OZZY OSBOURNE: Diskografie-Check Teil 1 | Platz 12 - 7

30.09.2025 | 19:36

So richtig eingesunken ist der Gedanke mit Sicherheit bei euch allen noch nicht, doch der gefühlt unzerstörbare OZZY OSBOURNE ist von uns gegangen. Immerhin hat uns der Prince Of Darkness mit "Back To The Beginning" aber noch einmal ein Konzerterlebnis der Extraklasse beschert und ist mit wehenden Fahnen von der Bühne abgetreten, während er uns gleichzeitig noch einmal vor Augen geführt hat, welch wichtiger Dreh- und Angelpunkt der Engländer sowohl mit seiner Band BLACK SABBATH, als auch als Solokünstler für die gesamte Metalszene war. Grund genug für uns, Ozzy nochmal angemessen zu huldigen, indem wir uns seine gesamte Solo-Diskografie einmal vornehmen und für euch in einem Ranking aufbereiten.

12. Scream

Wir müssen uns bei einer legendären Persönlichkeit wie OZZY OSBOURNE leider auch der Tatsache stellen, dass in den letzten 15, 20 Jahren nicht mehr allzu viele musikalische Großtaten hinzukamen, die den ersten vier Alben auch nur ansatzweise das Wasser reichen könnten. Richtig, auch der liebe OZZY hat in dieser Zeit vor allem von seinem Status, Mythos, seiner Persönlichkeit und Hang zum Wahnsinn gelebt. Hiervon ist auf dem elften Album "Scream" leider nicht mehr viel zu hören, ist das 2010er Album doch bestenfalls Mittelmaß in der doch glanzvollen Diskografie John Michaels. Das sahen auch die anderen Kollegen so, bei denen "Scream" nahezu komplett auf dem letzten Platz des Rankings gelandet ist. Da fragt sich die Mehrheit eventuell auch zu Recht, ob es "Scream" überhaupt benötigt hätte, drei Jahre nach "Black Rain". Ob das der Wylde'schen Abstinenz (nicht falsch verstehen, ich schätze Gus G. sehr!) oder der doch zu langen Arbeit geschuldet ist, weiß ich nicht. Fest steht jedoch, dass es nur wenige Momente auf "Scream" gibt, die mich wirklich zu fesseln verstehen. Positiv ist die stimmliche Leistung und Variabilität hervorzuheben, dank derer Songs wie das düstere 'Soul Sucker', das überraschende 'Diggin' Me Down' und das angenehm harte 'Latimer's Mercy' das gewisse Extra bekommen. Weitere lichterlohe Highlights suche ich allerdings vergeblich, obwohl das eröffnende 'Let It Die' und 'Fearless' zumindest gute Ansätze bieten. Auch hier wäre weniger eventuell mehr gewesen, da zu viele Lückenbüßer sich in der 48-minütigen Spielzeit breitmachen. Ozzy sagte einst, dass "Scream" das erste Album sei, das er mit wirklich klarem Kopf aufgenommen hätte. Wir wollen nicht zu schnell hierüber urteilen, doch überzeugend sind weder die Zusammenarbeit mit Gus noch die Texte, die OZZY mit Kevin Churko erarbeitete. Machen wir uns nichts vor, "Scream" ist ein so-lala-Album - nicht mehr, aber auch nicht weniger. Hier vermissen wir das typische Riffing Zakks, dort das gewisse Maß an Madness, auch wenn ab und an gewisse Momente aufblitzen, fehlt es an allen Ecken und Enden doch am Besonderen. Wollen wir also mehr, wissen wir aber auch, zu welchen Glanzpunkten wir bei OZZY zu greifen haben.

[Marcel Rapp]

 

11. Ordinary Man

Um das erste seiner beiden "Abschiedsalben" in Gänze erfassen zu können, müssen wir zunächst in das Jahr 2003 zurückspringen. Auf seinem englischen Landsitz erleidet Ozzy einen folgenschweren Unfall mit seinem Quad. Trotz mehrerer Operationen sollte sich der "Fürst der Dunkelheit" nie mehr wirklich davon erholen. Nach dem Ende von BLACK SABBATH im Jahr 2017 macht er seine gesundheitlichen Probleme öffentlich und spricht gar von einer Parkinson-Diagnose. Umso überraschender kündigte Ozzy ein finales Album für 2020 und eine anschließende Abschiedstour an. Die Scheibe nennt sich "Ordinary Man" und erscheint am 21. Februar, exakt drei Wochen vor dem weltweiten Lockdown. Die Pandemie schadet nicht nur der Veröffentlichung, sondern führt auch zur ersten Tourverschiebung, derer noch zwei weitere folgen sollten, ehe sie komplett abgesagt wird und Ozzy verkündet, dass er aus gesundheitlichen Gründen nie mehr auf die Bühne zurückkehren wird.

Berücksichtigt man diese Umstände, erscheint "Ordinary Man" als genau das, was es ist: eine finale Verbeugung eines Künstlers, der sich für viele Dinge entschuldigt, aber nicht schämt, und seinem nahenden Tod sehenden Auges entgegenblickt. Somit ist klar, diese Scheibe ist kein Rock’n’Roll-Partyalarm, sondern eine melancholische, ja teilweise sogar todtraurige Angelegenheit. Speziell lyrisch ist das streckenweise herzzerreißend und berührt zumindest mich zutiefst. Ich gebe gerne zu: Ich habe die eine oder andere Träne während der ersten Durchläufe verdrückt. Lässt man sich auf diese Stimmung ein, die mich schwer an Cash’s letztes Album und den Song 'Hurt' erinnert, dann berührt das elfte Studioalbum und die Songs, wie beispielsweise 'All My Life', 'Under The Graveyard', 'Holy For Tonight' oder das Titelstück, rücken in ein ganz anderes Licht.

Ignoriert man diesen Hintergrund, muss ich gestehen, dass "Ordinary Man" kein großes Feuerwerk an Ideen ist und relativ wenig mit seiner musikalischen Vergangenheit zu tun hat. Produzent Andrew Watts hat ihm eher ein modernes Rockalbum geschrieben und größtenteils selbst eingespielt, das mit vielen poppigen Sounds, wenig Ecken und Kanten und vor allem einer fuzzigen Klampfe daherkommt, die mich (und sicherlich viele Fans ebenfalls) mehr als irritiert. Grundsätzlich ist die Produktion im grünen Bereich und alle Instrumente sind top in Szene gesetzt, aber ich hätte mir doch lieber einen richtigen Gitarrensound gewünscht. Neben Chad Smith (RED HOT CHILLI PEPPERS), der für das Schlagzeug auf der Scheibe zuständig ist, wartet dieses Album mit etlichen Gastbeiträgen auf. So gibt es Solobeiträge von Slash ('Straight To Hell', 'Ordinary Man'), Duff McKagen (GNR) am Bass oder auch Duette mit Elton John (großes Kino beim Titelstück), Post Malone ('It’s A Raid') oder Travis Scott ('Take What You Want') zu bewundern. Eröffnet und beendet wird es musikalisch von zwei ruppigen Ausreißern ('Straight To Hell' und 'It’s A Raid'). Dazwischen geht es nämlich eher gemütlich und ruhig, rockig und schwerfällig zu – und auch die eine oder andere Länge hat sich eingeschlichen. Trotzdem: 'Under The Graveyard' und speziell 'Ordinary Man' gehören mit zum Besten, was Ozzy überhaupt abgeliefert hat.

Umso überraschter bin ich, dass der Großteil meiner Kollegen mit dem Werk, das mit einem weiteren ikonischen Artwork des italienischen Künstlers David M. Bruden ausgestattet ist, so gut wie gar nichts anfangen kann. Vor allem für Frank Wilkens und Tobias Dahs zündet dieses emotionale Abschiedsalbum überhaupt nicht und trägt in beiden Fällen gar die rote Laterne. Doch auch Jhonnys und mein jeweils 8. Platz im subjektiven Ranking nutzt nichts, so dass es in der Gesamtabrechnung gar den vorletzten Platz einnehmen muss. Unter Wert in meinen Ohren, aber eben auch nicht einfach nur ein weiteres Ozzy-Album.

"And The Truth Is I Don’t Wanna Die An Ordinary Man" – und ja, das hat er geschafft, ein gewöhnlicher Mann war Ozzy nie.

Eine finale Anmerkung: Das abschließende 'Take What You Want' will so gar nicht auf das Album passen und ist durch seine brutal poppige Ausrichtung kein besonders guter Abschlusssong. Ist er vielleicht auch eigentlich gar nicht, denn auf der Vinyl-Version fehlt dieser. Somit scheint es sich eher um einen Bonus-Song für die CD-Edition zu handeln. Damit kann ich einigermaßen leben, denn 'It’s A Raid' mit all seinen Ozzy-Selbstzitaten ist ein absolut würdiges Ende. Japan hat natürlich noch einen Extra-Song erhalten. Hierbei handelt es sich um das Instrumental 'Darkside Blues’. Nur der Vollständigkeit halber.

 

10. Black Rain

Kommen wir zum Relegationsplatz und einem weiteren "Spätwerk" des Ozzman. Wir schreiben das Jahr 2007. Zwei Jahre zuvor ist die Reality-Show "The Osbournes" nach vier erfolgreichen Staffeln beendet worden und der fast 60-jährige kehrt mit einem weiteren düsteren, modernen Album zurück auf die Bildfläche, das die Traditionalisten wieder einmal schwer schlucken lässt. Erneut hat Saitenhexer Zakk Wylde die musikalischen Zügel in der Hand und die Nähe zu seiner Band BLACK LABEL SOCIETY ist unüberhörbar. Ein bisschen zu nah? Immerhin wird es das letzte Album sein, auf dem der langjährige Gitarrist zumindest federführend für das Songwriting zuständig sein darf. Objektiv gesehen sind die zehn Songs durchaus ordentlich, schieben und grooven, Ozzy singt souverän, wenn auch häufiger als sonst durch eine Effektschleife gejagt, seine gewohnt gleichen Melodien und die Produktion von Kevin Churko setzt den Vortrag kraftvoll und modern in Szene. Doch wo genau liegt also das Problem mit "Black Rain"? Warum hat es unsere Redaktion fast durchgehend nicht richtig aus dem Sattel hauen können? Vielleicht liegt es daran, dass es den einzelnen Songs ein wenig an Dynamik und Überraschungen fehlt. Alles scheint arg vertraut und komplett ohne Risiko komponiert worden zu sein. Zwar bekommen wir mit klassischem Metal, Stampfern und Balladen auf Albumlänge durchaus unterschiedliche Facetten geboten, aber innerhalb der jeweiligen Songs mangelt es an großen Höhepunkten und final zündenden Ideen. Daraus resultiert wohl das größte Problem: Es fehlt der alles überstrahlende Hit, der das Album auch eine Dekade später noch trägt.

Rein technisch bewegen wir uns auf Ozzys Modern-Metal-Album natürlich auf höchstem Niveau. Zakk rifft und shreddert wie eh und je, Bassist Blasko packt einige echt coole Basslinien aus und groovt gemeinsam mit Schlagzeuger Mike Bordin wie eine solide Maschine, die alles zusammenhält. Lyrisch verarbeitet Mr. Osbourne dagegen eher sozialkritische Themen, speziell die Kriege im Irak und Afghanistan thematisiert er häufiger. Daraus resultiert eine dicke, sehr düstere Grundstimmung, die gerade für Anhänger der fluffig-rockigen Anfangsjahre nur schwer zu verdauen ist.

Das musikalische Zepter hat selbstverständlich des Meisters Sidekick Zakk Wylde in der Hand, der bei acht der zehn Songs seine Finger im Spiel hat. Überraschenderweise sind es aber 'The Almighty Dollar' und 'Trap Door', die beide aus der Feder von Produzent Kevin Churko stammen, die mich ein wenig aufhorchen lassen, da sie irgendwie aus dem Rahmen fallen, eben interessanter und dynamischer komponiert wurden. Natürlich sind auch Songs wie das kraftvolle 'Countdown’s Begun', das Eröffnungsstück 'Not Going Away', die Single 'I Don’t Wanna Stop', das mit Mundharmonika (von Ozzy persönlich eingepustet) und Didgeridoo aufgepeppte Titelstück oder das flotte '11 Silver' gute Nummern, die beim Hören Spaß machen, aber an die ich mich schon Stunden später kaum noch erinnern kann. Ebenfalls überraschend: Gerade die beiden Balladen 'Lay Your World On Me' und das Geezer Butler gewidmete 'Here For You' wollen gar nicht funktionieren. Es plätschert. Dahin. Ist das auch schon das Fazit für das gesamte Werk? Wenn es nach unserer Redaktion geht, dann ja. Dass es "Black Rain" bei keinem einzigen Ranking aus dem unteren Drittel geschafft hat, mag vielleicht auch an der starken Konkurrenz liegen, andererseits hat jedoch niemand dem neunten Studioalbum des Meisters die rote Laterne angehängt. Ich bin ein Verfechter des schweren Ozzy-Sounds. Daher macht mir die Scheibe beim Hören durchaus Spaß und ich finde allgemein, dass der schwarze (ölige) Regen besser ist als sein Ruf. Trotzdem: Es fehlt der Hit, es fehlen die vielen kleinen Ankerpunkte, die mich halten und auch über die gut 46 Minuten hinaus an das Werk binden.

Abschließend noch die Randnotiz, dass auf der Tour-Edition und dem Doppel-Vinyl noch drei zusätzliche Songs zu finden sind. Allesamt treibende Kanten, die auch dem regulären Werk nicht geschadet hätten, von denen sich aber auch kein Song letztendlich als Hit entpuppt.

[Chris Staubach]

 

9. Patient Number 9

Es ist schon beachtlich, mit was für einem starken Willen OZZY OSBOURNE zu seinen Lebzeiten ausgestattet war. So konnte den Prince Of Darkness eine Parkinson-Diagnose zwar vom Touren abhalten, doch aus dem Studio war der Engländer nicht zu bekommen und begab sich praktisch direkt nach dem Release seines zwölften Langdrehers "Ordinary Man" zurück ins Studio, um "Patient Number 9" aufzunehmen, das schlussendlich im Jahr 2022 das Licht der Welt erblickte. Eine mehr als lohnenswerte Entscheidung, denn das zwölfte Werk der Solo-Karriere (ohne "Under Cover" mitzuzählen) stellt die übrigen Spätwerke nach "Down To Earth" in unserem Ranking recht klar in den Schatten, auch wenn es bei den besten Nennungen nur zu achten Rängen von Frank, Stephan, Holger, Björn und Rüdiger reicht. Chris verbannt die Scheibe sogar als einziger Kollege auf den letzten Rang, wobei ich die schwach wirkenden Positionierungen in den Einzellisten eher am starken Katalog Osbournes festmache als an einer klaren Schwäche von "Patient Number 9".

Wirklich überraschend ist die qualitativen Klasse des Silberlings allerdings auch nicht, wenn man sich anschaut, wen Osbourne als Produzenten mit ins Boot geholt hat. Andrew Watt genießt nämlich inzwischen den Ruf, gerade alten Rock-Dinosauriern absolute Höchstleistungen im Spätherbst der eigenen Karriere entlocken zu können. So griff Watt dem Prince Of Darkness bereits bei "Ordinary Man" unter die Arme, unterstützte PEARL JAM beim starken "Dark Matter" und fuhr gemeinsam mit den ROLLING STONES für "Hackney Diamonds" gleich einen Grammy ein. Dazu versammelt Ozzy gleich auch noch eine Schar altbekannter Bandmitglieder wie Robert Trujillo und Zakk Wylde im Studio, deren Performance von namhaften Gästen ergänzt wurde. So übernahm Chad Smith für einen Großteil der Platte des Schlagzeug, während Jeff Beck und BLACK SABBATH-Kollege Tony Iommi jeweils für zwei Songs mit an Bord sind. Der wohl überraschendsten Kooperationspartner ist aber Eric Clapton, der das melancholisch-bluesige 'One Of Those Days' mit feinster Gitarrenarbeit veredelt und den Track zu einem Höhepunkt der Scheibe macht. Generell kann man aber wohl festhalten, dass die Zusammenarbeit zwischen Tony Iommi und Ozzy die beiden ganz großen Glanzlichter dieses Silberlings hervorgebracht hat. In meinen Ohren sind 'No Escape From Now' und vor allem das von einem grandiosen Riff garnierte 'Degeneration Rules' jedenfalls die beste Alternative zu einem echten BLACK SABBATH-Langdreher, die wir nach "13" bekommen konnten. Ebenfalls überzeugt mich 'Immortal' auf ganzer Linie, wobei Mike McCready von PEARL JAM dem Track mit seiner charismatischen Gitarrenarbeit ordentlich seinen Stempel aufdrückt. Gleiches gilt natürlich auch für den unnachahmlichen Jeff Beck, mit dem Ozzy gemeinsam den coolen Titeltrack eingespielt hat. Wenn wir abseits dessen aber ehrlich sind, hat "Patient Number 9" gerade hinten raus auch ein paar Tracks im Gepäck, die nur als solide Hard-Rock-Nummern durchgehen. Wirkliche Ausfälle sind auch hier nicht dabei, aber eben auch nicht mehr so viele Höhepunkte wie in den Anfangsminuten, sodass der neunte Rang in der Endabrechnung gegenüber dem grandiosen Frühwerk natürlich das höchste der Gefühle ist. Trotzdem bleibt die Scheibe ein insgesamt sehr gelungenes Spätwerk, das einen würdigen Schlusspunkt unter eine einmalige Karriere gesetzt hat, die den Metal, Hard Rock und sogar den Mainstream nachhaltig und dauerhaft geprägt hat.

[Tobias Dahs]

 

8. Down To Earth

Natürlich wusste ich als 13-jähriger Stöpsel bereits, wer OZZY war und dass der Gute bei BLACK SABBATH für so manch Legenden sorgte. Ich war mir des Status' jenes Mannes bewusst, der im TV in Jogginghose etwas desorientiert nach einer gewissen "Sharooooon" brüllte. Doch musikalisch wirklich zuordnen konnte ich ihn erst durch das 2001er Album "Down To Earth" - das erste mit neuer Rhythmusabteilung. Entsprechend hat das Album eine sehr persönliche Note für mich, doch auch wenn man sich allein die Besetzung mit Wylde, Trujillo und Bordin anschaut, hat "Down To Earth" neben verfremdetem Röntgenbild als Artwork - coole Idee! - weitaus mehr zu bieten als nur jenen Song, den selbst Oma Erika ganz schnuckelig findet. Sechs lange Jahre hat sich OZZY Zeit gelassen, um auch etwas Abstand vom Album-Tour-Album-Tour-Rhythmus zu bekommen. Aber auf Drängen der Plattenfirma und natürlich Sharon persönlich war wieder ein neues Album angesetzt. Gut Ding will bekanntlich Weile haben. Allein 'Gets Me Through' ist eine 1A-Einlaufmusik und nach besagtem Schmachtfetzen sorgen immerhin noch 'Junkie' und 'Black Illusion' für das gewisse Extra, die darüber hinaus stilistisch auch eher bei BLACK SABBATH anzusiedeln sind als bei OZZY solo. Und selbst 'That I Never Had' und 'Running Out Of Time' wissen zu gefallen, auch wenn der Mad-Anteil des Mad-Mans doch zu kurz kommt. Zwar wird man in der Nachbetrachtung der gesamten Diskografie den Eindruck nicht los, dass auf "Down To Earth" doch bei dieser Besetzung wesentlich mehr drin gewesen wäre, doch in Sachen Emotionalität gibt es nicht viele Scheiben in der Solo-Geschichte des Fürsten der Finsternis, die an die Zeit um 2001 herankommen - frühere Großtaten hin oder her. Zum Glück sah dies auch der liebe Chris ähnlich und bei den anderen Kollegen landet das Album im zumindest halbwegs soliden Mittelfeld. Zudem sprechen ein paar Edelstahlauszeichnungen auch eine eindeutige Sprache. Und wenn wir ganz tief in uns blicken, rollen wir zwar mit den Augen, wenn die ersten 'Dreamer'-Klimpertöne kommen, doch nach dem dritten, vierten Bier liegen wir uns ohnehin in den Armen und träumen mit Uns OZZY.

[Marcel Rapp]

 

7. No Rest For The Wicked

Album Nummer fünf in der Solokarriere des Prinzen der Dunkelheit bedeutete einen erneuten Wechsel an der Gitarre. Diesmal musste Jake E. Lee nach zwei Alben seinen Hut nehmen, der von Sharon in einer Weise vor die Tür gesetzt wurde, dass er den Umstand zuerst überhaupt nicht verstand[1]. Ozzy sagte später, dass sein damaliger Schlagzeuger Randy Castillo mitverantwortlich gewesen sei, dass er sich gegen seinen Gitarristen wandte[2]. In jedem Fall wird ein neuer Gitarrist benötigt, am Ende wird der gerade erst 20-jährige Jeffrey Wielandt, der den Künstlernamen Zakk Wylde angenommen hat, aus etwa 400 Kandidaten[3] ausgewählt und ist damit der dritte großartige Saitenakrobat im Dienst des ehemaligen BLACK SABBATH-Frontmanns.

Nach dem Vorspielen ging es zum Komponieren nach England, in ein paar umgebaute Ställe in der Nähe von Brighton mit einem Pub in Fußreichweite. Abschließend setzte man die Sessions in Albuquerque, New Mexico, fort. Ozzy hatte weiterhin schwere Alkoholprobleme[4], aber trotzdem und sicherlich nicht zuletzt mit Hilfe seiner Ehefrau und Managerin Sharon schaffte er es, eine Band und einen Produzenten zu engagieren. Interessanterweise stößt in Albuquerque Bob Daisley wieder am Bass zu der Band und er schreibt auch wieder die Texte. Zudem ist mit John Sinclair ein Session-Keyboarder auf dem Album zu hören. Als Produzent wird Roy Thomas Baker engagiert und mit ihm geht die Band in die Enterprise Studios in Burbank, Kalifornien[3].

Aber wie bereits mit Roy Nevison beim Vorgängeralbum läuft es mit Baker auch nicht rund. Vor allem Wylde war unglücklich mit dem Gitarrensound, aber auch Ozzy fand das Ergebnis nicht zufriedenstellend, und so holte man Keith Olsen, um das Album zu retten[3], sodass alle am Ende mit dem Sound zufrieden waren und das Album am 28. September 1988 veröffentlicht wurde.

Tatsächlich klingt "No Rest For The Wicked" fetter und knackiger als "The Ultimate Sin", die Gitarre ist präsenter und rauer. Der erste Song, 'Miracle Man, ist ein kraftvoller Opener, der aus einer der ersten Ideen Zakks entstanden ist[5]. Daraus wurde auch die erste Single des Albums, veröffentlicht mit 'Demon Alcohol' als B-Seite und auf der 12" im Vereinigten Königreich zusätzlich mit dem Non-Album-Song 'The Liar', einer sanften Ballade, die noch ungewöhnlich war für den Sound des Ozzman. Später sollte er mit Balladen noch große Erfolge feiern. 1988 war das Stück nur Zusatzmaterial für den Singleverkauf, das kurze zwei Wochen in die UK-Singlecharts bis Platz 87 lugte. In Daisleys Text geht es übrigens um den Fernsehprediger Jimmy Swaggart, der über Ozzy hergezogen hatte und dann mit einer Prostituierten in einem Hotel erwischt wurde. Die Schadenfreude der Band ist deutlich erkennbar und drückt sich auch in dem witzigen Video aus, das die Band zu dem Stück produzierte:

Das zweite Stück, 'Devil's Daughter (Holy War)', ist ein Unikat des Albums, denn nach den Credits ist Ozzy allein für das Lied verantwortlich – bis auf den Text natürlich, den weitgehend Daisley verfasste. Das Lied ist nett, aber kein Highlight. Dagegen ist das witzige 'Crazy Babies', das frappierend nach VAN HALEN klingt, ein Ausbruch aus dem typischen Heavy-Metal-Sound. Trotzdem ist es wenig verwunderlich, dass es als Single, ebenfalls mit 'Demon Alcohol' als B-Seite, nicht sonderlich erfolgreich war. Dagegen ist 'Breaking All The Rules' ein auf den ersten Blick unspektakulärer Groover, der allerdings mit der Zeit wächst und sich zu einem der Toptracks auf dem Album entwickelt.

Laut Bob Daisley stand für das Lied 'Bloodbath In Paradise' zuerst der Titel, zu dem der Bassist dann einen Text verfassen musste. Schlussendlich gab die Geschichte der Manson-Morde die Grundlage für diesen flotten Song, der ein Albumhighlight darstellt und bei dem Zakk Wylde an allen möglichen und unmöglichen Stellen Gitarrenlicks einbaut. Mit 'Fire In The Sky' folgt ein eher selten genannter Hit auf "No Rest For The Wicked", der einen ernsten Gegenpol bildet zu eher albernen Momenten wie 'Crazy Babies'. Mit über sechs Minuten ist er möglicherweise etwas zu lang geraten, dafür ist das Gitarrenspiel herausragend.

Mit 'Tattooed Dancer' gibt es noch einen guten, aber eher gewöhnlichen Song über eine Stripbar in Los Angeles[6], bevor dann mit einer persönlichen Abrechnung mit dem 'Demon Alcohol' das Album endet. Auf der CD gibt es einen weiteren Song namens 'Hero', einem weiteren guten, typischen Ozzy-Song, bei dem allerdings Wyldes Gitarrenspiel eher unspektakulär ausfällt.

"No Rest For The Wicked" ist das letzte Album in den Achtzigern für Ozzy, und es ist auch das letzte Album, das deutlich nach dieser Dekade klingt. Schon mit dem folgenden Werk wurde es erheblich moderner. Doch 1988 schaffte das Album Platz dreizehn in den USA mit ebenfalls dreizehn Wochen in den Charts, im Vereinigten Königreich Platz dreiundzwanzig mit nur vier Wochen in den Charts und in Deutschland ebenfalls vier Wochen mit einem Platz neunundzwanzig als bester Position. In den USA erreichte das Album mittlerweile Doppel-Platin.

Die größte Errungenschaft für die Rockwelt dürfte aber die Entdeckung von Zakk Wylde sein, der später mit seiner BLACK LABEL SOCIETY große Erfolge haben würde. Doch zunächst ging es auf US-Tour mit ANTHRAX[3], zu diesem Zeitpunkt mal wieder ohne Bob Daisley, der durch BLACK SABBATH-Bassmann Geezer Butler ersetzt worden war. Wylde und Ozzy arbeiteten noch länger zusammen und transportierten dessen Solokarriere in die Neuzeit. In retrospect nennt Ozzy "No Rest For The Wicked" eines seiner Lieblingsalben[3].

Das kann unsere Redaktion zwar nicht behaupten, landet es doch zumeist im Mittelfeld, nur Chris kann kaum etwas mit dem Ende dieser Ära anfangen. Aber der ist ja auch jung.

Übrigens hatte der Ozzman in dem Jahr des Erscheinens von "No Rest For The Wicked" noch einen Hit, allerdings stammt dieser von dem Album "Lita" von Lita Ford. Das Duett der beiden mit dem Titel 'Close My Eyes Forever' war in den USA sehr populär und hielt sich fünfundzwanzig Wochen in den Charts mit Platz Acht als höchster Platzierung.

[1] O'Neill, Eamon (2018): Jake E. Lee "I did one song and I got all excited. I hadn’t been excited about music in a long time, so I decided to do a whole album." ;www.eonmusic.co.uk; abgerufen am 20.9.2025
[2] Sanders, Brad (2022): We’ve Got A File On You: Ozzy Osbourne; www.stereogum.com; abgerufen am 20.9. 2025
[3] Bienstock, Richard (2017): Zakk Wylde and Ozzy Osbourne Revisit 1988's '"No Rest For The Wicked"'; guitarworld.com; abgerufen am 20.9.2025
[4] Osbourne, Sharon (2005): Extreme; Time Warner Books, London
[5] Tsekas, Giorgos (unbekannt): "No Rest For The Wicked" | When Ozzy met The Blonde Beast; metalinvader.net; abgerufen am 20.9.2025 [6] Troy (2010): Bob Daisley's History With The Osbournes; bobdaisley.com; abgerufen am 20.9.2025

[Frank Jaeger]

 

Damit sind wir auch schon am Ende des ersten Teils angekommen, bleiben aber natürlich mit den wichtigen Fragen zurück: Macht ein Album mit Saitenhexer Randy Rhoads am Ende das Rennen? Oder liebt die Redaktion eher die Jahre mit Jake E. Lee an Ozzys Seite? Vergessen dürfen wir natürlich auch nicht den Megaseller "No More Tears" und den legendären Zakk Wylde. Nun, in wenigen Tagen erhaltet ihr den finalen Teil des Rankings an dieser Stelle.

Redakteur:
Tobias Dahs

Login

Neu registrieren