Rock im Park 2025 - Nürnberg
17.06.2025 | 21:5506.06.2025, Zeppelinfeld
Regen hält uns nicht davon ab, zu rocken!
Fazit:
Doch genug erzählt, ziehen wir ein Fazit! Timo, wie fandest du Rock im Park?
[Noah-Manuel Heim]
Ich für meinen Teil hatte fast überraschend großen Spaß am diesjährigen Billing. Meine Karte besaß ich bereits nach der ersten großen Bandwelle im Herbst 2024, in der sich schon fast alle Künstler befanden, die ich schlussendlich ganz angeschaut habe. Letzten Endes war die Headliner betreffend nur SLIPKNOT für mich dabei.
Was die Organisation betrifft: Die war bei Rock im Park schon immer sehr seltsam. Ich nahm dieses Jahr seit 1994 zum zwölften Mal als Festivalbesucher teil und muss erschreckenderweise attestieren, dass sich am Kommunikationschaos, die Securities betreffend, nicht allzu viel verbessert hat. Manchmal kam mir auch ein Annehmen der gegenläufigen Entwicklung in den Sinn, Stichwort "Stoffbeutel”.
Was die Zuschauermenge angeht, ist mit 88 500 Besuchern bei diesem innerstädtischen Festival das Ende der Fahnenstange deutlich bemerkbar erreicht. Ich hatte bereits am Freitag haarsträubende Stories von den Campingplatzöffnungen am Donnerstagmorgen gehört, in denen unter anderem von extrem verspäteten, durch die Polizei eingeleiteten Öffnungen aufgrund von großen Menschenmengen vor den Eingängen die Rede war. Ohne ein "Knöllchen" von vornherein in Kauf zu nehmen, hätte ich außerdem beispielsweise als am Freitag um kurz nach 12:00 Uhr Anreisender bis zum Ende des Festivals nach einem Parkplatz in der Nähe meines Campingplatzes gesucht!
Gut ist die gezielte und bemerkbar größere Anzahl von Sitzgelegenheiten im Vergleich zu 2022, sowie die eindeutig verbesserten Toiletten - nebst diese betreffende Hygiene- und Sauberkeitssituation! Es gibt überall und reichlich Klo-Container und Dixies in Massen. Das ist bei so einer großen Menschenmenge in der Tat nahezu sehr gut umgesetzt worden.
Unter dem Strich ist Rock im Park aufgrund seines Stilmixes und dem "Schielen" nach neuen, für die große Masse interessanten Bands immer noch relevant für mich. Hier sehe ich jedes Mal Acts, die ich auf keiner, der von mir sonst frequentierten Festival-Veranstaltungen erleben kann.
Chris, ich glaube, dir brennen noch ein paar nicht ganz so prickelnde Dinge auf der Seele, die du zum diesjährigen Rock im Park gerne loswerden möchtest?
[Timo Reiser]
Haha, das kann man so sagen, ja. Wobei ich jetzt auch nicht zu einem reinen Bashing ausholen will, denn Rock Im Park hatte auch viel Positives und einigen Punkte habe ich weiter oben ja auch schon vorgegriffen. Ich versuche mich daher mal in der rhetorischen Methode des "Shit-Sandwiches".
Da ich mein Auto vor ein paar Jahren im Rahmen eines Umzugs verkauft habe, ist die Logistik für mich immer ein großer Punkt bei der Entscheidung, ob ich ein Festival oder Konzert besuche – voe allem als Fotograf, da mein kompletter Rucksack dann bereits mit 15 Kilo Technik gefüllt ist. Die Tatsache, dass ich mit der Bahn problemlos (problemlos ist hierbei im Kontext von Reisen mit der Deutschen Bahn zu verstehen) zum Rock im Park reisen und innerhalb der Stadt im Hotel unterkommen kann, ist daher bereits Gold wert. Nicht nur spar ich mir dadurch reichlich Gepäck, wie Zelt und Schlafsack, ich hab auch einen sicheren und trocknen Aufbewahrungsort für meine Kameras, was bei solch monsunartigen Schauern lebensrettend sein kann. Und natürlich ist es auch nochmal sehr begrüßenswert, nach einem langen Festivaltag eine warme Dusche und ein festes Bett zu haben.
Natürlich geht da einiges von der Festivalerfahrung verloren, ohne das Camping, die nächtliche Beschallung bis fünf Uhr morgens oder das Frühstücksbier mit den Zeltnachbarn. Aber da sei ganz ehrlich gesagt, da ich zum Arbeiten da bin, gibt es für mich eh keine Festivalerfahrung im klassischen Sinne. Die Tage sind gefüllt mit 14+ Stunden quasi pausenlosem Arbeiten, man läuft täglich über 35.000 Schritte und muss jede halbe Stunde für drei Songs volle Aufmerksamkeit bringen – da ist ein festes Bett nachts mehr als verdient.Das Line-Up ist natürlich auch super und deckt einen Großteil meines musikalischen Geschmacks ab – da finde ich es auch nicht verkehrt, dass beispielsweise prominente Deutschrapper auf dem Billing stehen, meistens wird ja parallel noch etwas anderes geboten. Da finde ich es dann schon verwerflicher, dass man einem Menschen wie Ronnie Radke eine Bühne bietet, auch wenn der Erfolg von FALLING IN REVERSE dem Booking natürlich Sinn bescheinigt. Und in Zeiten, in denen man als Festival mit dem Axel Springer Verlag ins Bett steigt, darf man vielleicht nicht allzu viel moralische Integrität erwarten - letzten Endes ist es halt ein Geschäft.
Unverständlich finde ich auch manche Entscheidungen im Hinblick auf den Zeitplan. Warum lässt man einen KONTRA K auf der "Utopia-Stage" zwischen BULLET FOR MY VALENTINE und SLIPKNOT spielen, während man währenddessen auf der Nebenbühne HEAVEN SHALL BURN und IN FLAMES am Start hat. Damit provoziert man unnötigerweise riesige Menschenbewegungen, für die die engen Wege vor Ort einfach nicht ausgelegt sind. Dass diese Menschenmassen durch diese Methode immer wieder an den Essensständen vorbeigeleitet werden, muss dabei riesiger Zufall sein – ein Schelm, wer Böses denkt. Auch dass Bands, die sich eine Zielgruppe teilen, genau die gleichen Timeslots zugeteilt bekommen, finde ich etwas schade, hier wäre sicherlich auch die eine oder andere elegantere Lösung drin gewesen.
Wenn wir dann schon bei der Organisation sind, dann fallen einem natürlich sofort ein paar Sachen ein, die nicht optimal sind, aber erst in der Kombination richtig nervig werden. Da sind beispielsweise die Dixieklos am Hauptweg zwischen den beiden großen Bühnen. Toll, dass es so viele Klos gibt, aber die Positionierung führt dazu, dass sich genau auf dem Hauptweg, wo zigtausend Besucherinnen und Besucher hindurch wollen, ganze Menschentrauben bilden, die aufs Klo müssen und so dem Verkehr im Wege stehen. Oder die Security-Leute, bei denen vier Mann fünf verschiedene Anweisungen bekommen haben...
Mit Abstand am schwersten für mich wiegt aber einfach nach wie vor die Enttäuschung, Slipknot nicht fotografieren zu können. Dadurch ist für mich persönlich das komplette Festival ins Negative gerutscht, da dies der Hauptgrund für den Besuch war. Dass der Veranstalter dahingehend keinen (großen) Einfluss auf die Entscheidung der jeweiligen Managements hat – geschenkt. Aber dass es dazu im Vorfeld NULL Kommunikation gab und man stattdessen am Tag selbst diesen Schlag in den Magen bekommt, das ist hart. In Gedanken bin ich da auch bei meiner englischen Kollegin, die wegen ihrer Lieblingsband BRING ME THE HORIZON angereist ist und dann sonntags vor dem gleichen Mist stand wie ich am Freitag. Jetzt kann man natürlich sagen "ihr seid zum Arbeiten da, nicht für persönliche Befindlichkeiten", aber dem sei entgegnet, dass wir alle, die Events und Festivals covern (abseits von großen Medienanstalten eventuell) dies zuallererst und hauptsächlich als Fans machen. Und da tut es einfach weh, wenn einem so das Herz herausgerissen wird. Ein Festival wie das Summer Breeze kriegt es im Vorfeld doch auch hin, die Fotografen in "normaler Pass" und "Headlinerpass" einzuteilen... An dieser Stelle sei dann aber trotzdem das Mediateam vor Ort gelobt, welches einen hervorragenden Job gemacht hat und sein Bestes getan hat, um uns zu unterstützen und zu versorgen. Das kenne ich von anderen Events leider auch ganz anders. Auch die wunderbaren Kolleginnen und Kollegen, mit denen ich das Wochenende verbringen durfte, sollen nicht unerwähnt bleiben, genauso wie die unzähligen kleinen Unterhaltungen mit Besucherinnen und Künstlern, die so ein Wochenende erst rund machen.
Ich bin mir natürlich bewusst, dass ein Großteil meines Lobes und der Kritik für den normalen Festivalbesucher irrelevant ist – da ich aber nicht die normale Festivalerfahrung habe, kann ich nur mit dem hier dienen. Entsprechend fällt auch meine Antwort auf die Frage, ob ich nächstes Jahr nochmal zum RIP fahren würde, genau andersrum aus, wie die der meisten anderen Festivalbesucherinnen und –Besucher: ja, wenn mir die Bands gefallen, aber die Headliner egal sind. Wie schaut es denn bei dir aus Noah, nächstes Jahr dann mit mehr Deutschrap?
[Chris Schantzen]
Wenn es mehr Deutschrap gibt, dann geht meine Antwort, ob ich wieder komme, eher Richtung Nein. Timos Electronic Zeug will ich ja mal noch tolerieren, aber was haben Deutschrapper wie KONTRA K oder K.I.Z auf einem ROCK-Festival verloren? Das sollte sich doch alleine Aufgrund des Namens ausschließen. Aber gut, Rap ist eben das populärste Musikgenre und man muss den Wünschen der Masse entsprechen.
Die Deutschrapper jedoch beiseite, war das Billing auch für mich ein Erfolg. Wirklich viel Neues war zwar nicht dabei, da ich einige Bands bereits auf anderen Konzerten oder Festivals gesehen habe, aber so wird das Rock im Park eben zu einer Art "Best-Of" der Konzerte der letzten Zeit.
Gegen Deutschrapper im Billing hilft aber auch eines, und zwar, dass das Festival vier Bühnen hat. Wenn mir nicht passt, was auf der einen läuft, dann gehe ich einfach zur nächsten. Einige Male gab es dabei aber auch schwere Entscheidungen, wo teils zwei, manchmal sogar drei Künstler gleichzeitig spielten, die mich interessiert hätten. Da muss man sich dann entweder einen aussuchen oder hin und her rennen. Aufgrund der schieren Masse von Leuten, die sich jedoch über die Wege im Park schieben, kann das mitunter auch mal ziemlich dauern. Verschlimmert wird das durch die Platzierung der Dixieklos, die dazu führt, dass eine der Hauptverkehrsadern von Kloschlangen gekreuzt wird. Das kostet Kapazität ohne Ende, weil die Masse laufenden Publikums den vor den Klos Wartenden ausweichen muss.
Das entspricht nicht der Organisation, die ich erwarte, wenn ich weiß, dass die Veranstalter 30 Jahre Erfahrung mit einem Festivals haben. Bei der Organisation gab es scheinbar dieses Jahr abseits davon noch weitere Probleme, beispielsweise lange Schlagen beim Check-In oder das Fehlen von Camping- oder Parkplätzen. Hier wurde hemdsärmelig Abhilfe geschaffen und am Freitag noch weitere Flächen eröffnet - dass es jedoch erst so weit kommt wundert mich. Gut, man hat die Ticketanzahl nochmal ordentlich erhöht, um den Profit zu steigern. Aber 2017 hatte das Festival auch schon mal 88.500 Gäste – da sollte man doch noch Erfahrungswerte haben, wie viel Fläche man für Camping und Parken braucht? Zum Glück komme ich im Hotel unter und habe diese Probleme nicht.
Auch dass Crowdsurfing, Mosh Pits, Circle Pits und alles weitere, das potentiell gefährlich sein könnte, verboten wurden, wundert mich. Umgesetzt wurde dieses nämlich nicht. Ganz im Gegenteil, es gab Unmengen Crowdsurfer und Pits und die Bands haben hin und wieder explizit dazu aufgerufen. Böse Zungen würden sagen, das ist nur ein Trick, um aus der Haftung rauszukommen, sollte mal was passieren. Das Wetter war leider auch nicht optimal. Dafür kann aber erstens keiner was und zweitens hat der Veranstalter hier souverän reagiert. Einige Bereiche waren sowieso mit Plastikplatten ausgelegt, woanders haut man ein bisschen Stroh auf den Matsch. Die großen Pfützen vor der "Mandora-Stage" wurden am zweiten und dritten Tag sogar mit einem Tanklaster ausgepumpt. Insgesamt gehe ich also erschöpft und ein bisschen nass, aber trotzdem glücklich wieder nach Hause und notiere mir schonmal die Daten für nächstes Jahr im Kalender - solange sie mit den nächsten Bandwellen nicht zu viele Deutschrapper ankündigen...
Auch im nächsten Jahr finden die Schwesterfestivals Rock am Ring und Rock im Park vom 5. – 7. Juni statt. Als erster Headliner wurde bereits LINKIN PARK angekündigt. Der Vorverkauf läuft – Tickets sind über die offizielle Website des Rock Im Park bzw. Rock Am Ring verfügbar. Es gilt schnell zu sein, denn für Rock im Park waren die ersten 20.000 Tickets bereits innerhalb der ersten 60 Minuten verkauft.
[Noah-Manuel Heim]
- Redakteur:
- Noah-Manuel Heim