NEUROTICFISH: Interview mit Sascha Mario Klein

27.02.2005 | 23:46

"Der Typ ist krank! Der macht Elektronik, hört aber Metal!"

Ich hab mir schon die ganze Zeit überlegt wie ich euch dieses Interview "verkaufen" kann, denn, seien wir mal ehrlich: Was sucht ein Elektropop/Trance-Duo, namentlich NEUROTICFISH, bei Powermetal.de? Das aufgeführte Zitat ist von Sascha (Klein, Sänger und Songwriter - d. Verf.) selbst, mit dem ich das Vergnügen hatte einen lockeren Plausch zu halten, und ein besserer Einstieg wäre mir auch nicht eingefallen. An dieser Stelle nochmal einen herzlichen Dank an Sascha!
Was das Inti angeht, so dürfte es auch für all diejenigen lesenswert sein, die sich noch nie mit der Musik NEUROTICFISHs im einzelnen und Trancemucke im allgemeinen auseinandergesetzt haben. Für die Fans des Duos (oder die, die es nach dem Genuss der CD geworden sind) ist es auf jeden Fall interessant zu erfahren, wie Sascha auf diesen komischen Bandnamen gekommen ist, wie die Aufnahmen zu "Gelb" von statten gingen und welche Meinung er zu Online-Mags generell hat. Da bleibt nur noch eins zu schreiben: "Let's get ready to rumble!!!"

Tolga:
Lass uns als erstes über die "Bomb"-EP reden. Für eine EP ist sie recht lang geraten, wenn man bedenkt, dass DEICIDE gute 35 Minuten Musik als komplette "normale" CD verkaufen. War es wirklich nötig, von 'Bomb' vier Versionen auf die EP draufzupacken, da sie sich meiner Meinung nach nicht wesentlich voneinander unterscheiden, außer dass das Techno-Element mehr in den Vordergrund gerückt wird?

Sascha:
Ich finde das bei "Bomb" gar nicht mal so. Wir haben ja vier Versionen von 'Bomb' gemacht, und die eine ist absichtlich kürzer, war halt fürs Internet-Radio, Airplay gedacht. Bei der zweiten Version sind viel mehr Sachen drin, die ich wahnsinnig wichtig fand noch rein zu bringen. Die dritte Version ist ein härterer Mix und das war auch so ein Unfall. Ich hab da einfach mal rumexperimentiert, und im Endeffekt ist was rausgekommen, was ich persönlich sehr geil fand. Und dann noch der Olli Froning-Mix. Wir sind uns mal auf einer Musikmesse begegnet und dann kamen wir ins Gespräch und stellten fest, dass man so die gleichen Helden hat. Ich hatte mal Bock vom legendären DUNE was machen zu lassen.

Tolga:
Das beste Stück auf der EP ist die Greek Version von 'Care'. Gab es das Stück schon vorher und wieso die neue Version?

Sascha:
'Care' ist ursprünglich auf der "Wave Me Up"-EP gewesen. Es ist ein Lied, was ich auch für eine bestimmte Person geschrieben hatte und aus einer ganz, ganz schweren Lebenssituation geboren wurde. Dann bekam ich eine sehr nette Mail von einem griechischen Fan, kurz bevor wir nach Griechenland (Athen) zu einem Auftritt gefahren sind. Sie entschuldigte sich 20.000 Mal, dass sie mir eine Mail schickt und überhaupt. Wenn sie sich ein Lied wünschen würde, wäre das 'Care', weil sie könnte es so gut nachempfinden und es wär auch alles Mist! Sie beschrieb mir das ganz genau bis ins Detail und ich fand das sowas von aufrührend. Ich fand das klasse, dass jemand fast den gleichen Bezug zum Lied hat wie ich. Dann haben wir es unerwartet, unter Androhung vorzeitig von der Bühne zu müssen, trotzdem noch gemacht. Wir haben aus dem Lied nur mit einem Klaviersample fast eine A-cappella-Version gemacht und gespielt. Die Person kam dann nach dem Auftritt zu mir und hat sich bedankt. Das war für Henning (Verlage, Keyboarder und Produzent - d. Verf.) und mich so ein Ding: "Lass uns die Nummer nochmal machen. Lass sie uns so machen, wie wir's jetzt spielen würden." Das war der ausschlaggebende Teil von 'Care'. Dass wir das schon fast klassisch/akustisch arrangiert haben, war auch schon ein Tribut an den Song an sich. Für mich ist es im Kontext ein sehr wichtiger Song für NEUROTICFISH. Vielleicht nicht der bekannteste Song, aber für mich persönlich einer der wichtigsten Songs, die ich gemacht habe.

Tolga:
Absoluter Pluspunkt ist deine Stimme, die auf die guten Stücke das Sahnehäubchen aufsetzt. Wie zufrieden bist du mit deiner Gesangsperformance und was erwartet uns auf den nächsten Alben?

Sascha:
Sagen wir's mal so: Zufrieden bin ich eigentlich nie! Aber wirklich schlimmer ist mein Kumpel Henning, der mit mir die Vocalaufnahmen gemacht hat. Henning ist studierter Musikproduzent und von seinen Sachen, die er für Pop und Rock macht, eine ganz andere Couleur gewohnt. Da heisst es: "Das singen wir jetzt nochmal, solange bis es richtig klappt!" Teilweise bin ich wirklich auf den Brustwarzen aus der Gesangskammer gekrochen. Der hat mich richtig gequält!

Tolga:
Meiner Meinung nach habt ihr mit "Gelb" ein Electropop/Trance-Album am Start, das echt das Zeug zum Klassiker hat. Wie steht ihr zu dem Album?

Sascha:
Wir haben angefangen, als ich einen Arsch voll Songs hatte, vor einem Jahr im Oktober (2003 - d. Verf.). Wir hatten die Songs und hatten uns überlegt, wie weit wir mit dem Album gehen wollen. Wir sind jetzt an einem Punkt, wo wir sagen, das Album ist genau das, was wir zu dem Zeitpunkt auch machen wollten. Das ist genau die Musik, die Produktion, die Songs die wir wirklich machen wollten. Ohne einen Kompromiss für uns einzugehen oder für andere. Es ist das erste Mal, dass ich meine eigene Sache nicht so hinterfrage, wie ich sie früher hinterfragt habe. "Gelb" ist genau das, was wir wollen. Ich glaube, das kann man hören, wobei bei uns der Fokus darauf lag gute Songs zu liefern. Einfach Songorientierte Musik zu machen, was im Moment in der Szene ein bisschen zu kurz kommt. Es wird viel mehr Wert darauf gelegt, dass es tanzbar ist, dann kommt's teilweise nicht mehr drauf an, was gesungen wird, und das finde ich eigentlich schade. Musik hat immer was vom Geschichtenerzählen. Wenn man tanzbare Sachen zusammen mit ein paar netten Geschichten kombiniert, finde ich es umso besser!

Tolga:
In vielen Songs werden die 80er und 90er wieder zum Leben erweckt. Zum Beispiel hat 'Are You Alive?' eine JEAN-MICHEL JARRE-Schlagseite und 'Ich spüre keinen Schmerz' lässt Erinnerungen an MARILYN MANSONs 'Tainted Love'-Version und dem Uralt-Klassiker von MOSES P., 'Twilight Zone', aufkommen. Siehst du das ähnlich?

Sascha:
Aha! (Dahinter verbergen sich tausend Fragezeichen, weswegen ich versuche, mit meiner folgenden Aussage den Vergleich zu relativieren - d. Verf.)

Tolga:
Ich weiß! Manchmal schieß ich mit meinen Vergleichen den Bock und manchmal trifft's den Kern!

Sascha:
Das ist wirklich gut! Bei dem Song hatte ich überhaupt noch nicht an MOSES P. gedacht. Die 80er waren für mich immer ein großer Einfluss, weil da bin ich musikalisch sozialisiert worden. Dass die mal wieder in Mode kommen oder weggehen, das ist halt mal so. Für mich waren sie immer präsent. Guck dir nur mal die INSTRUMENTS an, wo ich die einfachen Melodien der 80er genommen und härtere Beats daraus gemacht habe. Oder LCM, wo mehr der Trancefaktor gefahren wird. "Gelb" ist schon fast genrefrei gestaltet. Die 80er waren immer ein ganz wichtiges Element für mich. Da gab's genauso viel Scheiße wie heute! Es gab aber auch Sachen, die wirklich geil waren. Teilweise Sachen, die wir heute als ultrapeinlich empfinden, aber irgendwie sagen wir: "War aber doch geil". Stell dir solche Bands vor wie ABC. Da denkste: "Die Kostüme waren Scheiße, waren auch richtig komisch drauf, aber wenn du dir die Musik ohne Bild reinziehst: Großartige Musik!"

Tolga:
Peinlich ist ein gutes Stichwort, denn meiner Meinung nach ist der schwächste Song auf der CD 'They're Coming To Take Me Away', obwohl der über einen fetten Beat verfügt. Da kam mir sofort 'Electrica Salsa' von SVEN VÄTH in den Sinn. Siehst du das genauso?

Sascha:
Nee!

Tolga:
Wie stehst du zu dem Song? Bist du der Meinung, dass er noch gut ist?

Sascha:
'They're Coming To Take Me Away' ist eine ganz andere Schiene, weil der Song ist ja ursprünglich aus den Sechzigern, von NAPOLEN XIV. Das ist so'n ganz durchgeknallter Radio-DJ aus New York gewesen, der das Teil für 250$ in einem Kellerstudio aufgenommen hat. Das Ding ist 1964 ein Welthit geworden und fand sich dann irgendwann auch in der Schallplattensammlung meines Vaters wieder. Und da ich die ja, seitdem ich laufen kann, inhaliert hab, ist mir das Stück immer wieder vor die Finger gefallen. Das Original ist so was von durchgeknallt, dass ich mir gesagt hab: "Das versuchen wir nochmal durchgeknallter hinzukriegen!"

Tolga:
Das hat man rausgehört!

Sascha:
Das hab ich nicht geschafft, wenn du das Original hörst! Trotzdem war's ein Heidenspaß es zu machen.

Tolga:
So ein Fun-Song gehört ja auch dazu! Die stärksten Songs der CD sind 'Why Don´t You Hate Me', 'I Don't Need The City' und 'Suffocating Right'. Habt ihr Lieblingssongs und wenn ja, welche?

Sascha:
Die wechseln täglich, die sind stimmungsabhängig bei mir. Im Moment wär's wohl 'Suffocating Right' und kann morgen wieder 'Waving Hands' sein.

Tolga:
Das ist auch cool!

Sascha:
Ja, die sind ja aus solchen Stimmungen entstanden. Da die diese Stimmung auch wiederspiegeln, find ich es gut. Irgendeiner meiner Kumpels hat mal gesagt: "Du brauchst eigentlich für jede Situation in deinem Leben einen Song!" Ich hab noch nicht alle zusammen, aber ich arbeite dran.

Tolga:
Na ja, klar. Du hast ja noch ein bisschen Zeit.

Sascha:
Es ist wie ein schöner Film. Man braucht für jede Situation im Leben einen Song, der das von der Stimmung widerspiegelt. Ich hab da ein paar Sachen zusammengedingelt, die ein breiteres Stimmungsspektrum abfangen, als was ich vorher gemacht hab.

Tolga:
Kannst du etwas über eure Texte erzählen, denn die waren bei der CD nicht dabei. Worum geht's da im einzelnen? Sind die persönlicher Natur?

Sascha:
Ja, immer! Meine Texte haben immer irgendeinen persönlichen Bezug. Ich schreibe nicht über mich selber, sondern über Sachen, die mir begegnet sind, mich in irgendeiner Form beschäftigt haben. 'Why Don't You Hate Me' ist ein eigentlich sehr trauriges Lied von einem Menschen, der immer fragt: "Warum hasst du mich eigentlich nicht? Alles was ich dir schon angetan hab, warum hasst du mich eigentlich nicht dafür?" Obwohl es ein sehr, sehr sphäriger/tranciger Song ist, todtraurig!
'I Don't Need The City' zum Beispiel handelt davon, dass ich mich in Hamburg mit einem Musikerkollegen getroffen habe, und wir saßen in der Kneipe rum und der sagte mir: "Du, ich brauche die Stadt. Ich brauche die Großstadt. Das bringt mir soviel Kreativität!" Und wir diskutierten und ich sagte: "Nee, ich brauch keinen externen Trigger, der mich kreativ macht. Entweder bin ich ein kreativer Mensch oder nicht!" Und irgendwann hab ich angefangen, ich komm ja aus Bochum, die Stadt zu hassen. Ich bin dann irgendwann vor drei, vier Jahren auf's Land gezogen, ins schöne Münsterland und seitdem geht's mir auch besser. Weil hier alles ruhiger ist, hier wird auch alles mit Wasser gekocht, und mit wesentlich kälterem. Die Leute sind zwar störrischer, konservativer, aber auf eine Art auch sehr viel ehrlicher. Eine Zeitlang hat mich das sehr beschäftigt und daraus ist auch 'I Don't Need The City' entstanden. Für mich ist das quasi ein Loblied auf das Landleben. Für andere ist es wahrscheinlich ein Hasslied auf die Stadt. Das kann man auch von beiden Seiten sehen.

Tolga:
Das Audiobook mit der Kurzgeschichte "Die Bombe, die nicht tickt" fand ich sehr beklemmend und nachdenklich. Wie interpretierst du diese Geschichte und trägt jeder von uns diese Bombe in sich?

Sascha:
Ich neige mal zu sagen: Ja! Ich glaube schon. Ich hab mich, als ich diese Kurzgeschichte gelesen habe, sehr schnell wiedergefunden. Es ist nicht nur mir so gegangen, Freunde von mir, denen ich die Kurzgeschichte vorgelesen hab, die ein Freund von mir geschrieben hat, hatten gleiche Reaktionen darauf. Das mit dem Audiobuch, was für mich persönlich Neuland gewesen ist, da hab ich einfach versucht, diese Beklemmung, die ich beim Lesen gespürt habe, auch rüber zu bringen. Es dauert ja auch fünf bis sechs Minuten, aber genau diese Länge braucht es um diese Beklemmung richtig auf den Punkt zu bringen, denn alles andere wäre dann Wischiwaschi geworden.

Tolga:
Ich fand es auch gut, dass es auf einer separaten, und nicht auf der "normalen" CD war. Da war man dann nicht gezwungen es immer wieder zu hören...

Sascha:
Das ist natürlich auch ein Argument.

Tolga:
Wie sind bisher die Reaktionen der übrigen Medien? Erhaltet ihr eine große Resonanz auch von "normalen" Medien, wie z.B. Spiegel, Stern, Focus etc.?

Sascha:
Ich hatte bisher Reaktionen von Internet-Fanzines zugemailt bekommen. Die sind okay und sehen das alles sehr positiv. Die "normalen" Mainstream-Medien haben mich noch nicht wahrgenommen, und ich glaube auch nicht, dass sie es tun werden! Weil alles, was irgendwo im Gothic-Sektor beheimatet ist, obwohl ich mich selber nicht dazu zähle, wird meistens relativ schlecht aufgenommen. (Relativiert des Weiteren, dass er nix gegen Gothic hat und seine Releases von der Gothic-Szene gepusht wurden etc. - d. Verf.)
Die letzte große Ausnahme war OOMPH! Ende letztes Jahres, die Kehrseite davon ist, dass es so einen Blödsinn wie NU PAPAGAI wieder gibt! Ich gönne es OOMPH!. Ich hab alle möglichen Releases im Regal stehen. Ich find die super! Ich gönne es denen auch, dass sie Erfolg haben, aber komischerweise fangen jetzt die ganzen Mainstreamproduzenten an zu merken: "Hey, Gothic Rock oder was auch immer, damit kann man ja 'ne Mark verdienen!" Holen sich dann irgendwelche Castingbands, die dann so tun, als wären sie eine Gothic-Band. Sehr lustig! Leider regt mich das viel mehr auf, als das, was im Moment in der Szene so abgeht. Daher glaub ich eher weniger, dass die großen Medien mich wahrnehmen werden, es sei denn, sie riechen Geld! Ich glaub nicht, dass es an mir nicht viel zu verdienen gibt. Bisher hab ich, wenn ich ehrlich bin, an NEUROTICFISH plus/minus Null gemacht!

Tolga:
Die CD ist auf jeden Fall klasse! Im normalen Dance/Trance-Sektor könnte die auf jeden Fall laufen, wobei es auch anspruchsvolle Musik ist. Wenn du da diesen Kindergarten-Techno zum Teil hörst...

Sascha:
Das auf jeden Fall! Ich hab ein paar befreundete DJs, die Trancesachen auflegen, vorwiegend englischen Trance, und die sind ganz begeistert. Die sagen dann immer: "Du, das kann ich total schlecht verwenden! Kannst du mal die Vocalspur rausnehmen?" Da sag ich so: "Dankeschön, hab ich jetzt auch verstanden, ihr Penner!" Die Trancer finden das wohl auch ganz nett.

Tolga:
Wie sieht die Zukunft von NEUROTICFISH aus? Habt ihr schon Pläne für die nächste CD?

Sascha:
Im Moment überlegen wir noch, ob wir im nächsten halben Jahr eine Single machen. Das ist völlig losgelöst und ohne Druck. Henning und ich diskutieren, machen und gucken, was man daraus machen könnte. Wir werden dann mit Strangeways (ihrer derzeitigen Plattenfirma - d. Verf.) schauen, ob die auch noch eine haben wollen. Dann möchten wir gerne noch möglichst viele Festivals spielen, weil wir ziemlich heiß darauf sind das Zeug den Leuten zu präsentieren. Was wir ja letztens auf zwei kleineren Gigs in Belgien und Hannover gemacht haben. Da war eigentlich schon sehr gut was los. Die Leute fanden das schon cool. Wir werden auf dem WGT (Wave- und Gothic-Treff - d. Verf.) spielen. Die anderen Festivals werden noch gebucht. Ich würde gern das M'era (Luna - d. Verf.) und Loreley machen, hab aber da noch keine Angebote bzw. Bestätigung darüber. Vielleicht noch eine kleine Tour. Aber da muss man auch gucken, wie man das koordiniert. Das ist in meinem Fall immer so eine Sache, weil ich hauptberuflich echt gut eingespannt bin, da noch freie Zeit zu finden.

Tolga:
Erzähl mal ein bisschen von euch? Wie hat sich die Zusammenarbeit mit Henning ergeben? Zufall oder kanntet ihr euch schon vorher?

Sascha:
Henning ist 2001 durch einen dummen Zufall zu NEUROTICFISH als Live-Keyboarder dazu gestoßen. Ich hab damals mit dem Olli auf der Bühne gestanden. Das war so dieses typische "Ein Mann an den Sequenzer und jemand, der vorne singt". Das haben wir irgendwie zuhauf. Das war mir eigentlich nie genug und deswegen hab ich mir einen neuen Keyboarder gesucht. Irgendwie sind wir dann auf Henning (Verlage - d. Verf.) gekommen, der eigentlich mit allen Wassern gewaschen ist, die du musikalisch spielen kannst. Henning hat schon Metal, Soul, der hat irgendwie alles gemacht. Musikalisch ist der Mann wirklich einer der begabtesten und fähigsten Menschen, die ich kenne. Und irgendwie sind wir dann plötzlich drei gewesen, wobei Henning dann, was relativ untypisch ist für die Szene, komplett die Keyboards live gespielt hat. Auch die ganzen Sequenzen. Der erste Auftritt war auf dem WGT 2001, und da hat er gemerkt, dass es total gut klappt! Da haben wir auch eine Amerika-Tour gemacht und irgendwie war Henning halt auch immer dabei. Er hat sich auch immer über meine schlechte Produktion aufgeregt. Ich fand die immer ganz gut, aber er meinte immer: "Das kann man eigentlich besser machen!" Nur leider ist es so, dass Henning weiß, wie man es besser macht, weil er's nun mal studiert hat in Holland. 2003 hatten wir dann überlegt, dass wir das Album jetzt zusammen machen. Dann haben wir angefangen zu produzieren. Erst in der Phase, wo er nur Produzent war. Und irgendwie ist man nach dem zweiten, dritten Mal zusammengewachsen, und die Band NEUROTICFISH daraus geworden. Das finde ich mittlerweile richtig super! Am Anfang war's sehr schwierig für mich, weil ich eigentlich ein Eigenbrötler bin und kaum jemanden an mich ranlasse. Da ich jetzt Henning schon seit über vier Jahren kenne, fühl ich mich recht wohl dabei. Ist schon gut, dass man vieles vom Stress und der Arbeit auf zwei Schultern lasten kann.

Tolga:
Wie kam denn der Name zustande?

Sascha:
Ich bin ja ein Hausneurotiker. Jede Neurose, die du dir vorstellen kannst, hab ich ja. Ich kann auch nicht schwimmen und hab extreme Tiefenangst. Irgendwann kam mir die Idee, was wäre denn, wenn ein Fisch Angst vorm Schwimmen hätte? Dann hätte er verdammt 'ne Neurose! Es ist soo lustig, dass daraus NEUROTICFISH entstanden ist. Wahrscheinlich aber auch, weil meine Eltern einen Skalarfisch im Aquarium hatten, der diese Neurose zu haben schien. Ich weiß nicht was zuerst da war: Dieser komische Fisch im Aquarium meiner Eltern oder meine bekloppten Ideen! Meistens ist das beides gleichzeitig.

Tolga:
In welche Projekte/Bands wart ihr bisher involviert?

Sascha:
Vor NEUROTICFISH hab ich eine Waveband gehabt. Nix Berauschendes, eher Wavepop mit 80er-Anleihen. Ich hatte da schon meine NEUROTICFISH-Ideen, etwas härteren Synthie- oder Techno-Pop zu machen, und das hat damals in der Band nie Anklang gefunden. Dann hab ich mich irgendwann abgekapselt und in einer Metalband die Keyboards gedrückt. War auch cool, aber nicht wirklich das, was es sein sollte. Ich mach aber zwischendurch noch ganz gerne als Gastmusiker bei paar Bands mit, im Moment mehr als Sänger wie als Keyboarder.
Dann hab ich für mich alleine angefangen NEUROTICFISH zu bauen. Ich hatte auch nie die Idee was zu veröffentlichen oder einen Plattenvertrag zu unterschreiben. Das war für mich egal! Ich hab meine Sachen im Internet auf einer kleinen Homepage zur Verfügung gestellt. Irgendwann bekam ich einen Anruf von meinem jetzigen Management, ob ich nicht einen Plattenvertrag haben möchte. Ich so: "Ja, kommt mal vorbei. Erzählt mal wat!"
Henning, der 2001 dazu gekommen ist, hat in sehr vielen Bands gespielt. Ich krieg die gar nicht mehr alle auf die Reihe, aber er war immer der Meinung: "Man kann nur gut sein, wenn man alles gemacht hat!" Deswegen hat er, bis auf dieses schlechte Schlagerzeugs, eigentlich alles gemacht. Pop, Rock, Metal, Soul, Funk.

Tolga:
Also alles.

Sascha:
Komplett alles. Soulmusik mit richtigen Streicher- und Bläsersätzen. Im Moment arbeitet er an allen möglichen Produktionen. Der arbeitet sehr viel mit Jose Alvarez Brin zusammen und macht da sehr viel für Metal-Sachen. In Holland arbeitet er mit holländischen Produzenten an richtig guten Pop-Sachen, die vorne in den Charts stehen, als Co-Produzent mit. Der ist eigentlich ganz gut im Business drin.

Tolga:
Welche Meinung hast du zu Onlinemags und kennt ihr Powermetal.de?

Sascha:
(Wie aus der Pistole geschossen) Natürlich kenn ich Powermetal.de! Ganz einfach aus dem Grunde, weil ich ein alter Metal-Freak bin! Ich hab auch eine DVD, wo MANOWAR draufsteht, aber mir noch nicht getraut sie in den Player zu schieben.

Tolga:
(Wie selbstverständlich) Wenn du sie hast, kannste sie auch reintun.

Sascha:
Ich hab immer den Verdacht meine Freundin bringt mich dann um.

Tolga:
Was hört denn deine Freundin?

Sascha:
Meine Freundin hört Brit-Pop! Da ist die Wrestling-Show von MANOWAR nicht so ganz das, was sie möchte, aber ich steh drauf.
Zurück zu den Online-Mags: Powermetal.de kenn ich, da hüpf ich öfters mal drüber. Online-Mags an sich: Es gibt viel! Man kann sich kaum noch einen Überblick verschaffen, weil es so viel ist. Leider entsteht auch sehr viel Wildwuchs, wo du dann teilweise als Künstler fragst: "Äh, was ist denn das für eine Seite und was will der Autor dir mit dieser Rezension sagen?" Aber, es gibt auch sehr viele Perlen!
Powermetal.de, ohne jetzt irgendwie schleimen zu wollen, zähl ich eigentlich eher zu den Perlen. So ein, zwei Mal im Monat geh ich drauf und guck was es so an Neues gibt. Bin aber bei den ganzen Konkurrenzprodukten auch da. Die Online-Mags werden immer mehr werden, aber es sollte sich langsam abzeichnen, dass es auch mal eine Linie gibt. Mittlerweile meint ja jeder, er müsste ein Online-Mag machen! Nicht jeder kann's! Bei euch hängt außerdem noch ein bisschen Humor mit drin.

Tolga:
Hast du zum Abschluss noch etwas euren Fans, oder die die's werden wollen, zu sagen?

Sascha:
Lasst euch nicht verarschen! (Gelächter auf beiden Seiten) Nee, mal ehrlich. Ich hab im letzten Jahr sehr viel gelernt, dass, egal was ist, nicht alles so heiß gegessen wird wie es gekocht wird. Wenn die Fans das mitnehmen, auch auf dem Album, so von wegen: Das Album ist Musik zum Nachdenken, aber auch Musik um Spaß zu haben. Wenn die Fans das verstehen, dann ist das schon die halbe Miete! Außerdem: "Fische sind Freunde, kein Futter!"

Redakteur:
Tolga Karabagli

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