MY RUIN: Interview mit Tairrie B.

01.01.1970 | 01:00

Erst MANHOLE, dann TURA SATANA und schließlich MY RUIN. Tairrie B. hat in ihrer Karriere einen langen Weg zurückgelegt aber erst jetzt ein wirkliches musikalisches zuhause gefunden. Mit dem neuen Album „The Horror Of Beauty“ gibt es dazu noch ein wirklich geiles Album, welches so ziemlich alle Elemente der häretern Musik miteinander vereint und mich selber ziemlich weggeblasen hat. Aus diesem Grunde habe ich mich mal mit Tairrie in Verbindung gesetzt, die wirklich einen sehr interessierten, aufgeschlossenen und nicht zuletzt sympathischen Eindruck hinterließ. Daher übergebe ich auch jetzt das Wort an die manchmal recht konfuse Frontdame, die einen sehr tiefen Einblick in ihr eigenes Leben gewährt und ausführlich erzählt, worum es bei MY RUIN geht:


Björn:
Hallo Tairrie, alles klar bei Dir?

Tairrie:
Alles wunderbar, danke der Nachfrage!

Björn:
Ihr habt mit MY RUIN ein neues Album draußen. Was kannst Du mir darüber erzählen?
Nun, es nennt sich „The Horror Of Beauty“ und ist über unser neues Label Century Media Records erschienen. Wir sind sehr aufgeregt darüber! Es sieht so aus, als würde ich Dir im Laufe des Interviews einiges erzählen können, nachdem ich die Fragen hier gelesen habe. Verdammt, 31 Fragen, Du arbeitest viel zu hart, Baby! Ich fürchte, ich werde mir erst einmal einen Drink mixen und die Musik anstellen...es wird wohl einige Minuten dauern!

Björn:
Besteht ein Konzept zu „The Horror Of Beauty“?

Tairrie:
Die Songs auf dem Album repräsentieren in einer bestimmten Weise den Albumtitel. Für mich persönlich bedeutet es gleich mehrere Sachen aber ich hoffe, dass jeder, der es hört, für sich selber definieren wird.

Björn:
Meiner Meinung nach ist Eure neue Platte auch gleichzeitig die beste, die Du in Deiner bisherigen Karriere herausgebracht hast. Denkst Du da ähnlich?

Tairrie:
Nun, ich liebe unser letztes Album „A Prayer Under Pressure Of Violent Anguish“ sehr, aber ich vermute, wenn man eine neue Platte herausbringt, ist es immer Dein Favorit. Du fühlst, das es das bisher Beste ist, weil es zeigt, wo Du Dich als Artist heute – im Gegensatz zu den vergangenen Jahren – befindest. Wir sind gewachsen und sind eine richtige Band geworden, schreiben zusammen neues Material, nehmen es auf und spielen zusammen Live-Gigs und das schon seit einigen Jahren. Beim letzten Album hat Yael nicht hinter Drumkit gesessen, so ja, ich glaube es ist unser bestes Album. Mick hat es produziert, daher bin ich ein wenig voreingenommen.

Björn:
Wenn Du auf Deine bisherige Karriere zurückblickst: Gibt es da irgendeine Scheibe, mit der DU heute nicht mehr zufrieden bist?

Tairrie:
Nicht wirklich. Ich denke jedes Album, dass ich komponiert und aufgenommen habesteht für eine bestimmte Zeit meines Lebens. Ich schätze alle meine Platten und fühle mich geehrt, die herausbringen zu dürfen.

Björn:
Meiner Meinung nach hat sich das gesamte Songwriting um einigesverbessert. Würdest Du zustimmen, wenn ich sagen würde, es ist ein großer Schritt nach vorne für MY RUIN?

Tairrie:
Nun, beim ersten Album waren MY RUIN nur ein Solo-Projekt. Ich habe es MY RUIN genannt, da es eine sehr persönliche Bedeutung für mich bezeichnete, nachdem ich meine ehemalige Band verlassen hatte um etwas Neues zu starten. Ich habe zusammen mit verschiedenen Musikern geschrieben und aufgenommen aber es war nicht wirklich wie in einer Band. Ich traf Meghan als ich sie 1999 für meine Live-Band anheuerte. 2000 habe ich Mich kennen gelernt, wollte aber auch weiter mit Meghan arbeiten und als dann die Zeit kam, während der ich mein zweites Album vorbereitete, fragte ich sie, ob sie dabei sein wollen. Wir haben es sehr schnell zusammengestellt (teilweise im Studio) und Mick hatte nicht wirklich die Chance sich als Gitarrist zu präsentieren (z.B. durch Solos), so wie er es auf der neuen Scheibe kann. Er hat sämtliche Drumparts geschrieben und wir mieteten einen Studiodrummer, der sie einspielte. Wir machten Auditions für die Schlagzeug-Position als wir planten durch Großbritannien zu touren und so kamen wir mit Yael in Kontakt. Auf der anschließenden Tour haben wir das Live-Album „To Britain With Love And Bruises“ mitgeschnitten, auf dem sowohl Songs von „Prayer“ als auch vom ersten Album „Speak & Destroy“ enthalten sind. Ich denke in den letzten zwei Jahren haben wir uns als Band wirklich weiterentwickelt, da wir alles zusammengemacht haben. Dieses Album ist sicherlich in vielerlei Hinsicht ein Schritt nach vorne: musikalisch, lyrisch als auch gesangstechnisch.

Björn:
Glaubst Du denn, dass Ihr mit „The Horror Of Beauty“ den Durchbruch schaffen könntet?

Tairrie:
Falls Du dies in kommerzieller Hinsicht meinst, dann weiß ich es nicht. Das ist aber auch nicht unser Ziel. Wir schreiben für uns selbst und nicht für`s Radio oder MTV. Wir betrachten unsere Musik als Kunst, nicht als kommerzielles Fast Food.

Björn:
So habe ich das auch nicht gemeint, Die Frage zielte mehr dahin, ob auch der Mainstream-Hörer Deiner Meinung nach Interesse an „The Horror Of Beauty“ bekommen könnte oder betrachtest Du das Material als zu komplex für `normale Ohren´?

Tairrie:
Ich denke unser Album hat etwas für jeden und kann sehr viele Leute erreichen, wenn potentielle Fans mit entsprechender Unterstützung durch Promotion und Touren darauf aufmerksam gemacht werden. Was sind `normale Ohren´? Wir sind eine Rock-Band und kein Pop-Act, falls Du also `normal´ im Sinne von Leuten meinst, die Pop-Musik hören und Bands mögen, die mit ihren lahmen catchy Hooklines keinem wehtun...wer weiß, aber dazu gehören wir auf jeden Fall nicht.

Björn:
Was mir an Eurem neuen Album besonders gefällt sind diese speziellen Doom-Parts in Songs wie `Bravenet´. Magst Du Doom-Musik?

Tairrie:
Hmm, danke für das Kompliment aber ich würde `Bravenet´ nicht als Doom bezeichnen. `Burn The Witch´ geht schon mehr in diese Richtung während `Bravenet´ unsere langsame sexy, epische Scream-Ballade ist.

Björn:
Unser Magazin nennt sich Powermetal.de, was natürlich bedeutet, dass wir eine Menge traditionellen Stoff in unserem Programm haben. Wie denkst Du über diese Musik? Magst Du sie oder ist sie Dir zu altbacken?

Tairrie:
Ich bin ehrlich: Power Metal ist nicht wirklich mein Ding! Hasst Du mich jetzt? Es ist einfach nicht mein Ding und ich habe keine Beziehung dazu. Andere wiederum lieben diese Musik und das ist cool!

Björn:
OK, gute Einstellung! Wie würdest Du denn Deine eigene Musik umschreiben, damit sich unsere Leser trotzdem ein Bild von MY RUIN machen können?

Tairrie:
MY RUIN ist intensiver traumatischer Rock & Roll Metal mit sexy Schreien, Spoken-Word-Passagen und Monster-Gitarren-Riffs. Wie findest Du das. Wir sind was wir sind und das ist alles was wir sein können.

Björn:
Euer neues Album ist erneut sehr heavy und aggressiv. Wie wichtig ist der Faktor `Aggression´ für die Musik von MY RUIN?

Tairrie:
Ja, wir sind sowohl musikalisch als auch gesanglich eine aggressive Band. Es ist nicht so, dass das Aggressivsein an sich so wichtig ist oder etwas ist, nach dem wir als Band streben. Es ist einfach dass, was wir als Musiker darstellen. Ich kann mir nicht vorstellen irgendwelche freundliche oder gar fröhliche Texte zu verfassen, nach all dem was ich durchgemacht habe aber wo ich nicht durch wollte. Meine Texte benötigen harte Musik und das bedeutet nicht immer aggressiv sondern einfach heavy. Du kannst langsam und heavy as fuck sein oder aber schnell und furios.

Björn:
Ein wichtiger Part dieser Heavyness ist sicherlich Deine Stimme. Es ist ja nicht gerade gewöhnlich, dass eine Frau so aggressiv singt. Hat es nicht schon mal Leute gegeben, die nicht glauben konnten, dass diese Texte von einer Frau herausgeschrieen werden? Und vor allem: was ist die Bedeutung hinter diesen aggressiven Shouts?

Tairrie:
Nun, mein Vocal-Style zeigt mich so wie ich bin. Ich versuche nicht wie ein Mann oder etwas anderes zu klingen und ich will es auch nicht. Ich bin eine Frau! Ich denke es gibt eine Menge aggressive weibliche Sängerinnen in der heutigen Musikwelt und ich bin froh eine von ihnen zu sein. Was ich tue ist sowohl im Studio als auch live zu 100% echt. Es sind keine Studio-Effekte, die meine Stimme verzerren, damit sie tiefer oder härter klingt. Ich benutze minimale Effekte bei den Aufnahmen, versuche aber es so roh und authentisch wie möglich klingen zu lassen, damit ich es auch live bringen kann. Ich hasse es, wenn eine Band nur im Studio heavy klingt, live aber total abkackt und hinter den Ansprüchen ihrer Alben zurückbleibt.

Björn:
Wie denkst Du generell über Frauen in der Heavy-Szene?

Tairrie:
Frauen rocken schon seit vielen Jahren...Joan Jett, Lita Ford, Chrissy Hynde, Patti Smith oder Wendy O Williams um nur einige zu nennen. Frauen und Rockmusik ist kein neues Konzept in irgendeiner Hinsicht, aber es besteht z.B. nur eine kleine Gruppe von Frauen, die so ähnlich singen wie ich. Und selbst da gibt es nur wenige, die wirklich gut sind, so wie z.B. Angela von ARCH ENEMY. Es ist sehr wichtig, dass immer mehr Frauen sich ein Mikrophon oder ein Instrument schnappen oder einfach beginnen Songs zu schreiben, aufzunehmen oder eine Band zu gründen. Pack es selbst an, Mädel, warte nicht auf jemanden, der Dir alles abnimmt, Deine Songs schreibt oder Dich belehrt! Versuche es selber und verwirkliche Deine Visionen!

Björn:
Bevor Du diese Band gegründet hast, spieltest Du in MANHOLE und TURA SATANA. Ich muss eingestehen, dass ich MANHOLE ganz OK fand, aber die Musik von TURA SATANA überhaupt nicht mochte. Wenn Du heute auf diese Zeit zurückblickst, wie denkst Du nun darüber?

Tairrie:
Nun, MANHOLE und TURA SATANA waren eigentlich die gleichen Bands. Viele Leute scheinen zu denken, dass ich bereits in zwei Bands gespielt habe und MY RUIN meine dritte Band ist, aber in Wirklichkeit ist das hier erst meine zweite Band. MANHOLE waren die erste Schritte dieser Band (wir sind später wegen des Namens verklagt worden... es war ein Albtraum) und wir wurden zu TURA SATANA als wir unser zweites Album „Relief Through Release“ aufnahmen, welches 1998 über Noise Records herausgekommen ist. Unser erstes Album „All Is Not Well“ war ein wirklich hartes und aggressives Rap-Meta-Album, das in 1996 veröffentlicht wurde. Ich habe die Band 1993 gegründet. Für diejenigen, die es noch nicht wissen – ich war anfangs eine Rap-Sängerin. Ich habe 1989 ein Rap-Album über Eazy E/NWA`s früheres Label Ruthless/Comptown Records herausgebracht. Dr.DRE, EVERLAST, SCHOOLLY D und MC REN haben daran mitgewirkt. 1992 habe ich mein zweites Rap-Album aufgenommen, habe es aber schlussendlich nicht veröffentlicht. Während den Aufnahmen habe ich BODY COUNT gesehen (ich kannte ICE-T aus der Rap-Welt) und anschließend beschlossen, eine Rock-Band ins Studio zu holen um ein Cover von VAN HALEN`s `Runnin With The Devil´ einzuspielen, was dann zu `Rhymin With A Devil´ wurde und direkt nach diesem Song hat sich für mich alles geändert. Ich wollte meine erste Band zusammenstellen und kein Rap-Album mehr veröffentlichen. Nach etlichen Streitereien mit meinem damaligen Label habe ich dann schließlich MANHOLE gegründet und der Rap-Welt `Auf Wiedersehen´ gesagt.
Ich habe eine völlig neue Vision bekommen und fühlte, dass ich eine Menge bewegen könnte. MANHOLE und TURA SATANA haben meiner Meinung nach beide großartige Platten herausgebracht. TURA war viel weniger Rap, dafür aber gesanglich mehr Hardcore, aber das war auch die Richtung, die ich einschlagen wollte. Heute rappe ich gar nicht mehr auf meinen Alben. Es ist vorbei und überholt. Ich ziehe es vor zu schreien und habe viele Jahre gebraucht, um meinen Stil und das Songwriting zu perfektionieren.

Björn:
Das heißt also, sie waren ein sehr wichtiger Schritt, um das zu verwirklichen, wofür MY RUIN stehen?

Tairrie:
Also, was man als Künstler macht hilft einem zu wachsen und etwas über sich selbst zu lernen um so schließlich sein Ziel zu erreichen. Ich wachse noch immer täglich. Ich werde immer auf meine Vergangenheit stolz sein weil sie mir geholfen hat mich zu dem zu entwickeln, was ich heute bin. Ich bereue gar nichts. Ich denke sogar die MANHOLE-Platte war ihrer Zeit ein ganzes Stück voraus, wenn ich mir die ganzen verdammten Bands ansehe, die Rap und Rock zusammenfügen.

Björn:
Was waren denn damals Deine musikalischen Einflüsse?

Tairrie:
Ich schreibe bei MY RUIN keine Musik sondern lediglich die Texte, daher sind meine Einflüsse aus Erfahrungen meines eigenen Lebens entnommen. Ich spreche von tiefsten Herzen von dem was ich in meinem Leben sehe und durchmache. Beziehungen, Religion, das Musik-Business, die Medien, der Mythos der Schönheit, Liebe, Rache, Schmerz, Leiden, Kust, usw. haben alle ihren Einfluss auf meine Texte gehabt. Ich lese und schreibe sehr viel und versuche jeden Tag als Künstler neue Themen zu entdecken. Meine Band ist meine größte Inspiration am Ende des Tages. Wir inspirieren und gegenseitig – manchmal gut, manchmal auch schlecht – das gehört alles dazu, wenn du in einer Band spielst.

Björn:
Ihr habt einige sehr verrückte Songtitel auf Eurem neuen Album?

Tairrie:
Hey, danke. Aber was heißt das? Hmm, `Nazimova´ ist ein Titel, der dem großen Stummfilm-Star Allah Nazimova gewidmet ist. `Stinkface´ ist ein Tiername für jemanden den ich liebe, wenn sie sich kindisch verkält. `Bravenet´ handelt vom Internet und unserem Message Board bei „Bravenet“... es könnte aber auch „brave while in the net“ heißen...verstehst Du?Mein Lieblings-Songtitel ist `Hot In The House Of God´. Es hat rein gar nichts mit der Bedeutung hinter dem Titel oder den Texten zu tun. Als ich eines Tages zu einem kirchlichen Lieferhaus in die Stadt gegangen bin, schaute Mick (unser Gitarrist und gleichzeitig mein Lebenspartner) mich an und meinte mit einem Blick auf meine Klamotten (hohe Absätze und ein geschmeidiges schwarzes Oberteil) „You`re gonna look hot in the house of god“. Ich dachte, dass es das coolste war, was er je zu mir gesagt hatte und ich schrieb es mir auf. Als ich später die Texte für das neue Album schrieb habe ich den Zettel wieder gefunden. Ich verfasste gerade einen Text über eine zerbrochene Beziehung mit einem alten Freund und ich dachte, es könnte genauso bedeuten: „upset, mad in my house of worship...my home...where all my religious statues and icons are kept“ `Hot´ heißt auf diese Person bezogen `pissed off´, dachte ich mir, als ich über den Text zu Hause nachdachte. Ich denke Songtitel sollten sowohl eine literarische als auch eine versteckte Nachricht enthalten. Ich vergewissere mich jedes mal wieder davon.

Björn:
Worüber handeln denn die restlichen Lyrics?

Tairrie:
Alle meine Texte basieren auf wahren Gegebenheiten. Die Storys sind genau so echt, wie die Leute, über die ich schreibe. Sie wissen normalerweise, wer sie sind oder finden es auf ihrem Weg heraus. Ich kann keinen schnulzigen Mist schreiben, das wäre einfach nicht ich selbst. Die Leute können über mich sagen was sie wollen, dass ich eine alte vorlaute Schlampe bin oder andere derartige Sachen, was auch immer. Ich nehme meine Texte sehr ernst und ich wünsche mir, dass die Leute mich ein bisschen tiefsinniger als Künstler betrachten. Talent zuerst, Image danach! Ich bin ein wenig enttäuscht, dass die meisten Rezensionen gar nicht auf meine Texte zu sprechen kommen, stattdessen nennt man immer mein Image als erstes. Ich kann die Bühne rocken, mit oder ohne Make-Up und ich brauche auch sicherlich nicht wie ein verdammtes Model auszusehen um das zu können. Ich bin ein Rock-Chick, nicht mehr und auch nicht weniger. Ich bin stolz auf die Größe meiner Kehle. Falls ich meine Titten oder meinen Arsch in den Vordergrund rücken würde, müsste die Musik immer zurückstehen...fuck that!

Björn:
Kommen wir trotzdem noch einmal zu fiktiven Sachen zurück. Ihr habt als Bonus zu „The Horror Of Beauty“ einen Kurzfilm abgedreht. Welche Idee steckt dahinter?

Tairrie:
Es ist einfach eine Sache die wirklich Spaß gemacht hat und die ich schon immer einmal tun wollte. Eine kleine Mini-Dokumentation der Band in einem ganz speziellen Stil, die einen kurzen Einblick in das gibt, wofür die Band steht. Es ist für diejenigen, die uns noch nie zuvor gesehen haben und für diejenigen, die ihnen erzählen müssen, wer wir heute sind. Es sollte zunächst ein 4-5-minütiger Film werden aber ich schweifte aus und am Ende waren es 13 Minuten. Es ist auf unserer EP „The Shape Of Things To Come“ welche aus unerfindlichen Gründen nicht vom deutschen Label veröffentlicht wurde. Nur in Großbritannien und den USA ist es erschienen, weshalb sich Interessenten die CD online bestellen müssen, um einen Einblick zu bekommen. Du hast die Vorab-Promo als Rezensent bekommen, daher war es auch auf Deiner Scheibe aber das Album hat die uneditierte Version vom `Made To Measure´-Video sowie ein kurzes Making Of von diesem Video. Wir machen viele Homevideos mit unserer Band und verkaufen sie auf unserer Website. Ich habe auch einen ganzen Haufen Videos von MANHOLE und TURA SATANA, die Mick und ich in stundenlanger Arbeit gefilmt und zusammengeschnitten haben. Es sind Aufnahmen von vergangenen Touren von mir und den anderen. Es ist sehr cool anzuschauen für die Kids, die bisher nur von meinen alten Bands gehört haben. Wir haben sehr viele Videos von MY RUIN, die wirklich cool sind , einige Backstage-Szenen enthalten und Dich fühlen lassen, als wärst Du gerade ein Teil von uns. Sie sind alle einfach fabelhaft, ich liebe sie!

Björn:
Holst Du Dir auch Inspirationen aus anderen Filmen und falls ja, welche Filme magst Du besonders?

Tairrie:
Filme waren immer eine coole Inspiration für mich und das auf verschiedenen Ebenen. Ich denke der Film, der für das neue Album am meisten als Inspiration herhalten musste, war „American Psycho“, aber es war nicht nur der Streifen sondern auch das Buch von Bret Easton Ellis, einer meiner Lieblings-Schriftsteller. Sein Buch „Glamorama“ ist ebenfalls unglaublich. Der Song war von vielen Dingen, die ich über die Musik-Industrie fühlte (und noch immer fühle), inspiriert und es passierte einfach, dass es zu einer Abart von „American Psycho“ ausartete. Es war nicht der Serienkiller-Aspekt des Films, welches mich überwältigte, sondern der kranke aber glaubhafte Hintergrund des Ganzen. Die Story in der eigentlichen Story, die erzählt, wie die Medien arbeiten und wie wir als Menschen und Künstler darauf eingehen und darüber denken. Ich habe zudem viele Stummfilme gesehen und Bücher über verschiedene Filmstars gelesen während wir aufnahmen und auch das hatte einen bestimmten Einfluss auf das Endergebnis.

Björn:
Gibt es denn irgendwelche Underground-Filme, die Du empfehlen könntest?

Tairrie:
„It“, ein Stummfilm mit Clara Bow. Ansonsten „Gummo“, „SLC Punk“, „All About Eve“ mit Betty Davis, ein alter Klassiker. Ich liebe die Filme von John Waters wie z.B. „Cry Baby“. Auch „Sunset Boulevard“ ein anderer Film aus den 40ern. „Whatever Happened To baby Jaene?“ ich liebe Alfred Hitchcock-Handlungen und B-Movies von Russ Meyer.

Björn:
War dieser Kurzfilm denn nur ein einmaliges Projekt oder können wir in Zukunft weitere Projekte dieser Art erwarten? Oder planst Du sogar selber zu schauspielern?

Tairrie:
Schauspielern? Häh? Dieser Mini-Film ist nur eine Dokumentation. Ich würde es nicht mal einen Film nennen. Die Band spielt ja nicht im klassischen Sinne. Hast Du es gesehen? Ich bin in keinster Weise eine Schauspielerin aber ich liebe es Videos mit mir und anderen Menschen zu drehen. Oh, das klingt jetzt wieder schlecht, damit meine ich natürlich keine Pornos, haha!

Björn:
Kommen wir noch mal zurück zu „The Horror Of Beauty“. Was erwartest Du von diesem Album?

Tairrie:
Ich erwarte, dass das Label die Platte durch Promotion unterstützt so gut es nur kann, so dass wir auch unser Bestmögliches geben können. Ich habe keine Erwartungen. Ich will einfach nur schreiben, aufnehmen und rocken. Ich hoffe, dass die Leute, die uns noch nie zuvor gehört haben, eine Chance geben und dass diejenigen, die uns schon kennen, das, was sie hören, mögen werden. Hoffentlich werden uns die Fans live ansehen und ihren Spaß mit der band haben!

Björn:
Was sagt denn die Presse im eigenen Land über MY RUIN? Und was denken die Fans dort über die Band?

Tairrie:
Nun, die Presse in den Staaten ist zuletzt sehr cool zu uns gewesen. Jeder scheint die Band und auch das neue Album zu mögen und das ist echt stark. Wir sind endlich auf einem richtigen Label, welches die Platten auch unter die Leute und in die Läden bringen kann, also denke ich, dass wir in einigen Monaten sehen werden, was sich so alles abspielt. Bis jetzt ist es aber großartig. Wir werden nun ca. einen Monat lang durch England und Irland touren und im Anschluss daran im nächsten Jahr durch die USA ziehen, um das neue Album zu präsentieren. Touren ist der einfachste Weg, die Alben zu promoten und neue Hörer zu gewinnen, daher wollen wir uns auch wirklich den Arsch abtouren so schnell wir eben können, aber wir wollen mit Bands auf Tour gehen, die wir respektieren und musikalisch auch mögen, nicht mit irgendwelchen lahmen Bands, die einfach nur sucken! Zu diesem Zeitpunkt ist es sehr wichtig mit coolen Leuten zu touren.

Björn:
Ich habe gelesen, dass Ihr einen Preis als beste Hard Rock/Metal-Band von den Lesern der L.A. Weekly gewonnen habt. Was bedeutet Dir eine solche Auszeichnung?

Tairrie:
Einen preis gewonnen? Ich habe keine Idee, was das bedeutet, wir haben eine Auszeichnung in L.A. gewonnen und das ist wirklich verdammt cool. Es war eine Auszeichnung, die von den Lesernausgesucht wurde (und nicht von Kritikern) und das macht das ganze so verdammt großartig und wertvoll für uns. Die Leute, die unsere Musik kaufen und unsere Shows besuchen haben das entschieden. SYSTEM OF A DOWN und die QUEENS OF THE STONE AGE waren zwei der vier anderen Bands, die wir auf die Plätze verwiesen haben und das sind wirklich sehr große Bands, was die Sache noch besser macht. Das bedeutet, dass die Leute sich für uns interessieren und uns unterstützen und das ist für mich erst der große Deal.

Björn:
Ihr habt nach nur zwei Studioalben eine Live-Platte aufgezeichnet. Denkst Du nicht, das ist ein bisschen zu früh?


Tairrie:
Wir haben das Album 2001 auf unserer UK-Tour als Geschenk für unsere Fans herausgebracht. Es war eine limitierte Edition um unseren Freunden und Fans in England Tribut zu zollen und das Artwork dieser Platte war sehr persönlich. Es waren Seiten, die ich aus Hunderten von Fotos und einigen anderen Schmuckstücken, die ich von Fans auf der Tour gesammelt hatte, zusammengesetzt habe. Es war und wird auch immer ein sehr spezieller Release für mich sein. Es war aus Respekt und Liebe für diejenigen, die uns auch Respekt und Liebe zurückgeben, gedacht und nein, es war nicht zu früh...es kam genau zur richtigen Zeit.

Björn:
Eure Live-Shows sind als sehr intensive Happenings berüchtigt. Was genau passiert, wenn MY RUIN die Bühne betreten?

Tairrie:
Woher weißt Du denn, wie unsere Live-Shows sind? Hast DU uns schon einmal live gesehen?

Björn:
Nun, die Reviews, die ich bisher gelesen habe, sprechen für sich...

Tairrie:
Du solltest Dir eine der kommenden Shows auf der UK-Tour ansehen und selber sehen, worum es bei MY RUIN geht. Was passiert ist einfach: Wir rocken die Bühne. Es geht nicht um uns sondern um die Verbindung von unserer Musik und denjenigen, die vor uns stehen. MY RUIN handelt vom inneren Bluten, nicht vom Äußeren. Es ist sehr emotional und ehrlich und für jeden, der involviert ist, sehr intensiv, weil wir sichergehen wollen, dass jeder beteiligt ist. Ich lasse immer einige Fans mit mir zusammen ins Mikro schreien. Es ist wie eine Art Therapie und auch eine Befreiung. Live zu spielen ist der beste Teil einer Mitgliedschaft in einer Band, weil es der ehrlichste Part ist. Man kann sich nicht verstecken. Man ist nackt und verletzlich und liegst entblößt vor der Welt, der man seine Geschichten erzählt und mit der man Schmerzen und Liebe teilt.

Björn:
Können wir auch eine Tour durch das restliche Europa erwarten?

Tairrie:
Ich weiß nicht ob oder wann wir durch Europa touren werden. Ich erhoffe es mir zwar aber es hängt alles vom Support des deutschen Labels ab. Wir würden gerne einige Festivals im nächsten Jahr spielen und eine weitere UK-Tour infolge einiger europäischer Daten spielen. Wir werden sehen, was passiert, aber offensichtlich ist es wichtig an jedem Ort zu spielen, an dem wir spielen können. Ich habe mit meiner ehemaligen Band die ganze Welt bereist und ich würde das alles gerne noch mal mit Mick, Meghan und Yael erleben.

Björn:
Wo genau habt Ihr denn die besten Reaktionen auf Eure Live-Shows?

Tairrie:
Unser Live-Image spricht für sich selber. Wir bringen den Rock. We don`t fuck around when it comes to our show! Ich bin mit einem Mann und zwei Frauen in einer Band, welche allesamt wunderbare Musiker sind. Nicht so, wie in den meisten anderen Bands, in denen die Frauen nur für irgendwelche ästhetische Zwecke und visuelle Reize ausgenutzt werden. Meine Ladys, Meghan und Yael, sind arschtretende, talentierte Musiker (die zusätzlich auch noch richtig gut aussehen), die sich auf ihr Talent verlassen, nicht auf ihre Schönheit. Ich würde meine Frauen gegenüber den meisten Männer in der Rock-Szene bevorzugen und müsste kein bisschen beunruhigt sein, weil sie einfach sei selber bleiben und ich kann ehrlich behaupten, dass sie den meisten miesen Poser-Rockern in den anderen Bands wegblasen. Mick ist sehr stark vom Gitarrenspiel der 70er beeinflusst (auch von Randy Rhoads) und ist nicht der typische Gitarrist. Es kommt aus Knoxville, Tenessee, hat also einen ganz anderen musikalischen Einfluss als wir. Sehr Anti-Hollywood eben. Ich denke, dass ich das Glück habe, drei Musiker zu haben, die auf dem selben hohen Niveau spielt, wie es die Band verlangt. Sie steigern das, was ich tue und kitzeln live und im Studio das Beste aus mir heraus.Ich könnte und würde auch nicht in einer Band mit irgendwelchen anderen Leuten sein wollen und die Ungläubigen, die ihre Meinung nur aus meinen verrückten Ruf und nicht aus meiner Musik beziehen, sollten einfach mal zu unseren Shows kommen und sich eine Meinung bilden. Ich könnte wetten, dass sie ihre Meinung ändern würden. Das ist nicht überheblich, denn mein Ego ist unter Kontrolle, aber ich weiß, dass ich mit einer fantastischen Band gesegnet wurde.

Björn:
Welche Ziele verfolgst Du in der nahen Zukunft?

Tairrie:
Wir schauen auf die anstehenden Touren voraus und werden hart daran arbeiten, das Album zu promoten, damit es möglichst viele Leute hören können, die unsere Musik verstehen. Diejenigen, die noch nichts von uns gehört haben, sollten mal einen Blick auf unsere Website www.myruin.com werfen. Wir haben Online-Tagebücher, Video-Clips, mp3`s und so viele andere Dinge um die Band für sich zu entdecken. Auf unserer News-Page befindet sich auch ein Link zu einer anderen Seite, die für die sogenannten „LVRS“ , einer Spoken Word/Klangfarben-Album namens „The Murder Of Miss Hollywood“, gedacht ist. Dieses Album haben Mick und ich im Frühjahr eingespielt. Ein sehr dunkles Album mit einigen Kurzgeschichten. Man kann auf der genannten Seite einige Samples anchecken.
Mick hat zudem noch ein Solo-Instrumental/Metal-Album eingespielt, dass er selber „Neanderthal“ nennt, eigentlich aber „Start A Fire With Rock“ heißt. Es ist ebenfalls über die LVRS-Seite erhältlich und kann auch dort vorher angehört werden. Er hat alle Songs selbst geschrieben, alle Instrumente übernommen und auch selber produziert. Es ist sehr cool, aber ganz anders als MY RUIN. Es ist definitiv ein Album für alle die, welche Gitarren und Solo-Parts mögen, also den ganzen technischen Stoff.

Björn:
Den Tipp kann ich nur weiterempfehlen. OK, wir kommen jetzt langsam aber sicher zum Ende des Interviews. Ich möchte mich für Deine ausführlichen Antworten bedanken und hoffe einmal, dass MY RUIN schon bald auf deutschen Bühnen stehen. Vielleicht treffen wir uns dort einmal und können unser Gespräch fortsetzen. Bis dahin möchte ich Dir und Deiner band alles Gute wünschen und hoffe Euer Album wird den verdienten Zuspruch bekommen. Wir sehen uns!

Tairrie:
Du meinst, ich bin fertig? Das ist das Ende? Wow! Was für ein Interview! Ich habe vier Krüge Wodka-Lemon heruntergekippt, ich sollte also besser noch mal einen Rechtschreib-Check machen, haha. Ich muss sagen, dass das hier verdammt lang war aber auch eine Menge Spaß gemacht hat. Danke, dass Du Dir die Zeit genommen hast um mit mir zu reden. Aber denk dran: Schreibe kein mieses Review und disse uns nicht oder ich werde zu Dir nach Hause kommen und Dir den Hintern versohlen, wenn wir dann doch einmal zu Euch rüberkommen, haha! Ich hoffe, Du wirst die Gelegenheit bekommen, uns live zu sehen. Komme nach Großbritannien, falls Du kannst, es ist gar nicht so weit weg. Undan alle anderen, die das hier lesen: Seht mal in unseren Kalender auf der Homepage, schaut nach Tourdaten aus und rockt mit MY RUIN. Wir würden uns sehr darüber freuen. Viel Spaß mit dem neuen Album...und ruiniert einige Freunde während Ihr es hört!!!

Vielen Dank für alles, Eure Tairrie!!!


Redakteur:
Björn Backes

Login

Neu registrieren