Gruppentherapie: METAL CHURCH - "Generation Nothing"

24.11.2013 | 22:26

Die US-Metal-Legende mit einem starken Comback und Bronze im November-Soundcheck auf dem Therapiesessel.

METAL CHURCH! Ein Name, der vielen Heavy-Metal-Fans allein schon bei der Nennung eine Gänsehaut verschafft. Eine Band, deren mehr als dreißigjährige Karriere sehr viele Wendungen nahm. Der große Erfolg blieb immer aus, der Kultstatus jedoch hat sich in den Köpfen der Banger festgesetzt. Trotz einiger Schwächephasen im neuen Jahrtausend ist ein neues Album der Heiligen, heuer das Zehnte, immer ein Aufreger. "Generation Nothing" mit Sänger Ronny Munroe soll die Band nun endlich wieder in alter Stärke zeigen, sagen einige. In unserer Redaktion findet man von gedämpfter Freude bis hin zu Euphorie alles, einzig wirkliche Schlechtfinder waren nicht aufzutreiben. Was ist also dran an "Generation Nothing"?




Zugegeben, das Hin und Her von METAL CHURCH brachte auch den fanatischsten Die-Hard-Fan auf die Palme, doch nun ist die Institution wieder zurück. Auch wenn die Band aus dem Staate Washington in ihrer langen, etwas lückenhaften Karriere vier, fünf Meilensteine auf die Beine gestellt hat und der neueste Output diesen jedoch nicht das Wasser reichen kann, so kann METAL CHURCH dennoch mit Stolz auf "Generation Nothing" blicken. Diese Platte wuchtet die US-Power-Metal-Legende wieder in die Köpfe ihrer beinahe abgewanderten Anhängerschaft. Das sehr gute Songwriting ist zurück, viele Riffs zünden wieder, Ronny Munroe legt eine tolle Gesangsleistung aufs Parkett und Vanderhoof gibt seinen Mitmusikern wieder das gewisse Stück METAL CHURCH. Neben herausragenden Anfangsstücken wie 'Bullet Proof' und 'Dead City' überzeugen im weiteren Verlauf vor allem 'Jump To The Gun', 'Hits Keep Comin' und 'Close To The Bone' und wecken tolle Erinnerungen. Trotz einiger kleiner Stolpersteinchen zündet dieser besondere Thrash-/Power-/US-Metal-Mix endlich wieder und entpuppt sich als bestes METAL CHURCH-Album der letzten 20 Jahre. Luft nach oben besteht zwar noch, doch die Amis haben genügend Potential, um diese auszufüllen. Hoffen wir, dass keine erneute Auflösung diesen Masterplan durchkreuzt.

Note: 8,0/10
[Marcel Rapp]

Es würde mir bestimmt leichter fallen "Generation Nothing" richtig gut zu finden, wenn da nicht der Name METAL CHURCH drauf stünde. Machen wir uns nichts vor: Diese Band wird nie wieder an ihre zwanzig Jahre zurück liegenden Glanzjahre anknüpfen können. Aber da Metal-Fans ja bekanntlich konservative Nostalgiker sind, freut man sich doch immer wieder wie Bolle, wenn die Helden der eigenen Kindheit ein neues Album heraus bringen, für das man sich zumindest nicht fremdschämen muss. Und das musste man bei METAL CHURCH noch nie. In diesem Jahrtausend hat mir ja bisher "A Light In The Dark" am besten gefallen, und daran wird sich auch wohl nichts ändern. Was "Generation Nothing" angeht, stimme ich Marcel zu, wenn er die glänzende, leidenschaftliche Gesangsdarbietung von Mr. Munroe hervorhebt. Die Scheibe ist exzellent produziert, das Gitarrendoppel Vanderhoof/van Zandt zockt druckvolle Riffsalven und Jeff Plate hat immer noch genügend Wumms in den Stöcken. Das Problem liegt eher - wie könnte es anders sein - bei den einzelnen Kompositionen. Da stehen spannungsgeladene, hungrige Killer-Songs wie 'Bullet Proof', 'Jump The Gun' oder 'Scream' neben eher unspektakulären und faden Nummern, die ich jetzt nicht auch noch beim Namen nennen muss. Fazit: Die Jungs können es eben doch noch, aber nicht mehr über die volle Albumdistanz. "Generation Nothing" wandert natürlich trotzdem in die Sammlung. Konservativer Nostalgiker halt...

Note: 7,5/10
[Martin van der Laan]




Nach dem großartigen Konzert auf dem Headbangers Open Air in diesem Sommer war ich mir sicher, von METAL CHURCH alles bekommen zu haben wozu die Band heute noch fähig ist. Seit den ersten Durchläufen von "Generation Nothing" festigt sich aber nun die Erkenntnis, dass Ronny Munroe nicht nur auf der Bühne der momentan beste noch realisirbare Frontmann ist. Der Mann kann wirklich alles singen und röhrt sich erstklassig durch das in meinen Ohren von Anfang bis Ende ausfallfreie Material. Stilistisch hat man es sich an der Schnittstelle zwischen den beiden Klassikerphasen bequem gemacht, sodass sich Midtempo-Hymnen und Speedbolzen einigermaßen ausgeglichen die Klinke in die Hand geben. Man kann also guten Gewissens vom besten METAL CHURCH-Album seit "Hanging In The Balance" und einem beeindruckenden Comeback sprechen. US-Power-Metal wie er sein muss.

PS: Wären alle Neuveröffentlichungen so sparsam aufgemacht wie "Generation Nothing" und hätten sie alle solch nichtssagende Cover, wäre ich keinem Downloader dieser Welt böse.

Note: 9,5/10
[Arne Boewig]

Ich begebe mich hier voll und ganz auf die Ebene meines Vor-Vorredners Martin: Egal, welche Phase man bei METAL CHURCH ehrt - die metallische Frühphase mit David Wayne - oder die etwas epischere Phase mit Mike Howe (am besten beide) - "Generation Nothing" kommt da nicht ran. Das heisst noch lange nicht, dass es ein schlechtes Album ist, nein, ich habe durchgängig meinen Spaß mit dem Ding und es mir selbstredend auch beim Erscheinen zugelegt. Es ist ein gutes Metal-Album mit knackigen Riffs, tollem Gesang, sattem Klang. Ein Punkt, den ich gleichzeitig geil und störend finde, ist, dass ich die ganze Zeit dad Gefühl habe, nicht METAL CHURCH sondern OVERKILL zu hören. Das liegt sicher am Gesang, aber auch teilweise an den recht thrashigen Riffs. Wenn man natürlich genauer hinhört, erkennt man schon die Handschrift von Kurdt Vanderhoof, der einen sehr prägnanten Spilstil hat. Also nenne ich das ganze jetzt OVERCHURCH. Zu OVERCHURCH reckt man die Faust, will man headbangen und fährt auf der Autobahn zu schnell. Von Gänsehautmomenten wie bei 'Beyond the black', 'Anthem To The Estragend' oder 'Waiting For A Savior' ist man bei "Generation Nothing" allerdings weit entfernt. Egal, aus OVERCHUCH mache ich jetzt METAL KILL. Das ist truer und passt dazu, dass ich jetzt mit Arne, der fast mein Sohn sein könnte, (virtuell) kopfschütteln gehe. Come bang your heads with us, kids!

Note:7,5/10
[Thomas Becker]

Werte Kollegen, das liest sich alles nach "Ich bin zwar enttäuscht, will das Album aber trotzdem gut finden und vor allem nichts Schlechtes darüber schreiben."

[Eike Schmitz]

Nein, lieber Eike, ich verstehe die Herren van der Laan, Becker und Rapp nicht unbedingt so, als wären sie enttäuscht. So gar nicht, denn richtig große Erwartungen dürfte keiner von ihnen mehr gehabt haben. Sie finden das Album vielmehr gut, aber halt nicht so gut wie die fünf Klassiker der Wayne- und Howe-Zeiten. Letzterer Wertung würde ich mich im Übrigen sogar anschließen. Wie komme ich dann doch zu einer fast vollen Wertung wie der Kollege Boewig? Trotz fünf grauer Haare im Bart und knapp zwanzig Jahren mehr auf dem Buckel? Nun, ganz einfach: Obwohl ich Zeitzeuge sein könnte, war ich bei METAL CHURCH eher spät berufen, und habe daher nicht die enge Bindung ans Frühwerk wie einige Vorredner. Damit fällt die neue Scheibe für mich eben lange nicht so sehr ab wie für jemanden, der seit bald 30 Jahren zu 'Battalions' steil geht. Klar, auch ich würde "Generation Nothing" nicht auf die selbe Stufe hieven wie die Scheiben der Jahre 1984 bis 1993, doch davon abgesehen habe ich an diesem Comeback so rein gar nichts auszusetzen. Die Songs sind klasse, haben etliche Hammer-Hooks, die sich nicht hinter manchem Stück von "Hanging In The Balance" und "Human Factor" verstecken müssen, und Ronnie Munroe brilliert auf ganzer Linie mit einer Stimme, die sowohl den Wayne als auch den Howe geben kann. Kompositorische Durchhänger zeigen sich mir kaum, und der Sound brezelt und brät hart und heavy, dabei aber kein bisschen steril oder überzüchtet. Da nach einigen eher hüftsteifen und zahmen Vorgängern und dem frustrierten Split vor ein paar Jahren wirklich kaum einer noch einen Pfifferling auf METAL CHURCH gegeben hätte, ist "Generation Nothing" zudem eine faustdicke Überraschung, die für mich im traditionellen Sektor der metallverarbeitenden Betriebe eines der definitiv stärksten Eisen des Jahres im Feuer hat.

Note: 9,5/10
[Rüdiger Stehle]





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Review von Frank Jäger

Redakteur:
Thomas Becker

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