Rockharz Festival 2025 - Ballenstedt

18.07.2025 | 22:43

26.06.2025, Flugplatz

Mit der Powermetal-Crew ab in den Harz, bereit zum Abrocken.

Mittwoch

Mittlerweile gehört das Rockharz-Festival zu den Favoriten einiger unserer Redakteure. Ziemlich schnell stand fest, dass auch 2025 wieder Stefan, Fränky, Erika mit ihrem "Gastautor" Steff sowie Andre dabei sein möchten. Da alle bekannten Dinge nunmal sieben sind, wird das Team mit Kevin und Norman verstärkt.

Auch in diesem Jahr besucht eine recht große Abordnung aus der Redaktion das Rockharz-Festival und ich freue mich, zum zweiten Mal dabei zu sein. Ich gebe zu, dass ich nach meinem ersten Erscheinen im vergangenen Jahr Blut geleckt habe. Das Billing ist gut und mit zwei Stages ist das Rockharz überschaubar. Die gute Organisation hat mich schon 2024 beeindruckt und die recht kurzen Wege zwischen Campground und Infield sind was für alte Metalheads wie mich. Nach dem Wetterdebakel auf dem Metalfest in Pilsen hoffe ich natürlich auf eitel Sonnenschein auf dem Flugplatz Ballenstedt. Ich kann es bereits an dieser Stelle schon verraten, Sonne gab es mehr als genug! 

Auch in diesem Jahr reise ich bereits am Dienstag an, um mit einigen bekannten Fotografen unsere "Wagenburg" zu errichten. Sehr zügig können wir in der Früh unsere üblichen Formalitäten erledigen und haben zumindest jetzt noch mehr als genug Platz. So dürfte es doch kein Problem sein, etwas Fläche für Norman mit seinem PKW mit Dachzelt sowie der mobilen Heimat von Sabrina und Olaf (Zephyr's Odem) freizuhalten. Kurz etwas Flatterband genutzt, sieht doch gut aus. Doch leider kommt es anders als man denkt. In den nächsten Stunden wird dieses Band einfach mal entfernt und der Platz um uns herum schrumpft Meter um Meter. Redakteure und Gäste eines kleinen lokalen Radiosenders führen sich auf wie die Axt im Walde und machen uns das Leben schwer. Aber okay, am Ende ist irgendwie noch alles gut ausgegangen, die Nachzügler konnten sich irgendwie in kleine Lücken quetschen. Hier gibt es noch etwas Luft nach oben bezüglich Verbesserungen. Vielleicht wäre es möglich, dass auch Redaktionen eine Fläche reservieren können. Ich wäre gerne bereit, dem Veranstalter dafür ein paar Euro zukommen zu lassen.

Nachdem der Anreisetag seine Kräfte gefordert hat, war der Abend recht früh und alkoholarm zu Ende. Der heutige erste Festivaltag startet entspannt erst um 15:30. Mittlerweile ist Norman im Camp aufgeschlagen, zieht den Nippel durch die Lasche und binnen Sekunden steht sein Dachzelt. Wie üblich dürfen wir Fotografen etwas eher das Infield betreten, um die Metalheads zu fotografieren, wenn sie die Tore durchschreiten. Die Sonne brennt unbarmherzig und ich entdecke auf einem Plakat die ersten Bands für das Rockharz 2026. Wir Fotografen werden gebeten, diese noch nicht zu veröffentlichen. Eine Bitte, an die wir uns selbstverständlich halten. Mittlerweile ist klar, dass der Veranstalter im kommenden Jahr mit HELLOWEEN und ALICE COOPER schon mal zwei Headliner an Board hat, die für ordentlich Trubel in Ballenstedt sorgen werden. Die Tore öffnen sich und endlich dürfen die Fans der metallischen Klänge das Open Air-Gelände betreten. Kurz auf den Auslöser gedrückt und ab in den Graben, um mit EXCREMENTORY GRINDFUCKERS die erste Band auf dem Rockharz 2025 abzulichten. Ich übergebe an meinen Kollegen Stefan.

[Andre Schnittker]

Herzlich Willkommen zum Desertfest...ähm natürlich Rockharz Festival 2025. Am bisher heißesten Tag des Jahres obliegt EXCREMENTORY GRINDFUCKERS die Ehre mal anzutesten, inwieweit die Besucher des Infields auch bei über 36 Grad gewillt sind das Festival gebührend zu eröffnen. Und was soll man sagen? Band und Publikum trotzen der Hitze und feiern jede kleine Grindcore-Perle wie den nächsten Aufguss in der eh schon viel zu heißen Sauna. Dabei ist es volkommen egal ob dadaistische, modifizierte Cover-Versionen im Stil von 'The Final Grinddown' (EUROPE) oder 'Looking For Grindcore' (DAVID HASSELHOF) über den Flugplatz schallen oder ob die Band eigenes Material performt. Insbesondere die Gaga-Hymne 'Halb&Halb' sorgt für jede Menge Stimmung. Mein persönliches Highlight ist allerdings die traditionelle EAV-Coverversion der Jungs. Bei jeder Tour wird ein Klassiker aus dem reichhaltigen Repertoire der Österreicher gecovert. Und was würde heute besser passen als 'Fata Morgana'. Hervorragende Wahl, tolle Version und direkt als erstes Festival-Highlight verbucht.

[Stefan Rosenthal]

Nach Grindcore gibt es nun nordischen Metal. Unsere Kollegin Barbara konnte TYR bereits in diesem Jahr auf dem Paganfest sehen und war begeistert. Gefühlte 35 Grad später habe ich nun die Ehre, die Viking Metal-Band aus Nordeuropa live zu erleben. Auch hier zeigt Sänger und Gitarrist Heri Joensen mit 'By The Sword In My Hand' vom bereits 2009 veröffentlichten Album "By The Light Of The Northern Star", wo der Hammer hängt. War es im Januar in Oberhausen noch recht düster und nebelig, erkenne ich nun bei strahlendem Sonnenschein eine bestens aufgelegte Band im Harz. Das Backdrop mit dem leuchtend orangenen Bandlogo sticht natürlich jedem Metalhead sofort ins Auge. TYR hält sich nicht groß mit langen Reden auf. Gerade mal 35 Minuten Spielzeit bieten immerhin Platz für acht Tracks. Vor der Bühne erkenne ich einigen Tumult, die Fans der Band geben Vollgas. Mit diesem Auftritt festigt TYR ihren Ruf als must-see Band im Viking-Metal-Kosmos: eine gelungene Mischung aus epischer Atmosphäre und druckvollem Entertainment – perfekt für Fans und jene, die es werden wollen.

[Andre Schnittker]

Es gibt einige im Publikum, welche APRIL ART vorab als typische Radio Bob-Mucke verbucht haben und dementsprechend jetzt mal gechillt den Nachmittag verbringen wollen. Bei der Hitze kann man dann mal etwas mit dem Fuß wippen und Kräfte für das Abendprogramm schonen. Doch Pustekuchen! Gegen diese Dopamin-Spritze aus Gießen war der Einstieg in das Festival lockeres Vorglühen. Was Frontfrau Lisa-Marie und ihre Jungs an Energie auf die Bühne bringen, ist absolut großartig. Nahezu jeder Song ihres Albums "Rodeo" (siehe Gruppentherapie) klingt nochmal deutlich vitaler, direkter und erdiger als auf der Platte. Dazu bedient sich die Frontfrau zwar sämtlicher Rock'n'Roll-Klischees, was die Publikumsanimationen betrifft, tut dies aber nicht nur auf eine solch natürliche und charmante Art und Weise, dass man gerne darüber hinwegsieht, sondern findet kleine und feine Abwandlungen, so dass die ganze Kommunikation mit der Festivalcrowd herrlich frisch klingt. 

Besonders die deutlich jüngeren Mädels in meinem Umkreis gehen bei Knallern, wie 'Head Up High' schon extrem steil und feiern den Refrain wie eine absolute Offenbarung. Man kann das schon so sehen, dass sich Lisa-Marie zu einem kleinen Role-Model entwickelt, auch wenn sie selbst das wahrscheinlich nicht gerne hören wird. Ich jedoch finde es einfach nur toll und erfrischend, dass moderner Metal auch vollkommen ohne Breakdowns und harsche Vocals funktionieren kann und ich hoffe, dass dieser musikalische Ansatz nun viele weitere Bands motiviert in eine ähnliche Richtung zu gehen. Modern muss nicht Metalcore bedeuten. Was gibt es noch zu sagen? Der Höhepunkt der Show ist 'Jackhammer', auch wenn meine Kollegen in der Redaktion es nicht gerne hören, aber dieser Song räumt richtig ab und gibt nochmal versteckte Reserven frei. Geiler Song - geile Show.

[Stefan Rosenthal]

Natürlich gibt es in jedem Jahr auf dem Rockharz Festival viele Bands, die ich gerne sehen möchte. Doch auf den Aufritt von PRIMAL FEAR habe ich mich seit Wochen wie ein Schnitzel gefreut. Es ist wenige Wochen her, als ich die Band bei der Listening Session zum kommenden Album "Domination" hören und auch sehen konnte. Gründungsmitglied, Bassist und Sänger Mat Sinner hatte die letzten Jahre extrem mit gesundheitlichen Problemen zu kämpfen. Nun hat er sich zurück auf die Bühne gekämpft und macht seinen Job richtig gut. Okay, seine Bassnoten muss er scheinbar vom Blatt ablesen, aber so what? Immer wieder huscht ihm ein Lächeln über den Lippen. Scheinbar gefällt ihm das, was auf und erst recht vor der Stage abgeht. Es geht los mit 'Chainbreaker' und die Crowd ist von der ersten Sekunde mit in der Spur. Sänger Ralf Scheepers wurde seine Energie scheinbar schon im Kindesalter unters Essen gemischt. Ich habe noch nie einen schwachen Scheepers bei PRIMAL FEAR erlebt. Gitarrist Magnus Karlsson lässt permanent seine Matte kreisen.

Das Lineup bei PRIMAL FEAR hat sich etwas geändert. So habe ich heute die Möglichkeit, Gitarristin Thalìa Bellazecca (ANGUS MCSIX) und Drummer Andre Hilgers (unter anderem AXXIS, RAGE, BONFIRE) live vor Publikum zu erleben. Die beiden fügen sich nahtlos in das Bandgefüge ein und passen wie die berühmte Faust aufs Auge zu PRIMAL FEAR. Während Thalia immer wieder mit tollen Soli glänzt, knallt mir Andre seine Doublebass-Passagen um die Ohren, als gäbe es kein Morgen. Natürlich darf die Hymne 'Metal Is Forever' auch im Harz nicht fehlen. Mit 'The Hunter' gibt es dann einen Track von "Domination", der für mich absolut live-tauglich ist. Die viel zu kurzen 40 Minuten Spielzeit vergehen wie im Flug und ich freue mich auf die kommende Tour der deutschen Powermetal-Band.

[Andre Schnittker]

Das letzte Mal, dass ich RHAPSODY OF FIRE gesehen habe, liegt lange, lange zurück. Ich kann mich nicht daran erinnern, wann das gewesen ist. Aber an die Musik der italienischen Bombast-Metaler und den Effekt, den sie auf mich hatte, daran erinnere ich mich gut. Entsprechend groß sind meine Erwartungen an diese Show, mit der das diesjährige ROCKHARZ Festival für mich beginnt. Doch der Auftritt beginnt erst einmal mit einem Fehlstart. Auf der Bühne gibt es technische Probleme und so tut sich zunächst einmal nichts. Erst mit rund zehnminütiger Verspätung erscheinen die Mannen um Bandgründer und Keyboarder Alex Staropoli und der Auftritt beginnt mit dem bekannten Intro zu 'Unholy Warcraft'. Die Hintergrundeinspielung von Christopher Lees Erzählung übertönt die ersten Worte von Sänger Giacomo Voli. Der Sound ist mäßig und der erhoffte Bombast-Effekt bleibt nach meinem Empfinden zunächst aus. Ob das wohl damit zusammenhängt, dass die Italiener heute ohne ihren Bassisten Alessandro Sala auskommen müssen, wer weiß...

Der Band bleibt insgesamt nur noch Zeit für fünf weitere Songs. Erfreulicherweise zeichnet sich die Musik von RHAPSODY OF FIRE durch hohe Eingängigkeit und überwiegend schnelles Songtempo aus. Und so gerät das Publikum mit 'Rain Of Fury' dann doch langsam in Schwung. Giacomo Voli gibt eine gute Figur auf der Bühne ab und wenn die Truppe im Grunde auch nichts Neues aufzubieten hat, so lebt die Show doch davon, dass alle Titel altbekannt und dem Publikum hoch vertraut sind. Da findet man schnell rein ins Mitschunkeln und Tanzen. Ich freue mich besonders, dass mein alter Lieblingstitel 'The March Of The Swordmaster' noch im Programm ist und trotz der Hitze animiert das letzte Stück des Auftritts, 'Emerald Sword' nicht nur mich, das zarte Feenhaar – oder wahlweise die Metalmähne – durch die Luft fliegen zu lassen.

[Erika Becker]

INSOMNIUM hat direkt zwei Mal Pech gehabt. Zum einen müssen die Jungs aus dem finnischen Joensuu in der gnadenlosen Abendsonne ihre verträumt melancholische Musik präsentieren, dann wird ihnen durch die technischen Probleme bei RHASODY OF FIRE auch noch die Spielzeit empfindlich einreduziert, passend zur Hitze. Doch INSOMNIUM macht aus der Not eine Tugend und springt recht trocken mit 'White Christ' des aktuellen Albums "Anno 1696" in ihr Set, wobei das Publikum erst nur gemächlich ins Rollen kommt. Das anschließende 'Valediction' sorgt dann für ordentliches Kreisen der Matte im Publikum und die Band genießt den steigenden Zuspruch. 

Ich hab ein paar Reihen weiter hinten noch Probleme, mich an das Setup "INSOMNIUM" und "Tageslicht" zu gewöhnen, doch da gehöre ich wohl zur Unterzahl, sieht man die Anzahl der Pommesgabeln in der Luft, als sich der Neuzugang an der Gitarre, Tomy Laisto, dem Publikum vorstellen darf. INSOMNIUM holt das Maximale aus ihrer Nettospielzeit heraus, auch Fronter Niilo hält sich etwas zurück und lässt lieber die Musik sprechen. Das obligatorische "Dankeschön, bitteschön" darf aber natürlich nicht fehlen. Und zu meiner Überraschung packt die Band dann noch 'Godforsaken' aus, was gerade gegen Ende ein Garant für die großen Emotionen ist. Der einfach nur herrlich melancholische Rausschmeißer 'Heart Like A Grave' lässt ein sehr starkes Konzert ausklingen und zeigt für mich wieder, dass INSOMNIUM zu jeder Tages- und Nachtzeit funktionieren kann. Kiitos!

[Kevin Hunger]

Es freut mich immer riesig, dieses Schwergewicht der Göteborger Schule auf den hiesigen Bühnen zu sehen, enttäuscht es doch nie und liefert  zuverlässig hab. Wie es Mikael Stanne in dem wilden Konglomerat an Bands mit seiner Teilhabe gelingt, nicht mal einen Song seiner anderen Kapellen anzustimmen, wird wohl sein Geheimnis bleiben. DARK TRANQUILLITY startet  das Set derweil mit der ersten Single 'The Final Imagination' des fast noch taufrischen Outputs "Endtime Signals", was dann im Laufe des Sets noch mit dem Brecher 'Unbreakable' und dem herrlich düsteren 'Not Nothing' repräsentiert wird. 

Die Leute vor der Bühne haben unterdessen richtig Bock bekommen und meine Freude wird noch größer, als dann doch 'Nothing To No One' gespielt wird, was man in der Vergangenheit doch eher vernachlässigt hat. Doch egal, wie düster die Musik von DARK TRANQUILLITY ist, Strahlemann Mikael Stanne kann einfach nicht anders, als gute Laune anhand der Zuschauerreaktionen zu haben. Für mich einer der besten und authentischsten Fronter der ganzen Szene. Doch natürlich dürfen auch weitere Hits wie 'Terminus', die Hymne 'Lost To Apathy' oder das erneut zu kurze 'ThereIn' nicht fehlen, wobei gerade letzterer Song von einem gigantischen Choir gesungen werden müsste. Mit 'Miserys Crown' beendet DARK TRANQUILLITY ihr spaßiges, aber durchaus routiniertes Set und ich ertappe mich, dass die Zeit schon wieder viel zu schnell vorrübergegangen ist.

[Kevin Hunger ]

Ach, da freut sich doch die musikalische Bucket-List. Endlich mal wieder eine Band aus meiner Jugend live sehen, welche ich bisher immer irgendwie verpasst hatte. Das birgt natürlich immer auch die Gefahr der musikalischen Selbstdemontage, aber die Schweden von CLAWFINGER geben mir heute Abend keinen Anlass zu Kritik. Wie bei wenigen Bands im ROCKHARZ-Line-Up hängt so vieles am Sound wie hier - und der Klang ist dankenswerterweise ordentlich fett ohne zu übersteuern. Die stampfenden Beats und polierten Gitarren brauchen einfach einen richtig dicken 1990er-Hose-Sound und Ballenstedt darf sich glücklich schätzen, dass der Klang über den kompletten Auftritt eine echte Punktlandung hinlegt. Außerdem macht Zak Tell einen richtig guten Eindruck und hat sichtlich Spaß am Auftritt.

Dieser besteht aus einem erwartbaren Best-Of-Set, plus zwei nagelneuen Tracks, abzüglich des großen Hits 'Nigger'. Während die beiden neuen Songs sich sehr gut in die Setliste einfügen und insbesondere 'Scum' mit seiner Western-Attitüde richtig gut funktioniert, trauere ich der Anti-Rassismus-Hymne von "Deaf Dumb Blind" wirklich nach. Seit 2019 hat sich die Band dazu entschieden den Track nicht mehr zu performen, weil in unseren komplexen Zeiten so ein Refrain plötzlich eine falsche Dynamik entwickelt und zu einem Party-Song für Schwachmaten wird. Das ist sehr schade und ich bin mir nicht sicher, ob es die Lösung sein kann, einen solchen saustarken Song mit einer solchen Message nun in die Versenkung zu schicken. Schwieriges Thema – aber heute soll es um die Musik gehen und die ist einfach spitze. Denn auch ohne den kontroversen Song hat CLAWFINGER mit 'Do What I Say' und 'Biggest & The Best' zwei absolut generationsprägende Knaller in der Hinterhand. Was für Bretter und was für ein geiler Trip zurück in die 1990er Jahre. Richtig guter Auftritt und ich hoffe wirklich, dass die Jungs, sobald das neue Album draußen ist, sich nicht mehr so rar machen, wie die letzten Jahre.

[Stefan Rosenthal]

Die enorme Hitze setzt an diesem Tag vielen Besuchern zu. Am Abend kühlt es merklich ab und das Infield füllt sich kontinuierlich. Und was könnte die hitzegeplagten Gemüter besser abkühlen als Celloklänge? Mit dem Intro 'The Ecstasy Of Gold', bekannt aus dem Film 'The Good, The Bad & The Ugly' eröffnet APOCALYPTICA den vermeintlich kühleren Teil des Tages. Der Begriff "stürmischer Beginn" ist durchaus wörtlich zu nehmen, denn zu den Klängen von 'Ride The Lightning' kommen plötzlich die langersehnten Windböen um die Ecke, was den Sound dieses Konzertes besonders in den hinteren Regionen des Infields merklich beeinflusst. 

Vor der Bühne hingegen habe ich richtig Spaß, ebenso wie die Herren aus Finnland. Sie schicken sich an, ein spezielles METALLICA-Set zu spielen, wohl auch, da sie ein neues Album mit Coversongs eben jener Band veröffentlichen. 'Enter Sandman' folgt nach der Albumankündigung, das Publikum ist sofort da und stimmt textsicher ein. Da APOCALYPTICA weitestgehend instrumental am Start ist, muss der Headbanger eben selbst singen. Lediglich 'One' wird mit Gesang dargeboten, was ich persönlich eher wie einen Fremdkörper in einem ansonsten sehr guten Gig empfinde. Die Finnen hauen einen Gassenhauer nach dem anderen raus, mit ihren Versionen von 'Creeping Death' und dem folgenden 'For Whom The Bells Tolls' hat es mich dann auch endgültig erwischt. Keine Abnutzungserscheinungen, keine Experimente, keine Langeweile. Ich kann mich aktuell nicht daran erinnern, wann mir APOCALYPTICA in den letzten Jahren so gut gefallen hat.

[Frank Wilkens]

SAXON 2025, das bedeutet viele Konzertabsagen. Hier und heute beim ROCKHARZ Festival jedoch spielen die Briten zur besten Zeit. Aber jeder hier ist gespannt, ob und wie sich der angeschlagene Biff auf der Bühne behaupten wird. Könnte das eine der letzten Shows des Sängers sein? Eine Frage, die hier natürlich nicht beantwortet werden kann. Denn beim Opener, dem Titeltrack vom aktuellen Album "Hell, Fire And Damnation" sieht man Biff zwar an, dass es ihm nicht wirklich gut geht. Aber er hat einige Jahrzehnte Bühnenerfahrung auf dem Buckel, lässt sich kaum etwas anmerken und versucht sogar, ein passables Stageacting hinzulegen. 

Die Songauswahl ist eigentlich das, was der SAXON-Fan gewohnt ist. Zu Beginn bekommen wir einige Titel, die ich persönlich lange nicht mehr auf dem Schirm hatte, wie zum Beispiel 'Dogs Of War' oder 'The Power And The Glory'. Danach erzählt uns Biff, was er von den modernen Social Media- und Streamingdingen hält und möchte zum Erwerb von CDs und Vinyl animieren. Um das zu untermalen, macht er den Beginn des SAXON-Albums "Wheels Of Steel" schmackhaft und es ertönt 'Motorcyle Man', das recht spritzig aus den Boxen knallt. Im Laufe des Konzertes reihen sich Klassiker vom Album "Strong Arm Of The Law" neben aktuellen Titeln wie 'Madame Guillotine' ein. Auch wenn jeder Metalhead SAXON gefühlt hunderte Male gesehen hat, das Fazit bleibt irgendwie das gleiche: SAXON auf einem Open Air Festival geht immer. Dennoch schwebt über allem die Ungewissheit, ob und wie lange der mittlerweile 74-jährige Biff Byford solche Shows noch abliefern kann.

[Frank Wilkens]

Zum Abschluss des ersten Tages und auch der heutigen Hitze, muss das verbleibende Publikum noch mal alle Kräfte mobilisieren, wenn Max Cavalera und Co. mit SOULFY scheinbar ihre äußerst schlechte Laune am schutzlosen Publikumsrest auslassen. Viel gesprochen wird nicht, vielmehr dröhnen markerschütternde Schreie über das Infield und lassen so kaum Zeit, an irgendwas anderes außer Ausrasten zu denken. Auffällig ist auch, dass die heutige Setliste einen starken Fokus auf das Debüt legt und so allen Freunden des eher tribal-lastigen Sounds voll in die Karten spielt. Vom aktuellen Wutbatzen "Totem" findet tatsächlich nur das gnadenlose 'Superstition' den Weg in diesen spätabendlichen Angriff auf alle Wahrnehmungsorgane. SOULFLY gibt sich heute erst gar keine Mühe, irgendwie anspruchsvoll daherzukommen, es wird geprügelt statt geklotzt. Ich bekomme langsam Mitleid mit den Leuten in der ersten Reihe, als am Ende mit 'Eye For An Eye' doch noch das 'Jumpdafuckup'-Intro seinen großen Moment feiert. Mir ist nun endgültig schwindelig und ich nehme Reißaus vor der Staubwolke, die sich 'Jumpdafuckup' wohl ein wenig zu ernst genommen hat. Damit entlässt  SOULFLY ihr Publikum in die Nacht und beschließt den ersten Tag des ROCKHARZ 2025.

[Kevin Hunger]

Photocredits: Norman Wernicke, Andre Schnittker

Photocredit SOULFLY: Dominik Müller (Zephyr's Odem] vielen Dank dafür :)

Hier geht es zum Donnerstag.

Redakteur:
Andre Schnittker

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