Gruppentherapie: HELLOWEEN - "Giants & Monsters"
01.09.2025 | 17:05Zwerge und Kuscheltiere?
Na, HAMMER KING gut überstanden (zur Gruppentherapie)? Dann können wir ja sogleich zum Soundcheck-Sieger für den August übergehen. Ups, das sind ja die selben Worte wie im Vormonat. Und genau so könnte ich jetzt auch weiter machen. Wir haben natürlich ein Interview mit HELLOWEEN am Start (Michael Kiske nahm sich viel Zeit für unseren Maik) und im Einzelreview zu "Giants & Monsters" gab es eine Top-Note vom Cheffe höchstpersönlich.
Und doch sind in dieser Siegertherapie ein paar Dinge anders als bei MOTORJESUS letzten Monat (zur Juli-Siegertherapie). Konnte man bei MOTORJESUS ob des Sieges noch überrrascht sein, erwartet man bei HELLOWEEN nichts anderes als die Pole-Position, vor allem nach dem gefeierten Vorgänger. Doch aufgepasst, wie es sich für eine zünftige Gruppentherapie gehört, gibt es auch hier Widerworte und der für seine Zweier und Dreier gefürchtete Kollege Ehlert ist auch wieder am Start. Muss HELLOWEEN jetzt zittern?
Giganten und Monster verspricht uns HELLOWEEN auf dem zweiten Album nach der Reunion mit den Ur-Mitgliedern Kai Hansen und Michael Kiske. Die Aufgabe für das neue Album ist dabei keine leichte, denn "Helloween" war im Jahr 2021 schon eine ganz schöne Ansage und rotiert auch heute noch regelmäßig in meinem Player. Anno 2025 ist der Lack aber doch ein wenig ab, denn mit dem Vorgänger kann "Giants & Monsters" ganz klar nicht mithalten und ist tatsächlich etwas durchwachsen.
Wo "Helloween" wie aus einem Guss klang, wirkt das achtzehnte Studioalbum mehr wie einer von vielen Langspielern der Deris-Ära mit Volltreffern und Durchhängern. Fangen wir aber mit den positiven Aspekten an, wobei ich vor allem die beiden Longtracks 'Majestic' und 'Universe (Gravity For Hearts)' erwähnen muss, die beide wieder einmal absolut überragend sind und nur so vor Spielfreude strotzen. Und ja, auch kompaktere Tracks wie 'Giants On The Run' oder 'We Can Be Gods' wissen zu überzeugen und haben massig Hit-Potential zu bieten.
Andererseits bin ich mit der Single 'This Is Tokyo' bis heute nicht warm geworden und das primär von Michael Kiske gesungene 'Savior Of The World' ist auch mehr solide B-Seite als wirklicher Klassiker-Anwärter. Die verkappte AOR-Nummer 'A Little Is A Little Too Much' wirkt irgendwie sogar gänzlich deplatziert, was übrigens auch für das elektronisch geprägte 'Hand Of God' gilt, das seine Klauen aber schlussendlich doch ziemlich hartnäckig im Gedächtnis auswirft und ebenfalls als Highlight durchgeht.
Jetzt versteht mich gleichzeitig aber auch nicht falsch: Insgesamt betrachtet ist "Giants & Monsters" ein wirklich gutes Album, das gerade dank der doch hell strahlenden Höhepunkte von mir 8,5 Zähler bekommt. Trotzdem überwiegt im Fan-Herz die Enttäuschung, denn im Vergleich zu "Helloween" fehlt eben doch ein ordentliches Stück, wodurch mein Reunion-Hype ein wenig ausgebremst wird. Da hat man sich selbst die Messlatte wohl etwas hoch gelegt und ist jetzt doch wieder im HELLOWEEN-Alltag angekommen.
Note: 8,5/10
[Tobias Dahs]
Ich bin voreingenommen, denn die Hamburger Gemüsemetaller waren eine der ersten Bands, die ich live erleben durfte, direkt zu Zeiten des Debütalbums. Seitdem habe ich einiges mit den Jungs durchgemacht, aber seit 1994 hat man mich niemals enttäuscht. Auf "Giants & Monsters" bewegt sich die Band immer wieder ziemlich vom typischen HELLOWEEN-Stil und -Sound weg, so sehr, dass ich ein paar Durchläufe brauchte, um mich mit dem neuen Werk anzufreunden.
Auch jetzt bin ich nicht uneingeschränkt begeistert und empfinde einige Lieder wie 'Into The Sun', 'We Can Be Gods' und 'Hand Of God' sogar als mittelmäßig und den Mittelteil des ersten Achtminüters 'Universe (Gravity For Hearts)' nach ein paar Umrundungen als störend. Auch fehlen mir ein paar mehr Doppel-Gitarren und mit den bekannten, typischen Melodien, an denen man die Band üblicherweise nach wenigen Takten erkennt, wird eher gegeizt, sodass man als Altfan bei den Refrains von 'Savior Of The World' und 'Under The Moonlight' beinahe aufatmet.
Die All-Star-Kürbisse gehen nicht den Weg des geringsten Widerstandes, sondern wagen es tatsächlich, ihren Stiefel durchzuziehen und einfach ein gutes Album vorzulegen, das eben nicht einfach Fanbedienung auf Nummer sicher ist. Daran liegt es wohl, dass ich noch nicht komplett mitgerissen bin, aber das werde ich höchstwahrscheinlich mit dem Booklet in der Hand vor den Boxen korrigieren, sobald ich "Giants & Monsters" mein Eigen nennen werde. Bis dahin gibt es eine ausbaufähige Note mit einer absolut erwartbaren Tendenz nach oben.
Note: 7,5/10
[Frank Jaeger]
Um den Unterschied zwischen alten Fans, gell lieber Frank, und Altfans zu verdeutlichen, gibt es von mir hier auch etwas Senf zum neuen musikalischen Kunstwerk meines liebsten Heavy-Metal-Septetts. Ich bin im Gegensatz zu meinen Vorrednern sehr angetan von "Giants & Monsters", hatte ich doch erwartet, dass die Herren von HELLOWEEN nach dem monumentalen, selbstbetitetelten Comeback-Album auf Nummer sicher gehen und eine schick anzuhörende Blaupause desselben abliefern würden. Doch weit gefehlt: Hier wird so lässig und geradezu tiefenentspannt in frischen, teils stilfremden Ideen geschwelgt, dass ich meinen Ohren zunächst nicht traute.
Sicher, wie Tobi und Frank schreiben, gibt es literweise sehr wohlschmeckende, traditionelle Kürbissuppe zu löffeln. Man lausche nur 'Savior Of The World', 'We Can Be Gods' und 'Universe (Gravity For Hearts)'. Diese Songs stellen jedoch lediglich die im Albumtitel erwähnten "Giganten" für mich dar. Die "Monster" sind die vermeintlich deplatzierten Nummern. 'This Is Tokyo' hat mich zunächst ziemlich verschreckt, was vor allem an dem total überproduzierten Video lag. Nach einigen Durchläufen klebt das Teil aber schließlich wie Kaugummi an den Ohren und entfaltet genau wie 'Hand Of God' ein riesiges Suchtpotential: unerwartet, poppig und mutig! In diese Kategorie sortiere ich ebenso 'A Little Is A Little Too Much' ein. Eigentlich AOR, wie Tobi richtig feststellte, aber eben "at its best", wie ich finde.
Neben der (Halb-)Balladen-Genialität 'Into The Sun' strahlen für mich die beiden HELLOWEEN-Songwriting-Perlen "Giants On The Run' und 'Majestic' am hellsten auf dem neuen Album, clever als Opener und Schlusslied platziert. Einzig 'Under The Moonlight' im 'Dr. Stein'-Style mag mich nicht richtig zu begeistern. Solche zu offensichtlichen und abgeschmackten Selbstzitat-Orgien hatte ich jedoch in viel erdrückenderer Anzahl erwartet. Ein besonderes Schmankerl ist sicherlich auch der vermehrte Einsatz von Kai Hansens Stimme. Somit bin ich unter dem Strich wirklich sehr glücklich mit "Giants & Monsters".
Note: 9,5/10
[Timo Reiser]
Das war für mich persönlich das "schwierigste" Album in der Bewertungsliste August 2025. Immerhin haben die Kürbisköppe mit ihrem selbstbetitelten Album vor vier Jahren Heavy-Metal-Geschichte geschrieben, nicht mehr und nicht weniger. Sozusagen Ausrufezeichen im Quadrat! 10 Punkte. Das gab also die Höchstnote, alles andere wäre indiskutabel für mich als alter HELLOWEEN-Junkie. Die Messlatte liegt also ganz oben, jenseits der Milchstraße quasi.
Voller Neugier und ob der vorher ausgekoppelten eher mittelprächtigen Single 'This Is Tokyo' mit einem leicht flauen Gefühl in meiner Magengegend ausgestattet läuft "Giants & Monsters" los. Doch der Opener 'Giants On The Run' zerstört alle Zweifel. Für mich ein absoluter Jahrhundertohrwurm und seither in der Dauerrotation. Wird es auch dieses Mal die Höchstnote? Mit 'Universe (Gravity Of Hearts)' und 'Majestic' werfen die Hamburger noch zwei absolute Kracher mit Überlänge ins Rennen. Ein Blick in meine persönliche Glaskugel verrät mir, dass diese drei Nummern meine Top10-Song-Jahresliste crashen werden. "Giants & Monsters" setzt also da an, wo "Helloween" aufgehört hat.
Lediglich die Tatsache, dass es mit dem erwähnten 'This Is Tokyo' und dem zwar bandtypischen, aber dennoch eher dünnen 'Savior Of The World' ein paar klitzekleine Schwächen beinhaltet, nehme ich zum Anlass, ein halbes Pünktchen einzukassieren. Aber 9,5 von 10 ist ja auch nicht schlecht.
Note: 9,5/10
[Frank Wilkens]
Ei der Daus, was hier wieder zusammengeschrieben wird. Ich fand ja die letzte HELLOWEEN bei aller hanseatischer Zuneigung schon nur gut und betrachte die Band, obwohl sie auch zu meiner Früherziehung gehörte, mit komplett anderen Ohren als die meisten hier. Meist ist mir das gebotene Material zu kinderliederhaft, wobei mir paradoxerweise vom Fabelalbum "Walls Of Jericho" ausgerechnet 'Guardians' noch immer super zusagt. Aber wir wollen hier gar nicht in der Vergangenheit herumwühlen, sondern ein paar subjektive Empfindungen zum aktuellen Werk in die Tasten kloppen.
Da hätten wir auf der Habenseite drei gute bis sehr gute Longtracks, von denen mir das albumschließende 'Majestic' mit seiner treibenden Rhythmik und seiner facettenreichen Melodieführung am besten gefällt. Aber auch der Opener 'Giants On The Run' versteht mich gleich ins Werk zu holen. Bei 'Universe (Gravity For Hearts)' bin ich mir noch nicht sicher, wie lange es dauert bis mir dieser Mittelpart komplett die Freude am restlichen Song nehmen wird. Only time will tell.
Was gibt es sonst noch? Mit dem überraschenden 'Hand Of God', in welchem sich die Band sehr weit aus der bekannten Kürbissuppe freischwimmt, toppt noch ein kleines Highlight aus dem Album heraus. Verbleiben sechs Nummern, die ich nur schwer am Stück anhören kann, was an sehr unterschiedlichen Faktoren liegt. In 'Savior Of The World' kommen die Komponenten Duracell-Häschen-Schlagzeug und Meister-Propper-Gesang so unangenehm zusammen, dass ich danach erstmal eine Schale Brennessel-Salat essen muss, um meine innere Kratzbürstigkeit wieder auf Normalmaß zu bringen. 'A Little Is A Little Too Much' sagt im Titel schon alles. Das ist 80er-Jahre Heavy Rock mit Airplay-Gedanken, also harter AOR, aber mit schneller Abnutzungserscheinung, und 'We Can Be Gods' ist dann der etwas weniger schlimme Bruder von 'Savior Of The World'. Während die oben genannten Gruseleffekte hier weniger dominant sind, weiß ich nicht, was die Tasten-Momente sollen. 'Into The Sun' ist dann eine nette Ballade, die Extra-Portion Streicher-Kitsch hätte ich nicht gebraucht, aber das ist jetzt Genörgel am Limit.
Die Single 'This Is Tokyo' fand ich im Vorfeld noch witzig, im Albumkontext und ohne den visuellen Aspekt des Clips nervt mich dieses plakative Chorus-Wiederholen. Mit 'Under The Moonlight' haben wir dann noch eine nette Nummer kurz vor dem Ende, die nicht weh tut. Wie unschwer zu erkennen ist, ist das leider nicht meine Band, was eben dieser aber völlig egal sein darf, denn der Erfolg gibt ihr ja recht.
Note: 6,0/10
[Holger Andrae]
Ich mache es kurz: An dem Album nervt mich die poppige Attitüde, das balladeske Element, der schunkelige AVANTASIA-Touch. Der Gesang, die zuckrigen Passagen, das Schlagerhafte, die vielen Schichten von Backwerk übereinander. Okay, der Opener ist recht lässig und man denkt: Wenn es nun so weiterginge...
Tut es aber nicht. 'A Little Is A Little Too Much' enthält genau die Sorte Refrain, die mich zur Flucht nötigt. Okay, es soll DEF LEPPARD Paroli geboten werden, was nicht gelingt. 'Gods', 'Universe' und 'Majestic' zeigen dann mittendrin, es ginge auch anders. Die Soli in 'Gods' und im Finale sind einfach grandios, so gefällt mir solche Mucke. Leider sind die schmissigen Passagen selten, immer mäandert die Band hin zum Contest, zum Hit, zum Radio. Die Letzte gefiel mir da weit besser. Der 'Tokyo'-Track ist ganz vorhersehbar geraten. Das Land ist gerade das Ding, aber mal ehrlich, dann lieber MSG: 'Armed And Reaaadyyy', das war live in Japan!
Und warum mehrere Balladen hintereinander? Ich möchte sowas wie 'Reptile', 'Helloween' oder 'Eagle Fly Free', und zwar mehrere dieser Granaten hintereinander, sakra!
Note: 5,0/10
[Matthias Ehlert]
Also, ich habe bisher nur ein paar Durchläufe von "Giants & Monsters" hinter mir. Der Vorgänger von HELLOWEEN, der ebenso hieß, war stark und zur Veröffentlichung ein Dauerbrenner in meinem CD-Schacht, seitdem lief er aber nur noch selten. Die Halbwertszeit war also nicht ganz so hoch wie erhofft, auch wenn das laue "My God-Given Right" zum Glück in Vergessenheit geraten ist.
"Giants & Monsters" wirkt auch auf mich in Vielem wie ein typisches (gutes) Deris-Album, und ich leide darunter überhaupt nicht. Kiske könnte teils etwas präsenter sein, aber seine besten Momente in den letzten 25 Jahren hatte er doch unzweifelhaft bei AVANTASIA und UNISONIC. Geboten wird auf diesem Album einfach das, was man an den Kürbissen liebt. Also melodischer, leicht kitschiger Metal, teils mit durchgetretenem Gaspedal; 'Universe (Gravity For Hearts)' ist da ein gutes Beispiel, und nebenbei ein klasse Longtrack.
Das Album wirkt druckfreier als der Vorgänger. Man muss kein Album rausbringen, das sich irgendwie mit Scheiben aus den späten Achtzigern messen muss, sondern hat einfach wieder Spaß in den Backen. Das Album macht mir bisher bei jedem Spin auch wirklich Freude, ist klasse produziert und gesungen. Es würde auch in die Phase zwischen "Keeper Of The Seven Keys: The Legacy" und "Straight Out Of Hell" passen, also die zweite gute Deris-Phase (nach "Master Of The Rings" bis "The Dark Ride"). Notenmäßig geht meine Tendenz von daher eher nach oben. Wer auf Metal steht und mit dem typisch deutschen, melodischen Sound zurecht kommt, der wird HELLOWEEN sicher im Rennen um den Genre-Sieg gegen AVANTASIA wahrnehmen. Ob RAGE da bald auch mitmischen kann?
Note: 8,5/10
[Jonathan Walzer]
Lass es uns einfach machen, Jhonny. AVANTASIA hat gewonnen. Punkt.
Nein, Spaß beiseite – ich habe in der aktuellen Pommesgabel-Folge bereits verdeutlicht, dass ich mit den Hanseaten subjektiv so gar nix anfangen kann. Dabei habe ich jedem Album eine Chance gegeben. So nun auch 2025. Ich habe Anfang der 2000er angefangen eine persönliche Best-Of CD-R der Kürbisse zu brennen und diese sukzessive mit jedem Album und Song, der mir gefällt, erweitert. Leider wurde das Thema CD-R obsolet, als ich die Spielzeit von 79 Minuten ausreizen konnte. Somit kommt der Track 'Hand Of God' nun eben in die entsprechende Playliste. Der Song gefällt mir nämlich wirklich und macht sich zwischen 'If I Could Fly' und 'Perfect Gentleman' ganz gut.
Der positive Rest sind dann nur Fragmente aus den übrigen Songs, welche ich durchaus goutiere, die aber leider durch zu viele negative Aspekte überlagert werden. Gerade der Opener oder die Longtracks hätte Potential gehabt, scheitern aber an der Tatsache, dass es nun mal HELLOWEEN ist. Doofes Argument, aber HELLOWEEN ist eben nicht GAMMA RAY und somit ist mir das natürlich viel zu wenig Hansen Kai und zwar an allen Ecken und Enden. Im Gegenzug ist Kollege Kiske wieder so grenzwertig unterwegs, dass ich Probleme kriege (oder bei 'Savior Of The World' die Segel streiche) und Herr Deris braucht eh einen Lucky Punch um mich umzuhauen. Die beiden zusammen sind dann tatsächlich mein persönliches Kryptonit. Sowas wie 'Into The Sun' will ich nie wieder hören müssen. Das mag gut gesungen sein (kitschig bleibt es trotzdem), aber wenn man diese Stimmen nicht verträgt, was soll man machen?
Aber auch sonst ist doch sowas wie 'A Little Is A Little Too Much' oder 'This Is Tokyo' echt nicht gut, oder? Legenden-Branding hin oder her. Gerade bei der Single würde ich Godzilla doch freiwillig den Weg zeigen, so viel Murks ist dieser AOR-Ausflug. Man darf doch nicht alles durchwinken, Leute. Gibt ja genug Beweise auf "Giants & Monsters", dass die Band es besser kann.
Also Butter bei die Fische! HELLOWEEN ist für mich weiterhin die Kategorie Rosenkohl. Da kann der Koch noch so zaubern und gute Ideen verbraten, ich esse lieber etwas anders. Trotzdem gebe ich die Hoffnung nicht auf, dass beim nächsten Album vielleicht sogar mal zwei Songs für die Playlist dabei sind - etwas Platz ist noch.
Note: 7,5/10
[Stefan Rosenthal]
Butter bei die Fische, lieber Stefan? Das ist herausfordernd. Vor allem grammatikalisch wittere ich eine Konfusion der Fälle, allzu tief verankert in volkstümlicher Zunge, untrennbar mit dem teutonischen Kolloquialismus verwoben. Doch nun einmal ganz pragmatisch-dativisch zu den Fischen: HELLOWEEN ist derer ein dicker, AVANTASIA ebenso. Die Parallelen darüber hinaus indes, sehe ich heutzutage nurmehr marginal. Mithin fällt es mir schwer, sie als in derselben Sportart angetreten anzusehen und daher unter ihnen einen Sieger zu küren. Es sei denn, dass genitivisch der Fische Art zu bewerten wäre, sich mir als wohlschmeckend zu präsentieren. In jenem grammatikalischen Falle zöge ich akkusativisch den hanseatischen Fisch an Kürbispüree der Butter über dem hessischen Fische vor.
Warum? Nun, einfach weil Heroen wie Monstren innert dieses maritimen Oeuvres insgesamt ein sehr ausgewogenes, fein abschmecktes und vielseitiges Bankett orchestrieren. Daran ist besonders bemerkenswert, dass die sieben Köche weder die Reste der Köstlichkeiten von der Neueröffnung aufwärmen, noch das Risiko einer kreativen Neuerfindung eingehen, die ihnen möglicherweise um die Ohren flöge. Am Ende ist das ganze Buffet einfach eine geschmeidige, gut verträgliche und zum wiederholten Genusse bestens geeignete Wohltat, die immer wieder mit Reminiszenzen an vorzeitige Schmankerln der Protagonisten aufwarten kann, unter welchen im besonderen Maße die deutlich präsentere Note Hansen'scher Stimmwürze den Gaumen zu trätzen vermag.
In dieser Hinsicht ist bereits der erste Gang ein vortreffliches Amuse-Gueule. Doch auch die vielgescholtene erste Geschmacksprobe 'This Is Tokyo' fügt sich aus meiner Sicht sehr gut ins Gesamtarrangement ein, das alle Markenzeichen hanseatischer Klangkunst weidlich auskostet, sich jedoch nicht zu sehr auf die eine oder andere Richtung einschießt. Dabei wurde jedes einzelne Stück mit exakt den Gewürzen verfeinert, derer es bedurfte, um die bewährte Hausmannskost mit Maß und Ziel zum Gourmethappen auszubauen. Ohne dabei das Nordseekrabbenbrötchen mit Sri-Racha-Soße und Kolanuss zum avantgardistischen Verkehrsunfall zu entstellen, aber auch ohne den Elbmündungsteller mit der Flocke Butter zu viel beim Fische im eigenen dativischen Klischee zu ertränken. So lädt das dargereichte Mahl mich jederzeit zum festlichen Schmause und die Taverne zur gemütlichen Einkehr, die ich in keinem Menüpunkte missen wollte.
Note: 9,5/10
[Rüdiger Stehle]
Ich bin ein bisschen froh, die Kommentare der Kollegen hier zu lesen. Denn als ich "Giants & Monsters" von HELLOWEEN das erste Mal gehört habe, dachte ich, ich könne meinen Ohren nicht trauen. Lieder wie 'Savior Of The World' oder 'We Can Be Gods' lösen bei mir absolute AVANTASIA-Vibes aus.
Das ist gar nicht mal im negativen Sinne gemeint. Denn beide Tracks erinnern mich an die beiden "The Metal Opera"-Frühwerke, die ich sehr schätze und deutlich besser als die letzten beiden Scheiben aus dem Hause Sammet finde. Trotzdem ist dieser etwas pathetischere Sound für HELLOWEEN sehr ungewohnt. Generell beschleicht mich das Gefühl, dass der neue Longplayer bewusst anders als "Helloween" werden sollte. Doch das geht für mich bei Liedern wie 'Hand Of God' oder 'Into The Sun' nicht auf. Die Band will einen Tacken zu viel und schwächt sich in ihren Kompositionen dadurch selbst. So steht der extrem plüschig-flauschige Ohrwurm 'A Little Is A Little Too Much' fast schon sinnbildlich für die Platte.
Das ändert jedoch nichts daran, dass die langen Songs 'Universe' und 'Majestic' absolute Kracher sind. Hier kommt das typische HELLOWEEN-Feeling auf. Auch der Opener 'Giants On The Run' ist stark. Ansonsten lässt sich einfach ein wenig zu viel Mittelmäßigkeit wie 'This is Tokyo' finden, so dass mir spontan mindestens sieben bis acht HELLOWEEN-Alben einfallen, die besser sind. Daher ist "Giants & Monsters" für mich nichts anderes als gut gemachter HELLOWEEN-Durchschnitt.
Note: 7,5/10
[Dominik Feldmann]
Stichwort HELLOWEEN-Gefühl: Da nimmt mir Kollege Feldmann die Worte aus dem Mund. Ich höre "Giants & Monsters" und bekomme eben dieses unvergleichliche Gefühl, welches für mich ein gutes ist. Doch wer die Band kennt, weiß, dass HELLOWEEN sich nicht immer gleich anfühlt. Ich mochte auch Außenseiter-Alben wie "Chameleon", und so erstaunlich das auch klingen mag, auch Fans dieses Albums kommen mit der herzzerreißenden Ballade 'Into The Sun' auf ihre Kosten.
Angesichts dessen ist "Giants & Monsters" für mich zu keiner Zeit ungewohnt, ist es doch ein wunderbares Kondensat aller HELLOWEEN-Phasen von melodischem Speed Metal bis hin zum knackigen Hard Rock. Die meisten Gefühle habe ich aber immer noch, wenn Kiske singt, er ist und wird es immer bleiben, mein HELLOWEEN-Liebling. So ist das eben mit den Stimmen, lieber Stefan.
Alles andere haben meine Kollegen schon gesagt, auch die, die hier eher skeptisch unterwegs sind. Was Holger und Matthias an HELLOWEEN auszusetzen haben, ist für mein Ohr die große Stärke. Und jetzt habe ich Sehnsucht nach Tokyo, was für eine tolle Stadt.
Note: 8,5/10
[Thomas Becker]
Fotocredits: Mathias Bothor (Bandfoto) und André Schnittker von POWERMETAL.de (Livefotos)
- Redakteur:
- Thomas Becker