Hate Eternal/Dying Fetus - Münster/Breitefeld

19.01.2004 | 04:01

12.01.2004, Live Arena

Neues Jahr, neues Glück: Gleich zu Beginn des neuen Jahres gab es in der Live Arena zu Münster-Breitefeld ein leckeres, heftiges Package mit vier exzellenten Brutalo-Deathster-Bands zu bestaunen, und mit gut und gerne über 200 zahlenden Nasen war die Location endlich auch einmal recht ordentlich besucht. Auch stimmungstechnisch konnte man sich an diesem Montag nicht beschweren, vom Moshpit über Stagediver bis hin zu grölenden Meuten gab es so ziemlich alles was das Todesblei-Herz begehrt.
Gut anderthalb Stunden nach Einlass ging es dann auch endlich los...

...mit PREJUDICE aus Belgien. Der Vierer rödelte ordentlich los, das stark an MORBID ANGEL erinnernde Material lief den Anwesenden auf Anhieb gut rein. Leider hatten die Jungs mit einem markanten Problem zu kämpfen, welches die Abwesenheit eines Bassers auf der Bühne war. Der Gesamtsound war dank des mächtig sägenden Klampfen-Duos zwar recht ordentlich, aber gerade im tieferen Tonbereich fehlte logischerweise der entscheidende Bums sowie das treibende Fundament.
Nichtsdestotrotz lieferten PREJUDICE in gut dreißig Minuten einen sehr ordentlichen Gig ab, welcher die Fans ideal auf DYING FETUS und HATE ETERNAL einzustimmen vermochte.
Von dem technischen Material der Nachbarländer würde ich auf jeden Fall in Zukunft gerne noch mehr hören.

DEEDS OF FLESH hatten im Gegensatz zu ihren Vorgängern den Vorteil eines deutlich höheren Bekanntheitsgrades. Das schlug sich dann in einer ziemlich begeisterten, wild moshenden Menge vor der Bühne nieder, welche die Truppe zu Todesblei-Geschossen wie 'Infecting Them With Falsehood' oder 'Hunting Humans' sehr ordentlich abfeierte. Irgendwie war mir persönlich das Geschehen auf der Bühne ein wenig zu statisch, da es, abgesehen vom Propeller-Banging des Bassers, wenig an Bewegung zu sehen gab. Auch fehlte irgendwie eine zweite Gitarre, welche dem teils etwas zu monotonem Material der Band den entscheidenden Kick verpasst hätte.
Egal, denn Songs wie das abschließende 'I Die On My Own Terms' entschädigten für die kleinen Mankos und machten deutlich, dass zwar wenig innovativer, aber dafür sehr solider und souverän dargebotener US-Todesmörtel auf einem hohen Niveau auch 'ne Menge Spaß machen kann.

Endlich. DYING FETUS live. Leider konnte ich bisher nicht in diesen Genuss kommen, und nach einer guten Dreiviertelstunde war klar, dass ich bisher eine Menge verpasst hatte. Negative Eindrücke? Fehlanzeige. Die Amis beherrschten das Publikum von der ersten bis zur letzten Sekunde des schweißtreibenden Auftritts, während sich die Saitenfraktion die Finger wund frickelte. Was hier an musikalischer Technik dargeboten wurde, das kratzte schon bedenklich stark am fast gottgleichen Status von CANNIBAL CORPSE. Sorry Jungs, aber gegen diese Arpeggio-Fronten und Tapping-Einlagen könnt ihr nicht mehr anstinken. Gerade das Material der letzten beiden Alben wurde in einer atemberaubenden Perfektion dargeboten, so dass man sich teilweise nicht entscheiden konnte, ob man nun die Kinnlade auf dem Boden suchen oder die Nackenwirbel malträtieren sollte. Der mächtige, sehr gute Sound tat sein übriges, um diesen Auftritt zu einem unvergesslichen Erlebnis zu machen.
'One Shot, One Kill', 'Skullfucked', 'Stop At Nothing', 'Pissing In The Mainstream', 'Killing On Adrenaline' oder das obligatorische 'Grotesque Impalement' - hier fehlte kein einziger Killersong, hier gab es keine Pause, hier herrschte der pure Wahnsinn.
Selten gab es eine Band, die höchste technische Ansprüche, mosh-kompatibles Riffing und die absolute Brutalität des Death Metals derart Perfekt vereint hat - an die momentane Form des Quintetts kommt meiner unmaßgeblichen Meinung nach keine andere DM-Band heran. Noch was? Ach ja, das nächste Mal bitte als Headliner mit mindestens einer halben Stunde mehr Spielzeit. Grandios.

Wieso HATE ETERNAL den Headliner-Status an diesem Abend inne hatten, ist mir immer noch nicht ganz klar geworden. Sicher, mit Ex-MORBID ANGEL-Klampfer Erik Rutan gibt's einen gewissen Promi-Bonus, und auch das letzte Langeisen "King Of All Kings" war sehr ordentlich - aber DYING FETUS haben deutlich mehr Alben auf dem Markt, bieten eine unvergleichlich energiegeladenere Show und, wie sich zeigen sollte, deutlich mehr Anhänger in ihren Reihen. Denn vor dem guten Erik und seinen beiden Mitstreitern (absolute Weltklasse: die verdammt bösen Grimassen von Basser Jared Anderson, der dabei sogar Mr. Rutan den Rang ablief) tummelten sich höchstens noch die Hälfte derer, die bei DYING FETUS für einen mächtigen Moshpit gesorgt hatten. Letzteren gab's hier auch nicht, und die Sympathiebekundungen bewegten sich in einem deutlich ruhigeren Rahmen, als das noch bei DYING FETUS der Fall gewesen war. Zu Recht, wie ich finde. Denn der Auftritt von HATE ETERNAL litt unter einem grottigen Sound, für den Wohl Rutan und Co. verantwortlich sein dürften: In typisch amerikanisch-großkotziger Manier wurden die Regler mal eben bis zum Anschlag aufgedreht, der Gitarrensound konnte so zwar gut die Belastbarkeit der Trommelfelle testen, war aber schlicht und einfach nur noch laut. Bei den Drums dominierte die Bassdrum dermaßen, dass man die an sich recht filigrane Beckenarbeit sowie die Snare kaum noch wahrnehmen konnte. Ein einziger undifferenzierter Soundmatsch, in dem der Bass völlig Baden ging, lediglich die angenehm geschrienen Vocals von Mastermind Rutan drangen einigermaßen ungehindert an das leidgeprüfte Ohr.
Zu guter Letzt war die Darbietung des auf Platte sehr guten Materials derart lustlos, statisch und gleichförmig geraten, so dass einem - insbesondere nach dem genialen Auftritt von DYING FETUS - recht schnell die Lust auf HATE ETERNAL verging.
Das sah nicht nur meine Wenigkeit so, denn das vor der Bühne verbliebene Publikum kopierte einfach die von der Band dargebotene Statik und ließ sich nicht sonderlich mitreißen. Nach einer guten Stunde war's dann vorbei, und die Erkenntnis, dass HATE ETERNAL wenn überhaupt, dann auf Platte eine Macht sind, manifestierte sich recht schnell im Kopf.

Insgesamt gesehen hatte sich der Besuch der Live Arena auch 2004 eindeutig gelohnt, selbst der schwache Auftritt von HATE ETERNAL konnte den sehr positiven Gesamteindruck kaum schmälern. DYING FETUS sind live eine absolute Macht, die sich jeder Death Metal-Begeisterte schleunigst mal ansehen sollte. Besser geht's echt nicht.
Bleibt noch die Erkenntnis, dass das technische Niveau im ehemaligen Rumpel-Genre Death Metal mittlerweile beachtlich hoch ist, sei es nun bei etablierten Truppen oder bei noch eher unbekannten Bands, den Stempel "simpler Lärm" hat das Genre schon lange abgelegt. Auf der anderen Seite wurde allerdings auch deutlich, welch großen Einfluss die Szene-Flaggschiffe wie MORBID ANGEL oder CANNIBAL CORPSE haben. Bleibt zu hoffen, dass es weiterhin Ausnahmekapellen wie DYING FETUS geben wird und die Szene sich nicht erneut in eine kreative Sackgasse manövriert.

Redakteur:
Rouven Dorn

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