Paradise Lost / 69 Eyes - Bochum

16.05.2001 | 08:46

15.05.2001, Zeche

Hmmmm.... eigentlich wollte ich ja gar nicht zu diesem Konzert, da ich die 69 EYES nur vom Hörensagen kenne und PARADISE LOST seit der \"Draconian Times\" mehr oder weniger uninteressant finde. Nun hatte ich mich aber doch auf den Weg in die Zeche gemacht, um mir die Engländer um Nick Holmes mal live anzusehen.

Der Ansturm war enorm und die vielen Fans konnten froh sein, dass sie an der Abendkasse noch ein Ticket ergattern konnten, denn später am abend blinkte doch das \'Ausverkauft\'-Schildchen über dem Kassenhäuschen, was ca. 1.000 Fans entspricht.

Die üblichen frühen Anfangszeiten verhinderten wieder einmal, dass ich die erste Band komplett sehen konnte, aber immerhin 5 Songs durfte ich mir von den 69 EYES noch ansehen und -hören. Die Stimmung war ausgezeichnet, der Sound klar und transparent und die Band tight und sehr harmonisch. Die Musik erinnerte mich dann doch sehr stark an die SISTERS OF MERCY, die FIELDS OF THE NEPHILIM oder EVEREVE. Vor allem der Frontmann konnte nicht verbergen, dass er stimmlich gerne Carl McCoy wäre. Ist er nicht, aber er hat eine gute Ausstrahlung und versteht es mit dem Publikum umzugehen, welches sich entsprechend dankbar zeigte und toll mitging.

Die Songs waren allesamt sehr simpel und leicht nachzuvollziehen, so daß man auch ohne die Band zu kennen gut mitgehen konnte. Als die Band nach dem letzten Song die Bühne verließ, wurden sie nochmal frenetisch abgefeiert und \'Zugabe\'-Rufe wurden laut. Dieser Wunsch wurde ihnen allerdings nicht erfüllt.

Auf jeden Fall haben sich PARADISE LOST mit den 69 EYES das Leben selbst schwer gemacht, da diese von den Fans stark bejubelt und ähnlich lautstark abgefeiert wurden.

Nach einer relativ kurzen Umbaupause kamen um 21.00 Uhr dann PARADISE LOST auf die Bühne, um Ihr neues Album \"Believe In Nothing\" live zu präsentieren. Auch wenn das neue Album wieder etwas gitarrenlastiger ausgefallen ist, kann es mich nur streckenweise überzeugen und ich war gespannt, ob sie live meine Meinung ändern können.

Die Fans fraßen der Band zumindest von den ersten Takten des Openers \"Mouth\" aus der Hand. Ein gelungener Einstieg, denn der Song verfügt über Hit-Potential und ist ein guter Repräsentant des neuen Albums. Auch der klare, transparente Sound und die effektive Lightshow liessen ein gutes Konzert erwarten.

Aber da gibt es immer noch einen Faktor, der gegensteuern kann: die Band selbst.
Der Aktionsradius eines jeden Musiker beschränkte sich auf ein hin- und herwackeln des Oberkörpers (Mr. Macintosh) bzw. auf Wippen mit dem rechten Fuß (Mr. Holmes) und das Charisma von Frontmann Nick Holmes ist in etwa so groß wie das einer Brotdose.

Statt aus der guten Laune des Publikums etwas zu machen und das Volk zum Toben zu bringen, hat Herr Holmes bei den kurzen instrumentalen Parts dem Publikum lieber den Rücken zugedreht und etwas getrunken oder sich permanent über die \'Hitze\' beschwert. Engländer sind halt doch Jammerlappen...

Entsprechend war die Stimmung des Publikums zwar über die gesamte Dauer des Konzertes gut, aber so richtig überspringen wollte der Funke während des regulären Sets nicht.
Bei \"True Belief\" stieg das Stimmungsbarometer zwar merklich, aber dieser Song machte auch den Unterschied zwischen PARADISE LOST anno 1993 und heute deutlich. Denn obwohl der Song in seiner ursprünglichen Fassung absolutes Hit-Potential hat und eines der Highlights auf dem \"Icon\"-Album ist, fiel er nur durch die bollernden Double-Bass-Drums am Ende des Stück auf. Das lag in erster Linie am heute viel zurückhaltenderen und vor allem zahmeren, ja gar zahnloseren Gesang von Nick Holmes, dem ich im gesamten Verlauf des Konzertes nicht allzuviel abgewinnen konnte.

Im Verlauf des Sets wurde bis auf das schon genannte \"True Belief\" und \"Forever Failure\" ausschließlich auf Songs der letzten drei Alben zurückgegriffen, was für einen \'Alt-Fan\' wie mich natürlich nicht besonders befriedigend ist. Das Publikum nahm die Songs des aktuellen Albums dafür deutlich besser auf als die des doch ziemlich verunglückten Vorgängers \"Host\", allen voran die neue Single-Auskopplung \"Fader\".

Nach ziemlich genau 60(!) Minuten verabschiedeten sich die Herren dann zum ersten Mal von dem Publikum und beendeten den regulären Set.

Der Zugabeteil umfasste dafür immerhin drei Songs und die waren durch die Bank Hits!!
Mit \"As I Die\" - das zum einzigen Moshpit führte -, \"Enchantment\" und \"One Second\" kamen hier echte Knüller zum Zuge. Zwar waren auch die Versionen von \"As I Die\" und \"Enchantment\" dem neuen Material etwas angepasst, aber hatten dennoch mehr Power als fast der gesamte Set zuvor, zumal da Nick Holmes auch erstmalig animateurische Fähigkeiten zur Show stellte und damit die Halle weningstens kurzfristig zum brodeln brachte. Und \"One Second\" ist einfach ein cooler Song mit tollem Text.

Nach insgesamt 75 Minuten war das Konzert dann hinüber.

Fazit:

Die 69 EYES konnten mich von Ihren Live-Qualitäten durchaus überzeugen, auch wenn mir persönlich das Songmaterial zu uneigenständig klang. Aber gute Unterhaltung war es auf jeden Fall.

PARADISE LOST fehlt zu einer wirklich guten Live-Band ein charismatischer Frontmann und dynamische Mitstreiter, die immer in Bewegung sind. Das das Songmaterial bei den Fans ankommt, ist nicht zu bestreiten, aber man hätte halt mehr aus dieser Konstellation machen können. Schade!

Setlist Paradise Lost:

Mouth
So Much Is Lost
I See Your Face
Something Real
Mercy
Say Just Words
Look At Me Now
True Belief
Permanent Solution
I Am Nothing
Fader
Made The Same
Forever Failure
Sell It To The World
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Enchantment
As I Die
One Second

Redakteur:
Peter Kubaschk
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