Slayer/Slipknot - Dresden

30.09.2004 | 06:43

15.09.2004, Messehalle

Die Paarung klingt auf dem Papier wie ein Traum: Slayer und Slipknot kommen als "Unholy Alliance" mit Hatebreed als Vorband auf gemeinsame Deutschlandtour. Zwei Metal-Bands, die jeweils auf ihre Art die Geschichte der harten Musik nachhaltig beeinflußten und sich bis auf ein paar moderne Elemente auf den einen Seite und Gitarrensolos auf der anderen eigentlich nur durch die Generationsfrage in Bezug auf die Fans wirklich unterscheiden. Und in der Realität ? - Lief alles wie geplant: So wirkte das Ganze in der Messehalle in Dresden dann auch zunächst wie ein Treffen zwischen großen und kleinen Brüdern: Die sichtbare Grenze verlief irgendwo Slipknot-Kids in Baggyhosen und Slayer-Fans mit Vollbart und Bierbauch, aber auch dazwischen war alles an Normalos und sonstigen Verrückten vertreten. Schlechte Stimmung oder gar Streit gabs dennoch keinen, die duchwegs gute Musik schien alle wieder zu einer versammelten Familie zu vereinen. Egal, ob die eine Band einen DJ hat oder die andere keinen Bock, zwei Schritte auf der Bühne zu machen.
Hatebreed blieb zunächst die Rolle des Anheizers vorbehalten, den diese eigentlich gar nicht verdient hätten. Schon nach 30 Minuten war Schluss für die Band, die einen respektablen Gig zeigte und den zahlreichen Fans beider am Abend vertretenen Fraktionen zum ersten Moshpit verhalf.
Die Begrüßung für Slipknot fiel erwartungsgemäß furios aus, war doch ein Großteil der Fans sichtbar wegen ihnen nach Dresden gekommen war. Die neun Verrückten, die dort auf der Bühne wild herumhüpften, gaben dementsprechend auch von Beginn an alles an Power und wussten vor allem (und im Gegensatz zu den Nachfolgenden Slayer) auch, wie man eine optisch gute Figur macht: Egal ob man nun die drei für Percussion zuständigen Bandmitglieder im Intro zur Kurzversion des sehr beeindruckenden "Iowa" oder den Gitarrenhühnen Mick Thompson bewunderte, man kam nicht umhin, mit den Augen hängenzubleiben. Nach einem guten Start mit überwiegend härterem Material ('The Blister Exists' und 'Three Nil') liessen es Slipknot anschließend etwas langsamer angehen und boten eine durchgehend gelungene Mischung aus ihren drei Platten, wobei man die Songs wohl vor allem in Bezug auf den Mitsingfaktor ausgwählt hatte ('Pulse Of The Maggots', 'Heretic Anthem'). Frontmaske Corey Taylor bedankte sich noch artig bei den deutschen Fans, die der Band ja schon immer die Treue gehalten hätten, ließ die Leute in die Hocke gehen, um beim "Jumpdafuckup" in 'Spit It Out' kollektiv aufzuspringen und versuchte kurz gesagt alles, um das Konzert zu einem Erlebnis zu machen. Zur Zugabe gabs noch mal Best-Of-Programm mit "People=Shit", "Wait+Bleed" und "Surfacing". Solides Konzert über eineinhalb Stunden, das aber schon ein klein wenig zu routiniert und einstudiert rüberkam. Vielleicht sollte man mal über eine etwas weniger auf Nummer Sicher gehende Setlist nachdenken.
Lobenswert dabei vor allem die zurückhaltende Anerkennung der Old School-Fans, die brav mit stiller Zustimmung in den hinteren Reihen warteten, während Slipknot ihre Show spielten, um dann mit den sich ebenso verhaltenden New Metal-Kiddies die Plätze zu tauschen. Die befürchteten "Slayer ! Slayer !"-Rufe zwischen den Songs oder gar Buhrufe für Slipknot blieben gänzlich aus. So sollte das laufen.
Nach knapp 15 Minuten betraten dann mit einem furiosen Auftakt aus "Disciple", "War Ensamble" und "Mandatory Suicide" die Metal-Götter die Bühne, von der aus sie in den nächsten eineinhalb Stunden den sowieso schon recht erschöpften Zuschauern den Rest geben sollten. Zwar waren im Gegensatz zu den hyperaktiven Slippies damit die bewegungstechnischen Aktivitäten auf der Bühne erstmal beendet, die Band legte aber dennoch dennoch deutliche Spielfreude an den Tag, die vor allem an Kerry Kings fast permanenten Headbanging festzumachen war, bedankte sich des öfteren ausführlich bei den Fans und legte vor allem ein musikalisches Metal-Brett der Extraklasse hin, das bis auf einen kurzen Moment bei "Angel Of Death" auch soundtechnisch einwandfrei und äußerst druckvoll aus den Boxen erklang. Schön auch die regelmäßigen Ansagen von Tom Araya, in denen von dem üblichen amerikanischen Patriotismus (bis auf einen kurze Begrüssung von 'Old Europe') diesesmal keine Spur zu finden war. Im Verlauf des Gigs wurde klar, warum Slayer diesen gar nicht versauen hätten könnten, selbst wenn sie es gewollt hätten, denn das scheinbar endlose Repertoire an Klassikern, die man hier nach der Reihe zu hören bekam, und das die vordere Halle in ein Meer von fliegenden Haarschöpfen verwandelte, sprach für sich: Nacheinander intonierte die Band druckvolle Versionen von 'Seasons In The Abyss', 'Hell Awaits' & 'South Of Heaven', um dann nach einigen Songs mit ein paar Tonproblemen noch mal zum finalen 'Raining Blood' (inklusive "echtem" Blutregen für die Band) alle Kräfte zu bündeln und anschließend den Gig zu beenden. Zugaben gab es keine. Wie hätten sie das auch noch toppen sollen ?

Unterm Strich: Mehr als dreieinhalb Stunden volles Metal-Programm mit zum allergrößten Teil gutem Sound, kurze Umbaupausen, gute Stimmung und drei Bands die zum Auftakt ihrer kurzen Deutschlandtour ihr Bestens gegeben haben, wobei Slipknot showtechnisch überlegen waren, Slayer dagegen durch die präzise und solide Umsetzung von musikalischer Qualität überzeugten und wieder einmal unter Beweis stellten, warum sie noch immer die stärkste amerikanische Metal-Band sind. Alle Bands erfüllten zwar im Endeffekt nur die Erwartungen, aber wenn der Standard so weit oben liegt, dann gerne mehr davon.

Redakteur:
Sebastian Baumer

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