L'ÂME IMMORTELLE: Interview mit Thomas Rainer / Sonja Kraushofer

23.01.2005 | 18:44

L'ÂME IMMORTELLE sind zweifelsohne eine der besten nationalen Gothic-Rock-Bands und spätestens seit dem Erfolg ihrer Single 'Brennende Liebe' auch im kommerziellen Bereich zu den Durchstartern des Jahres 2004 zu zählen. Passend zum Re-Release ihrer DVD "Disharmony - Live!" ergab sich die Gelegenheit, mit den beiden Protagonisten Sonja Kraushofer und Thomas Rainer über den aktuellen Stand bei L'ÂME IMMORTELLE zu reden. Here we go:


Björn:
Hallo, alles klar?

Thomas:
Na ja, soweit... Ich habe vor ein paar Tagen vier Weisheitszähne rausoperiert bekommen. Da wird selbst der härteste Mann zur Maus. Aua!

Sonja:
Ja. Danke der Nachfrage!
Wir sind auch erst vor kurzem vom Videodreh für unsere dritte Single zurückgekommen, wo wir mit bitterer Kälte zu kämpfen hatten. Glücklicherweise haben wir aber alles recht gut und ohne Erkältung überstanden und sind nun schon sehr gespannt auf das Resultat.

Björn:
Ich habe letzte Woche eure DVD "Disharmony - Live!" bekommen, die ja eigentlich so neu gar nicht mehr ist. Soweit ich weiß, stammt das Original aus dem Jahre 2003, ist aber mittlerweile ausverkauft. Warum war die Auflage denn seinerzeit so gering, dass das Teil so schnell aus dem Handel war.

Thomas:
Die Auflage war nicht zu klein, die Nachfrage war einfach zu groß. Niemand hat mit einem solchen Ansturm auf die DVD gerechnet, den man ja auch in der Platzierung der DVD in den DVD-Charts deutlich sehen konnte. Nachher kam es zur Insolvenz unseres damaligen Vertriebs EFA, was eine rechtzeitige Nachpressung unmöglich machte. Darum erscheint die "Neuauflage" erst jetzt, und das ganze unter dem Banner unseres neuen Labels GUN/BMG.

Björn:
Habt ihr denn nicht überlegt, es schließlich dabei zu belassen, damit die DVD eine Rarität bleibt?

Thomas:
Wir haben mit diesem Gedanken gespielt, aber auf Grund der ungebrochenen Nachfrage haben wir uns trotzdem für eine Wiederveröffentlichung entschieden.

Sonja:
Die DVD ist generell sehr wichtig für uns. Wir geben zwar regelmäßig Konzerte, aber dennoch hatten noch nicht alle Leute, besonders nicht unsere ausländischen Fans, Gelegenheit ein L'ÂME IMMORTELLE-Konzert mit zu erleben.
Die DVD ist zwar nicht mehr auf dem aktuellsten Stand, denn mittlerweile haben wir unsere Live-Band um Bass und Schlagzeug erweitert, aber immerhin das einzige Dokument, welches etwas über unsere Live-Präsenz aussagt. Aus diesem Grund ist es uns natürlich ein Anliegen, viele Menschen damit zu begeistern und einzuladen, eine Show von uns zu besuchen.
Unsere Live-Performances ändern sich mit jeder CD-Veröffentlichung. So wie das Konzert auf der DVD zu sehen ist, wird es wohl nicht mehr stattfinden, somit ist die DVD auch ein wichtiger Bestandteil der Bandgeschichte. Grund genug für eine Wiederveröffentlichung, würde ich sagen.

Björn:
Auf der neuen Fassung befindet sich zusätzlich eine Live-CD vom selben Konzert. War die auf der originalen Fassung nicht enthalten?

Thomas:
Doch, die CD war auch bei der vorigen Fassung enthalten.

Björn:
Auf dieser CD sind zwei zusätzliche Tracks, die man auf der DVD nicht findet. Warum eigentlich?

Sonja:
"Disharmony Live" ist unsere erste DVD, deshalb wollten wir uns auch langsam mit der Materie vertraut machen und uns mehr Zeit für den Schnitt und die Bearbeitung nehmen. Die Setlist enthielt damals auch Songs, die weder auf der Audio- noch auf der Video-CD enthalten sind.
Auf der Tour präsentierten wir das Album "Als die Liebe starb", deshalb wollten wir auch möglichst viele neue Lieder auf der DVD verewigen. Das gesamte Konzert zu zeigen hätte wohl leider unseren finanziellen Rahmen gesprengt.
Jochen Schoberth und Gudrun Kothe, die für die Aufnahmen, den Schnitt und die Bearbeitung der DVD verantwortlich sind, haben für die Verwirklichung einiger Ideen sowieso schon das Unmögliche möglich gemacht und unermüdlich mit uns an der Fertigstellung gearbeitet. Nur deshalb hatten wir zum Beispiel die Gelegenheit den Song 'Disharmony' in dieser Form, wie er nun zu sehen ist, darzustellen, was wir schließlich auch reizvoller fanden, als noch ein Lied zu schneiden.

Björn:
Wäre es nicht logisch und sinnvoll gewesen, 'Another Day' und 'Changes' auch auf die DVD zu bringen? Platz wäre doch genug gewesen?

Sonja:
Alle Setlisten unterstreichen ein bestimmtes Thema bzw. bauen eine spezielle Handlung auf. 'Another Day' und 'Changes' waren für den Handlungsablauf nicht so entscheidend, weshalb es leichter war, eben diese Songs wegzulassen.

Björn:
Mein einziger Kritikpunkt an "Disharmony - Live!" ist schließlich auch die geringe Spielzeit von gerade mal 75 Minuten - ziemlich wenig für das Medium DVD. Wie denkt ihr darüber?

Thomas:
Ich gebe dir prinzipiell recht, nur darf man auf keinen Fall vergessen, dass es sich bei "Disharmony Live" um eine Low-Budget-Indie-Produktion gehandelt hat, was einfach gewisse Grenzen setzt. Zum Beispiel wäre das Authoring für eine DVD-9, einem Format mit längerer Spielzeit als 74 Minuten, um ein Vielfaches teurer gewesen als für eine "normale" DVD. Wenn wir ein grenzenloses Budget gehabt hätten, dann hätten wir die DVD noch wesentlich fetter gemacht, nur mussten wir bei "Disharmony Live" eine Gratwanderung zwischen künstlerischer Aufopferung und finanziellem Selbstmord zustande bringen, was uns denke ich auch sehr gut gelungen ist, und die Reaktionen unserer Fanbase sprechen dafür.

Björn:
Hat es denn zu dieser Zeit nicht mehr Material gegeben, um die DVD quantitativ aufzuwerten?

Thomas:
"Disharmony Live" ist ein in sich geschlossenes und abgeschlossenes Konzept. Es wäre von einem künstlerischen Standpunkt mehr als falsch gewesen, jetzt aktuelles Material mit drauf zu packen.

Björn:
DVDs werden mittlerweile immer mehr zum Standard einer jeden guten Band. Was hältst du persönlich von den digitalen Silberlingen?

Thomas:
Ich bin ein großer Fan von DVDs, nur ist die Anzahl der qualitativ hochwertigen Musik-DVDs leider noch sehr gering. Als Ersatz für die gute alte Videokassette hat es eh schon überall Einzug gefunden, auch bei mir.

Björn:
Und inwiefern werden L'ÂME IMMORTELLE das Medium DVD in nächster Zeit noch nutzen?

Thomas:
Es gibt noch keine konkreten Pläne in dieser Richtung.

Björn:
Das Interesse an L'ÂME IMMORTELLE ist in den letzten Monaten unzweifelhaft enorm angewachsen. Gerade im Zuge des Erfolges von Bands wie NIGHTWISH und WITHIN TEMPTATION, die ja eigentlich rein musikalisch erst mal gar nicht so viel mit euch gemeinsam haben, seid ihr in den Mittelpunkt gerückt. Glaubst du auch, dass deren Erfolg eure Karriere zusätzlich angeschoben hat?

Thomas:
Sicher zeichnet sich ein gewisser Trend ab, der uns jetzt zu Gute kommt. Wie schon richtig erkannt, kommt diese Band aber aus einer ganz anderen Richtung. Wo die Wurzeln dieser Bands eher im Melodic/Power Metal zu finden sind, kommen wir mit L'ÂME IMMORTELLE ganz klar aus der Tradition elektronischer Acts wie WUMPSCUT, LEATHERSTRIP oder FRONT242, wobei auch ein gewisser Einfluss meiner Black-Metal-Vergangenheit nicht ganz zu verleugnen ist. So ähnlich diese beiden ausgesprochenen Acts auf den ersten Blick uns auch sein mögen, desto verschiedener sind sie bei genauerer Betrachtung.
Sowohl WITHIN TEMPTATION als auch NIGHTWISH legen großen Wert auf Bombast und eine klassische Inszenierung ihrer Musik mit "großen Elementen" wie Chor und Orchester. L'ÂME IMMORTELLE im Gegensatz dazu ist wesentlich straighter und fast intim im Konzept des Arrangements.

Björn:
Und was denkst du selber über diese beiden Bands?

Thomas:
Es ist nichts, was ich mir privat anhören würde.

Björn:
Ihr seid ja schon sehr lange keine Unbekannten mehr und habt seit Jahren eine treue Anhängerschaft. Trotzdem sind die Dimensionen, so denke ich, in den vergangenen zwölf Monaten größer geworden, besonders nach dem Single-Erfolg von 'Brennende Liebe'. Wie geht ihr mit diesem Erfolg um?

Thomas:
Es hat sich nicht wirklich so viel verändert, dass man von neuen "Dimensionen" sprechen könnte. L'ÂME IMMORTELLE ist in den letzten acht Jahren langsam und stetig gewachsen und auch der Erfolg von "Gezeiten" und der dazugehörigen Singles war nur ein weiterer logischer Schritt, der uns nicht überrascht hat.

Björn:
Und was erwartet ihr euch diesbezüglich von der näheren Zukunft?

Thomas:
Es wird demnächst die dritte Singleauskopplung aus "Gezeiten" geben, und wir schrauben schon wieder fleißig am nächsten Album.

Björn:
Ihr habt vor kurzem eine Tour zu "Gezeiten" gespielt. Wie ist die so verlaufen?

Thomas:
Die Tour verlief sehr gut, vor allem war es die erste Tour mit unserer neuen Live-Besetzung, was einiges schwieriger, aber auf jeden Fall auch viel interessanter machte. Live sind wir halt jetzt fast eine Rockband, und das ist gut so.

Björn:
Hat sich denn im Vergleich zu vorangegangenen Tourneen sonst etwas verändert?

Sonja:
Nein, bis auf die schon angesprochene Live-Band eigentlich nicht. Die Tour stand natürlich gänzlich im Zeichen von "Gezeiten", aber das versteht sich ja.

Björn:
Die Show auf der DVD dauert ja gerade einmal eine knappe Stunde. Ist das bei euch Standard oder steht ihr, auch rückblickend auf die gerade abgelaufene Tour, für gewöhnlich länger auf der Bühne?

Sonja:
Wie schon gesagt, zeigt die DVD auch nicht die gesamte Show.

Thomas:
Unsere Sets sind normalerweise immer zwischen 70 und 90 Minuten lang.

Björn:
Ich kann mir vorstellen, dass eine Menge neuer Fans in letzter Zeit hinzugekommen sind, die sich natürlich live eher aktuelle Songs wünschen, während eure "ältere" Anhängerschaft sich bei euren Konzerten auch viele alte Sachen wünschen. Wie löst ihr dieses Problem?

Thomas:
Wir sehen darin weder ein Problem noch eine Herausforderung. Es war bei LAI schon immer so, das die Setlist eine ausgewogene Mischung zwischen alten Klassikern und neuen Songs war, mit dem wir den Wünschen des Großteils des Publikums Rechnung getragen haben.

Björn:
Gibt es denn bestimmte Songs, die ihr immer spielen werdet?

Thomas:
'Life Will Never Be The Same Again' zum Beispiel spielen wir seit dem ersten Konzert 1997 jedes Mal und werden es wahrscheinlich auf beim letzten spielen. 'Bitterkeit' ist ein weiterer Song, der aus dem Live-Set nicht mehr wegzudenken ist.

Sonja:
Passend für die jeweilige Setliste versuchen wir auch immer ganz alte oder etwas unbekanntere Lieder einzubauen. Wie zum Beispiel 'Seelensturm', oder 'Silver Rain', diese Songs sind nun auf "Seelensturm" enthalten, aber zuvor waren sie nur schwer erhältlich … oder auch sehr schön: 'Die tote Kirche'.

Björn:
Das Interview, das wir hier gerade führen, wird in einem Magazin abgedruckt werden, dass sich in erster Linie dem Metal widmet. Ich würde L'ÂME IMMORTELLE jetzt nicht als Metal-Band bezeichnen, daher die Frage: Welchen Bezug habt ihr zu dieser Szene?

Thomas:
Dadurch, dass ich auch früher stark im Black Metal verwurzelt war, als dieser noch neu, frisch und "true" war, habe ich mit Bestimmtheit noch eine gewissen Affinität zur Szene, obwohl mit die Gothic-Szene wesentlich näher steht.

Björn:
Sind denn bei euren Konzerten auch typische Metalheads anzutreffen?

Thomas:
Bei unseren Konzerten findet man natürlich verstärkt ein Gothic-Publikum, doch sind auch immer wieder einige anderen Musikszenen zugehörige Individuen anzutreffen, darunter natürlich auch ein paar Metalheads.

Björn:
Gibt es im Metal-Bereich auch Sachen, die ihr euch privat anhört?

Thomas:
Definitiv die Black-Metal-Scheiben die mich früher schon begeistert haben, z.B.
- BURZUM "Hvis Lysett Tarr Oss", "Filosofem"
- DARKTHRONE "A Blaze In The Northern Sky"
- IMMORTAL "Diabolical Fullmoon Mysticism"
- MARDUK "Those Of The Unlight"
- DISSECTION "Storm Of The Light's Bane"

Sonja:
Hmm, na ja das wäre mir dann doch zu heftig, was ich ganz cool finde und auch gerne höre sind zum Beispiel Bands wie QUEENSRYCHE (die alten Sachen natürlich), TOOL, SAVIOUR MACHINE usw.

Björn:
Und wie würdet ihr die manchmal als engstirnig verschrienen Metalheads davon überzeugen, sich mal mit eurer Musik auseinanderzusetzen bzw. sie zu hören?

Thomas:
Ohren auf!

Redakteur:
Björn Backes

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