HOLOSADE: Interview mit Phil Brown

26.05.2021 | 12:42

Mit "Anastasis" veröffentlicht die britische Power/Thrash-Metal-Formation HOLOSADE dieser Tage ihr zweites offizielles Album. Der Name sollte aber dennoch einigermaßen ein Begriff sein, denn mit dem 1988 aufgelegten Debüt konnte das Quintett aus der im Nordosten Großbritanniens gelegenen Stadt Darlington doch einiges Aufsehen erregen. Zwar nicht unbedingt ausgiebig und lange, da 1991 der Bandbetrieb wieder eingestellt wurde, doch "Hell House" entwickelte sich dennoch zu einem durchaus respektierten und auch gesuchten Album.

Nicht zuletzt deshalb wurde der Erstling in der Zwischenzeit bereits in drei unterschiedlichen Versionen neu aufgelegt. Zuletzt 2020, vom ebenfalls aus dem UK stammenden Label Dissonance Productions. Ob zu diesem Zeitpunkt bereits klar war, dass uns nahezu exakt 12 Monate später endlich das zweite Langeisen der offiziell bereits 1985 gegründeten Band ins Haus stehen würde, weiß man zwar nicht so genau, ein Zusammenhang könnte aber durchaus bestehen.

Schließlich gab uns Bandmitbegründer, Sänger und längst einziges verbliebenes Originalmitglied Phil Brown, der seit den Anfängen das Pseudonym Phillip De Sade benutzt, im Interview auch einen Überblick über den zeitlichen Ablauf der Rückkehr von HOLOSADE.

 

Wann habt ihr euch dazu entschieden wieder als HOLOSADE an den Start zu gehen?

Paul Trotter und ich haben 2016 mit weiteren Musikern hier aus der Umgebung eine Band mit dem Namen ARMORTURA gegründet. Die Zusammenarbeit lief wirklich gut, und so kam es, dass wir 2018 ein Album aufgenommen haben. Dieses wurde unter dem Titel "Armortura" von Mighty Music aufgelegt. Es kam auch ganz gut an, doch einige Fans waren der Meinung, die Scheibe hätte viel von HOLOSADE. Das haben wir zunächst nur zur Kenntnis genommen, uns aber nicht weiter darum gekümmert. Überzeugender war da schon ein Gespräch mit dem englischen Nuclear Blast-Vertreter Mark Palmer.

Was hat er euch denn geraten?

Dass es viel einfacher für uns wäre, mit einem HOLOSADE-Banner im Hintergrund live aufzutreten als mit dem Namen ARMORTURA. Mark meinte, den früheren Namen kennen immer noch viele Metal-Heads, und es wäre schade um den Ruf. Dass in diesen Tagen "Hell House" eine weitere Neuauflage erfahren hatte, spielte uns natürlich perfekt in die Karten. So kam es, dass Paul, ich und Adam Ironside, der zweite Gitarrist von ARMORTURA, seit 2019 wieder als HOLOSADE aktiv sind. Als Bassist konnten wir Huw Holding gewinnen, einen sehr erfahrenen Mann, der unter anderem schon für AVENGER und BLITZKRIEG gespielt hat.

Mit den Aufnahmen für "Anastasis" scheint ihr recht rasch begonnen zu haben. Hattet ihr eine spezielle Intention wie die Songs klingen sollten?

Nicht wirklich. Schließlich haben wir unseren Stil längst gefunden und konnten die Sache auf uns zukommen lassen. Egal, unter welchen Namen die Scheibe erschienen wäre, sie würde sich nach uns anhören. Klar hatten wir immer wieder etwas auszubessern, oder mal hier oder da eine Passage zu verändern, aber das Fundament war wirklich recht rasch erschaffen.

Wie lange hat es denn im Endeffekt gedauert?

In Summe kann man sagen, etwas mehr als ein Jahr. Wobei uns mittendrin auch noch Covid 19 dazwischengefunkt hat und wir die Vorgehensweise für die Aufnahmen ändern mussten. Finalisiert haben wir das Album quasi im "Home Office", also jeder für sich, nach den vorhandenen Gegebenheiten.

Bekommen wir denn ausnahmslos neue Tracks zu hören, oder wurden auch schon länger archivierte Songs verwendet?

Auf dem Album ist tatsächlich ausnahmslos brandneues HOLOSADE-Material zu hören! Wir haben zwar auch an älteren Songs gearbeitet, doch das hat dann nicht so prickelnd geklungen. Deshalb sind diese Nummern wieder ins Archiv gewandert. Die Arbeitsweise war ursprünglich so, dass Paul und Adam ihre Riff-Ideen zu mir geschickt haben, und ich mir dann Texte und Gesangsmelodien dazu überlegt habe. Danach haben wir uns getroffen und weiter an den Nummern gearbeitet. Adam brachte sich auch als Texter gut ein und hatte zudem auch viele Ideen für Refrains. Danach kam Huw an die Reihe, der aber seine Bass-Spuren bereits von zu Hause aus beitragen musste. Auch die Aufnahme des Schlagzeugs war Covid 19-bedingt nur aus der Ferne möglich.

Gutes Stichwort: Da sich euer Drummer Adam Sayers im August des Vorjahres dazu entschieden hat, die Band zu verlassen, habt ihr Hugo Ribeiro für die Aufnahmen verpflichtet. Wird er MOONSPELL verlassen, um bei euch einzusteigen?

Nein. Bestimmt nicht. Für die Aufnahmen war es zwar kein Problem, dass er zu Hause in Portugal aufgenommen hat. Für die Zeit nach Covid macht es aber schon rein logistisch nicht viel Sinn, denn wir proben ja zumindest ab und zu zusammen. Außerdem glaube ich nicht, dass es ihm bei MOONSPELL schlecht geht. Wir hatten einfach Glück, dass er die Zeit hatte uns relativ kurzfristig auszuhelfen.

Das Album trägt den Titel "Anastasis" (altgriechisch für "Auferstehung") wohl aus gutem Grund. Ich nehme an, ihr habt den Titel gewählt, um eure Rückkehr entsprechend zum Ausdruck zu bringen?

Genau! Wir wollten irgendetwas wie "Phoenix", "Ascension" oder "From The Ashes", haben uns aber bewusst für eine Fremdsprache entschieden und sind dabei irgendwann auf diese wunderschöne altgriechische Vokabel gestoßen. Klingt doch cool, oder?

Absolut. Und passt wie die Faust aufs Auge. Das lässt sich auch für den Sound festhalten. Die unterschiedlichen Stilmittel, die ihr verwendet, konnten zu einem stimmigen Klangbild zusammengefügt werden. War das euer Plan?

Ja. Wir wissen, dass es nicht ganz so einfach ist, einen Old School-Metal-Ansatz mit Thrash-Riffs und kraftvollem Groove unter einen Hut zu bringen. Ich denke aber, dass uns das ganz gut gelungen ist. Im Vergleich zu früher klingen die Songs nun dynamischer und auch viel abwechslungsreicher. Vielleicht gelingt es uns ja sogar ein breiter aufgestelltes Publikum zu erreichen.

Klingt durchaus realistisch. Deckt sich das mit eurer Erwartungshaltung?

Ja. Es reicht uns, wenn wir Rückmeldungen von Metal-Fans bekommen, die unser Album und das was wir machen, als gut empfinden. Verdienen lässt sich mit einem Sound wie dem unseren heutzutage ohnehin nicht mehr viel. Was sollen wir also noch mehr wollen? Wir sind mit dem Dreher glücklich, und wenn er unseren Fans ebenso taugt, ist das wunderbar.

Gute Einstellung. War die schon immer so? Oder hat sich da im Laufe Zeit etwas geändert?

Ja, da hat sich viel geändert. Als wir den Vertrag bei Powerstation Records für die Veröffentlichung von "Hell House" unterschrieben haben, wurde uns viel versprochen. Davon gehalten wurde aber leider nur wenig. Das hat uns damals völlig fertig gemacht. Heute denke ich natürlich anders darüber und kann die Geschäftsidee von den damaligen Label-Chefs einigermaßen nachvollziehen. Powerstation war gerade sehr erfolgreich. Allerdings mit LITTLE ANGELS, und mit deren Musik hatten wir nun mal nichts am Hut. Für uns blieb vom Promo-Budget auch deshalb nur wenig übrig, weil man nicht wusste, wie man HOLOSADE vermarkten konnte.

Im Endeffekt hat das Geschäftsgebaren von Powerstation die Karriere der Band recht abrupt beendet. Dadurch haben nämlich gleich mehrere Mitglieder innerhalb von nur kurzer Zeit die Band verlassen. Jack Hammer (Simon Jones) wechselte zu SABBAT und Ian "Mac" MacDonald zu ACID REIGN. Ein wenig zuvor heuerte unser Drummer Michael Pearson (der sich später Michael Lee nannte) bei den LITTLE ANGELS an. Und das war es dann auch. Von der Musik hatte ich nie genug, deshalb habe ich auch immer weitergemacht, vom Business dagegen hatte ich damals die Schnauze voll.

Irgendwie hatte ich damals den Eindruck, dass man Power- und Thrash-Metal-Bands aus dem UK generell nicht jenen Stellenwert zubilligte, den Formationen aus den USA, Deutschland oder Skandinavien erhielten. Hast du eine Idee woran das lag?

Das ist eine überaus interessante Frage, auf die ich bis heute keine passende Antwort habe. Ich persönlich bin der Meinung, dass uns der Support der zahlungskräftigen Labels einfach fehlte. Ich denke, denen war es zu dieser Zeit einfach zu riskant auf Bands dieser Richtung aus dem UK zu setzen. Das Thema wird auch in "Contract In Blood: The History Of UK Thrash Metal" behandelt, wobei du in diesem Buch nahezu 50 verschiedene Meinungen von 50 dazu befragten Musikern findest. Eine in der Tat knifflige Frage.

Lass uns nochmal auf das Album zurückkommen. Die Texte wirken allesamt recht finster. Woher kommen die Inspirationen dazu?

Vorwiegend von Horror-Geschichten und Filmen. Allerdings habe ich auch diverse Vorgänge auf unserer Erde in Texte umgemünzt. Dass die nicht gerade pure Freude ausstrahlen, kann man sich wohl vorstellen. Ich will damit aber niemandem eine Meinung aufzwingen, ich möchte lediglich meinen Standpunkt kundtun.

Gibt es denn die Texte schon, bevor ihr einen Song schreibt?

Die Musik kommt immer zuerst, anders kann ich nicht arbeiten. Ich habe aber jede Menge Text-Material auf Lager, da ich mir immer Notizen mache, wenn mir etwas einfällt. Das bedeutet, dass es zumeist nicht allzu lange dauert, bis mir zu einem neuen Song der entsprechende Text einfällt.

Als gelungen ist auch das Artwork zu bezeichnen. Wer hat es entworfen?

Hans Trasid, ein Künstler aus der Slowakei. Er hat schon für einige Bands die Cover gestaltet. Seine Arbeiten sind auf seiner Website zu sehen.

Ich weiß, dass es im Moment nicht angebracht ist, über geplante Konzerte zu sprechen. Hattet ihr denn überhaupt schon die Möglichkeit seit dem Comeback live zu spielen?

Doch. Wir haben vor dem ersten Lockdown sechs Shows gespielt und konnten uns von Gig zu Gig steigern. Danach war aber leider vorerst einmal Schluss. Wie es weitergeht, weiß man ja leider auch noch nicht. Wenn erst mal das Album gut ankommt, und wir entsprechendes Feedback über die sozialen Medien erhalten, besteht aber die Chance durchaus, dass wir uns in absehbarer Zeit sogar auf eine Tournee begeben. Keine Ahnung, ob uns auch jemand bei euch buchen will, aber sollte sich diese Chance ergeben, würden wir uns diese sicher nicht entgehen lassen.

Logisch. Bleibt denn durch die nun doch gehörige Arbeit die HOLOSADE aufwirft, Zeit für euch auch noch in anderen Bands aktiv zu sein?

Nun, ARMORTURA gibt es momentan klarerweise nicht mehr. Einige Songs haben wir aber bei uns ins Live-Programm aufgenommen. Zeitmangel ist hier auch nicht das Thema, aber es macht einfach keinen Sinn zwei Bands in derselben Besetzung zu betreiben. Noch dazu, wenn sich diese stilistisch auch noch überschneiden. Die anderen Jungs haben es da einfacher. Huw ist immer noch mit seiner MAIDEN-Tribut-Band HIGHER ON MAIDEN unterwegs und Adam hat mit PRIORY OF SIN ein Projekt am Laufen, bei dem der spieltechnische Aspekt im Vordergrund steht.

Besten Dank für das informative Interview. Hast du zum Schluss noch Zeit, um einen Blick in die Glaskugel zu werfen, was denn die nähere Zukunft bringen wird?

Schwer zu sagen. Im Prinzip hängt momentan alles davon ab, wie "Anastasis" ankommt. Erst danach macht es auch Sinn, über weitere Schritte, wie etwa eine etwas umfangreichere Tournee, nachzudenken. Bis dahin sollten wir dann auch einen Drummer im Line-up haben. Für Einzel-Shows hätten wir aber mehrere Kandidaten zur Auswahl, die uns aushelfen könnten. Ich möchte mich noch für das Interesse bedanken und wünsche euch einfach nur das Beste!

Redakteur:
Walter Scheurer

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