ULTIMA RATIO FEST 2023 - Oberhausen

28.10.2023 | 15:34

14.10.2023, Turbinenhalle 2

Heiter bis wolkig.

Was für eine Besetzung! Da machen wir uns doch gerne von Köln auf ins schöne Oberhausen. Wir stellen allerdings entnervt fest, dass schon die Anreise ein Erlebnis ist. Es ist die Hölle los in Oberhausen. Auf Nachfragen erfahren wir, dass vier große Veranstaltungen heute Abend gleichzeitig stattfinden. Von Charity, über MMA-Fight, DIE ÄRZTE bis hin zum Highlight, dem "Ultima Ratio Fest". Wir parken das Auto, reihen uns in den Strom der Menschen ein und amüsieren uns, die Leute anhand ihrer Kleidung der jeweiligen Veranstaltung zuzuordnen. Vorbei an einer großen Menschenschlange, die offensichtlich nicht das gleiche Konzert besuchen will wie wir, finden wir 10 Minuten vor Konzertbeginn schließlich die Turbinenhalle 2. Wir sind recht überrascht, zu diesem Zeitpunkt ist die Halle noch fast leer.

OMNIUM GATHERUM startet pünktlich um 18:30. Das Publikum wird auf Deutsch begrüßt und kräftig zum Mitmachen animiert. Die Finnen haben offensichtlich auch am vorletzten Abend der Tour noch ordentlich Spaß und die Stimmung ist ausgezeichnet. Der Sound ist okay. Eigentlich sehr gut, nur fast etwas zu klar und glatt. Aber im Grunde passend zu ihrem eingängigen Melodic Death Metal. Mehr Klargesang als früher. Bräuchte ich jetzt nicht, aber das ist natürlich mein persönlicher Geschmack. Nach exakt 40 Minuten ist dann auch Schluss, hier wird der Zeitplan ernst genommen.

Setliste: Slasher; Paragon; Ego; Reckoning; Soul Journeys; Frontiers; Gods Go First; New Dynamic; Solemn


Absolut durchgetaktet nach zehn Minuten Umbaupause dann HARAKIRI FOR THE SKY. Das Publikum ist erst ein bisschen verhalten, aber dann gehen die Hände doch hoch. Wow, musikalisch perfekt! Und der Auftritt, man hat das Gefühl J.J. stürzt sich jeden Moment wirklich ins Schwert. Leidenschaftlich, leidend. Auch wenn die Band eigentlich aus zwei Personen, J.J. Gesang und M.S. Instrumente, besteht, ist die gesamte Live-Truppe absolut dabei und perfekt eingespielt. Energie pur auf der Bühne. Im Hintergrund leuchtet der erdolchte weiße Hirsch auf schwarzem Grund, davor schwarze Runensteine mit rot leuchtender Inschrift. Überhaupt schaffen das Setting und die Performance eine dunkle Atmosphäre, die einen perfekten Rahmen für die klagende Musik bildet. Mal vor den Steinen kniend, dem Publikum den Rücken zugewandt, mal im Todeskampf am Boden liegend, wirkt die Darbietung des Sängers nicht überzogen inszeniert, sondern ehrlich mitreißend. Düster, ja, und absolut beeindruckend. Nach einer Stunde ist auch für die zweite Band des Abends Schluss. Ich bin jetzt schon ganz aus dem Häuschen und meine Favoriten waren noch gar nicht dran!

Setliste: I, Pallbearer; You Are The Scars; Fire, Walk With Me; Homecoming: Denied!; Sing For The Damage We've Done; Calling The Rain


Die Halle hat sich zwischenzeitlich doch noch etwas gefüllt. Angeblich 900 verkaufte Tickets, d.h. etwa zwei Drittel der eigentlichen Kapazität. Als Fan ist es natürlich angenehm, für die Bands wünschte ich mir natürlich lieber ein ausverkauftes Haus. Für uns ist es der erste Abend in Oberhausen und die Turbinenhalle ist wirklich eine großartige Konzert-Location, für die wir zukünftig wohl öfter die Reise in den Pott antreten werden. Ein lustiges Detail: Von der Toilette aus kann man in die angrenzende Halle schauen, wo gerade DIE ÄRZTE auf der Bühne stehen. Interessiert hier allerdings niemanden, wir sind ja wegen der eher dunkleren Metaltöne hier.

Und da sind sie, die Iren von PRIMORDIAL. Gemessen an den Bandshirts haben sie neben PARADISE LOST wohl die meisten Fans dabei. Starker Start! Und total blöd beim Fotografieren mitsingen zu wollen. Egal, es ist wie beim Vorgänger eh stockdunkel. Auch wenn die erste Ansage mit "Stellt euch vor, das ist euer letzter Abend!" ganz schön hart ist, muss man beim zweiten Song 'How It Ends' einfach mitmachen. Das brandneue Album sitzt schon bei den Fans und spätestens bei 'Victory Has 1000 Fathers, Defeat Is An Orphan' sind zumindest in der vorderen Hälfte der Halle alle Hände oben. Die Band hat Ausstrahlung und das können sie auch live transportieren. Die Darbietung ist hoch emotional, fesselnd und passt einfach. Eine Stunde ist fast zu kurz, aber hilft ja nicht. Dafür kommen wir in den Genuss von vier Bands.

Setliste: As Rome Burns; How It Ends; To Hell Or The Hangman; The Coffin Ships; Victory Has 1000 Fathers, Defeat Is An Orphan; No Grave Deep Enough; Empire Falls


Die Umbaupause nutze ich, um kurz beim Merchandise vorbeizuschauen. Mit 30 Talern für ein Shirt muss man mittlerweile ja schon zufrieden sein. Ich kann mich nicht entscheiden, allesamt haben großartige Artworks dabei, also wird es das gemeinsame Tourshirt.

Man hat fast den Eindruck, die Halle leert sich schon etwas, das kann ich absolut nicht nachvollziehen und hoffe es ist dem Verkehrschaos geschuldet. Hier ist die Umbaupause etwas länger – was sich weder im Aufbau noch im Bühnenbild erklärt. Spartanischer habe ich es wohl kaum erlebt. Also nackte Bühne, wenig Licht. Plus natürlich die Musiker – PARADISE LOST, endlich! Musikalisch ist alles fein, aber bei den ersten beiden Songs zündete es noch nicht so recht. Die Emotionalität der starken Vorgängerbands kommt zunächst nicht rüber. Sobald man sich jedoch auf den ruhigeren, melancholischen Sound einlässt, wird man doch mitgenommen und die Fangemeinde ist da. Spätestens bei 'No Hope In Sight' ist der Funke dann doch bei allen übergesprungen und die Fans sind begeistert. Um 22:59 geht die Band von der Bühne. Ich wurde von Kollegen schon vorgewarnt, dass hier pünktlich Schluss ist, aber mir fehlen auf jeden Fall noch ein paar Songs! Auch das restliche Publikum johlt noch, das Licht ist noch nicht an und tatsächlich da sind sie noch mal auf der Bühne. Bei der Zugabe jedenfalls sind alle Hände oben. 'Ghosts' als Abschluss, ich bin am Tanzen, mein Mann etwas enttäuscht, 'True Belief' fehlt. Etwas verwunderlich tatsächlich, dass überhaupt nur ein Song des Über-Albums "Icon" gespielt wird, steht doch die Neuaufnahme zum 30. Jubiläum des Albums in den Startlöchern. Aber irgendwas fehlt immer, oder?

Setliste: Enchantment; Forsaken; Faith Divides Us – Death Unites Us; Requiem; One Second; Hallowed Land; The Land; The Enemy; As I Die; No Hope In Sight; Embers Fire; Zugabe: Say Just Words; Ghosts

 

Für mich ist es ein gelungener Abend. Vier unterschiedliche Charaktere, vier unterschiedliche Shows. Passend irgendwie. Die Finnen haben Spaß, die Österreicher zelebrieren ihre düsteren Gedanken, die Iren predigen vom Ende und die Herren von der Insel? Sie haben ein ganzes Genre, den Gothic Metal, geprägt. Das reicht doch wohl.


Photo Credit: Barbara Sopart

Redakteur:
Barbara Sopart

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