WARRIOR SOUL - Frankfurt

30.03.2010 | 20:17

28.03.2010, Nachtleben

WARRIOR SOUL laden nach einem Jahr Bühnenabstinenz zu einem denkwürdigen Abend ein.

Ursprünglich hätte das Konzert in der "Batschkapp" stattfinden sollen, doch angesichts des schleppenden Vorverkaufs wurde es in das kleinere "Nachtleben" verlegt, was mir entgegenkam, weil ich mit der S-Bahn bis vor die Location düsen konnte. Vor Ort erklärt sich auch, warum das Konzert verlegt werden musste, denn die meisten Anwesenden besorgen sich ihre Eintrittskarte an der Abendkasse.

Um kurz nach neun ist es gut voll, und AVATAR können mit ihrem Set starten. Das Quintett spielt modernen Metal und wird als "what IN FLAMES should be today" umschrieben. Für meinen Geschmack können sie jedoch mit den erwähnten Landsleuten noch nicht mithalten. Klar, die Performance strotzt schon vor Professionalität, doch so richtig will der Funke beim buntgemischten Publikum nicht überspringen. Dieses setzt sich aus Individualisten zusammen, welche größtenteils alle Schaltjahre aus den Löchern hervorkriechen und ein Konzert besuchen. Dabei nehmen gewisse Anwesende lange Anfahrtswege wie z. B. aus Heidelberg in Kauf. Angesichts der Tatsache, dass das Konzert an einem Sonntagabend über die Bühne geht, kann man davon ausgehen, dass der Kollege nicht vor halb drei ins Bett kommt.

Doch zurück zu AVATAR, die sich nach dem dritten Song von James Camerons Streifen distanzieren, was angesichts der Location und der musikalischen Schau nicht nötig ist. Amüsant ist auch die Tatsache, dass der Sänger selbst zu einem Bierwettbewerb einlädt und einmal das Fläschchen absetzen muss. Ansonsten macht die Truppe ihre Sache ordentlich, sie kann jedoch mit der Performance keine Bäume ausreißen. Nach knapp 35 Minuten werden die Jungs mit dem obligatorischen Höflichkeitsapplaus verabschiedet.

Beim Interview vor dem Konzert stand Kory Clarke ein bisschen neben sich, griff jedoch auf Brausetabletten mit den wichtigen Vitamin BASF zurück. Ich weiß nicht, was in den Tabletten war, aber gegen zwanzig nach zehn ist er wie ausgewechselt. Die Band legt mit 'Interzone' vom “Drugs, God And The New Republic”-Album los. Und während sich die Band in Rage spielt, wartet jeder gespannt wie ein Flitzebogen auf Kory. Dieser wählt nicht den Backstagebereich, um auf die Bühne zu laufen, sondern kommt durch das Publikum auf die Bühne gesprungen. Nach all den Jahren hat er von seinem Charme nichts eingebüßt. Ich gehe sogar so weit, zu behaupten, dass es sich bei ihm um ein Unikat und einen Rockstar und Perfomer der klassischen Schule handelt. Kory ist die geborene Rampensau und weiß das Publikum zu jeder Sekunde mitzureißen. Klar, die Stimme ist noch kaputter als auf den Alben, doch erhöht sie nur noch mehr den Reiz und die Authentizität des heutigen Auftritts.

Seine Band kann das von ihm vorgegebene Niveau locker halten und brilliert sowohl im musikalischen Bereich als auch bei der Performance. Die Setlist ist gut durchmischt und berücksichtigt alle Phasen des musikalischen Schaffens. Natürlich dürfen auch Songs vom aktuellen Werk “Destroy The War Machine” nicht fehlen, mit denen die meisten Anwesenden noch nicht vertraut sind. Dass diese gegenüber den Klassikern, die zuhauf angestimmt werden, nicht abfallen, spricht für die Qualität der neuen Tracks, wobei auch der Semihit 'Bad News (Rock'n'Roll Boyfriend)' gezockt wird und sich als genialer Ohrwurm erweist.

Neben der Rhythm-Section Janne Jarvis (b.) und Johan Linstrom (dr.) können auch die beiden Gitarristen Johnny H und Rille Lundell punkten, die dem Publikum knackige Riffs und gefühlvolle Soli um die Lauscher knallen. Kory selbst tanzt und windet sich wie ein Zwanzigjähriger und rechtfertigt mit der ungeheuren Intensität, mit der er die Songs wiedergibt, dass die Fans 21 Euro an der Abendkasse gelassen haben.

Nach einer Stunde verlässt die Band die Bühne, um danach immer wieder zurückgerufen zu werden, was am Ende in sechs (!) Zugaben ausartet. Gegen 0.00 Uhr ist dann endgültig Feierabend, den sich die begeisternde Band und das begeisterte Publikum redlich verdient haben.

Man darf gespannt sein, wie das nächste WARRIOR SOUL-Album wird. Nach dem heutigen Konzert und dem letzten Werk im Rücken gehe ich davon aus, dass die Jungs in der Verfassung kein schlechtes Album aufnehmen können. Ob danach die "Batschkapp" ausverkauft sein wird, muss sich noch zeigen. Für all jene, die an diesem Abend nicht da waren: Ihr habt was verpasst! Doch ihr wisst ja: Jeder hat eine zweite Chance verdient.

Redakteur:
Tolga Karabagli

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