In der Gruppentherapie: SACRIFICE - "The Ones I Condemn"

20.01.2010 | 19:40

SACRIFICE legen mit "The Ones I Condemn" eine Thrash-Abrissbirne par excellence vor. Sagen zumindest unsere Haus- und Hof-Thrasher. Doch auch der Rest der Redaktion bangt anerkennend mit dem Kopf, wie unsere Gruppentherapie und Platz zwei im Januar-Soundcheck beweisen.


In einem bärenstarken Thrash-Monat erklimmen die New Yorker in Grün die höchste Stelle des Siegertreppchens unseres Soundchecks und direkt dahinter, auf der zweiten Stufe landen die Kanadier von SACRIFICE, die geschlagene sechzehn Jahre nach "Apocalypse Inside" mit einer zünftigen Reunion und ihrem fünften Studioalbum "The Ones I Condemn" zurück sind und mich damit noch mehr beeindrucken als die Erstplatzierten. Es handelt sich um eine Rückkehr die in dieser Intensität und in dieser Klasse aber auch wirklich keiner erwartet hätte. Die außerhalb der engsten Thrasher-Kreise meist auf sträfliche Weise übersehenen Frühwerke dieses durchaus technisch agierenden, aber nicht überambitionierten Abrisskommandos finden in diesem Fünftling mehr als nur einen würdigen Nachfolger, welcher der Band keine Schande macht, sondern ein wirkliches Comeback auf Augenhöhe mit der Vergangenheit. Hier bekommt ihr noch fiese Vocals ohne Effekte und gewollt psychotischen Anstrich, sauber durchdachte Riffs und herrliche Leads ohne nutzloses Tieferstimmen, schädelspaltende Drumbeats ohne neometallischen Groove und klinische Produktion. Einfach bedingungslos dreschende Urgewalt mit Anspruch und ohne kitschige Klischees. Wem die großen Namen des Thrash Metals zu kalkuliert, zu steril oder zu routiniert geworden sind, der kommt bei SACRIFICE voll auf seine Kosten. Eine rundum großartige Scheibe!

Note: 9,0/10
[Rüdiger Stehle]

Ich gehöre offensichtlich nicht in den engsten Thrasher-Kreis, sind doch die frühen Alben der Kanadier von SACRIFICE komplett an mir vorbeigerauscht, so dass ich keinerlei Erwartungshaltung an "The Ones I Condemn" habe. Um so größer die Überraschung, als mich die ersten Riffsalven treffen und mir Sänger Rob Urbinati seine fies-giftigen Vocals entgegenschleudert. Geiles Teil. Die Gitarrenarbeit von Urbinati/Rico ist absolut treffsicher, dynamisch und voller exzellenter Riffs und Leads, die Produktion enthält den nötigen Dreck und die Songs sind durch die Bank auf hohem Niveau. Das einzige, was "The Ones I Condemn" meiner Meinung nach fehlt, ist die alles überragende Abrissbirne. So eine Art 'Strike Of The Beast' oder 'Raining Blood'. Ein Riff, ein Song für die Ewigkeit. Dennoch, wer auf ursprünglichen Thrash Metal steht, muss sich dieses Album zulegen. Daran kann kein Zweifel bestehen.

Note: 8,0/10
[Peter Kubaschk]

Thrash – old school as f**k. Also eigentlich gibt es zu dem Album weiter nichts zu sagen. Man könnte natürlich anführen, dass die Gitarrenmelodien an alte Glanztaten der großen Bay-Area-Zeit und speziell an die frühen POSSESSED erinnern, vor allem, wenn SACRIFICE Gas geben. Oder dass der brutale, aber trotzdem noch verständliche Gesang genau die richtige Mischung aus Power und dennoch latent vorhandener Melodie besitzt, um die Matte schwingen zu lassen und trotzdem gelegentlich mit einzustimmen. Dass die Produktion klar, aber dennoch altmodisch ist und nostalgische Gefühle aufkommen lässt, ohne dass der Hörer Abstriche beim Hörgenuss machen muss. Dazu die Tatsache, dass Abwechslung in Tempo und Rhythmik groß geschrieben wird, und man erhält ein Album, das mit beiden Füßen im klassischen Thrash steht, ohne zu verleugnen, dass die Pionierzeit des Thrash bald 30 Jahre her ist. Das ist sozusagen eine etwas melodischere Variante der Deutschen DEW-SCENTED, das als Gesamtwerk überzeugt. Cool, nichts Neues, aber lecker. Und: Thrash – old school as f**k.

Note: 7,5/10
[Frank Jaeger]

Eigentlich komisch, dass ich mich damals nicht für SACRIFICE interessiert habe. Stammt das Thrash-Quartett doch aus Kanada. Ein Fleckchen Erde, von dem viele meiner Lieblinge kommen. Muss am Ahornsirup in der Muttermilch liegen, dass die Musiker von dort beinahe allesamt zumindest sehr außergewöhnliche Musik machen. Irgendwann habe ich mal in die hoch gelobte "Forward To Termination" aus dem Jahr 1987 hinein gehört und konnte mit dem zweitklassigen SLAYER-Abklatsch nicht sonderlich viel anfangen. Insofern war meine Erwartung an ein neues Album der Jungs nicht sonderlich hoch. Umso erstaunter bin ich also das ausgerechnet dieser Rundling mein Monatssieger geworden ist. Und der Monat war nicht besonders schlecht. Selbst die Konkurrenz aus den eigenen Reihen namens OVERKILL, die mit "Ironbound" ein mehr als ordentliches Geschoss im Halfter haben, wird von der urwüchsigen Brutalität dieses Silberlings in die Schranken gewiesen. Auf "The Ones I Condemn" regiert ein gnadenlos brachiales Gitarrengemetzel und gepaart mit unglaublich einprägsamen Hooks. Man nehme nur 'Give Me Justice' als exemplarisches Beispiel und weiß, wie Thrash der alten Schule im neuen Millennium zu klingen hat: bösartig, mitreißend und gleichzeitig durchdacht. Das spritzen die Adrenalinschübe in ekstatischer Weise aus den Boxen und lassen jeden Stromgitarrenfanatiker mit der geballten Faust durch die Bude zappeln. Ich hoffe, davon gibt es demnächst noch ein paar Nachschläge.

Note: 9,0/10
[Holger Andrae]

Es knistert – schon wieder Thrash. Diesmal aus Kanada. Diesmal Bandrückkehr. "The Ones I Condemn" beginnt nach dem Intro 'We Will Prevail', das die Beseitigung dieses zu einem der erbärmlichsten Musikklischees verkommenen Programmpunkts einmal mehr auf die To-do-Liste setzt, zähnefletschend und bleibt zähnefletschend. Und zähnefletschend. Aber nicht prollig. Es gibt vieles, wogegen man sein kann und muss. 'Ultimate Power Corrupts'. Natürlich. Das ist schon etwas und lässt HIRAXs "El Rostro De La Muerte" oder WHIPLASHs Seniorenröcheln "Unborn Again" noch kleiner erscheinen, als sie es ohnehin sind. Aber die Meilensteine wurden bereits zementiert. Schon lange muss nichts mehr angestoßen werden; viel wichtiger ist es, nicht zu scheitern und zumindest überzeugend darzulegen, dass man kein Überbleibsel aus der Vergangenheit ist. Diese Aufgabe lösen SACRIFICE gut. Und auch wenn ihre neuen Songs keine Superlative rechtfertigen und auch keinen beliebig ausgewählten Genre- oder "Soldiers Of Misfortune"-Höhepunkt im Ansehen überholen werden, so strahlen sie zumindest keine Minderwertigkeit aus. In einige der Riffs wurde Zeit investiert; das erstbeste Geschrubbe ist durch das Qualitätsraster gefallen – oder von Rob Urbinati zu den zweitausend anderen Bands gebrüllt worden, die zuletzt etwas vom Kuchen abhaben wollten. Dies wird zwar zu weiteren Alben führen, auf die niemand zitternd wartet, aber das ist nicht das Problem der Kanadier.

Note: 7,0/10
[Oliver Schneider]


Die Einzelreview von Martin Loga sollt ihr natürlich auch lesen.

Redakteur:
Peter Kubaschk

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