MANTIC RITUAL: Interview mit Dan Wetmore

21.02.2009 | 20:59

Dan Wetmore: "Das Genre an sich wird uns stilistisch nie limitieren. Wir werden immer das machen, was wir machen wollen, soweit es die Musik betrifft."

Die US-Thrasher MANTIC RITUAL veröffentlichen dieser Tage ihr Debütalbum "Executioner", das mit einer wuchtigen Breitseite an klassischem Thrash in bester Bay-Area-Manier aufwartet. Angesichts derart vielversprechender Klänge löcherte ich Gitarrist und Shouter Dan Wetmore mit einem ganzen Strauß an Interviewfragen, die der Frontmann auskunftsfreudig beantwortete.


Martin:
Hallo Dan! MANTIC RITUAL hatten ja bis zum Spätherbst 2008 einen anderen Bandnamen, nämlich MELTDOWN. Wer hatte denn den jetzigen Bandnamen zu Diskussion gestellt und was steckt hinter dem neuen Namen? Was bedeutet dieser Name für dich persönlich?

Dan:
Hi! Schön, mit dir zu plaudern! Ja, wir mussten vor kurzem unseren Namen ändern. Wir haben MANTIC RITUAL gemeinsam als Band entwickelt. Unseren früheren Namen MELTDOWN mochten wir eigentlich sehr, wobei mir nun MANTIC RITUAL besser gefällt. In der Bedeutung des Namens steckt eine gewisse Subjektivität oder zumindest etwas, das möglicherweise etwas provozierend wirkt. Im wörtlichen Sinne beschreibt "mantic" die Fähigkeit, Weissagungen mittels übernatürlicher Kräfte zu treffen [Anm. des Verf.: "mantic" ist dem griechischen Wort "mantis" (zu deutsch: Seher) entlehnt]. Ich finde, dass dieses Wort gut mit dem zweiten Namensbestandteil "Ritual" harmoniert. Aber das können unsere Fans betrachten, wie sie möchten. Auf alle Fälle geht unser neuer Name gut von der Zunge und er ist womöglich auch einprägsam.

Martin:
Euer Sound scheint mir sehr stark durch die frühen METALLICA, aber auch durch die klassischen Bay-Area-Thrasher, wie beispielsweise TESTAMENT, beeinflusst zu sein. Würdest du mir da zustimmen? Wo liegen denn eure Wurzeln?

Dan:
Was Metaleinflüsse angeht, so sind wir vor allem durch Bands wie METALLICA oder EXODUS beeinflusst worden. "Kill 'Em All" wirkte wie ein Katalysator für unsere Band, zumindest im Hinblick auf unsere stilistische Ausrichtung. Aber meine musikalischen Wurzeln begannen im Punk. Bands wie THE CLASH, THE RAMONES und THE MISFITS haben mich musikalisch sehr beeinflusst. Als unsere Band dann Gestalt annahm, da haben wir uns eher mit Thrash-lastiger, härterer Musik beschäftigt.
Ich weiß nicht, wie wir unsere Wurzeln beschreiben sollen. Wir haben keine musikalische Erfolgsformel. Wir machen einfach Musik. Ich finde es cool, dass der Thrash Metal gegenwärtig einen Aufwärtstrend erfährt, aber das Genre an sich wird uns stilistisch nie limitieren. Wir werden immer das machen, was wir machen wollen, soweit es die Musik betrifft.

Martin:
Ich finde besonders die Stücke 'Next Attack' sowie 'Death And Destruction' überragend. Insgesamt finde ich nicht ein schwaches Stück auf eurer neuen Scheibe. Habt ihr eigentlich in den letzten Jahren "Kill 'Em All" von METALLICA sehr oft gehört?

Dan:
Ja, das haben wir tatsächlich. Dieses Album hat uns schon sehr beeinflusst. Ich habe auch sehr viele NWoBHM-Sachen gehört. Vor allem DIAMOND HEAD. Und das hört man unseren Stücken auch deutlich an. Es freut mich echt, dass du keinen schwachen Track ausgemacht hast. Ich selbst bin mit dem Album sehr zufrieden und ich denke, dass es eine gute Grundlage für zukünftige Veröffentlichungen darstellt.

Martin:
Was glaubst du, was geschehen wäre, wenn MANTIC RITUAL "Executioner" bereits im Jahr 1985 veröffentlicht hätten?

Dan:
Das ist durchaus eine interessante Frage, auf die ich dir leider keine zufrieden stellende Antwort geben kann. Im Hinblick auf meinen Musikgeschmack und die musikalischen Einflüsse denke ich, dass das schon hätte passieren können. Aber ehrlich gesagt denke ich nicht an das Jahr 1985 oder an irgendeinen anderen Zeitraum, wenn ich mir "Executioner" anhöre. Ich denke, dass die Songs des Albums frisch und neu klingen. Es macht keinen Sinn rückwärts gewandt zu denken. Die letzten Jahre waren in der Musikwelt sicherlich nicht die besten, aber ich versuche da zu einer Veränderung beizutragen, anstatt bis zum Erbrechen darüber zu sinnieren, was früher einmal war. Man könnte zwar unseren Sound mit MANTIC RITUAL als altertümlich bezeichnen, aber er stammt aus dem Hier und Jetzt, nicht aus der Vergangenheit. MANTIC RITUAL machen doch keine Musik, die auf eine Zeit abzielt, die drei Jahre vor meiner Geburt liegt, haha!

Martin:
Wie lange hat denn der Aufnahmeprozess von "Executioner" gedauert - ohne den Mix?

Dan:
Wir haben circa zweieinhalb Wochen für die Aufnahmen in Deutschland benötigt. Den Gesang haben wir in ein paar Tagen in Los Angeles aufgenommen. Insgesamt waren wir da recht schnell.

Martin:
Wie war es denn für euch, mit einem weltbekannten Produzenten wie Andy Classen zu arbeiten?

Dan:
Also ehrlich gesagt wusste ich gar nicht, wer Andy Classen ist, bevor er dann ins Studio kam. Ich hatte auch keine vorgefertigte Meinung über ihn. Ich wusste, dass er ein sehr hohes Ansehen genießt, aber kaum mehr. Darüber bin ich im Rückblick auch ganz froh, denn so konnte ich ihn als Mensch ganz anders sehen und kennenlernen. Wir sind mit Andy sehr gut ausgekommen und wir hatten eine fantastische Zeit in Deutschland. Sein Studio liegt in diesem winzigen Städtchen namens Bühne. Uns hat es dort sehr gut gefallen. Wir waren im Frühling 2008 dort. Wir hatten schönes Wetter und draußen war die Natur schon richtig farbenfroh. Andy hat uns wie Freunde behandelt und uns alles dort gezeigt. Ich habe ihn eher als einen Gastgeber denn als unseren Produzenten wahrgenommen. Andy macht seinen Job sehr, sehr gut und die Arbeit hat sich wirklich gediegen und entspannt gestaltet.

Martin:
In einem Interview hatte mir Eric Rutan von HATE ETERNAL gesagt, dass er von Musikern, die mit ihm aufgenommen haben, den Namen "drill sergeant" verpasst bekam. Würde dieser Name auch für Andy Classen und seine Arbeitsweise hinsichtlich der Aufnahmen und des Mixes passen?

Dan:
"Drill sergeant" wäre sicher kein passender Name für Andy Classen. Ich empfand ihn ehrlich gesagt als so ziemlich den entspanntesten und chilligsten Menschen überhaupt, haha! Selbstverständlich sind wir verschiedene Parts bei den Aufnahmen etliche Male durchgegangen, aber jetzt nicht in einem extremen Ausmaß. Einen Namen, der ihn gut charakterisieren würde, fällt mir ehrlich gesagt nicht ein. Insgesamt waren die Aufnahmen ziemlich entspannt. Andy ist fast schon das absolute Gegenteil eines "drill sergeants".

Martin:
Ich finde es recht interessant, dass ihr mit 'Blackout' ein SCORPIONS-Cover aufgenommen habt. Welches Bandmitglied ist denn da so ein großer Fan der SCORPIONS?

Dan:
Wir alle mögen die Band. Ich weiß nicht, wer die Idee aufgebracht hat, aber wir alle waren der Auffassung, dass 'Blackout' ein guter Song für ein Cover wäre. Die Musik der SCORPIONS mag ich sehr. Sie sind ein wichtiger Einfluss für uns, denn ihre Musik klingt sehr eingängig und mitreißend. 'Blackout' ist ein perfektes Beispiel hierfür. Wir wollten für "Executioner" keinen stereotyp anmutenden Covertitel. Wir mögen es, wenn die Dinge spannend bleiben.

Martin:
Die meisten der Stücke auf "Executioner" wurden ja schon vor einiger Zeit komponiert, da ihr "Executioner” ursprünglich schon im Jahr 2007 in Eigenregie veröffentlicht hattet. Ich schätze mal, dass ihr schon etliche neue Stücke auf Lager habt, die dann auf dem Nachfolgealbum landen werden.

Dan:
Wir schreiben ständig an neuen Stücken. Der überwiegende Teil der Lieder auf "Executioner" ist tatsächlich schon etwas älter, obwohl der Re-Release auch einen neuen Song enthält. Ich freue mich schon auf kommende Studioalben, denn ich sehe positiv in die Zukunft. Es gibt viele Dinge, die wir musikalisch umsetzen möchten und es ist nur eine Frage der Zeit, bis wir die Chance dazu haben, diese Dinge aufzunehmen. Ich versuche beim Songwriting immer, einen guten Groove für das jeweilige Stück zu entwickeln, der dich nicht mehr loslässt. Adam [Haritan, Schlagzeuger - Anm. d. Verf.] hat immer tolle Ideen, um die Songs aufzuwerten. Wir versuchen immer, die Drumbeats variabel zu gestalten. Ich mag es, wenn Stücke eingängig sind, wobei sie nicht monoton sein dürfen.

Martin:
KREATOR haben ihr neues Studioalbum "Hordes Of Chaos" bis auf den Gesang und die Gitarrensoli live im Studio aufgenommen. Könntest du dir vorstellen, das mit MANTIC RITUAL auch zu machen? Mal ein ganzes Studioalbum mit dieser Arbeitsweise aufnehmen?

Dan:
Diese Arbeitsweise ist echt der Knüller, finde ich. Auf diese Art und Weise wurde ein ganz großer Teil des Rock'n'Rolls aufgenommen und ich persönlich fände es toll, wenn diese Arbeitsweise ein Comeback erleben könnte. Dennoch könnte ich jetzt nicht sagen, dass ich es mir vorstellen könnte, quasi live im Studio aufzunehmen. Ich bin nämlich nicht der präziseste Gitarrist. Von daher bräuchte ich schon einige Takes, um meine Gitarrenspuren aufzunehmen. Aber wir werden sehen. Wenn man als Band tight spielt, dann kann man sicherlich eine Menge Geld sparen mit dieser Arbeitsweise.

Martin:
Was macht eine Thrash-Scheibe für dich zu einem richtig gut klingenden Thrash-Album?

Dan:
Sie muss mich ganz einfach umhauen! Es wäre zu einfach, zu sagen, dass ein hochwertiges Thrash-Album vollgepackt ist mit Double-Picking und wuchtigen Beats. Um ein richtig gutes Album am Start zu haben - egal, welche Art von Musik - ist es wichtig, kreativ zu sein und Geschmack zu beweisen. Wenn wir mit MANTIC RITUAL Musik machen, dann denken wir nicht: "Wird diese Songidee ein guten Thrash-Song abgeben?" Solch eine Herangehensweise würde uns sehr einengen, denke ich. Ein gutes Thrash-Album sollte aggressiv sein, lyrisch Sinn ergeben, kompetent umgesetzte Gitarrensoli und Gesangsspuren haben, die zusammenpassen. Wenn man Energie und Zeit in eine Platte steckt, dann wird sich das im Ergebnis stets auszahlen.

Martin:
Hast du eigentlich schon das aktuelle TESTAMENT-Album "The Formation Of Damnation" gehört? Und wenn ja, wie gefällt dir diese Scheibe?

Dan:
Ja, ich habe die Neue von TESTAMENT schon gehört, allerdings nicht so ausgiebig. Aber ich war überrascht, dass das Album recht gut klingt. Die Riffs waren nicht schlecht, aber nach einiger Zeit hatte ich mich schon daran satt gehört.
Ich finde zur Musik, die heutzutage gemacht wird, nur schwerlich Zugang. Die allermeisten Metal-Scheiben klingen doch recht austauschbar. Ich weiß auch nicht. Ich liebe MANTIC RITUAL und die Musik, die wir machen, aber ich höre nicht gerade viel Metal. So ist es halt bei mir.

Martin:
Wir würdest du einem Fan denn die Musik von MANTIC RITUAL beschreiben, der noch niemals zuvor etwas von euch gehört hat?

Dan:
Wir sind eine Gruppe von Jungs, die aggressive und leidenschaftlich gespielte Musik machen. Und wir sind authentisch, in dem was wir sagen und was wir tun. MANTIC RITUAL ist unser musikalisches Sprachrohr für unsere Gedanken und Gefühle.

Martin:
Nun mal in aller Kürze: Was sind deine Gedanken zu den folgenden Stichworten beziehungsweise Fragen?

- Sind kurze Haare Metal?

Dan:
Klar doch. Ich sehe da keinerlei Limitierung im Hinblick darauf, wie ein Mensch aussieht. Wenn jemand Metal liebt, der kurze Haare hat: nur zu! Ich würde nie aufgrund des Aussehens über jemanden ein Urteil fällen. Niemals. Wenn die Leute die Musik mögen, unsere Message oder was auch immer, dann sind sie cool für mich.

- TESTAMENT oder EXODUS? Und warum?

Dan:
EXODUS! TESTAMENT sind cool, aber ich habe EXODUS lieber. EXODUS empfand ich immer als die kantigere Band. "Totally more badass!"

- METALLICA

Dan:
Also im Hier und Jetzt finde ich METALLICA scheiße. Das neue Album "Death Magnetic" ist echt ein Witz. Einige der Gitarrenriffs fand ich in Ordnung, aber die Schlagzeugarbeit, die Soli und die Liedtexte, die waren alle derart piss-langweilig. Für mich war es mehr als offensichtlich, dass die nur noch Mucke wegen des Geldes machen. Wenn sie das wollen, dann ist das okay für mich. Ehrlich. Sie lassen sich davon locken, aber zur Zeit entwickeln sie ihren Sound nicht weiter, wie sie es in der Vergangenheit taten, sondern sie springen auf einen fahrenden Zug auf. Ich muss allerdings sagen, dass ich der Meinung bin, dass die ersten fünf METALLICA-Alben - ja, die ersten fünf! - der Inbegriff einer perfekten Weiterentwicklung sind. Sie reiften von Album zu Album und ich denke, dass diese Scheiben das deutlich machen. Sie verdienten es daher, als Band groß zu werden. Und heute ziehen sie ihre Vorteile aus diesem Umstand.

- Drei Dinge, die du auf eine einsame Insel mitnehmen würdest?

Dan:
Auf 'ne einsame Insel? Könnte meine Freundin auch eine dieser Dinge sein? Wenn ich sie mitnehmen könnte, dann wäre ich nicht wirklich einsam. Wenn ich keine Person mitbringen dürfte, dann würde ich viele Bücher zum Thema Überlebens-Taktiken mitnehmen, ein Notebook, um meine Erfahrungen niederzuschreiben und eine Kamera mit vielen Filmen. Wenn ich noch einen vierten Wunsch frei hätte, dann würde ich vielleicht noch ein Instrument mitnehmen, aber ich bin mir nicht sicher, welches Instrument es wäre.

- Wenn du Barack Obama begegnen würdest: Was würdest du ihm sagen?

Dan:
Ehrlich gesagt hätte ich eigentlich kein einziges Wort, das ich an ihn richten würde. Ich habe mit ihm als Präsidenten meines Heimatlandes kein Problem. Sicherlich wäre ich auch höflich zu ihm. Ich bin allerdings Mitglied keiner politischen Partei und ich verachte diese Art von Partisanen-Politik, die der Welt heutzutage anhaftet.

Dein schlimmster Albtraum?

Dan:
Meine Familie, meine Freundin und meine Freunde zu verlieren. Ich habe schon seit langem keinen üblen Traum mehr gehabt. Meine größte Angst ist Unsicherheit, was die Zukunft bringen wird. Ich bin eine sehr zielgerichtet denkende Person.

Deine fünf absoluten Lieblingsscheiben?

Dan:
Alles von den BEATLES, alles von den BEACH BOYS, alles von THE CLASH und nahezu alle Sachen von THE WHO, SHAM 69, THE SMITHS. Diese Liste könnte ich beliebig fortführen, aber das sind die Gruppen, die ich am allermeisten schätze. Ich mag auch klassische Musik und teilweise auch alte Jazz-Musik. FRANK SINATRA liebe ich auch. Ich höre so ziemlich alles an Musik, was clever erdacht ist und Leidenschaft ausstrahlt. Es gibt zu viel gute Musik da draußen, um deine Frage wirklich beantworten zu können.

Martin:
Wann werden denn die Fans in Europa die Möglichkeit haben, euch live on the road bewundern zu können?

Dan:
Ehrlich gesagt weiß ich das nicht. Zurzeit haben wir Europa nicht primär auf dem Plan, aber wir werden sicherlich auf kurz oder lang zu euch kommen. Wir würden sehr gern nach Europa kommen, um die Fans dort zu erleben. Es ist nur eine Frage der Zeit, bis es soweit ist.

Martin:
Okay, ich danke dir recht herzlich für dieses Interview!

Dan:
Danke, Mann! Mir hat's Spaß gemacht. Alles Gute!

Redakteur:
Martin Loga

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