MONSTROSITY: Interview mit Lee Harrison

15.05.2007 | 16:40

MONSTROSITY: Wie AC/DC in einem Betonmischer...

Mit "Spiritual Apocalypse" haben MONSTROSITY vor kurzem eine ziemliches Brett hingelegt. Das Scheibchen bietet brutalen, ausgeklügelten Death Metal mit vielen Raffinessen, der klasse ins Ohr geht. Bandleader und Schlagzeuger Lee Harrison stand POWERMETAL.de Frage und Antwort. Cool, oder?


Martin:
Lee, euer neues Album "Spiritual Apocalypse" wurde vor kurzem veröffentlicht. Das Album gefällt mir ausgesprochen gut, weil es einfach großartiger Death Metal mit überragender Gitarrenarbeit ist. Zudem ist auch die Produktion spitze!

Lee:
Cool, danke! Jawoll, wir versuchen, die Tradition beizubehalten und Qualität statt Quantität abzuliefern. Wir haben viele, viele Stunden in dieses Album gesteckt und ich denke, dass man das auch letztendlich hört. Irgendwie ist es so, dass man auf der einen Seite mit jedem Album viele neue Dinge hinzulernt aber dass auf der anderen Seite dann auch viele neue Hindernisse zu bewältigen sind. Man versucht, sich Methoden anzueignen, um Zeit zu sparen, weil es einfach sehr teuer ist, im Aufnahmestudio zu arbeiten. Man möchte mehr Zeit für den Mix haben, weil man an den fertigen Aufnahmen noch feilen möchte. Aber das Geheimnis besteht darin sicherzustellen, dass man von Anfang an einfach gute Kompositionen hat. Das führt dazu, dass der Mix sehr viel schneller vonstatten geht.

Martin:
Bist du mit den ersten Reaktionen von Fans und der Presse in Bezug auf "Spiritual Apocalypse" zufrieden?

Lee:
Also die Reviews, die ich bisher gesehen habe, waren wirklich positiv. Ich habe auch nicht den Eindruck gehabt, dass uns da jemand den Hintern küsst, so als ob man denen Kohle zugesteckt hat, damit sie eine positive Bewertung schreiben. Es sind authentische Bewertungen. Von daher haben wir ein gutes Gefühl bei diesem Album. Wir wissen, dass es eine Killer-Scheibe ist. Wir brauchen die Presse nicht, damit sie uns das mitteilt. Aber zur gleichen Zeit ist es einfach klasse, dass wir in dem bestätigt werden, was wir tun.

Martin:
Lee, du hast ja "Spritual Apocalypse" zusammen mit deinen Bandmitgliedern produziert. Klasse Arbeit! Der Sound klingt fett, aber zur gleichen Zeit auch klar und dennoch Schädel spaltend. Hast du schon viele Alben zuvor produziert?

Lee:
Ich habe alle unsere Alben seit den frühesten Tagen von MONSTROSITY produziert. Wir hatten verschiedene Tontechniker in der Vergangenheit gehabt, aber ich war immer derjenige, der am Ende ja oder nein gesagt hat. Der Produzent beschäftigt sich halt auch mit den Arrangements der Lieder und ist da ziemlich nah dran, wohingegen der Tontechniker dafür verantwortlich ist, dass der Song auf dem Tape festgehalten wird.

Martin:
Vor allem der Titel 'Firestorm' auf eurer neuen Scheibe ist wirklich überragend! Diese Nummer hat mich fast umgehauen mit ihren großartigen, oft sehr melodischen Gitarrensoli von Mark English.

Lee:
Mark hat eine großartige Leistung auf dieser Schiebe abgeliefert und wir alle sind mit dem Ergebnis sehr zufrieden. 'Firestorm' war auch für uns eine Art Überraschung, da es einer der letzten Titel war, den wir für das neue Album geschrieben haben. Wir dachten zunächst, dass wir 'Firestorm' eher am Ende der CD platzieren sollten, weil er vielleicht nicht so gut ist wie die andere Songs des Albums. Als wir dann aber im Studio waren und das Lied mit all seinen Gitarrenharmonien hörten, dachten wir nur: Wow!! Und dann ist da noch das "Hi hat"-Riff, das wirklich cool und auch ziemlich brutal klingt. (Hi hats sind Teile des Schlagzeugs; genauer gesagt sind es zwei Becken-Paare des Schlagzeugs - Anm. d. Verf.). Es war eine im Gleichschritt angelegtes Rhythmus-Muster, das ich hatte, und wir haben es dann so arrangiert, dass die Gitarre einfach dem Rhythmus des Schlagzeugs folgt, indem die leere Saite der Gitarre gespielt wird. Das Ganze ist sehr schnell und deshalb klingt es auch sehr fies! Ich mag diesen atmosphärisch angelegten Teil von 'Firestorm' auch sehr. Der Track funktioniert prächtig.

Martin:
Was würdest du denn Fans antworten, die behaupten, dass "Spiritual Apocalypse" vielleicht ein wenig zu melodisch und zu verspielt klingt? Oder die vielleicht von diesem Album eher enttäuscht sind? Nicht dass wir uns falsch verstehen: Mir gefällt euer neues Album sehr gut...

Lee:
Na, was soll ich dazu sagen? Diese Leute sollen sich halt MORTICIAN anhören. Ich bin einer der ersten, der feststellt, wenn Songs oder Passagen zu happy oder zu soft klingen. Und ich weiß, dass das auf "Spirtual Apocalypse" nicht der Fall ist. Wenn man sich das Album anhört, dann stellt man fest, dass es sehr viele Strukturen und Passagen auf dieser MONSTROSITY-Scheibe gibt, die sich von vielen anderen Death-Metal-Bands unterscheiden. Denn viele Bands des Genres tendieren einfach dazu, nach dem Muster Riff, Riff, Riff, Blastbeat, Blastbeat, Blastbeat zu komponieren. Die neue Scheibe beinhaltet eine Brutalität, die viele Bands nicht erzeugen, wenn sie versuchen, so zu klingen wie wir. Das endet dann bei anderen Bands damit, dass sie in einigen Passagen Noten aneinander reihen, aber ihnen dann das brutale Feeling verloren geht. Darauf versuchen wir immer zu achten.

Martin:
Wie würdest du denn "Spiritual Apocalypse" mit dem Vorgängeralbum "Rise To Power" vergleichen?

Lee:
Das Album ist ein weiteres Kapitel in unserem Geschichtsbuch. Die Produktion von "Spiritual Apocalypse" ist einfach besser. Ich denke, dass dies der wesentlichen Unterschied ist. "Rise To Power" war okay, aber die Scheibe hätte besser sein können. Als das Album rauskam, dachte ich, dass es großartig wäre. Aber, weißt du: Mit der Zeit hört man Dinge heraus, die man heute anders machen würde. Wir haben übrigens schon Ideen für das Nachfolgealbum von "Spirtiual Apocalypse". Wir diskutieren bereits darüber, welche unterschiedlichen Aufnahmetechniken wir ausprobieren wollen. Heute hat man ja Möglichkeiten, wie zum Beispiel das "Re-Amping" von Gitarrenspuren und man kann einen Mix beispielsweise auch wieder schnell rückgängig machen oder abändern. Auf unserem ersten Album "Imperial Doom" (1992) dagegen mussten wir den Mix mühsam, ganz von Hand erledigen, und uns viel stärker auf unser Gehör verlassen. Manchmal war der Mix nahe am angestrebten Ergebnis dran und manchmal eben nicht. Bei "Imperial Doom" marschierten wir ins Studio und die Songs klangen super über die Lautsprecher dort. Aber als wir mit den Aufnahmen fertig waren und es anhörten, klang der Sound anders. Das macht schon einen Unterschied. Wir mixten "In Dark Purity" über eine "Boom Box" für nur 100 $. Ich brachte die Dinger dann in das Morrisound Studio. Ich schloss sie an und wir gingen aller Lieder noch einmal von vorne bis hinten durch. Das machte es für mich leichter, den Sound zu finden, den ich wollte, anstatt einen lediglich guten Sound zu erzeugen, der aber nicht unbedingt meinen Vorstellungen entspricht. Das war jetzt vielleicht etwas detailliert, aber er war wirklich cool, diese Dinge so anzugehen. Bei "Spiritual Apocalypse" hatte ich die "Boom Box" nicht dabei, weil ich der neuen nicht so traue, wie der alten, die ich hatte. Wir haben die Aufnahmen jeweils mit nach Hause genommen und haben sie unter die Lupe genommen. Die gewünschten Änderungen haben wir dann gleich am nächsten Tag erledigt. Dennoch waren die Aufnahmen im Endeffekt recht nahe an unserem ursprünglichen Mix dran. Wir haben hauptsächlich an den Gitarrenspuren gearbeitet und an einigen der Gitarrensoli.

Martin:
Welches waren denn die Gründe, die euren früheren Sänger Jason Avery dazu brachten, MONSTROSITY zu verlassen?

Lee:
Jason zeigte einfach kein Interesse weiterzumachen. Er hat ein gutes Auskommen bei einem lokal ansässigen Tattoo-Shop und er hat viele Stammkunden, mit denen er gutes Geld verdient. Einfach unterwegs zu sein, manchmal nicht so gut auf Tour behandelt zu werden und das harte Leben auf Tour ... das alles gefiel im nicht. Manchmal können das ewige Reisen und auch die auftretenden Kopfschmerzen einfach zu viel für manche Leute sein. Von daher würde ich ihn da nicht in den Senkel stellen. Aber ich habe halt ein dickeres Fell, was das Leben auf Tour angelangt.

Martin:
Wie habt ihr denn euren derzeitigen Sänger Mike Hrubovcak kennen gelernt? Glaubst du, dass ihr nun ein stabiles Line-up habt?

Lee:
Wir trafen Mike vor einigen Jahren in Philadelphia, als er dort mit DIVINE RAPTURE auftrat. Dann machte er mit der Band die "Triumph In Black"-Tour letztes Jahr, als er für VILE sang. Von daher haben wir einen ganzen Monat mit ihm verbracht. Wir merkten schnell, dass er ein cooler Typ ist und dass wir mit ihm auf Tour gut auskommen könnten. Als wir uns überlegten, welcher gute Sänger bei uns einsteigen kann, kam er uns in den Sinn. Wir haben dann eine Weile darüber nachgedacht um sicherzustellen, dass wir eine gute Wahl getroffen haben. Soweit, so gut! Wir haben gelernt, festzustellen, dass nichts dauerhaft ist. Die Show muss weitergehen, aber es muss einen gewissen Standard geben. Bei Mike bin ich mir absolut sicher, dass er genau weiß, was wir brauchen und dass er seinen Job wirklich gut macht und sogar die Erwartungen an ihn übertrifft. Es ist wirklich aufregend! Wenn ich mir erst vorstelle, wie krank wir drauf sein werden, wenn wir erst einige Tournee mit ihm als Sänger bestritten haben. Wir spielen immer tighter!

Martin:
Auf "Spiritual Apocalyse" haben ja massig bekannte Musiker Gastauftritte, wie z. B. Kelly Schaefer (ATHEIST) und John Zahner (SAVATAGE, CRIMSON GLORY). Wie kam es denn zu dieser Zusammenarbeit?

Lee:
Wir hatten hier und da immer mal wieder einen Gastmusiker. Wir hatten dies allerdings in den Presse-Nachrichten nicht großartig posaunt. Von daher denke ich, dass die Presse die Sache mit den Gastmusikern aufgegriffen hat. Das ist aber ganz normal. Auf "Rise To Power" waren Mark English und Jason Suecof (Produzent, u.a. von TRIVIUM und CHIMAIRA - Anm. d. Verf.) zu hören. Ich bin ein riesiger Fan seines Gitarrenspiels. Daher wollte ich, dass er auch auf unserem neuen Album etwas beisteuert. Frank Mullen von SUFFOCATION übernahm damals backing vocals bei "Imperial Doom". Man kann eigentlich sagen, dass wir schon immer Gastmusiker auf unseren Alben hatten.

Martin:
Wie würdest du denn einem Metalfan, der bisher noch nie etwas von MONSTROSITY gehört hat, euren Sound beschreiben?

Lee:
Vielleicht, dass wir wie AC/DC in einem Betonmischer klingen?? Ich hab echt keine Ahnung.

Martin:
Was können denn die Fans in Zukunft von MONSTROSITY erwarten?

Lee:
Wir arbeiten gerade an Videomaterial. Ich habe eine Menge cooles Material, aus dem wir ein richtig cooles Package schnüren werden. Und ich werde auch eine Show von uns filmen lassen. Wir werden uns da Zeit lassen. Ich will, dass das Ganze richtig gut wird und ich will nicht etwas Halbgares veröffentlichen, nur damit es veröffentlicht ist. Wenn es rauskommt, dann wir das sehr cool sein...

Martin:
Besten Dank für dieses Interview, Lee! So, die Bühne ist frei. Was willst du unseren Lesern noch mit auf den Weg geben?

Lee:
Cool! Danke auch für dieses Interview. Ich hoffe, dass es euch allen gut geht!

Redakteur:
Martin Loga

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