J.B.O. - Stuttgart

16.11.2002 | 03:37

10.11.2002, LKA

Dass J.B.O. auch außerhalb der Grenzen Erlangens so ziemlich DEN Kultstatus unter den Blödelbands genießen, das war und ist klar – dass das Stuttgarter LKA dann aber letzten Sonntag derartig proppenvoll aus den Nähten platzen würde, hatte ich echt nicht erwartet; da wurde gleich die Suche nach einem Parkplatz zum wahren Abenteuer. Aber nach der Lösung des Standortproblems für den vierrädrigen Freund, „Einchecken“ in der Halle und dem Beziehen einer guten Position vor der Bühne - flankiert von primär rosa Tarnfleck, „Satan ist doof“- und „Arschloch und Spaß dabei“-Shirts tragendem Volk - konnte der nonsense-lastige Abend losgehen.

Für den Job der Publikumseinheizung hatte man Bandkumpel und Kifferpoet Götz Widmann auserkoren – mehr (oder auch weniger?) eine Überraschung, mir zumindest war vorher nicht bekannt, dass es eine Vorband, in diesem Fall eher einen Vorkünstler, geben würde. Somit machte sich auch leichte Skepsis breit, als dieser etwas übernächtigt aussehende Typ in schluderiger Garderobe mit Wandergitarre unterm Arm auf die Bühne schlurfte. Aber gleich mit dem ersten dargebotenen Stück „Politiker beim Ficken“ - inklusive der Beschreibung einer stöhnenden Angela Merkel - verflogen sämtliche Zweifel und es wurde klar: Das ist genau das richtige Aufputschmittel für J.B.O. . Texte mit sarkastischen, unter die Gürtellinie zielenden Inhalten, dazu ein sympathischer, wenn auch leicht müde wirkender Götz, der nicht nur mit seinen Sprüchen, sondern auch seinem erstaunlich guten Gitarrenspiel überzeugen konnte. Und so ging’s kunterbunt durch die abgedrehte Welt des ehemaligen JOINT VENTURE-Mannes: Songs über sein Lieblingsthema Drogen, die mal seltsame Verwandlungen („Wie ich eine Frau war“), mal den Missbrauch von Tieren („Eduard der Haschischhund“), tragische Todesfälle („Hank starb an ner Überdosis“) oder legale Rauschmittel („Frauen und Alkohol“) zum Thema hatten, sorgten für Lachkrämpfe en masse, und spätestens bei Widmanns Darbietungen über Geschlechtsverkehr in der S-Bahn, wie man Zöllner auf der A4 prima ärgern kann (nämlich durch einen Beutel Rosmarin und zerriebenes Aspirin) und der umgetexteten Version des BEATLES-Klassikers „Yesterday“ auf „Spucken gehn“ hielt sich jeder den Bauch. Da stahl der gute Mann fast schon J.B.O. die Show, bevor deren Konzert überhaupt angefangen hatte.
Jedenfalls verließ Götz nach gut 45 Minuten Stimmungsmachen plus einiger Zugaben unter begeistertem Beifall die Bühne, sicher um einige Fans reicher. Mein Tipp: Schaut mal auf seiner Homepage http://www.kifferglueck.de vorbei und zieht euch ein paar seiner Songs runter, dann könnt ihr zumindest ansatzweise nachempfinden, was für eine Stimmung bei seinem Auftritt im LKA herrschte.

Dem gelungenen Auftritt von Widmann zum Trotz hatten anschließend die Krieger in schwarz-rosa-gold nicht mal ansatzweise Schwierigkeiten, das Publikum auch für sich zu begeistern, im Gegenteil: Die Stimmung kochte gleich noch mal einige Grad höher, als Hannes, Vito, Ralph und Wolfgang die Bühne mit „Wem nutzt das schon“ von ihrem neuen Album „Rosa Armee Fraktion“ enterten und ordentlich vom Leder zogen. Metal und Spaß pur, dieses J.B.O. ureigene Konzept übertrug sich gleich mühelos auf die Menge, war aber auch kein Wunder bei der Setlist, in der sich abwechselnd Gitarrenkracher und Blödelwerke die Klinke in die Hand gaben und ein Gag den nächsten jagte: Da flitzte beispielsweise zu „Walk With An Erection“ ein Mitglied der J.B.O.-Crew – von mir und Begleitung kurzerhand zum „Bandazubi“ erklärt – mit einer ausgeprägten Latte über die Bühne, schmückten riesige aufgeblasene Penisse zu „1001 Nacht“ den Hintergrund, hüpfte die Band samt und sonders als Teufelchen verkleidet zu der ZLATKO-Verarschung „Ich vermisse meine Hölle“ herum oder wurde das riesige Portrait eines Nackten Vito C.’s mit überlangem Geschlechtsteil während „Mei Alde is im Playboy drin“ herumgereicht. Zwischen den Songs gab’s natürlich seitens Hannes und Vito Witze und Späße zur Genüge, die typischen „J.B.O.“-Rufspielchen mit den Fans und überdies angeregte Diskussionen, ob sich nun Lemmy von MOTÖRHEAD oder Hannes besser als Bundeskanzler eignen würde – der Vorschlag, MANOWAR als Verteidigungsminister einzusetzen, machte die politische Debatte schließlich perfekt.
Zu weiteren Highlights des Abends zählten die beiden BOB MARLEY-Persiflagen „Ka Alde, Ka G’schrei“ und „Gimme Dope Joanna“, bei denen man Vito im kunterbunten Rasta-Outfit, überdimensionalem Joint und Hanfblattgitarre bewundern konnte, das neue „GirlsGirlsGirls“, welches J.B.O. aufgrund ständigem Textvergessens und Lachkrämpfen viermal neu beginnen mussten und „Kuschelmetal“, welches prima Mitsingmöglichkeiten fürs Publikum bot.
Nachdem mit „Ein guter Tag zum Sterben“ der offizielle Teil des Konzerts wehmütig-wahnwitzig zum Ende kam, brachte das Grölen, Feiern und natürlich auch die Zugabe-Rufe die Vier zurück aufs Parkett, um mit „Schlaf Kindlein schlaf“ noch mal so richtig derb-metallisch METALLICA zu veräppeln, „Verteidiger des wahren Blödsinns“ machte mitsamt Heldenorgel und Männerchor das etwas andere MANOWAR-Feeling perfekt, und mit Bandhymne „J.B.O.“ machten die Erlanger Blödelbarden den Sack endgültig zu.

Fazit: Ein rundum klasse Konzert für das Training von Lach- und Nackenmuskeln sowie der nach Bier geifernden Leber mit absolut gutgelaunter Band und Publikum. Außerdem ist es immer wieder schön zu sehen, wie verschiedene Generationen und Szenegänger zur ein- und derselben Mucke Spaß haben können, da feierten einträchtig Damen um die 40 zusammen mit pickelgesichtigen Teenies, verschwitzten Crowdsurfern, zotteligen Punks, Metallern, Bürohengsten usw. usf. Das schaffen – unter wenigen anderen Bands – nur J.B.O., und deshalb wird ihnen wohl so schnell niemand den Thron der Stimmungs- und Unfughelden streitig machen können.

Setlist J.B.O.:

Wem nutzt das schon
Walk With An Erection
SexSexSex
Mensch ärgere dich nicht
1001 Nacht
GirlsGirlsGirls
Ich sag J.B.O.
Ich vermisse meine Hölle
Ich glaube du liebst mich nicht mehr
Du bringst mich um
Ich will Lärm
Ka Alde, Ka G’schrei
Gimme Dope Joanna
Mei Alde is im Playboy drin
Arschloch und Spaß dabei
Kuschelmetal
Ein guter Tag zum Sterben
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Schlaf Kindlein schlaf
Verteidiger des wahren Blödsinns
J.B.O.

Redakteur:
Kathy Schütte

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