HATRED: Interview mit Evil Ewald

07.03.2009 | 20:44

Deutschland sucht die Super-Thrasher ... und HATRED avancieren mit "Madhouse Symphonies" supersexy zum Thron-Anwärter. Bang the head that doesn't bang!

Das fränkische Abriss-Kommando HATRED hat mit "Madhouse Symphonies" eine CD an den Start gebracht, die Thrash-Maniacs runter gehen müsste, wie ein kühles, frisch Gezapftes in der heißesten, trockensten Wüste. Auf diesem Silberling wird erneut das heilige Bay-Area-Erbe auf mitreißende, rasiermesserscharfe Art und Weise gehegt und gepflegt. Die Huldigungen der POWERMETAL.de-Redaktion zu diesem grandiosen Werk nahmen Schlagwerker Evil Ewald und Sänger Bacchus in Empfang.

Martin:
Ewald, erstmal herzliche Glückwünsche zu "Madhouse Symphonies", sehr geiles Teil! Lass mich mit der obligatorischen Fragen beginnen, wie ihr selbst die Platte mit etwas Abstand einschätzt und wie sie sich von euren vorherigen CDs unterscheidet.

Evil Ewald:
Vielen Dank. Freut uns natürlich, dass dir die Scheibe gefällt. Ich beginne dann auch gleich mit der obligatorischen Antwort: "Madhouse Symphonies" ist halt unser allerbestes Album. Natürlich sind wir überzeugt von der Scheibe, alles andere wäre ja auch ein sehr schlechtes Zeichen. Ebenso klar ist aber auch, dass es bei jeder CD, die man aufnimmt, im Nachhinein immer Sachen gibt, die man anders machen würde. Das ist jetzt aber nichts Gravierendes und das Endergebnis würde sich auch nicht sonderlich vom jetzigen unterscheiden. Außerdem braucht man ja immer noch Verbesserungspotential für die nächste Scheibe!

Martin:
Lass mich die Frage doch mal anders stellen: Wenn "Madhouse Symphonies" eine Pizza wäre, was läge dann drauf?

Evil Ewald:
Rohes totes Tier, hahaha! Es wäre sicherlich eine recht vielseitige Pizza. Nichts für Veganer oder reine Fleischfresser. Die Mischung macht's! Sozusagen der "Döner mit allem und scharf" unter den Pizzen.

Martin:
Von "Soulless" bis "Madhouse Symphonies" sind vier Jahre vergangen, lange Zeit für eine Band, die nach oben will. Allerdings habt ihr auch massive Umbrüche im Line-up hinter euch. Wie kam es zu diesen Turbulenzen, warum mussten die alten Leute gehen? Wie hat sich das Wesen von HATRED durch die Neuen verändert?

Evil Ewald:
Für die Line-up-Umstellungen gab es verschiedene Gründe. Angefangen hat es 2006 mit unserem alten Basser Stefan, für den wir einfach zu viele Gigs spielten und der deswegen auch nicht mehr 100% Einsatz zeigte. Kurz danach kam es zum Split mit unserem damaligen Gitarrero Fred, der musikalisch in eine andere, modernere Richtung tendierte. Es hat sozusagen musikalisch einfach nicht mehr gefunkt. Der letzte Wechsel fand dann Anfang 2008 statt, als uns Gitarrist Beff verließ, da er Band und Job einfach nicht mehr unter einen Hut bekam. Also alles keine großartigen Sachen. Das sind halt so Dinge, mit denen man im Laufe einer Bandkarriere konfrontiert wird. Die jeweiligen Nachfolger (Hudson – Bass, Kört – Gitarre, Maddin – Gitarre) sind seitdem ohne Ausfall- und Abnutzungserscheinungen dabei und es schaut so aus als hätten wir endlich ein wirklich passendes Line-up gefunden. Es läuft einfach menschlich und musikalisch total super.

Martin:
Skizziere doch bitte mal ein "The Making of..." zur neuen Scheibe.

Evil Ewald:
Die Grundideen der Songs wurden im Laufe des Jahres 2007 gesammelt. Das läuft bei uns meistens so ab, dass die Gitarristen ziemlich fertige Songs anschleppen, die wir dann im Proberaum gemeinschaftlich zerlegen und verbessern, sofern nötig. Aber zu meckern gibt's ja immer was, nicht wahr!? Ins Studio gingen wir im März 2008. Witzigerweise befindet sich dieses Studio in einem ehemaligen Kuhstall. Würde es die FARMER BOYS noch geben, wäre das der perfekte Aufnahmetempel für die, hahaha! Was uns natürlich sehr entgegen kam, war die Tatsache, dass das Studio direkt bei uns um die Ecke liegt und wir quasi von daheim aus aufnehmen konnten. Ansonsten war das einzige besondere Vorkommnis mein überragend tolles Schlagzeugspiel...

Martin:
Wenn man eure Texte so anschaut, gibt es da typische Thrash-Klischee-Lyrik, aber ab und zu auch kritische Betrachtungen. Wie wichtig sind die Texte überhaupt für euch und was macht einen guten Text aus?

Bacchus:
Mir persönlich sind die Texte auf unseren Scheiben sehr wichtig, da 90% davon aus meiner Feder stammen. Ich versuche durchaus die Lyrics mit vernünftigem Inhalt zu füllen und zwar auf einem gewissen Niveau, egal in welchem Bereich sich ein Text bewegt. Ich habe einfach keine Lust Nonsens zu schreiben und das dann später auch noch singen zu müssen. Für mich gibt es drei Sparten von Texten, die ich klassifiziere: "Metal ist meine Lebenseinstellung"-Texte, Texte, die unterhalten sollen und politische bzw. sozialkritische Texte. Ich könnte z.B. nie einen Splatter- oder Gore-Text schreiben, da sich mir der Sinn solcher Ergüsse nach wie vor nicht erschließt, ich finde solche Sachen weder unterhaltsam noch rebellisch noch sonst irgendwas. Aber das ist halt nur mein persönlicher Geschmack.

Martin:
Ihr reißt zum Beispiel in 'Call To Arms' die Themen Abzocke, Finanzkrise, Managergehälter etc. an. Könntest du mir mal etwas ausführlicher deine Ansichten zu diesem Thema und den Ursachen für die aktuellen Probleme schildern. Ist es wirklich richtig, dass man einfach nur auf die gierigen, bösen Manager einprügeln muss, oder steckt mehr dahinter? Ist die Demokratie am Ende gar in Gefahr?

Bacchus:
Oh, dazu ist es sehr schwer eine abschließende Aussage zu machen, da ich mir keinesfalls anmaßen möchte zu behaupten, ich wüsste was genau dort draußen vor sich geht und wer wo die Finger im Spiel hat. Was mir aber als gesichert erscheint ist, dass es immer um eine gewisse Form der Gier geht: Gier nach Macht, nach Geld (was dann wieder Macht zur Folge hat), nach Erfolg, nach Prestige, und dass es den Protagonisten in diesem Spiel sehr oft (viel zu oft) ziemlich egal ist, ob sie dabei andere schädigen oder in den Abgrund reißen. Solange in ihren Augen das Resultat und der eigene Gewinn stimmen, ist alles gerechtfertigt. Hierbei ist es meiner Meinung nach auch egal, in welchen Sektor man schaut - Politik, Wirtschaft, Bankensektor - überall ähnliche oder gleiche Denk- und Verhaltensschemata. Ausnahmen bestätigen da die Regel. Ob die Demokratie in Gefahr ist? Wenn politische Parteien immer nur daran denken, wie sie die nächste Wahl gewinnen können, und das Volk dazu bei allem, was diese Parteien tun oder eben nicht tun, immer die Füße still hält ... hmm, da sollte sich jeder sein eigenes Bild dazu machen!

Martin:
Wie seid ihr an den Deal mit Twilight gekommen und wieso steht eine so geile Band wie HATRED nicht schon längst bei Century Media, Nuclear Blast oder Metal Blade unter Vertrag und tourt mit TESTAMENT oder KREATOR?

Evil Ewald:
Weil wir wohl nicht trendy genug sind. Ich bin aber der Meinung, dass ein kleines Label am Anfang durchaus ausreichend ist. Sofern man nicht gerade extrem angesagte Mucke spielt, ist man bei einem großen Label doch eh nur eine kleine Nummer, um die sich nicht besonders gekümmert wird. Außerdem sind wir schon mal froh, überhaupt einen Deal ergattert zu haben. Schließlich gibt es noch genügend geniale Bands da draußen, die leider keinen bekommen!

Martin:
Ist "Madhouse Symphonies" in gewisser Weise schon euer "Make it or break it"-Album? Wenn man hört, mit welcher Entschlossenheit ihr zu Werke geht und wie ihr die Promo-Maschine ölt, könnte man den Eindruck gewinnen...

Evil Ewald:
Wir wollten jetzt auf jeden Fall mal wissen, was wir mit unserem Lärm reißen können und unbedingt den nächsten Schritt in der Bandkarriere machen. Bis jetzt lässt sich das Ganze auch ganz gut an; das Feuer brennt heißer als je zuvor! "Make it or break it" wäre vielleicht etwas übertrieben, aber hätten wir unser Bekanntheitslevel "nur" gehalten oder verschlechtert, hätten wir danach wohl alles etwas ruhiger angehen lassen. Momentan sind aber alle in der Band heiß und wir komponieren auch schon wieder fleißig für die nächste Scheibe, damit es diesmal nicht wieder vier Jahre dauert, bis wir die Öffentlichkeit mit unseren Werken foltern.

Martin:
Ich habe gehört, dass ihr gerade eben erst im Regionalfernsehen des Bayrischen Rundfunks zu sehen ward auf irgendeiner obskuren Bustour. Wie um Himmels Willen ist das denn zustande gekommen?

Evil Ewald:
Dabei handelte es sich um die Sendung "Südwild", die im Bayerischen Fernsehen jeden Tag zwischen 15 und 16 Uhr live gesendet wird. Das Ganze ist ein Jugendformat, wo ein Team mit einem Doppeldecker-Bus jede Woche in einer bayrischen Stadt Station macht und dann über regionale Sachen wie kulturelle Ereignisse, Jugendprobleme oder so etwas berichtet. Da gibt es auch jeden Tag eine Live-Band. Als "Südwild" in Kronach Halt machte, wurden wir vorher gefragt, ob wir nicht Bock hätten da mit zu machen, weil unser Gitarrist Maddin dort lebt und die wohl auch den Trubel, der um die Jahreswende bei uns herrschte, mitbekommen haben. War auf jeden Fall eine witzige Sache, die man auf der Website von "Südwild" auch noch ansehen kann.

Martin:
Wie hält man es eigentlich so in Unterfranken aus? Warum seid ihr noch immer nicht nach London oder nach L.A. gezogen?

Evil Ewald:
Ich bin ja eigentlich der einzige Unterfranke in der Band. Der Rest ist in Oberfranken beheimatet, aber das ist jetzt zugegebenermaßen Haarspalterei. Franken ist einfach der schönste Ort der Welt, hahaha! Ohne Scheiß, wir sind überzeugte Landeier und fränkische Patrioten. Ich will ja jetzt keinem zu nahe treten, aber ich stelle immer wieder fest, dass es in Franken eine der aktivsten und besten Metal-Szenen in Deutschland gibt. Uns zieht hier jedenfalls nichts weg.

Martin:
Früher hatten Thrash-Bands auf den Hüllen ihrer Schallplatten immer nicht nur "Thanx-to"-Listen drauf, sondern auch "No-Thanx-to"-Listen, die eigentlich immer viel lustiger waren. Heute bedankt sich jeder immer nur noch artig bei Gott und der Welt. Entwirf doch mal eine No-Thanx-Liste für "Madhouse Symphonies"!

Evil Ewald:
Vielleicht sind die Mitmenschen ja einfach netter geworden!? Unsere No-Thanx gehen jedenfalls an: alle Nazis (widerliches Dreckspack!), alle Hip Hop hörenden Gangster-Imitate, holländische Bierbrauer, die Media Control-Charts, die uns konsequent ignorieren, unsere Proberaumnachbarn, die uns mit schlechten ONKELZ-Covern nerven und natürlich an alle Frauen, die immer noch nicht erkannt haben, dass Bierbäuche purer Sex sind!

Martin:
Eure erklärten Lieblingsbands sind EXODUS, ANNIHILATOR und TESTAMENT. Ich finde, man hört bei euch auch immer ganz schön OVERKILL raus. Welche sind eure Lieblings-Alben von diesen vier Bands?

Evil Ewald:
Ich pick jetzt einfach mal jeweils zwei raus, für ein einziges kann ich mich im Leben nicht entscheiden. EXODUS: "Bonded By Blood" und "Tempo Of The Damned", ANNIHILATOR: "Never Neverland" und "Set The World On Fire", TESTAMENT: "Low" und "The Gathering", OVERKILL: "Horrorscope" und "Taking Over". Das ist jetzt aber mein persönlicher Geschmack. Die anderen mögen das eventuell anders sehen.

Martin:
2008 war kein schlechtes Thrash-Jahr, 2009 fing auch ziemlich gut an. Ewald, bitte gib mir doch mal eine kurze Einschätzung zu einigen aktuellen Scheiben. Fangen wir an mit "Formation Of Damnation" von TESTAMENT!

Evil Ewald:
Solide, aber nicht der Überhammer, den ich mir erhofft hatte.

Martin:
WARBRINGER – "War Without End".

Evil Ewald:
Nicht ganz meine Baustelle. Ist mir vor allem vom Gesang her zu eindimensional.

Martin:
EXODUS – "Let There Be Blood". Wird ja ziemlich kontrovers diskutiert, diese Neueinspielung...

Evil Ewald:
Hat zwar ein etwas anderes Flair als das Original, aber dadurch auch einen eigenen Charme und die aggressivere Stimmung steht den Songs gut zu Gesicht. Gefällt mir!

Martin:
KREATOR - "Hordes Of Chaos".

Evil Ewald:
Absolutes Brett! Eine der besten KREATOR-Scheiben aller Zeiten!

Martin:
TANKARD - "Thirst".

Evil Ewald:
Gewohnt hochklassige TANKARD-Qualitätskost. Die hessischen Bierfriedhöfe muss man einfach lieben.

Martin:
DESTRUCTION – "D.E.V.O.L.U.T.I.O.N.".

Evil Ewald:
Nicht schlecht, ich finde aber persönlich von den neueren DESTRUCTION-Scheiben die "Metal Discharge" immer noch am besten.

Martin:
METALLICA – "Death Magnetic".

Evil Ewald:
Kommt natürlich lange nicht an die Achziger-Glanztaten ran, ist aber wesentlich besser als erwartet. Sind ein paar coole Songs drauf. Nur, wann nimmt Mister Ulrich endlich mal Unterricht?

Martin:
Verfolgst du eigentlich aufmerksam den Thrash-Underground, hörst du dir Bands wie TOXIC HOLOCAUST, BONDED BY BLOOD oder HEXEN an?

Evil Ewald:
Natürlich verfolgen wir, was sich im Thrash-Underground so tut. Erstens fühlen wir uns ja selbst zugehörig und zweitens sind wir schließlich auch Fans und lechzen nach neuem guten Stoff. Natürlich gibt es bei so einer Welle von Bands immer einige Langweiler, aber gerade im Moment sind einige hochkarätige Newcomer dabei. Welche uns hier besonders gefallen sind z.B. EVILE, BONDED BY BLOOD, MASS EXTINCTION und um die Einheimischen nicht zu vernachlässigen: CRIPPER, LOST WORLD ORDER, HATCHERY oder ABANDONED. Der Thrash-Virus kursiert sozusagen verschärft!

Martin:
Wenn du ein Interview mit HATRED machen solltest, welche Frage würdest du unbedingt noch stellen?

Evil Ewald:
Warum seid ihr eigentlich so fett und hässlich?

Martin:
Tja, warum denn nur?

Evil Ewald:
Das erzähle ich dir ein anderes Mal!

Martin:
Och, menno...

Redakteur:
Martin van der Laan

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