JUDAS PRIEST, ACCEPT und PHIL CAMPBELL AND THE BASTARD SONS - Bad Vilbel

24.06.2025 | 13:56

18.06.2025, Stadtwerke-Arena Hessentag 2025

Der Hessentag ruft! Im beschaulichen Bad Vilbel geben sich neben dem Metal God von JUDAS PRIEST auch ACCEPT und PHIL CAMPBELL AND THE BASTARD SONS die Ehre. Da kann man nicht Nein sagen.

Zum ersten und letzten Mal in meiner Biographie als zugezogene Hessin war ich im Jahre 2001 in Dietzenbach auf dem Hessentag. Das nach meinem Dafürhalten immer etwas bieder anmutende jährliche hessische Volksfest mit Kirmescharakter hat mich nie besonders hinterm Ofen hervorgelockt. Tatsächlich sollte das in diesem Jahr anders sein, denn der diesjährige Ausrichter des Geschehens, die Stadt Bad Vilbel im Wetteraukreis, hat eine Ikone des britischen Heavy Metal eingeladen: JUDAS PRIEST. Aber die Briten sind nicht allein gekommen. Mit von der Party sind außerdem die stilprägenden Helden von ACCEPT sowie PHIL CAMPBELL AND THE BASTARD SONS.

Es wird also sehr traditionell auf dem Hessentag – auch im Genre des Heavy Metal. Der Hessentag hat für derartige Großkonzerte etwas außerhalb des Stadtkerns extra ein Open-Air-Gelände geschaffen. Arena wird es genannt, obwohl es gar keine Arena ist,  sondern ein gut ausgestatteter Festivalground mit Rindenmulch und Kunststoffbodenplatten. Für schlechtes Wetter und Regen ist man also gerüstet. Aber am PRIEST-Abend regnet es nicht, sondern ist brütend heiß. Die Fans – es sind tatsächlich allerhand echte Metaler nach Bad Vilbel gekommen – schleppen sich langsam vom Bahnhof und dem abseits liegenden Parkplatz auf das Gelände und lechzen nach dem ersten Bier, das für bemerkenswerte 6,-€ angeboten wird. Wie praktisch, dass direkt neben der Arena eine REWE-Filiale ihr Dasein fristet. Vermutlich wird dort an diesen Abenden das Geschäft des Jahres gemacht.

Wir ergattern ein Plätzchen direkt am Gitter hinter dem als Front of stage-Bereich ausgewiesenen Areal. Jenes ist ziemlich leer und so haben wir einen guten Blick auf die Bühne, von der aus sich pünktlich um 18.30 Uhr der Polizeichef des Abends die Freude nicht nehmen lässt, dem Publikum gute Unterhaltung zu wünschen. Und dann legt auch schon PHIL CAMPBELL AND THE BASTARD SONS los. Die Sonne knallt auf das Gelände und macht mich müde und schlapp. Da mich die Campbellsche Familienband nicht so entflammt, horche ich nur bei den beiden MOTÖRHEAD-Coversongs 'Going To Brazil' und natürlich 'Ace Of Spades' auf, die die Fans um uns herum etwas mehr in Schwung bringen.

Ich sehne den Auftritt von ACCEPT herbei, deren Show mich heute Abend am meisten interessiert. Die Erwartung wird nicht enttäuscht. Der unverändert fitte Wolf Hoffmann, Sänger Marc Tornillo und die anderen Bandmitglieder warten einmal mehr mit brachialer und präziser Gitarrenarbeit auf. Die Redewendung "ein fettes Brett" wird auch bei dieser ACCEPT-Show wieder mit Leben gefüllt, bei der die Band sich von einem Hit zum nächsten hangelt. Los geht's mit 'The Reckoning' und 'Restless And Wild', bei dem wir trotz der Gluthitze der Versuchung erliegen, die Birne durch die Luft zu schütteln. Ein paar Fans versuchen, mit dem Schwung der Stunde am Security-Personal vorbei in den Front of stage-Bereich zu kommen. Klappt nicht, sie müssen sich woanders austoben.

Mit 'London Leatherboys' und 'Princess Of The Dawn' funktioniert das aber überall in der Hessentags-Arena. Die Rocker von ACCEPT halten sich nicht viel mit Gelaber auf, sondern nutzen ihre rund einstündige Spielzeit, um alles zu verbraten, was lang gediente Fans hören wollen. 'Metal Heart' ist dabei und später 'Fast As A Shark'. Ich erinnere mich daran, wie ich diesen Song etwas spätzündermäßig 1989 entdeckt habe. Beim Blick in die gereiften Gesichter vieler Fans heute Abend liegt die Vermutung nahe, dass viele sich noch einmal in der Erinnerung an wohl zahlreiche ACCEPT-Konzerte sonnen, mit denen die Band wahrhaft zum Wegbegleiter ihrer Fans geworden ist. Da spielen sie immer noch und schließen den feurigen Abend mit 'Balls To The Wall' ab.

Nach einer weiteren Runde Schwitzen unter der Wetterauer Sonne ist es dann endlich soweit: JUDAS PRIEST kommt! 'All Guns Blazing' heißt es gleich zu Beginn, als Rob Halford mit seinem langen Ledermantel, dessen Rückenseite eine Brezel - eine Brezel? - aus Nieten verziert, über die Bühne schreitet. Der inzwischen fast 74-Jährige ist gut bei Stimme und so bietet auch die Ikone des Abends alle Songs auf, die sowohl der eingefleischte PRIEST-Fan als auch Nebenbeihörer, die nur die Hits kennen, hören wollen. 'Breaking The Law', 'Nightcrawler', 'Metal Gods' – da sind sie alle und ich stelle mir für einen kurzen Moment vor, dass sie eins sind: der Metal God und der liebe Gott aus der Kinderbibel mit seinem Rauschebart, der mal Bock auf fetten Sound statt immer nur Harfe und Engelsgesang hat...

Rob Halford hat inzwischen den Mantel gewechselt und trägt statt Brezel jetzt das Priest-Kreuz auf dem Rücken. Langsam ist auch die Nacht über der Bad Vilbeler Hessentags-Arena angebrochen. Es ist kühler und die Atmosphäre wird dem scharfen Gitarrensound besser gerecht als der hitzige Sommertag. 'Judas Rising' und 'Painkiller' werden vom Stapel gelassen und dann kommt irgendwann der Moment, an dem Rob Halford sich bei den Fans für ihre jahrelange Treue bedankt und immer noch gerührt zu sein scheint, dass diese Band seit so vielen Jahren geliebt wird.

Auch im beschaulichen Bad Vilbel kommen die Briten nicht ohne Zugabe davon. Schließlich erklingt das vertraute Röhren des Motorrades, das den Sänger unter Gejohle zu  'Hell Bent' For Lether' auf die Bühne katapultiert. Das ist Kult. Und wir haben diesen Kultmoment noch einmal gesehen. Auch wenn ich nicht zu den eingefleischtesten JUDAS PRIEST-Fans in diesem Kosmos gehöre und manches Open-Air-Erlebnis weit mehr Gänsehaut-Atmosphäre hervorgebracht hat, als das heutige, so dürfen wir auf dem Bad Vilbeler Hessentag doch unter entspannten Rahmenbedingungen einen soliden Abend mit drei genreprägenden Bands aus der Metal-Geschichte erleben. Das gibt's nicht alle Tage. 

Übrigens – der Hessentag hat uns zwei Tage später noch einmal gesehen. Er kam mir gar nicht mehr so bieder vor. Naja, man selbst wird ja auch älter. Und Bad Vilbel ist wirklich ein hübsches Pflaster. Fahrt mal hin!


Redakteur:
Erika Becker

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