MASTODON und SLOMOSA - Köln

14.08.2025 | 21:55

12.08.2025, Carlswerk Victoria

Stolpert das Riff-Mammut nach dem jüngsten Abgang?

Das progressive Heavy-Metal-Schlachtschiff MASTODON kämpft aktuell nicht nur mit starkem Seegang, sondern einem teilweise waschechten Sturm, der seit dem Ausstieg von Gitarrist Brent Hinds im März diesen Jahres tobt. Während die verbliebenen drei Bandmitglieder im März von einer einvernehmlichen Trennung sprachen, lässt gerade Hinds in den sozialen Medien kaum ein gutes Haar an seinen Ex-Kollegen und feuert gerne einmal ein paar spitzzüngige Kommentare ab.

Aber Troy Sanders, Bill Kelliher und Brann Dailor lassen sich davon nicht beirren, sondern sind im Gegenteil aktuell auf großer Europa-Tour, um den Fans zu beweisen, dass MASTODON eben auch in dieser neuen Konstellation funktionieren kann. Ob dem wirklich so ist, nun davon kann ich mich heute Abend im Kölner Carlswerk Victoria höchspersönlich überzeugen.

Doch bevor der Headliner die Bühne betritt, darf erst einmal SLOMOSA aus dem norwegischen Bergen die gut zu dreiviertel gefüllte Halle auf Betriebstemperatur bringen.

Ich bin ehrlich, ich habe mich mit der Stoner-Rock-Mannschaft im Vorfeld nicht wirklich näher befasst, weil ich zu sehr fokussiert darauf war, MASTODON endlich wieder einmal auf der Bühne zu erleben. Das kristallisiert sich allerdings schnell als Fehler heraus, denn das, was Fronter Benjamin Berdous und seine Mistreiter hier auf die Bühne bringen, ist wahrlich großartig. 

Zuerst sind es dabei nur die wuchtigen und unverschämt groovenden Gitarrenriffs, die bei mir ein wohlwollendes Nicken auslösen, während ich mich noch am Merch-Stand umsehe.

Doch spätestens beim dritten Song des Sets wendet sich meine Aufmerksamkeit von den schicken MASTODON-Shirts ab, die übrigens wie heute leider gewohnt für 45€ das Stück gehandelt werden, und richtet sich komplett auf die Bühne, wo sich die Norweger mit Wucht, aber auch einem erstaunlich guten Gefühl für packende Gesangslinien und eine versteckte melodische Note durch ihr Material wuchten.

Nicht selten muss ich dabei an die von mir innig geliebten Landsleute KVELERTAK denken, wobei SLOMOSA den eigenen Sound mit deutlich mehr sludgiger Schwere und gedrosseltem Tempo präsentiert. 

So wird bei mir aus zustimmendem Nicken schnell echtes Headbangen und schlussendlich ein frenetischer Schlussapplaus, als die Mannschaft aus Bergen sich nach gut 45 Minuten verabschiedet. Gerade das finale 'Horses' sorgt bei mir dabei mit seinen wunderschönen Riffs und Melodien für grenzenlose Begeisterung, sodass ich sofort nach dem Ende der Show mein Handy zücke, um den Norwegern in den sozialen Medien zu folgen und nach CDs des Quintetts zu suchen, denn am Merch-Stand gibt es neben sehr coolen Shirts für 30€ das aktuelle Langeisen "Tundra Rock" nur auf Vinyl zu erstehen. Das Fazit sollte dann auch relativ klar sein: SLOMOSA muss man sich als Fan von wuchtigen Gitarren unbedingt auf dem Merkzettel notieren!

Es folgt eine gut dreißigminütige Umbaupause, bevor MASTODON endlich nach OZZY OSBOURNEs 'Crazy Train', welches das Publikum schon einmal auf Touren bringt, die Bühne unter lautem Jubel entert und mit 'Tread Lightly' sofort loslegt wie die Feuerwehr.

Mein Blick wandert dabei natürlich direkt auf die linke Bühnenseite, wo man eigentlich Brent erwarten würde. Stattdessen steht hier nun aber der kanadische Gitarrist Nick Johnston, der vielen durch seine Solalben und seine einmaligen Fertigkeiten an der Gitarre bekannt sein dürfte und der vorerst nur für die anstehenden Tourdaten verpflichtet wurde.

Ich bin aber mal so frech und äußere bereits nach dem folgenden 'Ghosts Of Karelia', dass aus diesem temporären Arrangement gerne eine Dauerlösung werden könnte, denn Nick fügt sich perfekt ins Bandgefüge ein. Er spielt absolut tadellos und lässt auch schnell erahnen, dass die Chemie zu den anderen Bandmitgliedern stimmt, wenn er etwa Schulter and Schulter mit Bill die Leads zum 'Crack The Skye'-Track mit träumerischer Sicherheit abfeuert. 

Klar, natürlich fehlt auch ein bisschen die Präsenz und das Charisma von Brent, trotzdem bin ich direkt vom Fleck weg überrascht, wie gut mir insgesamt die neue Inkarnation von MASTODON gefällt. Einen guten Anteil daran hat mit Sicherheit auch João "Rasta" Nogueira an den Keyboards und Snynthesizern, der für noch mehr Textur im sowieso schon dichten Sound sorgt, der heute Abend entsprechend druckvoll und satt durch den Saal walzt. Eine imposante Lichtshow, die sich mit ihrer klassischen Herangehensweise wohlwollend vom Video-Wall-Overkill vieler moderner Produktionen abhebt, komplettiert schließlich die perfekten Voraussetzungen für einen unterhaltsamen Konzertabend.

Wichtig für einen ebensolchen ist natürlich auch die Songauswahl, mit der die Amerikaner heute quer durch die eigene Diskografie reisen und durchaus vermehrt die härtere und metallischere Seite des Bandsounds betonen. Ob hier auch Brents Abschied eine Rolle spielt, der sich ja öffentlich auch immer vehement gegen das Label "Heavy Metal" gewehrt hat? Nun, die Fans scheinen die etwas kantiger geprägte Songauswahl zu begrüßen und bejubeln jede Nummer heute Abend lautstark, wobei gerade in den ersten Reihen ordentlich die Post abgeht. 

Die erste Stimmprobe der Anwesenden wird dann bei 'The Motherload' genommen, die Köln mit wehenden Fahnen besteht, wenn hunderte Kehlen gemeinsam mit Schlagzeuger Brann den prägnanten und packenden Refrain der Nummer schmettern. Generell darf "Once More 'Round The Sun" heute gemeinsam mit "Leviathan" und "The Hunter" jeweils drei Tracks stellen und damit den größten Anteil zur Setliste stellen, wobei gerade 'Ember City' später ebenfalls lautstarken Applaus erntet.

Dagegen ist 'Black Tongue' gemeinsam mit 'All The Heavy Lifting' (beide von "The Hunter") wahrscheinlich der Riff-Höhepunkt des Abends und strapaziert die Nackenmuskeln ziemlich konsequent. Das noch immer aktuelle Album "Hushed And Grim" wird dagegen nur mit zwei Tracks bedacht, wobei die Amerikaner mit 'Pushing The Tides' und 'More Than I Could Chew' meine persönlichen Lieblinge des Langspielers aus dem Jahr 2021 ausgewählt haben.

Angesichts der lautstarken Beteiligung des Publikums ist es dann auch kein Wunder, dass Troy sich mehrfach für die Treue der Kölner bedankt. Der heutige Abend markiert bereits den neunzehnten Tourstop in der Domstadt und das Versprechen, nach der Tour so schnell wie möglich ein neues Album aufzunehmen und 2026 zurückzukommen, wird erneut mit großem Applaus angenommen. Für das heutige Konzert befinden wir uns da aber schon auf der Zielgeraden, denn mit 'Blood And Thunder' gibt es noch einmal einen Bandklassiker zu hören, bevor das wirklich großartig vorgetragene und recht flotte BLACK SABBATH-Cover 'Supernaut' den Abend mit einem Ausrufungszeichen beendet.

Setliste MASTODON: Tread Lightly; Ghost Of Karelia; The Motherload; Pushing The Tides; Crystal Skull; Black Tongue; I Am Ahab; Megalodon; Ember City; More Than I Could Chew; All The Heavy Lifting; Spectrelight; Mother Puncher; Steambreather; Blood And Thunder; Supernaut (BLACK SABBATH-Cover)

Und meine Fazit für den Abend? Nun, so muss ein rundum gelungener Konzertabend eigentlich aussehen. Mit SLOMOSA hat sich eine Band direkt auf meinem Merkzettel eingenistet und mich rundum begeistert, während MASTODON eindrucksvoll unter Beweis gestellt hat, dass man auch 2025 in den Reigen der spannendsten, tightesten und schlicht und ergreifend tollsten Prog-Metal-Bands des Planeten gehört. Wie sich Brent Hinds' Abschied auf dem kommenden Studioalbum auswirkt wird sich dagegen erst zeigen müssen, doch auf der Bühne bleibt MASTODON auch ohne den Gitarristen und Sänger eine Macht.


Redakteur:
Tobias Dahs

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