AMBUSH und CENTURY - Hamburg
17.05.2025 | 14:0907.05.2025, Bambi Galore
Schwedische Stahlwerke auf Betriebsausflug in Europa
Manchmal hat man es in der Großstadt nicht wirklich leicht und muss sich um allerhand sogenannte "First World"-Sorgen kümmern. Heute auf der Liste ganz oben: Gehen wir zu dir oder gehen wir zu mir? Beziehungsweise: Gehen wir zu DOOL ins Logo oder ins Bambi Galore zu AMBUSH und CENTURY? Da ich die live immer zu 100 Prozent überzeugenden Holländer im letzten Jahr bereits zweimal live erleben durfte und ich sie auf dem Rock Hard Festival im Juni ohnehin wiedersehen darf, entscheide ich mich trotz bockstarker Vorband (und zwar die Senkrechtstarter MAJAK) nach einigem Hin und Her doch für einen Besuch im etwas entfernter liegenden Hamburg-Billstedt. Immerhin aber zeigt meine bessere Hälfte bei DOOL Präsenz, während ich mich ganz im Auftrag des schwedischen Stahls ins Bambi Galore aufmache. "Support The Underground" lautet heute also die heilige Devise.
Trotz Parallelprogramm finden sich aber auch in "Hamburgs finest Underground Venue Number One" erstaunlich viele Banger-Nasen ein. Ich hätte mit so maximal sechzig bis siebzig Leutchen gerechnet. Tatsächlich sind es aber weit über hundert, am Ende des Tages wird es daher auch bei dem wie fast immer vor Ort anwesenden sympathischen Betreiber Flo bei der Bilanzprüfung lauten: Cool, Bude (fast) ausverkauft! So soll und muss das!
Gefühlt sind hier immer dieselben Verdächtigen am Start. Ich nenne sie mittlerweile alle liebevoll "meine Bambinis und Bambinos". Beim Hinabgleiten in die heiligen Kellerräume fällt mir auf, dass man den Merchstand nun eine Etage nach oben verfrachtet hat. Toller Einfall, wie ich finde, da auf diese Weise definitiv noch mehr Stehplatz für begierige Headbanger geschaffen wird.Los geht es nach einer pompösen Intro, die etwas an eine adlige Veranstaltung wie eine Königskrönung erinnert, recht pünktlich mit den Stockholmern CENTURY, welche Anfang des Jahres mit ihrem Zweitwerk "Sign Of The Storm" für ordentlich Aufsehen im Underground sorgen konnte und seinerzeit mit ihrem Debütalbum "The Conquest Of Time" Teil unserer ersten heavymetallischen Kompetenz-Sitzung gewesen ist. Dass die Herren mit ihrem klassischen Heavy Metal auf den Pfaden ihrer Landsmänner GOTHAM CITY und HEAVY LOAD wandeln, hat ja bereits Jens in seinem Review herausgearbeitet. Und auch live funktioniert, wen überrascht es, die ganze Chose natürlich absolut super. Im Stamm besteht die Band nur aus Staffan Tengnér (Gesang und Gitarre) und Leo Ekström Sollenmo am Schlagzeug. Da die Band nicht MANTAR heißt, helfen hier an der zweiten Gitarre und am Tieftöner daher noch zwei feste Livemusiker mit aus und sorgen mit einem energiegeladenen Set für allerbeste und stetig wachsende Stimmung im weiten Rund des Bambis.
Die Songauswahl beinhaltet in guter Balance Stücke von beiden Platten. Mit 'Neon Warrior' hat sich gar ein Song des ersten und einzigen Demos aus dem Jahr 2020 in die Setliste geschlichen. Selbst das gute, alte Gitarrensolo hat noch immer nicht ausgedient und sorgt hier nicht nur bei den anwesenden Hobby-Musikern für offene Münder. Viel straighter kann man schnörkellosen Heavy Metal schwedischer Machart, von einigen wenigen Ausnahmen wie z.B. RAM vielleicht mal abgesehen, wahrlich nicht spielen. Klasse Performance.
Setliste: Intro; Sacrifice; Children Of The Past; Neon Warrior; Master Of Hell; The Chains Of Hell; Fallen Hero; Sign Of The Storm; Possessed By The Night; Guitar Solo; Sinister Star; The Fighting EagleGute zwanzig Minuten und die obligatorische Astra-Knolle später betreten die Landsmänner von AMBUSH die kleine, aber feine Bühne. Diese haben definitiv nicht weniger Energie und Spiellust in ihren Arschbacken. Mit dem Titelsong des Debütalbums "Firestorm" geht es hier somit auch gleich ohne Umschweife in die Vollen. Der Laden hat sich zwischenzeitlich so sehr gefüllt, dass man wohl mit großer Wahrscheinlichkeit davon ausgehen kann, dass die Hütte, wie bereits oben erwähnt, glücklicherweise complete sold out ist. Recht so! Den aus der mit dem ulkigen Stadtamen Växjö kommenden Herren merkt man an, dass sie nicht nur zwei Alben mehr im Rucksack haben, sondern durch die paar Jährchen mehr zudem auch mehr Liveerfahrung mitbringen. Dies stellt im besonderen Frontsirene Oskar Jacobsson eindrucksvoll unter Beweis, der tatsächlich alle Rockstar-Posen aus dem FF verinnerlicht hat, ohne dass das Ganze allerdings irgendwie in übertriebenem Poser-Getue ausartet.
Im Gegensatz zu CENTURY trumpfen die meisten AMBUSH-Stücke mit einer gehörigen 80er US Hard Rock-Note auf. Das fällt mir speziell bei 'Hellbiter' auf, nach dessen Ausklingen nun auch alle vier Alben mit mindestens einem Song bedacht werden. Die Luft ist mittlerweile zum Schneiden dick. Ich sehe diverse Kuttenträger, vorher noch durchgehend in Dauerheadbanging-Schleife inbegriffen, nun klitschnass Richtung Bar schlurfen. Es soll ja nachher bloß niemand behaupten, im Bambi Galore bestünde bei Konzerten die Gefahr einer akuten Dehydrierung. Die Schweden feuern indes weitere Songs gnadenlos routiniert von der Bühnenrampe. Nonstop Fist- und Bierbecher-Raising steht an der Tagesordnung. Von Ermüdung noch keine Spur, obwohl Sänger Oskar uns mitteilt, dass es noch keine zwei Tage her ist, dass man eine kleine Südamerika-Tour absolviert hat und daher noch ein wenig den Folgen des Jetlags ausgeliefert ist. Okay, zumindest ich kann hiervon nicht viel erkennen, und so peitschen weitere Liedperlen wie 'Southstreet Brotherhood' und 'Desecrator' an uns vorbei, bevor mit 'Natural Born Killers' der reguläre Teil des Abends beendet wird.
Eigentlich ist der Mob nun wie die Band auch stehend k.o., aber noch immer heiß genug, um aus eigener Kraft hier lauthals die verdiente Zugabe einzufordern. Drummer Linus Fritzson scheint dem Frieden hier allerdings nicht wirklich zu trauen und animiert das Publikum höchstpersönlich mit anfeuernden Gesten, während der Rest sich Backstage kurz die Schweißpfützen aus den Gesichtern wischt. Sicher ist sicher, denkt sich der gute Mann wohl. Wieder auf der Bühne vereint, kündigt Sänger Oscar einen Song an, "den man 1980 geschrieben hat". 'Metal Gods' heißt dieser großartige Song, der schon damals so gut war, dass eine heute nicht unbekannte britische Heavy Metal-Band diesen noch gleich im selben Jahr covern sollte. Die pfeilschnelle Mitgrölnummer 'Don't Shoot (Let 'Em Burn)' vom Debütalbum bündelt dann nochmals gesammelt alle noch vorhandenen Kräfte, die hier zugegen sind, und beschließt einen in jeder Hinsicht rundum überzeugenden und schweißtreibenden Abend.
Heavy fuckin' Metal at its very fuckin' best! Period!
Setliste: Firestorm; Possessed By Evil; Night Of The Defilers; Evil In All Dimensions; Heading East; Hellbiter; The Demon Within; Southstreet Brotherhood; Desecrator; Natural Born Killers; Zugaben: Metal Gods (JUDAS PRIEST Cover); Don't Shoot (Let 'Em Burn)
Fotocredit: Jürgen Fenske
- Redakteur:
- Stephan Lenze