STORMWITCH, LICENCE - Heidenheim

08.11.2017 | 19:30

31.10.2017, Lokschuppen

Die Sturmhexe gastiert zu Halloween in Heidenheim.

Das Tübinger Unternehmen "Borila-Entertainment" möchte dem Heidenheimer Heavy-Metal-Konzertleben wieder neues Leben einhauchen und hat sich für sein Unterfangen den dortigen Lokschuppen als geeignete Live-Location auserkoren. Den ersten Erfolg in dieser Sache konnte das Unternehmen bereits am 2. Oktober dieses Jahres verbuchen, als die deutsche True-Metal-Band GRAVE DIGGER ihre mehr als gelungene Live-Premiere dort feierte.

Der Lokschuppen selbst überzeugt mit einem sehr angenehmen Ambiente, sauberen sanitären Anlagen, großer Bühne und tollem Sound. Nun wird mit den Lokalmatadoren von STORMWITCH, die aus dem Großraum Heidenheim stammen, der nächste Versuch unternommen, alte musikalische Heidenheimer Traditionen wieder aufleben zu lassen, und nach vielen Jahren des Wartens beehrt Oberhexenmeister Andy Mück mit seiner legendären Band STORMWITCH endlich wieder seine alte Heimat, mit der ihn viele schöne Erinnerungen verbinden. Dazu zählen nicht nur seine großen musikalischen Erfolge, als STORMWITCH in den 80er-Jahren hier meist vor ausverkauftem Haus auftrat, sondern auch Emotionales wie seine erste große Liebe und noch vieles mehr. Andy Mück, der als einziges immer in der Band präsentes Gründungsmitglied die Sturmhexe über all die Jahrzehnte am Leben hielt, hat nichts von seiner Ausstrahlung verloren und zeigt sich noch später am Abend stimmlich in phantastischer Form. Mit dem Special Guest, der Ludwigsburger Hard Rock Band LICENCE, beweist man zudem ein mehr als glückliches Händchen. Einem unterhaltsamen Abend, der noch einiges an Überraschungen bereit hält, steht also nichts im Wege.

Pünktlich um 20 Uhr eröffnet die Vorband LICENCE ihren gut 50-minütigen Auftritt und nimmt den Zuschauer dabei direkt auf eine kleine, nostalgische Zeitreise mitten in die glorreichen 80er-Jahre mit, als Hard-Rock-Bands wie etwa DOKKEN, RATT oder WARLOCK ihre großen Erfolge feierten. Diese Art der Musik ist ja bekanntlich geradezu prädestiniert, um vor allem bei Live-Konzerten für mächtig Stimmung zu sorgen. Die Bandmitglieder Sammy Sin am Schlagzeug, Pappe am Bass, Steam Thiss an der Gitarre und seine Tochter Jacky Coke am Gesang, sind sich dessen durchaus bewusst und nutzen dabei die Gunst der Stunde, ihr gerade frisch veröffentlichtes Album "Licence 2 Kill" einem größeren Publikum vorzustellen. Bis auf 'Start The Fire' wird das Album in Gänze dargeboten und hinterlässt dabei einen starken Eindruck, der absolut neugierig auf die Veröffentlichung macht. Die Musiker genießen sichtlich jede Sekunde ihres Auftritts und gewinnen mit ihrer energiegeladenen Show noch ganz nebenbei einen großen Teil der Publikumssympathien für sich. Vor allem Frontfrau Jacky und Basser Pappe ziehen alle Register des großen Posings und sind in permanenter Bewegung, während Steam Thiss sich auf seiner Bühnenseite meist auf sein Gitarrenspiel konzentriert. LICENCE bekommt nach diesem starken Gig dann auch berechtigterweise mehr als den oftmals nur üblichen Höflichkeitsapplaus. Es tut immer wieder gut und ist heutzutage leider nicht üblich, eine Vorband geboten zu bekommen, die zugleich sehens- und hörenswert ist. Stark!
Setliste: Don't Touch The Light, Reflections, Watching, L2R, Believer, Metal Train, Turn On THe Radio, Rise Up, Nights Of Pleasuere, Tell Me, House Of Pain.

[Mahoni Ledl]


Ja, Leute, da hat Mahoni mit allem Recht, was er euch bisher berichtet hat! Der Lokschuppen ist eine großartige Location, die ordentlich Platz bietet, optisch sehr viel hermacht und auch in Sachen Sound und Licht keine Wünsche offen lässt, auch nicht für den in Sachen Beleuchtung meist recht anspruchsvollen Mann an der Kamera. Daher macht sich auch bei mir direkt gute Laune breit, die LICENCE noch mal ordentlich zu steigern vermag. Der urklassische Heavy-Rock-Sound ist einfach ein Garant für ein breites Grinsen und geht direkt in die Beine. Neben den von Mahoni genannten Bands muss ich immer mal wieder auch an Bands wie THUNDERHEAD oder WAYSTED denken, so dass hier im Lokschuppen in Sachen Stimmungslevel von Anfang an rein gar nichts schief gehen kann. Der Acker ist also bestellt, der Boden bereitet für die stürmischen Hexen, die von den zahlreich anwesenden Fans sehnlich erwartet und herzlich empfangen werden. Im Publikum befinden sich nicht wenige Wegbegleiter, die STORMWITCH schon seit Jahrzehnten ehern die Treue halten, und alle zusammen, jung wie alt, freuen sich auf die ersten Klänge, die auch schon bald folgen werden.

Zwei Sensenmänner entern die Bühne, das mystische Intro mit der fiesen Hexenlache tönt vom Band, und schon geht's los: Tanzt mit, mit den Hexen! Zu selbigen gehören neben Frontmann Andy Mück und Ur-Basser Wanschi seit geraumer Zeit auch wieder die Rückkehrer Marc Oppold am Schlagzeug und Volker Schmietow an der Gitarre, sowie an der zweiten Gitarre der 30-jährige Band-Youngster Tobi Kipp. Die Band ist inzwischen gut eingespielt und wirkt wie eine echte Einheit, das Titelstück des einstigen Comeback-Albums "Dance With The Witches" hat sich längst als perfekt passender Opener des Hexensabbats etabliert, und auch in der direkten Folge können es sich die Musiker ohne Weiteres leisten, nicht direkt in die Klassikerkiste zu greifen, sondern mit 'King In The Ring' und 'The Devil's Bride' erst einmal Songs vom fünften und vom vorletzten Album nachzulegen, die das Publikum längst ins Herz geschlossen hat. Allgemein ist auffällig, dass die in Puristenkreisen gerne mal gescholtenen neueren Stücke live ganz hervorragend funktionieren und von den Leuten auch ganz überwiegend toll aufgenommen und mitgesungen werden. Zum Kochen kommt die Stimmung aber dann dennoch unweigerlich, als Andy sein Kochrezept aus dem Brokatmantel kruschtelt und uns erzählt, was außer Fledermausflügeln und Menschenhaut noch so alles in eine deftige Suppe gehört. Klar, was kommt? Natürlich 'Stronger Than Heaven', das aus zahllosen Kehlen in der Halle mitgesungen wird.

Die Zahl der singenden Kehlen nimmt sodann bei 'Fallen From God' nochmals zu, allerdings weniger im Publikum als vielmehr auf der Bühne, denn STORMWITCH hat einen fünfköpfigen, weiß gewandeten und Kerzen tragenden Damenchor zur Unterstützung gebeten, was eine durchaus gelungene Aktion ist, die Andy damit begründet, dass es immer eine schöne Sache sei, nette Leute zum Bösen zu verführen. Nach einer tollen Version von 'Eye Of The Storm' gibt es dann die bereits etablierte und von den Fans auch sehr geschätzte Inszenierung des Balladenklassikers 'Tears By The Firelight' mit Wanschis Tochter Carolin an der Querflöte und Andy Mück an der Akustikgitarre, die heute aufgrund des tollen Hallensounds nochmal besser gelingt als sonst, und daher die Stimmung im Auditorium wirklich zum Knistern bringt. Wenn die Euphorie aber schon mal auf dem Höhepunkt ist, dann kann man sich auch daran wagen, dem kritischen Publikum etwas Neues vorzusetzen, um das im kommenden Jahr anstehende neue Album zu verheißen. Die Wahl fällt hierbei zunächst auf das sehr passable 'Odin's Ravens', das aber noch ein wenig wachsen muss, um sich im Klassikerset einzufügen. Dennoch gibt's von den Leuten schon mal ordentlichen Applaus für die Hörprobe, ebenso für 'Witchcraft', eines der unbestrittenen Highlights des gleichnamigen Albums.

Ein richtiges Schmankerl kredenzen uns die Älbler allerdings als nächstes, denn es ist wahrlich eine Ewigkeit her, dass wir 'Time' vom gerne etwas stiefmütterlich behandelten 1992er-Album "War Of The Wizards" live hören durften; aus der Phase darf meinetwegen gerne in Zukunft noch mehr folgen, beispielsweise 'Theja' oder 'Wooden Drum'. Dann geht's jedoch in die Vollen, in Sachen alte Schule, wenn das Quintett am Stück solche Kaliber wie die frühen Kracher 'Cave Of Steenfoll', 'Trust In The Fire', den Megahit 'Ravenlord' oder das epische 'Russia's On Fire' vom Stapel lässt, die wirklich eindrucksvoll beweisen, wie genial die alten STORMWITCH-Scheiben doch sind, und dass sich die Band damit hinter keiner anderen deutschen Metal-Institution verstecken muss. Bevor es allerdings zuviel "High Octane" am Stück gibt, dürfen wir im Anschluss zum Ende des regulären Sets hin nochmal ein bisschen durchatmen mit 'Puppet In A Play' und 'Season Of The Witch' von den letzten beiden Werken sowie dem weiteren nagelneuen Stück 'Sons Of Steel', das sich dunkel und stampfend, dabei aber dennoch typisch melodisch präsentiert. Dass sodann 'Priest Of Evil' - ganz wie die Tradition es will - das Ende der regulären Show markiert, kommt wenig überraschend, ebenso natürlich auch die Tatsache, dass das Publikum Song und Band gebührend feiert, und die Sturmhexen auch auf keinen Fall in den Feierabend entlassen möchte.

Die lassen sich auch nur eine gute Minute lang bitten und legen mit 'Call Of The Wicked', 'Rats In The Attic' und dem obligatorischen 'Walpurgis Night' samt Mitsingspielchen mehr als zünftig, mit viel Spaß in den Backen und von den Fans bärenstark unterstützt nach. Dann ist Schluss, denn nach 'Walpurgis Night' ist bei STORMWITCH immer Schluss. Unwiderruflich. Wirklich? Klarer Fall von "Denkste!", denn da die Heidenheimer und Zugereisten wahrhaft hartnäckig insistieren, kommen die Herrschaften noch ein zweites Mal zurück, um nochmals den bereits gespielten neuen Song 'Odin's Ravens' nachzulegen, allerdings inzwischen doch etwas außer Atem. Mehr ist offenbar nicht mehr eingeprobt, was aber rein gar nichts ausmacht, denn mit fast zwei Stunden vollem Programm haben Andy Mück und seine Mannen wirklich eine starke Show abgeliefert, die keine Wünsche offen lässt. Nun, gut, wollen wir ehrlich sein: Ein paar Wünsche waren schon noch offen, denn meine Nichte wollte unbedingt noch 'Beauty And The Beast' haben, und ein Unentwegter im Auditorium forderte nachhaltig nach 'Tigers Of The Sea', doch wie hat Andy so schön gesagt: "Einer fehlt immer, aber den spielen wir dann nächstes Mal. Und dann fehlt wieder einer!" - Ein schönes Schlusswort!
Setliste
: Intro, Dance With The Witches, King In The Ring, The Devil's Bride, Stronger Than Heaven (mit Kochanleitung), Fallen From God (mit Damenchor), Eye Of The Storm, Tears By The Firelight (mit Querflöte), Odin's Ravens (neuer Song), Witchcraft, Time, Cave Of Steenfoll, Trust In The Fire, Ravenlord, Russia's On Fire, Puppet In A Play, Season Of The Witch, Sons Of Steel (neuer Song), Priest Of Evil; 1. Zugabe: Call Of The Wicked, Rats In The Attic, Walpurgis Night; 2. Zugabe: Odin's Ravens (zum zweiten Mal).
[Rüdiger Stehle]

Redakteur:
Rüdiger Stehle

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