ROXXCALIBUR: Interview mit Kalli

23.02.2016 | 14:18

Die NWoBHM hat etliche Perlen an Land gespült, zahlreiche Klassiker im Schoß gehabt und Bands hervorgebracht, die noch ein enormes Ansehen genießen dürfen. Dieser Zeit huldigen auch die Jungs von ROXXCALIBUR, die bereits mit ihrem dritten Coveralbum "Gems Of The NWoBHM" am Start sind. Rede und Antwort stand uns abermals Kalli, der uns erzählt, wie es zu der Trackliste kam, welche Bedeutung diese Sparte für ihn hat und wie es mit ROXXCALIBUR und anderen Projekten weitergeht.

Kalli, grüß dich! Vielen Dank vorab, dass du dir ein wenig Zeit für meine brennenden Fragen nimmst. Vorab die Frage: Wie geht es dir? Wie ist die Stimmung bei euch im Bandcamp?

Hallo Marcel! Über die Weihnachtsfeiertage haben wir mit sämtlichen Bands, in die wir involviert sind, eine kleine Auszeit genommen, um neue Kraft zu tanken. Währenddessen hatte ich beispielsweise die Gelegenheit, noch mal mit viel Abstand unserer letzten Scheibe "Gems Of The NWoBHM" zu lauschen, und zwar ohne dieses andauernde analytische Hören, das man immer betreibt, wenn man gerade eine Platte abmischt oder mastert. Und was soll ich sagen? Die Scheibe rockt, haha! Wir haben zwar noch keine endgültigen Zahlen, aber wir sehen, dass sich das neue Album sehr gut verkauft. Dementsprechend ist die Stimmung innerhalb der Band sehr gut!

Wie sahen die letzten Monate musikalisch bei dir nach der Veröffentlichung des zweiten MASTERS OF DISGUISE-Albums aus?

Nun, wir waren direkt nach der Veröffentlichung von "The Savage And The Grace" mit unseren amerikanischen Buddies von OMEN auf Tour. Als wir 2010 noch bei SAVAGE GRACE spielten, tourten wir schon einmal mit OMEN in ganz Europa bis nach Bulgarien! Bandleader Kenny Powell spielte ja ebenfalls in den frühen 80ern bei SAVAGE GRACE und somit ist eine Tour mit OMEN immer eine runde Sache, musikalisch wie auch persönlich. Dieses Mal beackerten wir neben Deutschland auch Belgien, Holland und Österreich und konnten etliche Fans dazu gewinnen. Auf dem German Swordbrothers waren wir ebenfalls mit OMEN am Start. Dieser Gig war übrigens eines der bandinternen Highlights. Im Sommer spielten wir noch das eine oder andere Festival, was natürlich sehr wichtig ist, da man auf Festivals in der Regel bei gleichem Aufwand ungleich mehr Leute erreichen kann als bei Clubshows.

Kommen wir einmal zu ROXXCALIBUR: Auch mit eurem dritten Album "Gems Of The NWoBHM" zollt ihr der guten alten Zeit Tribut. Wie kamt ihr damals eigentlich auf die Idee, mit ROXXCALIBUR Coveralben aufzunehmen?

Die Idee kam natürlich von Neudi, den ich als Kopf der Band bezeichnen würde. Da er unfassbar viele Raritäten aus der NWoBHM-Ära besitzt, kam er auf die Idee, vor allem den unbekannteren Bands Tribut zu zollen, da es hier massig qualitativ erstklassige Songs zu entdecken gibt, die aber maximal einer Handvoll Sammler bekannt sind. Für dieses Vorhaben hatte er lange nach Mitstreitern Ausschau gehalten und es ergab sich erst 2007, dass er eine Besetzung fand, für die diese Idee interessant und spannend klang.

Was stand im Vorfeld bei euch eher im Vordergrund? Der Spaß, längst vergessene NWoBHM-Perlen zu covern oder nicht ganz so bekannte Bands wieder ein wenig mehr in den Fokus zu rücken?

Ganz klar der Spaß an den Songs. Wir hatten ja nie geplant, dass ROXXCALIBUR mehr als ein Spaßprojekt wird. Wir dachten, wir gründen eine kleine Tribute-Band, studieren bei ein paar Bierchen einige Songs ein und zocken ein paar Gigs, einfach aus Spaß an der Sache und um neben unseren damaligen Hauptbands ABANDONED und VIRON musikalisch etwas den Kopf frei zu bekommen. Erst als sich immer mehr Leute für ROXX interessierten und Limb Music uns sogar einen Deal angeboten hatte, nahm die ganze Sache an Fahrt auf. Dass wir dabei tatsächlich selbst auch noch mit vielen Originalmitgliedern der von uns gecoverten Bands Kontakt haben oder sogar die Bühne teilen würden, hatte initial natürlich niemand auf dem Schirm, geschweige denn, dass einige der Original-Bands den ganzen Trubel zum Anlass nehmen sollten, sich zu reformieren. Wenn man mal davon absieht, dass uns Rodney Matthews seit dem ersten Album das Artwork auf den Leib schneidert, erreichte das ganze Unterfangen aber in den Jahren 2011 und 2012 seinen Gipfel, als wir für die Produktion unseres zweiten Albums Chris Tsangarides mit ins Boot holten und Neudi und ich bei JAMESON RAID einstiegen, deren reformierte Besetzung aus wirklich alten Männern bestand, die nach ein paar Gigs nicht mehr konnten oder wollten, neben einem kleinen Intermezzo meinerseits bei CLOVEN HOOF. Insofern haben wir letzten Endes tatsächlich Einiges für die von uns gecoverten Bands getan. Dadurch sowie durch gemeinsame Gigs und die Vorarbeiten zu unseren Alben fühlen wir uns schon selbst ein Stück weit als Teil der NWoBHM-Szene, was Neudi mal so treffend beschrieben hat.

Welchen Punkt ich an dieser Stelle wirklich bemerkenswert finde, ist die glasklare und saubere Produktion, die aber weder zu dick aufgetragen noch zu lasch aus den Boxen kommt, den richtigen Stellen die nötige Aufmerksamkeit schenkt und ein großer Pluspunkt auf dem Album zu sein scheint. Wer war hierfür zuständig und wie verlief die Produktionsphase für "Gems Of The NWoBHM"?

Das hört man gern! Die Produktion ging dieses Mal komplett auf meine Kappe, nachdem ich beim letzten Mal neben Chris Tsangarides co-produziert hatte. Diesmal wollten wir alles sehr organisch angehen und die Basics, also Schlagzeug, Bass und Rhythmusgitarren zusammen aufnehmen. Außer Vocals und Soli haben wir alles innerhalb von drei Tagen live eingehämmert, was für das Feeling entscheidend war. Dadurch konnten wir beispielsweise bei Tempowechseln aufeinander eingehen oder auch bei einigen Teilen wild drauflos jammen. Wir suchten uns dann die besten Takes aus. Diese stellten dann die Ausgangsbasis für Vocals und Soli dar. Dadurch, dass wir für die Rhythmusgitarren keine Overdubs mehr aufgenommen haben, so wie es ja eigentlich im "Book Of Heavy Metal" steht, klingt das Ganze etwas transparenter und die einzelnen Instrumente haben mehr Luft. Gemischt habe ich zusammen mit Neudi. Soundtechnisch nahmen wir uns die großen Produktionen der 80er Jahre zum Vorbild, also beispielsweise "Powerslave" von MAIDEN oder "British Steel" von PRIEST und ich denke, wir haben den Geist dieser Ära ganz gut eingefangen. Davon abgesehen konnten wir Eroc himself für das abschließende Mastering gewinnen. Er ist eine Ikone auf seinem Gebiet und hat dem Ganzen dann soundtechnisch noch die Krone aufgesetzt.

Nach welchen Kriterien habt ihr euch auch diesmal die Songs ausgesucht? Es sind ja richtig rare Dinger dabei...

In den letzten Jahren kam es vermehrt zu Reunions alter NWoBHM-Bands, die ihren Backkatalog erneut herausbrachten. Allgemein stieg das Interesse an den NWoBHM-Schätzen aus der zweiten oder dritten Reihe und dadurch wurde vieles neu aufgelegt, was uns natürlich sehr freut, da wir ja mit unserem Debüt "NWoBHM For Muthas" den Stein ein Stück weit ins Rollen gebracht haben. Das machte es für uns aber auch etwas schwieriger, interessantes und ungehörtes Material zu finden. Wir haben dafür etwas tiefer gegraben und uns letztlich auch für Songs entschieden, die nur auf Samplern oder Demotapes zu finden waren, beispielsweise "Soldiers Of War" von SATAN'S EMPIRE, der nur auf der legendären "Lead Weight"-Compilation erschien.

Gibt es eine Uralt-Perle auf der neuen Scheibe, auf die du ganz besonders stolz bist? Oder hast du gar zu irgendeinem ursprünglichen Song eine besondere Beziehung?

Ehrlich gesagt kannte ich auch nur eine Handvoll der Nummern, die wir dieses Mal vertont haben. 'Name, Rank & Serial Number' von FIST war mir beispielsweise geläufig, ebenso 'Somewhere Up In The Mountains' von MARQUIS DE SADE. Unsere Umsetzung dieses Songs ist meiner Meinung nach besonders gut gelungen, weil wir dieses grauenhafte Synthie-Geschwurbel durch cleane, also unverzerrte Gitarren ersetzt haben, was dem ganzen Song mehr Tiefe bzw. Alexx' Vocals mehr Raum gibt. Den Refrain hat Alexx mit einer Gesangsharmonie aufgepeppt, so dass sich das Teil direkt im Gehörgang verankert. Der besondere Song auf "Gems" ist für mich 'Panzer Division Destroyed' von BUDGIE. Diese Band ist phänomenal, was ja auch Lars Ulrich schon wusste. Jedenfalls kam die Überlegung auf, auch mal einen Song von einer Band zu machen, die schon vor der NWoBHM in den 70ern aktiv war und es sollten nicht die üblichen Verdächtigen wie PRIEST oder PURPLE sein. Wir waren zu dem Zeitpunkt allerdings schon im Studio und hatten den Soundcheck gerade hinter uns, als wir überlegten, welchen Song wir noch dazu nehmen könnten, praktisch als Bonustrack für Japan oder ein mögliches Vinyl. Als Neudi 'Panzer Division' vorschlug, war ich sofort Feuer und Flamme. Wir suchten den Song auf Youtube und lernten ihn. Danach spielten wir drei Takes davon ein. Alles in Allem hat das ca. eine Stunde gedauert und wir waren von dem Song so begeistert, dass er kein Bonus wurde, sondern seinen Platz in der regulären Tracklist fand.

Gab es auch Songs, die du persönlich gerne mit auf das neue Album genommen hättest, die ihren Weg letztendlich jedoch nicht auf "Gems Of The NWoBHM" gefunden haben?

Die gibt es tatsächlich. Ich hätte gerne einen Song von DEEP MACHINE gemacht, aber da die Jungs selbst ihre geniale EP wieder veröffentlicht bzw. einige alte Songs selbst neu aufgenommen hatten, machte das für uns keinen Sinn. Leider! Checkt unbedingt deren Material aus, das kann was!

Kalli, du darfst gerne etwas ausschweifen: Was fasziniert dich/euch so an der NWoBHM? Was macht in deinen Augen die Magie, den Glanz der damaligen Zeit mit all ihren Bands, Vorreitern etc. aus?

Die NWoBHM war ein richtiger Arschtritt für die gesamte Szene. Die selbstverliebten, verwöhnten und/oder vollgedröhnten etablierten Musiker sahen sich mit einer ganzen Horde neuer, hungriger Bands konfrontiert. Mit meist nur sehr begrenzten finanziellen Mitteln wurden Platten in Eigenregie aufgenommen und vertrieben, es entstand eine veritable Szene, die im harten Rockbereich alle nachfolgenden Generationen mit ihrer DIY-Attitüde und dem bewussten, aber oft aus der Not heraus geborenen Verzicht auf vermeintliche Must-Haves wie Plattenfirmen, Manager, etc. beeinflussen sollte. MAIDEN und Konsorten machten vor, wie man mit Einsatz und Willen Berge versetzen kann. DAS ist eigentlich die Quintessenz: Es gab keine Gesetze bzw. bestehende Normen wurden hinterfragt und über Bord geworfen. Und im Gegensatz zum Punk waren die Fertigkeiten an den Instrumenten um Einiges besser ausgebildet. Beim Songwriting gab es keine Suche nach dem nächsten Radio-Hit, sondern der Einfluss der 70er Jahre mit ausufernden Jam-Parts und unkonventionellen Songstrukturen sowie die damalige Aufbruchstimmung animierten die Musiker dazu, etwas Eigenes und höchst Kreatives zu erschaffen.

Wie stehst du - objektiv betrachtet - eigentlich generell zu Coveralben? Mir fallen nebenbei beispielsweise auch die zahlreichen Tribute-Alben zu HELLOWEEN, ACCEPT, THIN LIZZY, IRON MAIDEN etc. ein.

Einerseits kann man der jüngeren Generation mit diesen Coveralben die Musik älterer Bands näherbringen, es gibt ja für Neueinsteiger immer viel zu entdecken. Das funktioniert bei uns ja auch und macht unsere Scheiben nicht nur für Kenner so interessant. Andererseits, und das ist das eigentliche Manko, sind 95% der Coverscheiben nicht aus einem Guss. Meist gibt es eklatante Unterschiede in der dargebotenen Qualität der Stücke innerhalb eines Albums, also produktions- und soundtechnisch, und dann wirkt die Scheibe wie ein Flickenteppich und macht keinen Spaß. Richtig verdienen tut hier aber auch keiner der Akteure, da das meiste Geld ja in die Taschen der Urheber fließt. Die Erben freuen sich, haha.

Bestehen eigentlich Pläne, die ROXXCALIBUR-Alben auch auf Vinyl zu veröffentlichen? Das würde dem nostalgischen Feeling natürlich die Krone aufsetzen.

Uns war es seit jeher ein Rätsel, warum sich niemand an eine Vinylauflage unserer Alben herantraut. Der Geist dieser Band und die Covergemälde von Rodney Matthews schreien jedenfalls geradezu nach dem nostalgischen LP-Format. Daher hat unser Labelchef von Limb Music auch seit der "Lords Of The NWoBHM" immer ein extra Poster mit dem Cover beigelegt, damit man es sich auch in einem ordentlichen Format anschauen kann. Aber für 2016 ist nun geplant, sämtliche ROXXCALIBUR-Alben auf Vinyl zu veröffentlichen! Ich freue mich schon jetzt darauf wie ein Schneekönig!

Kalli, mit welchem Projekt bzw. welcher Band geht es denn in den nächsten Monaten weiter? Wie sehen die kommenden Wochen bei euch aus?

Aktuell stehen bei unserer kleinen Thrash-Kapelle ABANDONED, in der die ROXX-Gitarrenfraktion, also Holg und ich selbst, sich nebenbei etwas austobt, einige Gigs an. Parallel arbeiten wir außerdem an ein paar neuen Songs, um sie Mitte des Jahres zu veröffentlichen, eventuell sogar nur auf Vinyl, mal sehen. Bei MASTERS OF DISGUISE hat ebenfalls das Songwriting zum dritten Album begonnen, aber da kann ich noch nicht sagen, wann wir aufnahmetechnisch zu Potte kommen werden. Wichtig ist, dass die Qualität der Songs stimmt und das will ich nicht über's Knie brechen. Ich rechne da mal mit dem Spätsommer, so dass wir eventuell um die Weihnachtszeit veröffentlichen können, but we'll see. Bei ROXXCALIBUR stehen leider keine Dates fest. Neudi hat mit MANILLA ROAD mehr denn je um die Ohren, so dass es immer schwieriger wird, mit ROXX Gigs spielen zu können. Aber wir haben ja mit unseren anderen Bands genug um die Ohren, da wird einem nicht langweilig, haha.

Ich möchte mich noch einmal vielmals für Zeit, Geduld und letztendlich auch die Musik bedanken, denn "Gems Of NWoBHM" bereitet mir eine Menge Freude. Dir gebühren die letzten Worte an unsere Leser und all die Nostalgiker da draußen!

Danke für das Interview, Marcel! Was weitere ROXXCALIBUR-Tonträger angeht, so habe ich keine Sorge, dass uns jemals das Material ausgehen wird! Allein mit den Songs, die bisher schon in der engeren Auswahl standen, es dann aber doch nicht auf ein Album geschafft haben, könnten wir drei weitere Platten vollstopfen. Aber es ist für uns ja auch immer erneut ein Abenteuer, uns durch Neudis Sammlung zu hören und den einen oder anderen unentdeckten Schatz zu bergen. In diesem Sinne, mal sehen, welche Songs und Bands wir beim nächsten Mal ausgraben werden und welche Geschichten es dann zu erzählen gibt. Stay tuned!

Redakteur:
Marcel Rapp

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