IN BLACKEST VELVET: Interview mit Tobias Bruchmann

16.09.2005 | 18:04

Ganz schön dreist: Kaum war das Review zur neuen, in Eigenregie veröffentlichten, Scheibe von IN BLACKEST online, flatterte auch schon eine Anfrage von Bassist Tobias Bruchmann in meinen virtuellen Briefkasten, ob ich nicht Lust auf ein Interview hätte. Aber da "InSuiSight" ein schönes Stück schwedisch gefärbter Melodic Death Metal ist, wurden wir uns schnell einig. Glücklicherweise sind die Jungs vom Niederrhein nicht mal halb so arrogant, wie sie auf den ersten Blick wirken, und haben endlich wieder den nötigen Ehrgeiz, sich nach dem bei einem Sub-Label von Prophecy erschienen Debüt "Edenflow" und einem Drei-Track-Demo aus dem Jahr 2004 nach einem neuen Deal umzusehen. Zum großen Glück fehlt ihnen außerdem ein neuer Schlagzeuger, um auch die Bühnen dieser Welt erobern zu können. Hoffen wir mal, dass ihnen diese beiden Wünsche bald in Erfüllung gehen - und wenn ich die gute Fee wäre, würde ich als dritten Wunsch sogar noch den großen Durchbruch oben draufpacken...

Elke:
Wenn man über Google nach eurer Homepage sucht, bekommt man als Beschreibung zum Link folgenden Text: "Official website of one of the most innovative and important representatives of the Melodic Death Metal scene in Germany". Klingt das nicht etwas zu arrogant?

Tobias:
Stimmt, das klingt arrogant. Ich habe den Text auch nicht geschrieben. Aber wir sind nicht arrogant, keiner von uns - eher schüchtern bis total durchgeknallt.

Elke:
Überhaupt strotzt eure Bio nur so vor leicht übersteigertem Selbstbewusstsein. Habt ihr es denn nötig, solch große Töne zu spucken?

Tobias:
Wir haben es auf der einen Seite nötig voranzukommen, weil wir keinen Deal mehr haben und mit der Band noch etwas erreichen und natürlich auch wieder einen Deal finden möchten. Von nötig oder unnötig möchte ich aber sonst nicht reden, vielleicht sagen andere, die sind ja wirklich so geil. Natürlich ist unsere Bio etwas überzogen, aber meiner Meinung nach auch schon wieder so sehr, dass man drüber lachen kann.

Elke:
Eure erste CD "Edenflow" erschien noch bei einem Sub-Label von Prophecy. Warum steht ihr jetzt wieder ohne Plattenvertrag da?

Tobias:
Dieses Sub-Label hieß Sturmesflügel, wo auch noch eine Hand voll mehr Bands unter Vertrag standen, aber ich kann dir nicht sagen, was daraus geworden ist. Der Vertrag war von Anfang an nur auf eine CD ausgelegt. Danach hatte sich die Zusammenarbeit für uns erledigt.

Elke:
Euer derzeitiger Sänger, Christian Müller, ist ja erst nach der ersten CD zu IN BLACKEST VELVET dazugestoßen. Warum habt ihr es für notwendig befunden, einen zusätzlichen Sänger zu engagieren?

Tobias:
Der Sängerposten war bei uns nie wirklich belegt. Für "Edenflow" hat unser Keyboarder Damian den Job kurzfristig übernommen. Zuvor war er Gitarrist bei IN BLACKEST VELVET, bis Piotr Kowalski zu uns stieß, und hat auch bei anderen Bands Gitarre gespielt. Ein kleiner Teil des Gesangs stammte außerdem von mir, Markus Stock von EMPYRIUM und heute auch THE VISION BLEAK hat einige Parts eingesungen, und unser Gitarrist hat ein Intro gesprochen.
Mit Christian habe ich bei NIGHT IN GALES schon länger zusammen Musik gemacht und er war für uns die beste Wahl, weil Damian nicht wirklich als Sänger fungieren wollte und jetzt hauptsächlich die Effekte und elektronischen Elemente hineinbringt. Er ist von Haus aus eher der Techniker, der auch andere Bands abmischt und sich mit den Synthie-Sachen auseinandersetzt. Er ist auch kein festes Mitglied, das heißt, wir spielen niemals mit Damian live und streuen auch keine Samples vom Band ein, weil die Effekte auf der CD live nicht wirklich notwendig sind, da sie die Songs nicht wesentlich verändern, sondern einfach nur mehr Atmosphäre auf die CD bringen. Studioarbeit ist bei uns immer etwas ganz anderes, als wenn wir mal live spielen, und der Schwerpunkt lag auch nie auf den Keyboards, sondern eher auf handgemachter Musik.
Christian ist seit 2001 dabei und hat auch das Demo eingesungen, das wir letztes Jahr verschickt haben.

Elke:
Was ist in den drei Jahren zwischen "Edenflow" und dem 2004 veröffentlichten Demo bei euch so passiert, und warum diese lange Funkstille?

Tobias:
Wir sind daran selbst schuld. Unser Schlagzeuger verlor immer mehr seinen Enthusiasmus und hatte kaum noch Lust auf Konzerte. Geprobt haben wir vielleicht ein Mal im halben Jahr. So funktioniert keine Band, die etwas erreichen möchte. Wir haben in der Zwischenzeit ständig neue Songs geschrieben, so dass wir sofort ein neues Album einspielen könnten, wenn wir einen neuen Vertrag angeboten bekämen. Wir haben 15 Songs in petto, von denen fünf auf der aktuellen EP "InSuiSight" enthalten sind, wobei ich nicht ausschließen möchte, dass ein Teil davon mit kleinen Veränderungen auch auf dem nächsten Album nochmals Verwendung finden wird. Einzelne Bandmitglieder hatten in der Zwischenzeit außerdem noch andere Projekte oder Bands laufen, die uns zusätzlich aufgehalten und abgelenkt haben oder mit denen man wie in meinem Fall auch mal unterwegs war. So verging die Zeit, und es ist uns selbst nicht so aufgefallen. Bis zum letzten Jahr, wo wir beschlossen, uns mal wieder um einen Deal zu kümmern, und eine Demo-CD mit drei Songs aufgenommen haben. Die haben wir an verschiede deutschen Magazine und Websites verschickt und recht gute Kritiken bekommen. Zusammen mit den Kritiken haben wir das Demo dann an diverse Labels verschickt. Ich muss dazu sagen, auch wenn das jetzt wieder zu unserem angeblich arroganten Image passt, dass wir bisher nur die großen Labels angeschrieben haben, weil wir mit Sturmesflügel bzw. Prophecy schon einen guten Einstieg hatten. Bevor wir also bei einem Underground-Label weitermachen, dachten wir, dass wir genauso gut das nächste Album vorfinanzieren und dann an die Plattenfirmen loswerden könnten. Das hat leider nicht funktioniert, die größeren Labels hatten alle kein Interesse. Mit "InSuiSight" werden wir uns überall bewerben, damit wir demnächst wieder auf ein Label und einen vernünftigen Vertrieb zählen können. Ich denke, da geht noch einiges bei uns, man kann sich ja immer noch steigern, und das ist ja das Schöne an der Sache.

Elke:
"InSuiSight" ist für eine Eigenproduktion sehr professionell gemacht. Habt ihr sie komplett selbst finanziert?

Tobias:
Ja, wir haben einen kleinen Teil der Kosten aus der Bandkasse finanziert und den Rest zusammengeschmissen. Wir sind gerade dabei, die Kritiken zu sammeln und werden uns wie gesagt dann nochmals bei den Labels bewerben. Vielleicht will ja jemand die Scheibe in den Vertrieb nehmen und verkaufen. Es sieht bisher ganz gut aus, weil die Kritiken noch besser ausgefallen sind als bisher und das Interesse viel größer ist, weil wir mehr Promotion machen. Wir haben zum Demo beispielsweise so gut wie keine Interviews gegeben, uns aber auch nicht wirklich drum gekümmert. Das ist jetzt anders. Wir versuchen, mit guter Promotion-Arbeit ohne Label in der Szene unseren Namen zu verbreiten, so dass sich vielleicht allein dadurch ein Label für uns interessiert.

Elke:
Bekommt ihr die Kosten für die Produktion überhaupt wieder rein?

Tobias:
Ohne Konzerte verkauft man leider viel zu wenig. Allein über die Homepage läuft da nicht viel. Wir haben Flyer-Aktionen gemacht und werden noch eine weitere folgen lassen. Aus Zeitgründen haben wir es leider noch nicht geschafft, Vertriebe anzuschreiben, aber das machen wir gleichzeitig, wenn wir die Labels bemustern, und hoffen, dass wir in dem Bereich dann Unterstützung bekommen. Solche Sachen sind aber glaube ich normal. Man muss einfach viel mehr selbst machen, wenn man kein Label hat, und die Label-Arbeit quasi übernehmen. Wir sind da auf einem recht guten Weg, haben aber leider zu wenig Zeit, alles umzusetzen, was uns so vorschwebt. Mir persönlich geht es so, dass ich am liebsten alles auf einmal fertig machen würde, damit es vom Tisch ist. Aber wir müssen erst auf die Kritiken warten und dann die Zeit finden, sie zusammen mit der CD an die Labels zu verschicken. Wir sind halt auch alle berufstätig und haben nebenbei unsere anderen Sorgen.

Elke:
Wer hat das tolle Booklet entworfen, das ebenfalls sehr professionell wirkt?

Tobias:
Das hat Markus Zeitz, der Gitarrist von VERMIS, gemacht, bei denen ich mal kurz gespielt habe. Dadurch kam der Kontakt zustande. Wir fanden die Sachen, die er für andere Bands gemacht hat, schon sehr geil. Er macht das eher hobbymäßig. Dadurch haben wir aber viel Geld gespart und trotzdem ein sehr gutes Layout. Wir bekommen viel Lob dafür, was uns auch besonders freut, zumal wir für IN BLACKEST VELVET nie so ein gutes Cover hatten. Das Demo kam gänzlich ohne heraus, da habe ich nur die Wallpaper der alten Webseite und unser Logo und die Songtitel verwendet. Auch das Cover für "Edenflow" ist in Eigenregie entstanden, obwohl wir ein Label hatten, aber wir haben alles Geld fürs Studio ausgegeben. Das war dann auch nicht wirklich schön, alles schwarz-weiß und relativ schlicht gehalten. Obwohl es zu der Zeit sehr gut zur Musik gepasst hat. Aber das Cover von "InSuiSight" ist doch eine Klasse besser. Ich sehe schon Probleme, diesen Standard beim nächsten Album zu halten.

Elke:
Was hat es mit dem Albumtitel auf sich, der offenbar ein Wortspiel enthält?

Tobias:
Der Titel des Artworks hieß "virtual insight", aber das fanden wir nicht sehr passend für uns. 'Suicide Sun' zum Beispiel handelt von Selbstmordattentätern, und "suicide" und "insight" ergaben halt "InSuiSight". "Edenflow" war bereits ein Wortspiel, wir hatten schon immer Spaß daran. Die Demo hieß "Demo'ntrackstration". Wenn man über Google "Insuight" eingibt, bekommt man jetzt auch nur IN BLACKEST VELVET-Reviews.

Elke:
Um nochmals auf eure Bio zurückzukommen: Darin ist die Rede von "Tracks, die das Markenzeichen von IN BLACKEST VELVET verdeutlichen" oder dem "genialen und unverkennbaren VELVET-Style". Was denkst du, was euch aus der großen Masse der Melodic-Death-Metal-Bands besonders hervorhebt?

Tobias:
Ich denke, so wie wir auf "InSuiSight" klingt keine andere Melodic-Death-Metal-Band, zumindest keine, die ich bisher kenne. Wir versuchen, dieses Genre mit abwechslungsreichen Songs und außergewöhnlichen Momenten aufzufrischen, die andere Bands vielleicht gar nicht machen würden. Natürlich ist das alles noch ausbaufähig und wir sind noch in der Entwicklung. Auch auf dem nächsten Album werden wir wieder an unserem Stil arbeiten. Wir bekommen aber bereits häufig Kritiken, in denen drin steht, dass wir schon einen sehr eigenen Stil gefunden haben, was eigentlich das schönste Kompliment für einen Musiker ist, der mit seiner Musik versucht, in einem Genre, was ziemlich ausgelutscht ist, etwas Innovation hineinzubringen. Wie ich schon sagte, geht solch eine Entwicklung über Jahre und wird hoffentlich von Album zu Album für den Hörer zu spüren sein, damit man nicht auf einer Stelle stehen bleibt und nicht jede Scheibe gleich klingt. Das ist auch der Reiz daran, Musik zu machen.
Ich habe gestern ein Mail-Interview bekommen, wo in der ersten Frage drin stand: "Ich möchte zwar nicht unverschämt sein, aber im Melodic Death Metal ist doch eigentlich schon alles gesagt worden. Warum macht ihr überhaupt solche Musik?" Dazu kann ich nur sagen, die acht Noten werden nicht neu erfunden, aber in jeder Musikrichtung kann man noch versuchen, sich weiterzuentwickeln und eigene Trademarks zu finden. Oder man kopiert eine Band, aber das ist eigentlich nicht in unserem Sinn.

Elke:
Ihr sucht laut eurer Homepage immer noch einen Schlagzeuger. Hat sich schon jemand gemeldet?

Tobias:
Ja, da gibt es Erfreuliches zu melden. Es gibt zwei Interessenten, aber es ist noch nichts spruchreif. Sie spielen beide in Bands aus der hiesigen Umgebung. Wir hatten uns zwar in der Vergangenheit schon um einen Schlagzeuger bemüht, aber entweder hat es menschlich oder musikalisch nicht gepasst. Jetzt hat die bisherige Promotion-Arbeit für "InSuiSight" offenbar die Leute darauf aufmerksam gemacht, dass wir noch jemanden suchen. Nächste Woche treffen wir uns mit einem der beiden potenziellen Kandidaten. Wenn es menschlich passt, hoffe ich, dass wir bald eine positive Meldung herausbringen und auch endlich wieder live spielen können.

Elke:
Im Live-Bereich hapert es bei euch ja noch ziemlich.

Tobias:
Stimmt, wir hatten 2003 das letzte Konzert mit FINAL BREATH und DAWN OF DREAMS in unserer Heimatstadt und haben seitdem nicht mehr live gespielt. Mit einen Schlagzeuger steht und fällt die Band, und mit einer Drum-Maschine wollten wir nicht auftreten. Deswegen suchen wir händeringend einen Drummer, auch damit wir das nächste Album nicht wieder mit einem Session-Musiker aufnehmen müssen. Es ist nicht wirklich prickelnd, etwas aufzunehmen, was man hinterher nicht live vorspielen kann, weil man dann auch dieses Band-Gefühl nicht so hat. Obwohl die Studioarbeit uns durchaus Spaß gemacht hat, aber wenn man ein Album selbst finanziert, muss man im Studio ständig auf die Uhr kucken muss, weil Zeit Geld ist.

Elke:
Das war's von meiner Seite. Möchtest du noch was ergänzen?

Tobias:
Besucht uns auf unserer Homepage, wo ihr auch unsere CD kaufen und in Samples reinhören könnt. Wir sind außerdem auf Myspace unter http://www.myspace.com/inblackestvelvet vertreten. Die CD ist auch direkt bei mir erhältlich unter Tobias Bruchmann, Schlesierstraße 1, 46563 Voerde, E-Mail: contact@inblackestvelvet.de.

Redakteur:
Elke Huber

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