Gruppentherapie: SOUL CAGES-"Moon"

11.11.2013 | 07:51

Eine weitere Underground-Prog-Band aus den Neunzigern ist zurück und verzaubert die Redaktion.

Das Debut von SOUL CAGES erschien 1994, einer Zeit, in der innovativer Prog-Metal im Zuge des Erfolgs von Bands wie DREAM THEATER und PSYCHOTIC WALTZ eine Hochphase erlebte. Eine Menge vielversprechender Gruppen gründete sich auch in Deutschland und die Namen PAYNE'S GRAY, IVANHOE, MAYFAIR, PRKLZ, LIFE ARTIST oder XERXES lassen bei Freunden dieser besonderen Zeit Wonnegefühle entstehen.  Leider bekam SOUL CAGES wie die meisten ihren Genrekollegen kaum einen Fuß auf den Boden, ließ dennoch 1995 ("Moments") und 1999 ("Craft") hochklassige Alben folgen, die auch hier in der Redaktion ihre Liebhaber gefunden haben. Nun sind die Hemeraner zurück und "Moon" sorgt für ein 10-Punkte-Review, ein Platz 3 im Oktober-Soundcheck und darüber hinaus für kollektives Entzücken:


 

Wie Phönix aus der Asche kehren die 90er-Jahre-Proghelden von SOUL CAGES zurück auf die Leinwand und feiern mit "Moon" ein Comeback, das sich gewaschen hat. Nur logisch, dass bei dieser Redaktion so manch einer nun Freudensprünge macht und Kollegen Jäger und Andrae im Dreieck springen dürften. Vollkommen zu recht, denn SOUL CAGES gelingt ein Sahnehäubchen in Sachen Prog Metal. Doch wer mich kennt, weiß, dass ich in diesem Milieu nur bedingten Geschmack und Freude aufweisen kann, sodass ich die Euphorie nur in Maßen teilen kann. Jedoch auch ich erkenne, dass der dreiteilige Beginn wunderbar anzuhören ist, homogen und wie aus einem Guss aus den Boxen trieft und mit wohlig warmen Klängen so manche Seelen berührt. Doch für mich geht den Jungs spätestens nach 'The Curse' ein wenig die Puste aus, zu vertrackt und unzugänglich ereignet sich die zweite Hälfte des Mondes. Meine Redaktion möge mich nicht steinigen und 7 Punkte aus meiner Feder sind in Punkto Prog ein deutliches Indiz für Klasse und Niveau. Doch was will ich machen, ich bin nun mal kein Proggie, so oft man es mit mir auch noch versuchen mag.

Note: 7,0/10
[Marcel Rapp]

 

So schnell wird hier niemand gesteinigt, Kollege Rapp. Es sind ja glücklicherweise genug Kollegen vertreten, die dieses tolle Prog-Metal-Album zu würdigen wissen. Unzugänglich wäre für mich sogar eines der letzten Attribute, die ich "Moon" zuschreiben würde. Klar, hier regiert nicht der Kitsch oder Bombast, den unsere nicht-proggigen Kollegen im Soundcheck unter diesem Label ab und an ertragen müssen. Dafür ist hier eine Band am Start, die abseits des aktueller Mainstream-Tendenzen ihren Sound fährt und es schafft, über die gesamte Spielzeit spannend zu klingen. Unkonventionell könnte man auch sagen, denn das ist "Moon" sicherlich. Die Tempi-Wechsel, die Kontraste von fragilen Momenten und Kopfschüttel-Attacken funktionieren einfach wunderbar! Somit ist es auch nicht tragisch, dass das Comeback-Album von SOUL CAGES den Nicht-Proggies nur bedingt schmeckt, denn die Zielgruppe hat Blut geleckt!

Note: 8,5/10
[Nils Macher]





Der sonore, melodisch wertvolle und so angenehm unaufgeregte Progressive Metal auf "Moon" hat mich sofort in seinen Bann geschlagen, mich gefesselt und mir ein wunderbar wohliges Glücksgefühl geschenkt. Frank nennt diese Musik in seinem exzellenten Review Art Metal und trifft damit voll ins Schwarze. Vor mehr als zwanzig Jahren gab es in Bremen eine großartige Band namens SECRECY, die eben dieses spezielle Feeling auch schon einzufangen wusste. Unter die Haut gehende, raumgreifende Gesangslinien breiten prachtvolle melodische Landschaften aus, die von faszinierend gefühlvoller, tiefgründiger und facettenreicher Musik ausgefüllt werden. Diese Musik transportiert bei aller Dynamik und Spielfreude eine traumhaft schöne warmherzige Klugheit. Etwas Ähnliches könnte man wohl auch über SUBSIGNAL schreiben, auch wenn es keine direkten stilistischen Ähnlichkeiten zwischen SOUL CAGES und dem inoffiziellen SIEGES EVEN-Nachfolger gibt. Mir erschließt sich nicht, warum einige Kollegen "Moon" so überaus vertrackt und schwierig finden. Das zusammenhaltende Element dieses Albums ist eine ganz besondere klangliche und kompositorische Ästhetik, eine bescheiden nach den Sternen greifende sehnsuchtsvolle Eleganz. "Moon" verzaubert auf subtile Weise ohne viel Spektakel und Pathos-Ballast. Es strahlt so etwas vorsichtig Hoffnungsvolles und unprätentiös Lebensbejahendes aus, das mir wirklich zu Herzen geht. Besser kann ich es einfach nicht beschreiben. Ihr müsst Euch das unbedingt selbst anhören.

Note: 9,5/10
[Martin van der Laan]


SOUL CAGES ist ein musikalischer Weggefährte von mir, insbesondere das gleichnamige Debutalbum aus 1993 hat es mir schwer angetan. In Zeiten, da sich einige meiner alten Helden der Neunziger wie MAYFAIR oder PSYCHOTIC WALTZ wieder zusammenraufen, ist es eine wahre Freude, auch die SOUL CAGES wieder begrüßen zu dürfen. "Moon" ist auch ein gutes, ja ein tolles Album geworden und im Normalfall würde ich bei acht Punkten nach weiteren Jubelworten suchen. Doch die haben Frank in seiner Rezension und Martin weiter oben schon zu zu Genüge aus der Hand geschüttelt und ganz so genial finde ich "Moon" dann doch nicht. Ich möchte der Musik die von Martin genannten Eigenschaften wie Eleganz, Klugheit und Ästhetik nicht absprechen, doch auf mich wirken viele Teile der Musik erst einmal sehr sperrig und etwas gestelzt. Bisweilen verstehe ich meinen jungen, weniger progaffinen Kollegen Marcel, dem manchmal der Zugang fehlt. Vielleicht liegt es auch am Sound der Scheibe, dem ein wenig der Griff zu fehlen scheint. Andererseits, wer hat nicht schonmal eine Progscheibe gehabt, die nicht auf Anhieb zündet und später nach zehn Jahren doch als toll einsortiert? Ich denke, dass "Moon" ein typischer Grower sein wird, der Spin während des Schreibens bestätigt diesen Eindruck und so bitte ich, die Note unter dem Beitrag nur als Momentaufnahme zu sehen. Gründe, in "Moon" reinzuhören, sollten nun zur Genüge genannt worden sein.

Note: 8,0/10
[Thomas Becker]

 

Kollege Becker fragte mich kürzlich, was ich denn an so faustlosem Stelzenprog toll fände. Nun, ich frage mich, was die Frage soll, denn von SOUL CAGES kann der gute Thomas ja kaum sprechen; weder empfinde ich "The Moon" als faustlos, noch als gestelzt. Ganz im Gegenteil, denn die Musik der Band aus Nordrhein-Westfalen ist griffig, eingängig, mitreißend, dynamisch und hat sehr wohl erhabene und schwere Passagen, zu welchen auch der dick besaitete Metaller hervorragend die Faust recken kann. Dazu gibt es aber auch herrlich verträumte Passagen mit gezupften Gitarren, die kraftvolle, charismatische Stimme von Thorsten Staroske und starke Backing Vocals von Beate Kuhbier, die kein Stück weit kitschig geraten sind, wie sich die Truppe aus Hemer ganz allgemein zwar verspielt und vielschichtig, aber kein bisschen prätentiös oder verkopft präsentiert. Für mich ist das einfach ganz hervorragender, songorientierter Melodic Metal mit spürbar progressiver Note, die ich gar nicht mal so dominant empfinde. Aber ganz egal, wie man es nennen mag, "The Moon" kann man anheulen, mit der gereckten Faust salutieren oder einfach nur aufsaugen und genießen, denn es ist eine rundum sehr starke Scheibe.

Note: 8,5/10
[Rüdiger Stehle]






Schon seit fast zwei Jahren fiebere ich dem Mond entgegen, denn bereits im Jahr 2011 hatten die Damen und Herren von SOUL CAGES ihr Reunionalbum "Moon" angekündigt. Nun rotiert es bereits seit einigen Wochen in meinem Player und es wird immer besser. Aber bereits der erste Rundlauf des Planeten war wie eine Zeitreise ins Jahr 1992. Damals hörte ich die Band zum ersten Mal. Das Demo zählt bis heute zu den besten Demos aus deutschen Landen. Hoch melodischer, teils sehr eingängiger Art Metal, der von mehrstimmigen Gesängen getragen wurde und durch seine beruhigende Stimmung entgegen aller Hektik-Frickler so wunderbar einzigartig klang. Damals wie auch heute. Die Band knüpft mit "Moon" exakt dort an, wo sie nach drei herrlichen Alben 1999 aufhörte. Das ist Musik, die verzaubert, die sich balsamierend um die Ohren schmiegt und die den Hörer umgarnt. Dabei ist die warme Klangfarbe von Thorsten Staroskes Stimme nur ein Eckpfeiler des Wohlfühlgerüstes. Keyboarderin Beate Kuhbier addiert mit dem Einsatz ihrer angenehm tiefen Stimme schöne Farbfacetten zu dem eh schon sehr bunten Notenstrauß und so entsteht ein exzellentes Gesamtkunstwerk, in welches man eintauchen möchte. Sehr geschickt gelingt es der Band mit dem unfassbar packenden Opener 'Always Meet Twice' den Hörer gleich mit einer großen Tube voller Ohrwürmer zu infizieren. Herrlich, wie das überall kribbelt und krabbelt. Wie elektrisiert wartet man nach diesem Auftakt auf das, was da noch folgen wird, Und wie die Kollegen schon völlig richtig geschrieben haben, ist diese Nummer kein Zufallstreffer. Die restlichen Songs bewegen sich auf gleich bleibend hohem Niveau und sogar das abschließende Instrumental 'Point One' lässt mich niemals das Album vorzeitig beenden. Die große Kunst des Songwritings.

Note: 9,5/10
[Holger Andrae]

 

Mehr zu diesem Album:

Review von Frank Jaeger
Soundcheck 10/2013

Redakteur:
Simon Volz

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