REQUIEM (FINLAND): Interview mit Pasi Kauppinen

01.01.1970 | 01:00

Der Nachteil bei Mailer-Interviews liegt ganz klar darin, dass man oft eine ganze Weile lang warten muss, bis die gesendeten Fragen mal zurückkommen. Im Falle REQUIEM hat das ganze dann fast drei Monate gedauert, weshalb die Fragen hier auch nicht mehr so aktuell sind. Trotzdem hat Bandsprachrohr Pasi Kauppinen einiges Interessantes zu erzählen, was auch mit kurzer Verzögerung noch genau so lesenswert ist:

Björn:
Hallo, alles klar?

Pasi:
Hi! Ja, mir geht`s gut, Danke der Nachfrage!

Björn:
Ich gehe mal davon aus, dass es bei euch in Finnland gerade verdammt kalt ist. Magst du den Winter in deiner Heimat oder bist du eine dieser Personen, die während dieser Jahreszeit in tiefste Depressionen verfallen?

Pasi:
Ich denke, von der Kälte an sich werden nicht viele Leute depressiv. Es ist aber ziemlich dunkel hier im Winter. Die Sonne scheint nur für wenige Stunden und im Norden Finnlands und in Lappland erscheint sie sogar einen ganzen Monat nicht. Das wird also die Begründung für die Depressionen der meisten Leute hier in Finnland sein.
Aber die Temperatur hier in Kokkola ist –11°C, das Wetter ist also wirklich wundervoll. Schlecht wird es erst dann, wenn die Temperatur bei 0 angelangt und der Boden sehr nass ist. Das mag ich überhaupt nicht.

Björn:
Okay, kommen wir zu deiner Band REQUIEM. Könntest du die Band und ihre Mitglieder mal kurz vorstellen?

Pasi:
Die Band wurde 1999 von Arto Räisälä gegründet und spielte zu dieser Zeit melodischen Death/Black Metal. Nach einigen Demos und diversen Wechseln im Line-up wurde die Musik um einiges kraftvoller, aber auch melodischer. Außerdem wechselten wir zu clean vocals.
Ich selber bin REQUIEM im Sommer 2001 beigetreten und im darauf folgenden Herbst spielten wir bereits unser Debüt "The Arrival" ein. Letztes Jahr folgte dann unser zweites Album "Mask Of Damnation", welches wir jetzt vor kurzem, im Januar 2004, veröffentlicht haben. Das derzeitige Line-up lautet: Jouni Nikula (vocals), Arto Räisälä (guitar), Teemu Hänninen (guitar), Pasi Kauppinen (bass) und unser neues Mitglied Jukka Hänninen an den Keyboards. Letzterer stieß erst vor wenigen Tagen zur Band und hat erst eine Show mit REQUIEM gespielt, aber er passt wirklich sehr gut zu uns und ich denke, dass jeder mit der momentanen Situation sehr zufrieden ist.

Björn:
Mit eurem Sänger Jouni Nikula (ALTARIA) und dem ehemaligen Keyboarder gehörten bzw. gehören zwei bekanntere Namen zum Line-up von REQUIEM. War das bei der Suche nach einem Plattenvertrag eine Hilfe?

Pasi:
Auf keinen Fall! Jouni ist erst bei ALTARIA eingestiegen, als "The Arrival" schon auf dem Markt war und Henrik schloss sich auch erst vor einem Jahr und drei Monaten SONATA ARCTICA an. Man könnte also behaupten, sie hatten eine bessere Ausgangssituation um dort einzusteigen, weil sie bereits bei REQUIEM aktiv waren, hehe!

Björn:
"Mask Of Damnation" ist ja, wie erwähnt, eure zweite Scheibe. Das Debüt ist mir hingegen nicht bekannt, kannst du mir vielleicht etwas über "The Arrival" erzählen?

Pasi:
"The Arrival" wurde im Herbst 2001 aufgenommen und zu Beginn 2002 veröffentlicht. Es stellte den Stil von REQUIEM vor, nämlich melodischen Power Metal. Es sind neun Songs mit vielen Soli und Melodien enthalten. Die Leute mochten die Scheibe sehr, vor allem in Japan, wo es auf den zweiten Platz der Importcharts stieg, bevor SoundHolic es schließlich lizensierten. Die erste Pressung war aber nach wenigen Wochen auch wieder ausverkauft.

Björn:
Wo sind denn die Unterschiede von "The Arrival" zu "Mask Of Damnation", falls es überhaupt welche gibt?

Pasi:
Eigentlich hat sich nichts verändert. Arto und Teemu haben die ganze Musik verfasst und Jouni hat die Texte geschrieben. Natürlich hat es spielerisch einige Fortschritte gegeben, die daher rühren, dass wir einige Gigs gespielt haben und auch wieder etwas älter geworden sind.

Björn:
Als ich "Mask Of Damnation" zum ersten Mal gehört hatte, wusste ich schon nach wenigen Sekunden, dass es sich bei REQUIEM um eine Band aus Finnland handelt. Meiner Meinung nach haben finnische Bands einen charakteristischen Sound, besonders im Bereich der Keyboards. Würdest du mir da in gewissem Maße zustimmen? Worin siehst du den Grund für diesen typisch finnischen Sound?

Pasi:
Ich habe das auch eine ganze Zeit lang gedacht. Fast all diese bekannten finnischen Metal-Bands wie NIGHTWISH, SONATA ARCTICA und THUNDERSTONE haben ihre Alben im Finnvox von Mikko Karmila mischen lassen. Sein Mix führt meistens zu diesem typisch finnischen Sound, besonders bei Schlagzeug und Keyboards. Aber das ist nur meine persönliche Meinung, ich will nicht behaupten, dass es eine Tatsache ist.
Auch das Wetter in Finnland lässt finnische Bands so klingen wie sie nun mal klingen. Ein anderer Grund ist, dass finnische Sänger einen charakteristischen Akzent haben. Insgesamt würde ich aber auf jeden Fall zustimmen, dass auch REQUIEM wie eine finnische Metalband klingen.

Björn:
Wie viele andere skandinavische Bands spielt ihr progressiven melodischen Power Metal. Warum sollten die Fans trotz des überfüllten Marktes also gerade eure CD kaufen?

Pasi:
Ganz einfach: Unser Album ist besser! Viele Power-Metal-Bands veröffentlichen Alben, auf denen zehn Mal der selbe Song drauf ist, weil das der sichere Weg ist. Wir hingegen variieren stetig. Beim ersten Hördurchgang weiß man nie, was als nächstes kommen wird, aber es klingt bei jedem Song trotzdem genau so, als wenn es genau so hätte kommen müssen. Alben von REQUIEM sind also keinesfalls langweilig!

Björn:
Ich habe euch natürlich trotzdem mit euren Landsmännern von STRATOVARIUS, SONATA ARCTICA und THUNDERSTONE verglichen. Wo liegt deiner Meinung nach der Unterschied zu diesen Bands?

Pasi:
Jede dieser Bands kommt aus Finnland und spielt eine Variante des melodischen Power Metal. Finnland ist ein kleines Land, daher vergleicht man die einzelnen Gruppen natürlich untereinander. Der größte Unterschied zwischen REQUIEM und diesen Bands ist, dass wir mit zwei Gitarren agieren und die Songs auf Harmonien und Melodien während der Nummern selber aufgebaut sind. Falls du uns also mit einer finnischen Band vergleichen müsstest, dann ganz klar mit CHILDREN OF BODOM.

Björn:
Welche Band hatte denn den größten Einfluss auf die Musik von REQUIEM?

Pasi:
Das kann ich wirklich nicht sagen: Der Stil ist ganz klar melodischer Power Metal, aber Arto´s und Teemu´s Einflüsse sind so abgefahren, dass ich diese Frage nicht genau beantworten kann. Sie hören klassische Musik, Jazz und sogar die Musik von alten Nintendo-Spielen.

Björn:
Hm, derlei Einflüsse hätte ich natürlich nicht erwartet...
Mehr hätte ich vermutet, dass ihr maßgeblich von STRATOVARIUS beeinflusst gewesen wäret. Mal ganz nebenbei: Was sagst du zu der aktuellen Krise bei Finnlands Metalband Nummer Eins? Sind STRATOVARIUS am Ende?

Pasi:
Ich glaube nicht, dass STRATOVARIUS am Ende sind, im Gegenteil, es sieht mehr so aus wie ein Neuanfang. Meiner Meinung nach sind STRATOVARIUS mit diesem ganzen Gerede in den Medien nur noch größer geworden und wenn dann das nächste Album ansteht, wünschen sich wieder alle, dass sie so weiter gemacht hätten wie vorher. Hier in Finnland reden selbst 50-jährige Frauen, die überhaupt nichts mit Musik am Hut haben, in einer Kaffeepause über TV-Ausschnitte mit Timo Tolkki. Aber ja, man wird sehen, wie es mit den Jungs weitergehen wird...

Björn:
Oay; zurück zu REQUIEM und damit zu "Mask Of Damnation". Ihr habt eine Menge Keyboards für diese Platte verwendet und manchmal wünscht man sich, dass hier und da einige Gitarrenparts mehr gewesen wären. Ein Song wie beispielsweise `Divine Illusion´ könnte sicherlich heavier und auch besser sein, wenn die Gitarren nicht so weit im Hintergrund stehen würden. Verstehst du diese Kritik und was hältst du davon?

Pasi:
Auf "The Arrival" waren noch viel mehr Keyboards als bei "Mask Of Damnation". Es sieht also insgesamt schon so aus, als würden wir einen immer mehr gitarrenorientierten Sound entwickeln. Beide Gitarristen haben sich kürzlich siebensaitige Gitarren gekauft, du kannst dich also schon einmal darauf einstellen, dass die nächste Platte deutlich heavier sein wird.
Das gefällt mir selber übrigens auch sehr, denn heavier heißt meistens auch besser!

Björn:
Wovon handeln denn die Texte auf "Mask Of Damnation"?

Pasi:
Journi schreibt alle Texte und sie handeln definitiv nicht von Drachen oder ähnlichem. Er liest viele Gedichte und bezieht seine Inspiration unter anderem von Edgar Allen Poe, schreibt aber auch über sozialkritische Themen.

Björn:
Welchen Stellenwert haben die Texte im Gesamtkonzept von REQUIEM?

Pasi:
Natürlich sind die Texte sehr wichtig. Wie gesagt, Journi ist für die Lyrics verantwortlich, da es so einfacher für ihn ist, sie auf der Bühne darzubieten. Normalerweise gibt er den einzelnen Songs auch die entsprechenden Titel, in Ausnahmefällen muss er jedoch auch Texte zu einem bereits bestehenden Titel schreiben. Für ihn selber ist es enorm wichtig, über etwas zu singen, was wirklich Sinn macht und nicht über irgendwelchen Fantasykram.

Björn:
Lass uns noch ein paar Worte über die finnische Metalszene verlieren. Mittlerweile entert ja fast jede zweite Band die Charts und das meistens auch noch auf Top-Positionen. Wie sieht es da bei euch aus? Habt ihr in dieser Hinsicht auch schon einen Erfolg verbuchen können?

Pasi:
Ich wünschte, das wäre so, aber erwarten tue ich es ehrlich gesagt nicht. Wir haben nur einen einzigen Vertrieb hier, so dass die Promotion sehr klein angelegt ist. Jeder, der Interesse an unserem Album hat, weiß nicht genau, wo er es bekommen kann.
Die hohen Chartpositionen resultieren daraus, dass große Marktketten große Stückzahlen der jeweiligen Alben einkaufen, bevor überhaupt ein einziger Kunde eine Kopie erworben hat.

Björn:
Melodischer Metal ist sehr beliebt in Finnland. Wie sieht denn die Zielgruppe für diese Musik aus? Alt eingesessene Metalheads? Oder sogar junge Mädels?

Pasi:
Ich denke, dass junge Musiker sich von den vielen Soloparts auf unserem Album inspirieren lassen können, während die Mädels die Melodien und Journi`s Haar mögen, haha! Ich hoffe jedenfalls, dass viele Leute in unserer Musik etwas finden, was sie mögen.

Björn:
Welche Erfahrungen konntet ihr bisher auf dem Livesektor machen?

Pasi:
Nach dem Release von "Mask Of Damnation" haben wir erst einen Gig mit unserem neuen Keyboarder gespielt. Es war großartig. Wir spielten in Seinäjoki und die Leuten mochten das Material unserer neuen Scheibe.

Björn:
Gibt es auch schon Pläne für Konzerte außerhalb eurer Heimat?

Pasi:
Noch nicht. Ich möchte wirklich gerne mit REQUIEM auf Tour gehen und den Fans die Chance geben, die Band dabei zu beobachten, wie viel Spaß sie auf der Bühne hat. REQUIEM sind zweifellos am besten, wenn sie live spielen.

Björn:
Falls ihr irgendwann mal die Chance bekommen solltet, einen eurer Favoriten auf Tour zu supporten, wer würde das dann sein?

Pasi:
METALLICA oder IRON MAIDEN, haha! Wer weiß, vielleicht klappt das sogar eines Tages! Einige etwas realistischere Headliner wären zum Beispiel HELLOWEEN, SYSMPHONY X, SONATA ARCTICA, THUNDERSTONE und generell derart ausgerichtete Bands.

Björn:
Was passiert jetzt in den folgenden Monaten?

Pasi:
Wir müssen so viel wie möglich live auftreten. Aber Arto arbeitet auch schon fleißig an neuem Material für unser drittes Album.

Björn:
Alles klar, darauf sind wir dann mal sehr gespannt. Irgendwelche letzten Worte?

Pasi:
An alle Fans und Leute, die unsere Musik mögen: Vielen, vielen Dank! Ohne euch könnten wir das alles gar nicht verwirklichen! Ich hoffe sehr, dass wir mit "Mask Of Damnation" noch in andere europäische Länder kommen werden. Wir sehen uns dann dort!

Redakteur:
Björn Backes

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