Ragnarök Festival - Lichtenfels
27.06.2025 | 23:0924.04.2025, Stadthalle
Mit Großkalibern wie SATYRICON und BEHEMOTH zieht es die einstige Pagan-Hochburg weiter in Richtung Schwarzmetall.
SamstagZum finalen Samstag startet die Stadthalle schon mittags um 12:30 Uhr, in Festivalzeit gerechnet eher was für Frühaufsteher. Während die Finnen MOURNING WOOD musikalisch traditioneller und optisch etwas bunter eröffnen, servieren die Sachsen SAXORIOR und anschließend die Kanadier WORMWITCH melodischen Black Metal. Dann dürfen die Düsterheimer EÏS nach ihrem GEÏST-Auftritt bereits zum zweiten Mal in diesem Wochenende ran. Nachdem sie das Kultalbum "Galeere" bereits ausgiebig gewürdigt haben, liegt der Schwerpunkt heute auf etwas neuerem Material wie 'Stillstand und Heimkehr'. Stets sarkastisch kommentiert von Bandkopf Flo, "jetzt spielen wir den Scheiß schon seit 2012". Würdiger Start in den Nachmittag.
Danach ist schwarzer Wikingermetall der Marke OBSCURITY an der Reihe. Mit 'Bergischer Hammer' und roten Nebelfontänen geht es bei den Nordrhein-Westfalen los, dann wendet sich Sänger Mark alias Agalaz erstmals mit einem lauten "Skål" und "wie sieht aus, seid noch da?" ans Publikum. Um dann sogleich 'Schicksal der Götter' hinterherzuschieben. Der muskelöse Lederarmstulpenträger zeigt sich redselig, bedankt sich für die Kopfschmerzen nach einem anscheinend bierreichen Vorabend und hofft auf die nächsten 20 Ragnarök-Jahre – "wenn Veranstalter Ivo durchhält". In der Menge wird mit Trinkhörnern zurückgeprostet, während die Nordmannen auf der Bühne unentwegt die Haare schwingen lassen.
Zu OCEANS wird es dann auffällig leerer in der Halle, das sah beim letzten Auftritt der Coburg-Berlin-Wien-Connection vor drei Jahren noch ganz anders raus. Stachen die Post-Rocker damals allerdings schon etwas aus dem übrigen Band-Programm heraus, geht manchem das Ganze inzwischen vielleicht doch etwas zu sehr in die Metalcore-Ecke. So jedenfalls der Eindruck angesichts präsentierter Songs wie 'We Are Nøt Okay', zu denen Sänger Timo mittlerweile mit Topfhaarschnitt und im schwarzen Schlabber-Hoodie den Breakdown mimt. Der Hit 'Icarus' darf natürlich nicht im Set fehlen, zu dem zumindest ein kleinerer Moshpit mitsingt. Timo findet die Publikumsreaktionen trotzdem großartig und bedankt sich artig bei der kleineren Menge.
Umso voller wird es anschließend zu GROZA in der Stadthalle, obwohl um halb sechs immer noch sommerhafte Temperaturen nach draußen locken. Die Mühldörfer legen mit 'Dysthymian Dreams' und vereinzelten Pyros furios los, während im Publikum eine Bandfahne geschwenkt und bei melancholischeren Zwischenparts bis in die letzte Reihe im Takt mitgeklatscht wird. Die maskierten Schwarzmetaller mit dem obligatorischen Baumsymbol am Mikrofonständer liefern das ab, was man von ihnen inzwischen gewohnt ist: Souveräne Bestleistung ganz lässig und eiskalt aus dem Ärmel geschüttelt. Der letzte Song wird dem verstorbenen Bandmitglied Mike gewidmet, was die Fans mit anerkennendem Applaus würdigen.
Brechend voll wird es dann bei ROTTING CHRIST. Die Düster-Griechen um die beiden Tollis-Brüder marschieren grinsend zum Intro von '666' auf die Bühne und legen bangend sowie stampfend los, um dann gleich das Tempo mit dem anschließenden 'P'unchaw kachun- Tuta kachun' ordentlich anzuziehen. Während Sakis Tollis am Mikro die Menge anfeuert, bearbeitet Bruder Themis breitgrinsend sein Schlagzeug. Der eine oder andere Crowdsurfer findet seinen Weg in Richtung Bühnengraben, derweil klatscht das übrige Publikum bei neuerem und eingängigeren Material eifrig mit. Nachdem zum oldschooligen 'Societas Satanas' ein Pogo-Pit ausbricht, geht mit dem Melo-Stampfer 'Grandis Spiritus Diavolos' der erwartet grandiose Auftritt zu Ende.
Um kurz vor halb acht kommt dann mit den Schweden MÅNEGARM doch nochmal was für die Pagan-Fraktion. Während im Publikum teils Plastikäxte geschwungen werden, drücken die fünf Skandinavier mit Songs wie 'Hervors arv' oder 'Odin Owns Ye All' das Gaspedal durch. Ein wilder Circle-Pit bricht aus, in dem sogar eine verlorengegangene Beinprothese gesichtet worden sein soll. Sänger Erik Grawsiö lobt alle an diesem Wochenende auftretenden Bands und freut sich sichtlich, mal wieder in Lichtenfels vorbeizuschauen, "it's always fun". Sein bärtiger Mitstreiter wechselt derweil öfter zwischen Gitarre und Violine, dann kommt das epische 'En snara av guld' – ohne den von Platte bekannten weiblichen Gesang, aber nicht minder eingängig. Gitarrenduelle der gesamten Truppe, während die Fans kollektiv mitsingen.
Zur Primetime ist es dann mit SATYRICON an der Zeit für die Krone des norwegischen Black Metals. Furios und zugleich majestätisch legen den Mannen um Sänger Satyr mit 'Now, Diabolical' los und schieben 'Repined Bastard Nation' hinterher. Spätestens zum dritten Song 'Black Crow On A Tombstone' feuert die gesamte Halle die Truppe an, da braucht Satyr an seinem verschlungenen Mikrofonständer gar nicht viel nachzuhelfen. Zu 'The Pentagram Burns' greift er dann selbst zur Gitarre und macht auch dabei die gewohnt lässige Figur. Beim ewigen Höhepunkt 'Mother North' kennt das Publikum natürlich längst seine Aufgabe und singt die Melodie inbrünstig mit. Nicht minder fällt das Anfeuern zum finalen 'K.I.N.G.' aus, zu dem Satyr nochmal aufs kleine Podest am Bühnenrand steigt. Der erwartet intensive Gig, dem aber sogleich der nächste folgen soll.
Ein weißer Vorhang ist zu sehen, auf dem allerdings nicht zuerst ein Schattenspiel wie zuletzt bei BEHEMOTH stattfindet. Stattdessen fällt der große Vorhang und offenbart das riesige Drumpodest inklusive von oben herunterhängender Becken. Schlagzeuger Inferno hängt mit seinem Kopf gefühlt kurz unter der Hallendecke und stimmt direkt das vorwärtsrasende 'The Shadow Elite' an. Fronter Nergal kommt aufs Podest hoch und peitscht von dort unentwegt das Publikum an. Erst nach drei durchgezogenen Songs begrüßt er die Menge und ruft mit 'Conquer All' das Motto des Abends aus. Während Nergal seine obligatorische Kapuze aufsetzt, erklimmen nun seine Saitenmitstreiter das Podest. Pyrotechnik schießt wie gewohnt kreuz und quer über die Bühne, dann wird der Vorhang nochmal zugezogen, um als Projektionsfläche für Nergals keifendes Gesicht zu dienen. Als Höhepunkt darf natürlich nicht 'Chant For Eschaton 2000' in der Setliste fehlen, dem sogar noch eine Zugabe folgt. Dennoch geht auch dieser grandiose Auftritt viel zu schnell vorbei.
Kurz vor Abschluss hat das Ragnarök Festival noch einmal ein besonderes Schmankerl aus dem hohen Norden zu bieten. Die Schweden THYRFING feiern ihr dreißigjähriges Bandbestehen. Und das mit einer ganz speziellen Note: Sie spielen jeweils einen Song von jedem ihrer Alben. Los geht es in der nach den Headlinern merklich leereren Halle mit dem atmosphärischen 'Mot Helgrind', bevor nach 'Mjölner' der erste Publikumsliebling 'Storms of Asgard' vom "Valdr Galga"-Album angestimmt wird. Der überraschendste Song ist wohl 'Ty Mörkret Skall Falla' von der ersten Demo. Die Schweden zeigen mal wieder, dass ernsthafter Viking Metal auch ohne Effekthascherei seine Wirkung entfaltet und sie noch lange nicht nach Valhalla gehören.
[Martin Storf / Twilight Magazin]Zum finalen Schlussakkord serviert WORMWOOD nach Mitternacht dann ordentlichen Melo Death Metal. Angesichts der Uhrzeit wirken die Schweden allerdings ebenso wie die sich zunehmend leerenden Reihen nicht mehr ganz so motiviert. Das hätte man gerade nach den grandiosen vorherigen Auftritten nicht unbedingt noch als Aufguss obendrauf gebraucht, ändert aber auch nichts an einem wieder mal großartigen Wochenende. Nächstes Jahr wie immer gerne wieder!
Text: Carsten Praeg
Fotocredits: Carsten Brand / Stefan Schumann
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