LORD OF THE LOST - Interview mit Gitarrist Pi

04.08.2025 | 15:00

Am 08.08.2025 veröffentlicht LORD OF THE LOST ein neues Album. Gitarrist Pi stand POWERMETAL.de Rede und Antwort zu "Opvs Noir Vol. 1", welches den Auftakt einer Trilogie darstellt.

Herzlich willkommen Pi. Vielen Dank, dass du uns die Möglichkeit für dieses Interview gibst. Fangen wir mal ganz vorne an. "Opvs Noir Vol. 1" heißt euer Album, das jetzt bald erscheint oder vielleicht, wenn das Interview rauskommt, schon erschienen ist. Euer Album davor hieß "Blood & Glitter", also Blut und Glitzer. Ist es jetzt völlige Absicht, dass nach Glitzer, was ja irgendwie nach Gloria und Glamour klingt, dann das schwarze Opus kommt? Also ist das eine bewusste Entscheidung oder ist das eher ein Zufallskind?
Naja, es ist schon eine bewusste Entscheidung. Jetzt gar nicht so, um auf Teufel komm raus zu sagen, wir müssen jetzt aber unbedingt mit diesem Glitzer-Scheiß brechen. Die Entscheidung für Glitzer ist damals einfach daraus entstanden, dass wir da einfach voll Bock drauf hatten. Danach entwickelte sich aber total der Bock auf Düsterkeit und ein melancholisches Album und ganz, ganz viel orchestrale, weirde, chorale Elemente.

Es soll heavy sein. Wir wollen Akkordfolgen aus dem Black Metal, ganz verrückte Moll-Akkordfolgen haben. Man könnte meinen, wir haben ein bisschen zu viel Tim Burton-Movie-Soundtracks und Danny Elfman gehört. Was wir gar nicht so viel gemacht haben, aber ein bisschen in die Richtung geht das schon. Also es war schon der Gedanke da und der Bock da, einfach etwas zu machen, was wir so vorher noch nicht gemacht haben. Wobei ich auch verstehen kann, dass viele Leute sagen, ihr seid zu eurer dunklen Seite zurückgekehrt. Ich verstehe, woher das kommt, aber ich würde das nur in Teilen bestätigen. 

PiJa, wir waren schon mal schwarz angezogen, das stimmt. Wir haben auch schon mal Orchester und so einen Kram verwendet und ja, das haben wir nicht für uns neu erfunden, das stimmt auch. Aber ich würde sagen, dass wir auf dem Album durchaus starke Entscheidungen getroffen haben. Zum Beispiel die Länge des Albums, die VÖ in drei Teilen, das sind Entscheidungen, die wir vielleicht vor fünf Jahren gar nicht getroffen hätten. "Opvs Noir Vol. 1" öffnet mit 'Bazaar Bizarre'. Das ist ein fast Sechs-Minuten-Song, der in vielen Teilen Prog-Metal ist. Super heavy, super weird, da sind diverse Tempo-Changes drin. Also es ist für einen Album-Opener ziemlich krude, wo man sich denkt: Das ist ja jetzt aber nicht die sanfte Einleitung in ein Album. Das ist mehr so, als würdest du die Kellertreppe runtergeschmissen. So wie im Schlaf, wenn du denkst, du fällst. Und du wachst auf und es ist immer noch ein Traum.

Es ist aber lustig, dass du sagst, dass es keine so ganz bewusste Entscheidung war. Weil es auf mich schon ein bisschen so gewirkt hat, als wäre der Album-Opener wirklich so der krasse Gegenentwurf zum "Blood & Glitter"-Opener. Der startet mit Piano und Gesang. 'Bazaar Bizarre' fängt ja dann direkt fast Black-Metal-mäßig mit Blastbeats an.
Ja, stimmt. Jetzt, wenn du das sagst, das ist schon sehr kontrastreich. Aber wir sind ja nicht in der Musik aktiv, um immer das Gleiche zu machen. Wir mögen es sehr, immer neue Dinge auszuprobieren. Ich würde es als Weg des geringsten Widerstands empfinden, wenn wir jetzt einfach auf der "Blood & Glitter"-Schiene bleiben würden, weil wir wissen: Oh, das funktioniert ja. Schön und gut, aber dann machst du das eine Weile und irgendwann hängt es dir halt wirklich nur noch zum Hals raus. Gar nicht, weil die Songs scheiße sind, aber weil du halt einfach künstlerisch irgendwann andere Bedürfnisse hast. Und es wird nicht interessanter, je öfter man es wiederholt. Deswegen braucht man da neuen Input, der dann zu neuem Output wird.

Kann ich voll nachempfinden, was du meinst. Es gibt, glaube ich, nichts Schlimmeres, als auf einen Stil festgelegt zu sein, aus dem man nicht ausbrechen kann. Es gibt ja bestimmt Bands, die dem Power-Metal-Bereich frönen, die genau dieses Problem wahrscheinlich haben werden. Dass sie sehr darauf festgelegt sind, dass sie eine bestimmte Stilistik bedienen müssen. Das hat LORD OF THE LOST ja eigentlich nie gemacht. Klar gibt es immer ein Grundgerüst, worauf die Musik fußt, aber ich glaube, wenn man sich drei Alben von LORD OF THE LOST rauspickt, kann man da sehr viel entdecken.
Das glaube ich auch. Klar, genau, wie du sagst, es gibt ein Grundgerüst, in der Musik, an dem man sich langhangelt und an der man die Band erkennen kann. Und bei uns ist das eben auch durch die Stimme. Chris' Stimme ist ja, würde ich jetzt mal behaupten, relativ markant. Da hört man schon sehr schnell: Ja, das ist LORD OF THE LOST! Da hängen dann noch ein paar andere Sachen mit zusammen, die das Ganze "zu uns" machen. Aber du hast auch recht, wenn du sagst, wir haben uns nie wirklich in nur einem Genre wohlgefühlt und uns dem angeschlossen und uns mit diesem quasi verheiratet. Seit jeher haben wir die Sachen aufgebrochen, das war auf eine Art lange irgendwie so ein bisschen zu unserem Nachteil, weil niemand uns so richtig einordnen konnte.

Bis wir dann dahin gekommen sind, dass man uns gar nicht einordnen muss, weil man auf eine gewisse Art nicht wirklich an uns vorbeikommt. Das heißt jetzt nicht, dass wir eine super riesige, ultra-wichtige Band sind. Es gibt so viele tolle Bands da draußen. Aber ich würde auch sagen, dass wir durchaus Daseinsberechtigung sowohl auf einem Wacken haben, als auch auf einem Wave Gotik Treffen, was grundverschiedene Festivals sind. Aber wir haben beide gespielt und wir haben in einem Jahr Wacken, Eurovision und eine Tour mit IRON MAIDEN gespielt, was auch vollkommen verschiedene Baustellen sind. Und BLÜMCHEN stand beim Wacken auch noch mit uns auf der Bühne. Ich kann verstehen, dass das Verwirrung aufwirft, aber: Das sind halt alles wir.

Das seid alles ihr, genau. Du hast es jetzt schon angesprochen, BLÜMCHEN stand mit euch in Wacken auf der Bühne. Ich selbst war leider nicht da, ich bin in dem Jahr nicht in Wacken angekommen. Das war ja das berühmt berüchtigte Schlamm-Wacken. Ich hatte mich sehr darauf gefreut, aber es hat nicht hingehauen. Aber BLÜMCHEN, Wacken und dann covert ihr 'The Look' von ROXETTE. War das so ein bisschen, dass man das auf Wacken dann auch noch darbietet, bewusste Provokation oder habt ihr gehofft, dass die Metal-Szene wirklich genau diese immer viel angesprochene Toleranz hat? Ich kenne genug Leute, die behaupten immer Metaller sind so ultra-tolerant und sobald es dann, keine Ahnung, um Schnittmengen mit Popmusik geht, ist die Toleranz ganz schnell vorbei.
Wir wollten jetzt nicht unbedingt super krass provozieren und allen den Mittelfinger zeigen, weil das ja auch irgendwie dumm wäre. Die Idee kam einfach so aus einem Witz. Wir fanden, BLÜMCHEN dazu zu holen, wäre eine lustige Idee, und eigentlich wollten wir erst nur 'Herz An Herz' in einer Metal-Version spielen. Das haben wir ja auch gemacht, nur eben mit 'The Look' zusammen. Es fühlte sich sehr danach an, als hätte das jeder abgefeiert.

Möchte ich nicht in Abrede stellen.
Ja, nachzuvollziehen auf YouTube. Magenta Musik hat es mitgebracht.

Auf DVD doch auch, oder? Oder gibt es den Song da nicht?
Auf DVD und Blu-Ray auch, ganz genau. Es war interessant, weil BLÜMCHEN selber noch nie auf dem Wacken war, für sie war das auch eine komplett neue Welt und wir haben sie den ganzen Tag eigentlich wie so ein Bandmitglied behandelt. Wir waren mit ihr bei den Interviews, waren zusammen im EMP Backstage Club Interview und auch bei Signing Session. Das war total schön und also auch eine Erfahrung, die man, glaube ich, nicht so oft hat.

Du hast es vorhin auch schon kurz mal angesprochen. Ihr habt ja am ESC teilgenommen. Hat euch das irgendwie spürbar etwas gebracht in irgendeine Richtung? Es gibt ja zwei Möglichkeiten: Entweder öffnet einem das ja doch die Tür für manche Leute, die eher andere Musik hören, aber merken, okay, so in Anführungsstrichen "Kacke" ist ja so düstere Musik gar nicht. Oder man vergrätzt sich ganz viele Leute, die Prinzipienreiter sind und sagen, nee, düstere Musik hat bei sowas nichts zu suchen. Also hat das irgendeinen spürbaren Impact bei euch hinterlassen?
Band hochJa, das hat es definitiv. Also du stehst bei so einer Show ja, abgesehen von den 12.000 Leuten in dieser Arena in Liverpool, noch vor 160 Millionen Leuten, die sich das am Fernseher reingezogen haben. Also stehst du vor sehr vielen Leuten. Dass das nicht jeder geil findet, ist klar. Aber dass es manche auch geil finden, das hat man auch gespürt. Und das haben wir ja danach bei Konzerten erlebt.

Das erlebt man jetzt beim Meet & Greet oder bei anderen Gelegenheiten, wo Leute auf einen zukommen und sagen: Ich kenne euch vom ESC. Es ist total schön, dass man auch nach 16 Jahren, die es LORD OF THE LOST schon gibt, dass man da nach wie vor sieht, boah, das war wirklich nochmal so ein Schritt nach vorn. Und diese Prinzipienreiter, von denen du sprichst, die wird es immer geben.

Klar.

Per se habe ich nichts gegen diese Personen, die können ja auch das gut finden, was sie wollen und auch nur das. Dann sind wir aber vielleicht nicht die richtige Band für diese Menschen. Wir haben auch Prinzipien, aber die berufen sich jetzt nicht darauf, dass wir nur in einem Kostüm rumlaufen dürfen und nur eine Form von Musik machen dürfen.

Das wollen wir nicht. Und dann ist das vielleicht einfach nicht so ein gutes Match. Aber es gab eben auch die Leute, die entweder auf uns gestoßen sind und uns gut fanden und dadurch auch härtere Musik entdeckt haben, oder die uns vielleicht nicht so gut fanden, aber dann trotzdem auch an andere Bands gelangten, wo wir halt einfach nur so eine Einstiegsdroge waren. Das ist auch vollkommen okay und das ist ja wichtig, gerade für eine Szene, die wirklich, auch wenn es riesige Bands gibt im Metal, voll nischig ist. Ja, auch global betrachtet schon. Dass wir da beim ESC auch für den Metal auftreten durften, ist viel wichtiger, als für Deutschland aufzutreten.

Das würde ich absolut unterschreiben und ich bin auch keiner dieser Prinzipienreiter, aber die kennt man natürlich und die gibt es überall und ich wäre da gedanklich bei dir, wenn jemand sagt: "das darf man nicht machen" - dann ist man selbst nicht der richtige Künstler für diese Art von Denke. Aber wir wollen ja gar nicht über Prinzipienreiter reden, sondern lieber über euer neues Album "Opvs Noir Vol. 1". Eine Trilogie ist angekündigt, drei Alben mit jeweils elf Songs, das klingt schon nach verdammt viel Planung. Heißt das, ihr habt schon 33 Tracks jetzt fertig und haut erstmal nur die ersten elf raus, oder ist das so eine künstlerische Maxime, dass man sagt, jedes Mal werden elf Songs komponiert?
Nee, wir sind komplett fertig. Wir haben auch den Großteil der Musikvideos schon gedreht.

Für alle drei Alben?
Ja, tatsächlich. Das war von Anfang an nicht unbedingt der Plan, aber wenn es auf dem Weg dann hinzukommt, dass alles so gut läuft... da war so wenig Plan am Anfang dahinter... wir haben gar nicht von vornherein gesagt, wir wollen eine Trilogie schreiben, wir brauchen 33 Songs. Da fällt man dann wahrscheinlich einfach nur unnötigem Druck zum Opfer.

So aktiv angefangen an dem Konzept zu arbeiten haben wir 2024 im Januar. Da haben wir dann angefangen, Songs nach diesem Konzept zu schreiben. Und haben das gemacht, in verschiedenen Gruppen, zu zweit, mal zu dritt, alleine Songs, mit verschiedenen Leuten, viel bandintern. Und an einem bestimmten Punkt haben wir gemerkt: Wir haben jetzt wirklich schon so über 20 Demos, die uns alle sehr gut gefallen und wo wir von keinem Song sagen, das ist jetzt eine B-Seite oder ein Magazin-Exklusiv oder sie wird weggeschmissen, der fühlt sich nicht nach dem Album an. Wir haben dann sogar 34 Songs geschrieben, einer ist rausgeflogen. Wir haben 33 Songs gemacht, von denen wir dachten, die sind es.

ChrisBeziehungsweise haben wir uns ab dieser Mittzwanziger-Marke gedacht, ein Album wird es nicht. Also eine Einzel-CD wird es nicht. Doppelalbum hatten wir schon. Dann bleibt uns eigentlich nur noch eine dritte CD dranzuhängen. Aber haben wir dann an so Sachen wie "Use Your Illusion 1" und "Use Your Illusion 2" gedacht? Das kann vielleicht GUNS 'N' ROSES  machen, das an einem Tag alles auf zwei Alben zusammen zu veröffentlichen. Aber das sind wir nicht und die Zeit ist das heute auch nicht mehr. Wir wollen, dass alle Songs auch irgendwie Aufmerksamkeit bekommen, weil wir die alle als sehr gut empfinden.

Wenngleich wir natürlich viel Spielraum hatten zum Experimentieren und auch Balladen und artsy Songs dazwischen haben. Aber wir empfanden es dann auch aufgrund einer eher schnelllebigen Zeit als richtig zu sagen, das fühlt sich einfach am besten an, wenn das in drei Teilen kommt. Das tut dann eben dieser Zusammengehörigkeit der drei Alben zum Glück keinen Abbruch, weil wir haben es als ein Album produziert.
Und zwar alle 33 Songs in der einen Recording Session, also in acht Tagen im Studio, Gitarrenaufnahmen, Drums oder was auch immer. Die Lieder wurden alle unter den gleichen Bedingungen gemischt, produziert, gemastert etc. Also es klingt alles nach "Opvs Noir" und es ist geil, wenn man das dann hinterher wie so ein Brotlaib zerschneidet. Das ist immer das gleiche Brot. Und es ist ein gutes Brot.

Ich habe das Album vorab ja schon hören dürfen und ich finde es auch sehr gut. Ich kann nichts Negatives davon berichten. Lass uns mal über einen Song kurz ein bisschen reden, den gab es auch vorab als Single. 'My Sanctuary' klingt einerseits wie eine Liebeserklärung an die schwarze Szene, weil es ja irgendwie darum geht, sich in Schönheit von Mollakkorden zu verlieren und dort seinen Zufluchtsort zu finden. Ist es jetzt als Liebeserklärung an die schwarze Szene gedacht oder ist das wirklich auch so ein Stück biografisch oder autobiografisch, dass man sagt, auf jeden Fall ist Musik und gerade traurige, also moll-lastige Musik etwas, wo man sich sehr schön drin fallen lassen kann?

My Sanctuary



https://www.youtube.com/watch?v=cFAtUezHtY4

Das finde ich schön, dass du das so interpretierst, weil als Liebeserklärung an die schwarze Szene haben wir es gar nicht interpretiert. Das heißt nicht, dass das nicht sein kann, denn letztendlich wissen wir auch, wo wir herkommen. Es ist eher die Aussage dahinter, dass man so Gelassenheit darin empfindet, dass man so eine Düsterkeit in sich hat und auch Abgründe in sich hat. Dass es sich aber lohnt, die zu kennen und auch zu verstehen und von denen zu lernen. Sobald man diese dunklen Seiten kennt, kann man sich dann auch sehr gut mit denen auseinandersetzen und auch mit ihnen leben. Das war eher der Gedanke, aber das Schöne an Kunst ist, wie Leute das hören und immer anders wahrnehmen.

Es ist immer anders und niemand hört einen Song genau wie jemand anderes. Das finde ich sehr schön. Deswegen wurde 'My Sanctuary' auch die erste Single, da es eine schöne Überleitung in diese Welt von "Opvs Noir" darstellt, man kriegt so einen leichten Vorgeschmack. Mit der zweiten Single 'I Will Die In It' bekam man dann eben schon das volle "Opvs Noir"-Brett dargeboten. Dieser Song hat für mich in kleineren Dosen eigentlich auch alles, was "Opvs Noir" ist, also in Single-artigeren Dosen als jetzt der Album-Opener 'Bazaar Bizarre', wobei der auch noch als Single ausgekoppelt wird.

I Will Die In It



https://www.youtube.com/watch?v=SQI1HKn31Q4

Jetzt habe ich gerade den Faden verloren, was ich eigentlich fragen wollte.
Du warst bei 'My Sanctuary', schwarze Szene, dunkle Abgründe, sich darin wohlfühlen.

Stimmt, aber darum ging es gar nicht so sehr. Genau, jetzt weiß ich es wieder. Also ich weiß, was du meinst. 'My Sanctuary', hätte ich gesagt, klingt schon wie so ein klassischer Track von LORD OF THE LOST, den man in leicht abgewandelter Form schon mal gehört hat. Vielleicht sowas wie 'Dry The Rain'. Das geht so ein bisschen in diese Schiene, hätte ich gedacht.
Ja, ich verstehe, was du meinst. Der Song selber klingt für mich auch total nach uns - nach einer Seite von uns. Der ist absolut das, was für "LORD OF THE LOST" ein Popsong wäre auf eine Art. Ganz wertvoll, ich liebe Popsongs.

Ich verstehe schon, was du meinst. Würde ich ganz genauso sehen. Aber ihr habt ja auch durchaus ganz andere Brecher auf dem Album. Über den Opener haben wir jetzt ja schon mehrfach kurz gesprochen. Dann habt ihr ja mit 'Moonstruck' einen Song, wo euch STIMMGEWALT (Anm.: Eine A-Capella Gruppe aus Berlin) gewaltig unterstützt. Dazu mal folgende Frage: Songs, bei denen man Kollaborationen mit anderen Künstlern hat, sind das Sachen, die hinterher auch live reproduzierbar sind oder denkt man über sowas im Moment des Komponierens gar nicht nach? Weil, wenn ich mir einen fetten mehrstimmigen Chor dazu hole und darüber halt die Wirkung des Songs aufbaue, werde ich diesen fetten Chor ja entweder gar nicht auf der Bühne haben oder ich muss ihn vom Band laufen lassen. Also ist das irgendeine Limitierung, über die ihr euch Gedanken macht oder heißt es im Studio wirklich "No Limits" und ab geht die wilde Fahrt?
Meistens heißt es "No Limits", aber die Essenz des Songs muss immer auf der Bühne einfach reproduzierbar sein. Das ist ganz klar. Wenn du eine Komplett-Playback-Show machen musst, damit der Song irgendwie ansatzweise wirkt, ist das schwierig. Aber bei sowas und auch bei Feature-Gästen generell ist ja vollkommen klar, dass wir nicht immer jeden Feature-Gast dabeihaben können. Die Vocals von STIMMGEWALT im Fall von 'Moonstruck' müssen vom Band kommen, weil wir auch nicht genug Leute in der Band sind, um das irgendwie zu singen. Das ist in dem Fall so, wobei es sicherlich auch Möglichkeiten geben wird, das mal zusammen zu machen.

Beim Lordfest vielleicht?
Vielleicht. Wobei es dann auch andere Sachen gibt, wie zum Beispiel den Song mit TINA GUO. Es spielt jetzt niemand auf der Bühne Cello, aber ich muss wirklich sagen, dass Benji die TINA GUO-Parts vom Cello sehr gut auf die Gitarre adaptiert hat, was eine sehr große Challenge ist.

Ghosts, feat. TINA GUO 



https://www.youtube.com/watch?v=DdyW8tF7PBE

Ein Cello ist eine andere Herangehensweise als Gitarre.
Ja, und die TINA spielt auch nichts Unkompliziertes. Aber das wird dann auch so umgeswitcht, wie auch 'Light Can Only Shine In The Darkness', die Single mit WITHIN TEMPTATION, der Song funktioniert auch so live. Ohne Sharon jetzt zu sagen: Du bist egal. Der Song wurde quasi für sie gemacht, aber das geht auch live so, würde ich jetzt behaupten. Vielleicht finden den dann alle live scheiße, aber das bleibt noch herauszufinden.

CoverDas weiß man ja nie vorher. Eine Sache haben wir natürlich noch, das Cover vom Album ist jetzt ja sehr schlicht gehalten. Es ist ein Schlüssel auf schwarzem Grund. Was genau ist die Intention dahinter? Der Schlüssel zur schwarzen Welt oder interpretiere ich da wieder viel zu viel rein?
Der Schlüssel und auch das Artwork für die nächsten zwei Teile wurden zusammen geboren. Also da kommt dann der Trilogie Charakter sehr zum Tragen, weil der Schlüssel ist eigentlich der Start von der Kette von Ereignissen. Du hast diesen Schlüssel. Das zweite Symbol ist dementsprechend das Schloss und das von "Opvs Noir Vol. 3" ist ein sich öffnendes Tor und das kann man jetzt auf verschiedenste Arten und Weisen interpretieren.

Also grundsätzlich ist der Ablauf ziemlich logisch, aber wenn man da jetzt was rein interpretieren will, dann ist da dieser schwarze Grund, es könnte eben genau diese Dunkelheit und Düsternis sein, von der wir immer sprechen, die man kennenlernen möchte. Es braucht einen Schlüssel, um diese zu öffnen. Das kann das Album sein, das können die drei Alben sein. Grundsätzlich sieht dieser romantische Schlüssel auch sehr schön aus und es ließ sich sehr gut mit diesem Opvs Noir Schriftzug verpacken. Aber also deine Interpretation ist definitiv nicht abwegig.

Okay, das freut mich. Ein weiteres Feature, das ihr auf dem Album habt, ist der Song 'Lords Of Fire' mit FEUERSCHWANZ. Das ist jetzt eine sehr interessante Angelegenheit, weil das klingt wirklich ganz genauso, als würde man LORD OF THE LOST und FEUERSCHWANZ vermischen. Das ist echt hohe Kunst, finde ich.
Dann haben wir alles richtig gemacht. Das war das Ziel.

Lords Of Fyre 



https://www.youtube.com/watch?v=eJnlT_7YWmg

Ja, aber ich glaube, du kennst das: Es gibt ja oft Sachen, wo Künstler zusammenarbeiten und dann klingt es entweder mehr nach dem einen oder nach dem anderen, aber hier mit den Stimmen vom Hauptmann und von Hoodie zusammen mit Chris und dann auch durch die ganze Arrangierarbeit, die dahintersteckt, wirkt es wirklich wie ein Konzentrat von beiden Bands. Ist das eher so ein Marketing- oder PR-Gag, weil ihr ja auch gemeinsam auf Tour geht? Oder ist das wirklich so eine organische Geschichte nach dem Motto, hey, wir liegen auch irgendwie auf einer Wellenlänge und wenn wir zusammen musizieren, kommt da was Geiles bei raus?
Also ich glaube, wenn es die Wellenlänge nicht geben würde, dann würde der Song nicht so ineinander greifen oder die Bands nicht ineinander greifen. Das ist auch mit sehr viel Arrangement-Arbeit und Know-how verbunden, das ist klar. Aber da muss allein schon auch die Ego-Freiheit bestehen, dass man das als "alle sind 100% vertreten, aber trotzdem Kompromiss und irgendwie versucht man es zu verheiraten"-Ding machen kann.
Abgesehen davon, natürlich ist das auch ein PR-Instrument für eine "Lords Of Fire-Tour", die wir im Oktober machen. Aber einfach nur eine Tour zusammen ankündigen, das macht jede Band immer. Aber die wenigsten machen einen Song zusammen und wir empfanden das als direkt auch ein gutes Zeichen für die Tour, dass man den Leuten sagt: hey, das passt, guck mal. 

Und die Meinung vertrete ich auch, das passt schon ziemlich gut und abgesehen davon, wir verstehen uns alle sehr gut. Ich glaube, es wird eine sehr witzige Tour. Ich bin gespannt, im Oktober geht's los.

Es hat ja noch eine Neuerung bei euch gegeben. Euer neues Album habt ihr zum ersten Mal als Sechs-Personen-Band aufgenommen. Hat mich ein bisschen überrascht, weil es überall sonst ja eher so ist, dass Bands immer mehr mit Gastmusikern unterwegs sind, oder, auf Backing Tracks zurückgreifen wie POWERWOLF, die Band ist ja sogar permanent ohne festen Bassisten unterwegs und lässt den Bass vom Band kommen. Ihr habt jetzt ganz bewusst noch eine sechste Person ins Band-Gefüge geholt. Ist das nicht eine unglaubliche Herausforderung auch, also in einem bestehenden Gefüge, jemanden fest zusätzlich hinzuzunehmen?
Ja, das Ding ist: Benji, der jetzt bei uns auch Gitarre spielt und Synthesizer und auch Backing-Vocals mitmacht, ist bereits seit 2018 auf die eine oder andere Art im Gefüge von LORD OF THE LOST. Wir haben schon alles mit ihm gemacht, er war halt vorher in der Crew, hat seit 2020 an Songs und an Alben mitgearbeitet und geschrieben. Und dadurch, dass unsere Songs und generell unsere Produktionen nicht weniger aufwendig werden... abgesehen davon war es einfach so eine Bauchgefühlsentscheidung: Es wäre total geil, eine zweite Gitarre permanent auf der Bühne zu haben. 

Band querKlar, Chris hat auch hier und da immer mal Gitarre gespielt, aber es ist was anderes, als wenn man einen festen zweiten Gitarristen hat, der aber auch in Teilen hier noch Synthesizer-Parts übernehmen und singen kann. Das wertet das Ganze auf, das wertet die Band auch selber auf. Allein für mich als Gitarrist macht das sehr viel Spaß, einen zweiten Gitarristen dabei zu haben. Man kann Dinge auch nochmal neu aufteilen - das ist schon alles sehr schön und abgesehen davon, dass Benji ein guter Musiker ist, ist er auch ein guter Mensch und das ist das, was immer als erstes kommen muss, jedenfalls für uns, wenn es nicht einfach nur Geschäftsbeziehungen und Bezahlung sein soll, sondern ein Bandgefüge. Eine Band ist halt auch immer eine echt komplexe Beziehung, die man führt, da ist es ganz gut, wenn man die Grundvoraussetzungen passend hält.

Du hast jetzt so lapidar gesagt, für dich als Gitarrist ist es geil, wenn es einen zweiten Gitarrist gibt, ich glaube, da gibt es aber Gitarristen, die da ganz anders ticken würden, die sagen, du bist so bescheuert, ich will doch ja nicht jemanden, der mir die Solos klaut oder so.
Ach so, nö. Da hatte ich jetzt nicht so das Empfinden, also ich spiele die Soli, die ich schon immer gespielt habe, ganz viele neue Soli spielt Benji, was auch toll ist, so in Zukunft spielt die Person das Solo, die es geschrieben hat, also auch da relativ simpel.

Ich glaube dir das auf jeden Fall, aber ich glaube, du weißt, was ich meine. Es gibt Leute, die sind...
Ja, du kannst auch ein voll fettes Ego haben und sagen, ich bin hier der Gitarrist und du spielst auch Gitarre, ja, aber ich bin schon länger dabei und ich stehe hier vorne, du stehst da hinten. Aber so ist es halt bei uns nicht. Ich habe mich sehr gefreut, auch weil ich ganz persönlich glaube, dass das LORD OF THE LOST sehr gut steht, dass Gitarren präsent sind.

Light Can Only Shine In The Darkness, feat. WITHIN TEMPTATION



https://www.youtube.com/watch?v=WRLmbULWDhY

Das ist ja wahrscheinlich auch in Summe für alle Beteiligten eine Entlastung, weil eine Person mehr fängt ja auch wesentliche Aspekte auf und es ist ja sicherlich auch ein Statement eurerseits nach dem Motto: Wir möchten unsere Sachen live repräsentieren können und mit dem zusätzlichen Menschen da, der Gitarre und Backing-Vocals und Synthesizer bedient, ist es ja auf jeden Fall sehr viel mehr umsetzbar, ohne dass man doch noch ein paar mehr Backing-Tracks am Ende abrufen muss. Ich bin auch ein großer Fan davon, wenn auch Leute auf der Bühne stehen und ihre Sets spielen und nicht permanent irgendwie das halbe Orchester und diverse Instrumente im Hintergrund eingespielt werden.
Irgendwann will ich auch mit einem vollen Orchester live auf der Bühne stehen, aber bis dahin kommt erstmal die Tour im Oktober. "Opvs Noir Vol. 1" kommt im August und die beiden anderen Volumes am 12. Dezember 2025 und am 10. April 2026.

Vielen Dank, dass du dir die Zeit genommen hast und hast du noch ein paar abschließende Worte für die Leser von POWERMETAL.de da draußen?
Danke, dass auch wir bei POWERMETAL.de stattfinden dürfen. Wir sind vielleicht keine Power-Metal-Band, aber ich glaube, die Leserinnen und Leser finden auch Gefallen an uns und wir sehen uns auf Tour. Wir haben viel vor.

Ich bin sehr gespannt. Vielen Dank, Pi, und viel Erfolg bei allem, was ihr da vorhabt.
Dankeschön. Bis dann.

Bis dann. Ciao.


Photocredit: VD Pictures

Redakteur:
Maik Englich

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