Party.San Open Air - Bad Berka

01.09.2006 | 14:50

10.08.2000, Festivalgelände

...und der Morgen danach. Der bringt die Pisse. Von oben. Es ist unglaublich, welche Fluten sich über den Zelten entladen. Der Vormittag kann so zum Ausnüchtern genutzt werden. Denn wirklich ins Freie trauen sich nur sehr wenige. Satan sei Dank hört das Wasserlassen von oben aber pünktlich zur ersten Band auf...
[Henri Kramer]

...und AKRIVAL treten auf die Bühne, um den letzten Festivaltag zu eröffnen. Die ersten Zuschauer tummeln sich bereits auf dem Gelände, allerdings fast nur Berliner, die haben ja schließlich ihre Landsleute zu unterstützen. AKRIVAL liefern einen ordentlichen Gig ab, straighter Black Metal, um auch dem Letzten den Schlafsand aus den Äugelchen zu prügeln, ein perfekter Wachmacher also. Hauptsächlich werden Titel vom 2004er-Album "Enigmas Of The Contradictory Nature" auf Schwarzwurzel-Art gespeist - und Ende des Jahres soll übrigens ein zweites Album rauskommen. Der Sound ist ziemlich gut, Berliner Underground-Black-Metal vom Feinsten halt.
[Julia Erdmann]

Den radikalen Stilwechsel gibt es mit MOURNING BELOVETH. Die Iren doomen gaaaanz langsam vor sich hin, als säße ihnen auch noch ein Kater im Nacken. So wird diese tolle Band zu dieser Uhrzeit eher als Begleitmusik für den eigenen Dämmerzustand wahrgenommen. Selbst das Stehen vor der Bühne fällt schwer, des tonnenschweren Basses wegen. Und auch die todtraurigen Melodien bringen das Gemüt eher dazu, sich hinsetzen zu wollen - und viele Fans tun genau das. Dem majestätischen Doom-Death von MOURNING BELOVETH tut dies keinen Abbruch. Auch wenn Sänger Darren mit seiner Performance immer noch recht müde auf den Bühnen dieser Welt wirkt: Doch was soll er auch groß machen bei solch erhaben-melancholischen Klängen, die sich durch ihren Todesblei-Anteil noch eindringlicher ins Hirn schrauben? Da ist es am Besten, wenn sich die Augen schließen, im Sitzen, träumend... Dafür sind MOURNING BELOVETH wirklich gut zu gebrauchen - definitiv eine Bereicherung des Festivals in diesem Jahr. Und der nächste, noch krassere Stimmungsumschwung kündigt sich auch schon an - da kommt nämlich ein blutender Mann und eine Mumie auf die Bühne. Wie geil ist das denn?
[Henri Kramer]

Ja! Jetzt wird's voll vor der Bühne, ROMPEPROP bitten zum Tanz. So viel Andrang ist an diesem Wochenende selten, so viel Farbe und (un)lustige Shirts auch. Musikalisch gibt es das Erwartete: cool groovender Goregrind inklusive reichlich Gegurgel. Für das hat der Gitarrist übrigens ein eigenes Mikro, die restlichen Ansagen kommen zu 99 Prozent über ein separates Mikro, damit das Publikum auch was davon hat. Schön grenzdebil werden Songtitel wie 'Pelicanelul', 'Hellcock's Pornflakes', 'Coughin` Coffin', 'As She Licks My Only Ball...' oder 'I Am The Dolphin Sprayhole Fucker' angesagt und dann ins Publikum geballert, dass daran sichtlich Spaß hat. Dazu gibt es noch einen neuen Song und mit 'Anal Sushi' ein GUT-Cover: Und fertig ist die Goregrind-Schlachtplatte. Insgesamt 45 Minuten voller Spaß, Gore und Grind, kurzweilig und unterhaltsam dargeboten, was will man mehr?
[Herbert Chwalek]

Bei ROTTEN SOUND hätte man wohl lieber ein Schild samt Leuchtpfeilen auf die Bühne stellen sollen: "Achtung Grindcore!" Denn nach dem Auftritt der finnischen Kollegen von TURISAS hat sich so manches PET-Methorn samt Träger vor die Bühne verirrt. Da Suomi aber viel mehr als Sauflieder im Fellkleid zu bieten hat, metzelt der neue Drummer Sami Latva in Sekundenbruchteilen die letzten übriggebliebenen Wikinger in einem abartig erdrückendem Donnerhagel dahin. Ein unersättliches Soundmassaker in schwindelerregendem Tempo bricht über die Party.Sanen herein und drückt dermaßen im Gesicht, dass sämtliche Schlaffalten und Augenränder beseitigt werden. Bevor die Gehörgänge aus Selbstschutz gänzlich dahinfaulen, sprengen die langsameren Riffs den Terror der Trommeln kurzzeitig auf und lassen den Ohren Zeit sich auf das garstige Growlen des Sängers Keijo Niinimaa zu konzentrieren. Dieser verbreitet zwar nicht viele innovative Hasstiraden, aber wer zum Teufel hat bei diesen Drums denn Bitteschön noch Nerven sich auf eventuelle Lyrics zu konzentrieren? Der Auftritt der Jungs zieht wie ein Tornado über das Gelände und hinterlässt nichts außer Verwüstung und zu Boden hängende Kinnladen. Wie versteinert erscheint das Publikum während des Gigs, dessen Geschwindigkeiten kaum Raum für Moshpits lassen. Selbst das ein oder andere Bier scheint während des gesamten Auftritts nicht abgenommen zu haben, wobei zur mentalen Verarbeitung dieser musikalischen Schlachterei wohl sowieso kein Bier der Welt reicht...
[Silvana Conrad]

...und wenn das Gerstenbräu doch reichen sollte, dann saufen den Rest DESASTER mit ihren Fans aus. Die totale Old-School-Thrash-Kunst zelebrieren diese Jungs. Selbst eine kleinere Soundpanne kann daran nichts ändern. Schon die Kleiderwahl beeindruckt: Unter anderem dürfen die Fans eine mutmaßlich liebevoll bestickte Kutte auf der Bühne bewundern - da können sich die zahlreich erschienenen NARGAROTH-Anhänger mal fragen, ob sie in der Lage wären so einen Fetzen zusammen zu nähen. Denn "Kutte-Nähen-Ist-Krieg", der blutigen Finger wegen! Doch zurück zu DESASTER: Die Spielfreude der Urgesteine ist zu jeder Sekunde beeindruckend. Und Songs wie 'Teutonic Steel' oder das 'Metalized Blood' sind einfach coole Party-Mosher, gewohnt heftig gespielt, von viel altem Thrash-Feeling geprägt. Und SEPULTURAs 'Troops Of Doom' krönt den Spaß. Doch das lustige Banger-Fest hört bei der nächsten Band wieder auf...

...denn der Gig von SETHERIAL kennt nur ein Motto: Schluss mit lustig. Die Jungs erscheinen, obwohl es noch hell ist, mit handelsüblichem Corpsepaint. Dazu kommen viele Spikes, viele Nieten, Leder natürlich auch. Der zu dieser Kostümierung gebotene Black Metal ist in der Oberliga schwedischer Schwarzwurzel-Vertreter anzusiedeln und tut genug Wirkung, um das Publikum zu lautem Klatschen zu bewegen. Doch die Schweden auf der Bühne verziehen ob der Begeisterung keine große Miene - und das, obwohl der Gig beim Party.San wohl einer der ersten Auftritte überhaupt in Deutschland sein soll. Leider kommt auch das göttliche "Nord"-Album ein wenig zu kurz. Dafür wird den letzten beiden Platten recht ausgiebig gehuldigt, auf denen sich SETHERIAL ein wenig mehr dem satanischen Todesblei verschrieben haben. Doch von den Death-Metal-Einflüssen ist bei Songs wie 'Endtime Divine' nicht viel zu bemerken - und das Publikum dankt diesem Umstand. Denn Death-Metal-Bands sind in diesem Jahr wahrlich genug in Bad Berka vertreten.
[Henri Kramer]

Nach SETHERIAL wird die Bühne für THYRFING frei gemacht, da muss man sich natürlich gleich eine ordentliche Portion Met besorgen... obwohl, das stört ja beim Headbangen. Nun gut, die Nordmannen aus Schweden legen jedenfalls einen mächtig gewaltigen Gig hin und heizen der Menge ordentlich ein. Wie erwartet sind THYRFING natürlich mal wieder ein absolutes Paradebeispiel ihres Genres, Viking Metal vom allerfeinsten, muss man dazu eigentlich noch viel sagen? Allerdings - denn fehlt da nicht was? Wo ist das ganze Blut? Gerüchten zufolge soll den Schweden der Koffer mit den ganzen lecker Utensilien beim Hinflug verloren gegangen sein. Aber auch so überzeugt die Band mit einem absolut brachialen Sound - diesmal sogar ohne größere technische Mängel, was ja auf diesem Festival anscheinend an der Tagesordnung ist. Vielleicht noch eine kleine Kritik ans Publikum: Macht ihr schlapp? Wo bleiben denn die ganzen Zugaberufe, bei einem solchen Auftritt könnt man nun wirklich ein wenig mehr Euphorie erwarten...?
[Julia Erdmann]

Die Freude kommt jetzt. Denn was steht auf der Bühne, kotzt und bringt alle zum Lachen? Richtig, it's Bo Summer-Time. Der Frontmann von ILLDISPOSED entführt die Fans in die Welt seiner kranken Bühnenperformance. Und hat anscheinend schon länger keine Freundin mehr. Wie sonst ist es zu erklären, dass er während des Gigs sich ständig mit notgeilen Ansagen an die weiblichen Fans in den ersten Reihen wendet und ihnen zum Beispiel von seinen Eiern erzählt. Auch Songs wie 'Our Heroin Recess' sprechen eine deutliche Sprache über die Geisteshaltung dieser Dänen. Das macht aber nichts, denn die gespielten Stücke pumpen allesamt im typisch dänischen Mega-Groove: Death Metal in Planierraupen-Form. So gehen 45 Minuten schnell vorüber. Neben einem furios drückenden Sound bleibt vor allem die Kotz-Einlage über den Bühnenrand in Erinnerung. Da sind die folgenden NAGLFAR in einer anderen, tieferen Liga. Denn ihr Frontmann bewegt sich, als hätte er sich erst einmal einen Stock in den Rücken implantieren lassen. Doch das kann man wohl auch anders sehen...
[Henri Kramer]

Mit einer unglaublichen Energie stampfen die fünf Schweden von NAGLFAR durch die Dunkelheit auf die Bühne und schroten gleich auf die Vollen los bis sie beim zweiten Song die PA-Anlage zum Erliegen bringen. Nach einer kurzen Unterbrechung scheint die polierte Glatze des Sängers Kristoffer Olivius wieder düster im Mondlicht, gnadenlos brüllt er seine tiefschwarzen Hymnen in die Masse. Melodisch sägende Gitarrenriffs und kräftige Drums zeigen, dass auch NAGLFAR bei den beachtlich präsentierten Party.San-Sounds keine Ausnahme machen. Wie eine verdammte Faust im Gesicht Gottes passt dieser melodische Black Metal in die chillig-düstere Stimmung der Nacht und Songs wie 'Swarm Of Plagues', 'I Am The Vengeance' and 'Black God Aftermath' verursachen ausgedehnten Bewegungsdrang der reichlich erschienenen Meute. Viel zu schnell geht ein wahnsinnig geiler Gig zu Ende und die Band verlässt die befriedigten Massen in die kalte, dunkle Nacht.
[Silvana Conrad/Marko Seppä]

...und noch eine Band für die Black-Metal-Heads. Können die omnipräsenten MARDUK - live gespielt wird irgendwie immer und überall - wirklich ein würdiger Co-Headliner sein?
[Henri Kramer]

Was soll man davon halten? MARDUK inszenieren sich als Black-Metal-Maschine, kalt und unbarmherzig. Sänger Mortuus hat endlich seine Rolle gefunden und gibt den Anti-Legion. Kaum Publikumskontakt, gekreischte Ansagen und nach dem Song wird entweder das Mikro weggeworfen oder erstmal was getrunken, natürlich mit dem Rücken zur Crowd. Das verleiht der Band zwar den Hauch des Geheimnisvollen und Unnahbaren - aber Mortuus gibt mir zu sehr den Rockstar, etwas mehr Bodenhaftung wäre da angebracht. Musikalisch hingegen klingen die Schweden, im Gegensatz zum letzten Wacken-Auftritt, durchgängig finster, böse und aggressiv. Hochgeschwindigkeitsgeschosse wie 'Baptism By Fire' oder 'Of Hells Fire' hinterlassen verbrannte Erde und Langsameres wie 'Funeral Bitch' jagt wohlige Schauer den Rücken hinauf. Und wer darüber hinaus noch Titel wie 'Throne Of Rats', 'The Hangman Of Prague' oder 'With Satan And Victorious Weapons' in der Hinterhand hat, kann nichts falsch machen. Trotz der erwähnten kleinen Mängel klingen MARDUK in Bad Berka sehr gut, so und nicht anders muss die Band auftreten. In dieser Form gehören die Schweden auch weiterhin zu den besten Black-Metal-Livebands dieses Planeten.
[Herbert Chwalek]

Einspruch: Gibt es eigentlich niemand, der Legion bei MARDUK vermisst? Sie sind natürlich auch mit Mortuus und seinem Kunstblut-Tick völlig cool. Doch Legion war exzentrischer, derber, klischeemäßiger - und hat den hohen Unterhaltungswert der Schweden maßgeblich geprägt. Manche werden ihn als Karikatur gesehen haben - aber eigentlich war sein Auftreten perfektes Entertainment. Mortuus dagegen bringt MARDUK wieder dahin zurück, wo sie herkamen: In den Underground. Manche wird es freuen. Manche nicht. Darüber kann man diskutieren.

Um zu solch diskursiven Ansätzen die perfekte Überleitung zu schaffen: Dispute gab es auch im Vorfeld des Party.San über die Verpflichtung von SIX FEET UNDER als Headliner. Passen die denn auf so ein extremes Festival? Ja, tun sie. Wenn es anfangs auch wieder einmal eine kleine Panne gibt, die Männer um Chris Barnes lassen sich nicht nervös machen. Wie auch, bei all dem Dope im Blut? Und bei solch treffsicheren Songs: 'No Warning Shoot' bevor der 'Torture Killer' und die 'War Machine' alles niederwalzen. Und dafür, dass viele im Party.San-Internetforum maulten, ist der Platz vor der Bühne brechend voll und voller Leben - und voll im Sinne von "Brutz&Brakel". So werden auch die Anfeuerungsrufe für SIX FEET UNDER immer lauter, was wiederum Chris Barnes zu immer besserer Laune verhilft. Er bedankt sich mit einer Zugabe nach Maß: 'T.N.T.' von AC/DC lässt zumindest für einige Augenblick die gigantischen Alkoholwerte abrutschen, weil das Stimmenzentrum wieder aktiviert werden muss.

Nach den Vorstellungen von SIX FEET UNDER, MARDUK und NAGLFAR - ja, sie waren alle gut, aber die Headliner tags zuvor besser - sind TANKARD im Partyzelt nicht nur der Ausklang, sondern die Gewinner. Denn was bei dem Auftritt der Thrash-Urgesteine los ist, gleicht einem Lehrfilm über das Verhalten von langhaarigen Bombenlegern mit unglaublich viel Blut im Alkohol. Hits wie 'Space Beer' werden von der Menge wie Gottgeschenke abgefeiert - und die Frankfurter danken es ihren Fans mit einer unglaublich spielfreudigen Darbietung. Besonders Sänger Gerre geriert sich wieder einmal als wandelnder Kugelblitz mit dem Sinn dafür, sein Publikum mitzureißen: "Wir sind die einzige Pop-Band hier". Mit diesem Motto kommen Songs wie 'The Morning After' noch eine Spur besser an, werden mit solchen Klassikern die Gemüter noch einmal mit Adrenalin zugeschüttet. "Freibier für alle!"... Und an den Morgen danach will in diesen Minuten noch keiner denken.

Doch was bleibt an diesem Morgen danach? Im Gegensatz zu den vergangenen Party.Sans ein etwas zwiespältiger Eindruck. Natürlich, der Kultfaktor ist noch da: Denn bei dem Festival in Bad Berka kostet das große Bier immer noch mindestens einen Euro weniger als in Wacken, ist das Essen immer noch vergleichsweise günstig und die Kosten für die Eintrittskarte fair berechnet. Doch bleibt in diesem Jahr der zweite Tag nur in durchschnittlicher Erinnerung, weil einfach der kultige Überraschungsfaktor von einer Überband wie etwa NIFELHEIM fehlte - und weil an ein Double wie KATAKLYSM und HYPOCRISY sowieso niemand heranreicht. Doch viel schwerer wiegen Tage später die vielen Einträge in verschiedenen Metal-Diskussionsforen über die Zustände auf dem Zeltplatz: Dort sollen ungehindert Nazilieder - etwa von LANDSER - gespielt worden sein, dass eklige "Deutschsein" zelebriert von rechtsextremen Black-Metal-Fans. Laut den Schreibern der Beiträge soll die Security dabei zum Teil zu zögerlich oder gar nicht eingeschritten sein. Die Veranstalter verweisen dagegen auf rund 60 Rechtsextreme, die sie vom Platz verwiesen hätten. Und: Auf dem Festivalgelände selber sind solche Typen bis auf vereinzelte ABSURD-Shirt kaum aufgetaucht - oder die Nazis haben gelernt, solche offenen Provokationen zu lassen. Doch die Geschichten vom Zeltplatz klingen teilweise übel - wenn sie stimmen. Doch sind solche Zustände wohl (leider) unkontrollierbar, gibt es doch solche Story auch von anderen Festivals wie dem Wacken: Und wer will schon pro Zelt einen Sicherheitsmann? Hier müssen die Fans des Party.San wohl alle selber zusammenhalten: Wenn solche Kunden auftauchen, dann eben wirklich konsequent die Sicherheitsleute rufen - und falls diese nicht erscheinen wollen, dann direkt an die Veranstalter verweisen lassen. Und auch die Veranstalter sollten sich fragen, trotz all ihrer Aktivitäten gegen Rechtsextreme in den vergangenen Jahren, ob nicht noch mehr zu tun ist. Denn das Problembewusstsein ist da, wie folgendes Original-Statement eines der drei Chefs des Festivals im Internet beweist:

"Leider gab es nicht wirklich viel zu verfolgen [gemeint sind Vorfälle mit Nazis - der Verf.]. Für uns gibt es dafür mehrere Erklärungen:

1. den Leuten ist eine konstruktive Problemlösung zu anstrengend.
2. den Leuten ist das Problem egal, bzw. sie sehen kein Problem.
3. die Leute haben gerade anderes zu tun (die letzten Abende im Biergarten sind allerdings nun definitiv vorbei)

Was machen wir nun mit dieser Diskussion? Vielleicht ist es an der Zeit unsere Ideen zur Disposition zu stellen. Eventuell können wir da einige aus ihrer Lethargie befreien.

Also, was haben wir für Werkzeuge um eine weitere Unterwanderung des Party.San und unsere gesamten Szene von politisch Motivierten zu verhindern.

A) Die drastischste Maßnahme ist wohl die dass es kein Festival mehr gibt - die wir aber nahezu ausschließen. Allerdings wissen wir nicht wie die jährliche Diskussion, im Netz, von den Verwaltungsorganen interpretiert wird und wie sie darauf in Zukunft reagieren.

B) Eine weitere Maßnahme ist, dass wir eine Art Hexenjagd veranstalten und jeder, der in Shirts mit kontroversen Motiven gesichtet wird, sofort vom Platz verwiesen wird. Gleiches gilt für Äußerungen und Zeichen (Stasi - dein Reich wird kommen?!), egal welches Extrem auch bedient wird.

C) Da man leider einen Musikstil als den Haupttummelplatz von vermeintlich rechter Gesinnung lokalisieren kann, liegt es nahe auf diesen in Zukunft zu verzichten. Hatten wir schon mal und wir habe einsehen müssen, dass wir alle für einen Handvoll Idioten bestraften. Und die Spinner waren dennoch da. Bitte nicht falsch verstehen! Wir stellen Black Metal nicht unter Generalverdacht. Von uns aus ist Black Metal = Krieg / Kindergeburtstag / Ausflug in einen chinesischen Bärenpark oder Lebensinhalt, kurz - uns ist es egal was jeder da rein interpretiert. Nur lasst eure falsch verstandene "misanthropisch = nationalsozialistische Weltanschauungstheorie" zu Hause. Gleiches gilt aber auch für unsere "Che Guevara"-Fraktion. Bad Berka liegt nicht in Bolivien und nicht jedes schwarz/weiße Shirt hat eine politische Bedeutung!

D) ...und dass wird wohl am schwierigsten, ist die Sachen mit den Gesprächen. Diskussionen, wenn sachlich und vor allen nüchtern geführt, erscheinen uns am fruchtbringendsten. Aber da sind ja wieder unsere zwei Probleme - sachlich/nüchtern. Keiner will euch das Saufen verbieten aber im vergeistigten Zustand sind Gespräche sinnlos.

Ein Festival, so extrem in der Musik wie das Party.San, lebt nur von der Toleranz der Besucher. Toleranz - ist aber ein gefährliches Wort in Bezug auf Rechtsradikalität. Wir stehen für Null-Toleranz gegenüber Faschisten. Nur ist für uns nicht jeder, der ein Burzum-Shirt trägt, gleich ein Nazi. NSBM ist eine Entwicklung, die nur durch die Provokation leben kann. Solange wir uns darüber aufregen, bleibt diese am Leben. Leider ist der Umkehrschluss nicht schlüssig, da die Hintermänner, die mit diesen Müll ihre Parteikassen füllen, sich recht schnell etwas Neues einfallen lassen, um Nachläufer für sich zu gewinnen, die mit ihren Geld deren Lebensunterhalt bezahlen. Und so sind wir wieder alle zusammen gefragt, wenn es um den Erhalt von Metal in seiner extremsten Form geht. Schaffen wir es nicht, die Szene zusammen zu halten, werden sich andere an unseren Überresten bedienen wie die Aasgeier an einem Kadaver. Wir können uns nur wiederholen: Wir stellen nur die Plattform - die Party macht ihr!"


Vielleicht wäre es vor diesem Hintergrund angebracht, noch offener Farbe zu bekennen. Schließlich sind die Party.Sanen schon seit einem Jahr Mitglied bei der Initiative "Metalheads against Racism". Das könnte genutzt werden: Großflächige Banner auf dem Festivalgelände, im Internet und auf den Eintrittskarten würden Nazis zumindest auf den ersten Blick sofort klar machen: Ihr seid hier nicht erwünscht! Ein Schritt wäre damit schon getan - und vielleicht hätten dadurch auch die Besucher mehr Mut zur Zivilcourage und könnten ein Zeichen setzen, dass die extreme Metalszene nicht nur tumb und stupide auf ihre Musik fixiert ist, sondern aktiv dafür sorgen will, dass diese nicht von Faschos unterwandert wird. "Hier wird etwas getan", sagt Jarne, der Booker des Party.San. Und fügt hinzu: "Beteiligt euch und helft den Veranstaltern!" Dazu ist nichts hinzuzufügen...

Doch bis auf diese besorgniserregenden Vorfälle, den manchmal abschwächelnden Sound samt Technik und eben das etwas schwächere Billing des zweiten Tages bleibt das Party.San (noch immer) das, was es in den vergangenen Jahren schon war: Die extremste Metalparty des Jahres mit dem Stand für Alkohol überhaupt. "Brutz&Brakel", wir lieben dich alle.
[Henri Kramer]

Redakteur:
Henri Kramer

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