zum Anpfiff der zweiten Konzerhälfte bildet. Bei letzterem Track zettelt Basser Lauri Silvonen, der wie gewohnt die Ansagen ans Publikum übernimmt, sogar einen ordentlichen Moshpit in den ersten Reihen an, der auch im weiteren Verlauf der Show immer mal wieder aufbrandet.

Selbige kommt mit 'Grave' dann leider schon viel zu früh zum Ende, wobei der Vierer natürlich noch ein bisschen was in der Hinterhand hat. Erst einmal muss das Publikum, erneut angefeuert von Lauri, den Rest der Band mit lautem Jubel wieder zurück auf die Bühne bringen. Dann gibt es aber mit 'The Hunt' natürlich noch den "Winterborn"-Übersong 'The Hunt', bei dessen herrlichen Melodiebögen man unweigerlich mitgerissen wird. Einfach eine klasse Nummer, die wohl auf ewig ihren Platz im Zugabenblock einer WOLFHEART-Show sicher hat. 

Schluss ist damit aber noch nicht, denn das rasante 'The Hammer' drückt schlussendlich noch einmal ordentlich aufs Gaspedal, verlangt Vangelis Karzis mit einer komplexen Solo-Sektion am Ende seiner Dreierschicht noch einmal alles ab und beendet schlussendlich einen starken Auftritt mit seinem epischen Outro.

Setliste WOLFHEART: Ancient Cold; Ghosts Of Karelia; Burning Sky; Fires Of The Fallen; The King; Zero Gravity; Carnivore; Valkyrie; Breakwater; Cold Flame; Grave; Zugaben: The Hunt; The Hammer

Mein Fazit kann dann eigentlich auch nur ganz ähnlich ausfallen wie vor zwei Jahren: Wer Tuomas Saukkonen und seine diversen Bands liebt, der bekommt auf dieser Tour die perfekte Vollbedienung. Erst melancholisch-melodisch von BEFORE THE DAWN, dann hymnisch und wuchtig von WOLFHEART und am Ende kann man nur mit einem breiten Grinsen nach Hause gehen. 

Und wie heißt es so schön: Was man zweimal macht ist praktisch schon eine Tradition? In dem Sinne: In zwei Jahren dann wieder mit diesen beiden Headlinern im Herbst im Kubana, Herr Saukkonen? Ich bin auf jeden Fall da, denn als Package funktioniert diese Band-Kombination einfach wunderbar!

Die Fotos im Artikel stammen vom eingangs erwähnten Konzert im Kubana im Herbst 2023 und wurden von unserer Fotografin Barbara Sopart gemacht.

Text: Tobias Dahs

Photo Credit: Barbara Sopart

Redakteur:
Tobias Dahs

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