FIDDLER'S GREEN: Interview mit der Band

14.12.2023 | 00:37

"The Green Machine" ist wieder im Lande. Wie sehr ich den Vorgänger "Heyday" abgefeiert habe, zeigt sich in der Tatsache, wie oft ich die 2019er Platte auch vier Jahre später noch laufen lasse. Und auch auf dem neuesten Abenteuer haben sich die FIDDLER'S GREEN-Herrschaften nicht lumpen lassen und ein buntes Potpourri feinster Speedfolk-Klänge kredenzt. Was Pat, Albi und Rainer zu ihrem edlen Tropfen, dem neuesten Bollwerk und den kommenden Live-Dates zu sagen haben, erfahrt ihr hier.

Hallo ihr drei. Nur noch wenige Tage bis zu den Shows, ein neues Album im Gepäck – aufregende Zeiten bei FIDDLER'S GREEN, oder? Wie geht es euch?
Pat: Danke, uns geht es sehr gut! Gestern haben wir uns zum Signieren der fangfrischen neuen Vinyls getroffen und jetzt fiebern wir dem 29.12. entgegen, denn da erscheint endlich unsere neue Platte "The Green Machine". Außerdem freuen wir uns auf die anstehende "Eisheilige Nacht"-Tour!

Kommen wir direkt zum wichtigsten Punkt: Der Green Oak ist am Start, euer eigener Single Malt. Wie kam es dazu und wie kam die Idee bei den Fans und Whiskey-Liebhabern an?
Pat: Es war schon immer unser Traum, einen eigenen FIDDLER'S GREEN-Whiskey als Merchandise-Artikel zu haben, weil wir selbst auch Whiskey-Fans sind. 2020 haben wir dann die Zusammenarbeit mit der pfälzischen Destillerie Sippel begonnen. Erst hatten wir sechs verschiedene Whiskeys, die wir im Zuge unserer Crowdfunding-Kampagne verkauften. Da die Aktion so gut ankam, entschieden wir uns, einen dauerhaft erhältlichen FIDDLER'S-Whiskey auf den Markt zu bringen. Nach sehr vielen lustigen Tasting-Sessions mit Destillerie-Inhaber Thomas entschieden wir uns schließlich für den Green Oak. Und der kommt nicht nur bei Neulingen, sondern auch bei Kennern richtig gut an!

Lecker! Doch der eigentliche Grund unseres Gesprächs ist Musik: Euer neues Album "The Green Machine" erscheint zwischen den Feiertagen. Weshalb habt ihr euch für solch ein ungewöhnliches Veröffentlichungsdatum wie den 29. Dezember entschieden?
Pat: Das ist doch irgendwie ein spannendes Datum, das hängenbleibt. Außerdem hatten in der Vergangenheit einige befreundete Bands gute Erfahrungen mit dem VÖ-Termin in der letzten Woche des Jahres gemacht.

Verstehe. Unter uns, ich habe "Heyday" unheimlich gefeiert. Solch ein lebensbejahendes Hymnen-Album, einfach toll. Worin liegt deiner Meinung nach der musikalische Unterschied zwischen dem 2019er Highlight und der kommenden Maschine?
Pat: Ich glaube, "The Green Machine" ist musikalisch etwas abwechslungsreicher ausgefallen. Natürlich sind die FIDDLER'S-typischen Speedfolk- und Feierstücke vertreten, aber mit 'My Fairy Of The West' zum Beispel haben wir mit Rhythmen und Harmonien aus anderen Genres experimentiert, was unseren Gesamtsound nochmal auffrischt. Auch haben wir mit unserem Vorsatz gebrochen, keine Dudelsäcke auf unsere Alben zu packen, haha.

Stimmt. Waren euer Weihnachts- sowie das Jubiläumsalbum die Gründe, weshalb es mit dem neuen Album etwas länger gedauert hat oder wolltet ihr euch schlichtweg Zeit nehmen, um diese typische FIDDLER'S GREEN-Lebensfreude auch wieder zu Papier bringen zu können?
Pat: Irgendwie beides. Das Jubiläumsalbum und das Weihnachtsalbum waren Herzensangelegenheiten für uns, die wir unbedingt verwirklichen wollten. Corona, so scheiße das alles auch war, kam uns dann aber vom songwriterischen Aspekt her aber gar nicht so ungelegen. Wir konnten das Weihnachtsalbum in Angriff nehmen und parallel dazu haben wir mit dem Songwriting für "The Green Machine" begonnen. Ganz ungezwungen und vor allem ohne terminlichen Stress. So konnten wir uns wirklich die Zeit nehmen, die wir brauchten, bis wir sowohl mit den Songs, als auch mit den Aufnahmen und der Produktion vollends zufrieden waren.

Ihr habt tatkräftige Unterstützung von den DRITTE WAHL-Jungs bekommen. Wie kam die Kollaboration zustande und wie war es mit ihnen gemeinsam an der Platte zu arbeiten?
Pat: DRITTE WAHL nimmt auch im Principal Studio auf, und wir sind recht gut befreundet. Außerdem spielen Gunnar und ich ja auch bei UNIVERSUM25 zusammen. Also haben wir uns im Studio getroffen, sie sangen die Chöre unserer Platte mit, und wir dann im Gegenzug die Chöre ihrer. Das war echt lustig, und das ein oder andere Kaltgetränk wurde natürlich auch vernichtet.

Hand aufs Herz bei so viel Authentizität: Wie viel Irish Coffee und Whiskey floss bei den Aufnahmen, um dieses wunderbare Irish-Pub-Feeling auch auf Platte bannen zu können?
Pat: Beim Songwriting und bei den Aufnahmen sind wir zugegebenermaßen recht diszipliniert. Ich zum Beispiel trinke während des Einspielens und Einsingens gar nix Alkoholisches, weil ich dann konzentrierter und besser arbeiten kann. Die Inspirationen holen wir uns dann eher gegen Abend, wenn wir zusammensitzen, um mit Bier, Whiskey und dem ein oder anderen Mixgetränk auf den erfolgreichen Tag anzustoßen.

Pat, du hast den Song vorhin schon erwähnt: Mit 'My Fairy Of The West' und 'A Fleecy Cloud' habt ihr so wunderschöne und herzenswärmende Songs am Start. Schlagen sich die vergangenen, doch schwierigen drei Jahre auf Mutter Erde auch im Songwriting nieder oder seid ihr wie die letzten 30 Jahre auch an ein neues FIDDLER'S GREEN-Album herangetreten?
Albi: Im Prinzip schon, wir hatten jedoch während der Pandemie sehr viel mehr Zeit, das neue Album vorzubereiten. Normalerweise spielen wir ca. 70 Shows im Jahr, da ist man schon ziemlich viel unterwegs. Vor allem 2020/21 dagegen hatten wir plötzlich jede Menge Freiräume und konnten uns daher auch viel öfter in die Principal Studios zurückziehen, mitten auf dem Land, gefühlt fernab jeglicher Zivilisation. Hat den Songs gutgetan, sich immer wieder mit zeitlichem Abstand quasi mit frischen Ohren unserem neuen Werk widmen zu können. Wesentlich belastender als die Pandemie war für mich persönlich der Sommer 2023, denn ich musste mich völlig unerwartet einer Innenohroperation unterziehen. Aus dieser Situation heraus entstand der Text zu 'A Fleecy Cloud', eine Zusammenarbeit mit Lisa Seifert von JOHN GARNER: ein Trostgespräch zwischen zwei Freunden, sozusagen in eigentherapeutischer Absicht an mich selber gerichtet. Der Titel stammt übrigens auch von Poe, auf den ich gleich noch zu sprechen komme. Mir fehlte noch Text in der ersten Strophe und ich hab ganz klassisch in nächtlicher Stunde als Anregung ein paar Gedichtbände durchgeblättert und stieß prompt auf die Zeilen "There passed, as a shroud, a fleecy cloud" - eine bessere Umschreibung dafür, was in mein Ohr absolut nicht hingehört, konnte ich gar nicht finden.

Da hast du Recht, Albi. Dadurch bekommt das Lied noch mehr Tiefgang. Ein sehr cooler Song ist auch 'May The Road Rise Up To Meet You', der sich an wen genau richtet?
Pat: Wir fanden die Idee sehr spannend, einen musikalisch eher lieblichen Song mit einem Text zu versehen, der genau das Gegenteil darstellt. Es geht um eine Person, der man sprichwörtlich die Pest an den Hals wünscht. Mit allen Facetten. Das ist der typische FIDDLER'S-Humor.

Mit 'Ready For The Ball' habt ihr für Herrn Edgar Allan Poe eine sehr schöne Party-Nummer am Start. Welchen Einfluss hat Poe auf dich und FIDDLER'S GREEN und warum ausgerechnet "Die Maske des roten Todes"?
Albi: Ich war schon immer ein Fan der englischen und deutschen Schauerromantik, und als Stefan den Textentwurf zu 'Ready For The Ball' präsentierte, eine Sause auf einem Schloss in mittelalterlichem Setting, fiel mir gleich besagte Kurzgeschichte ein, in der sich Graf Prospero mit seinen Getreuen von der Außenwelt, in der die Pest wütet, abschirmt, um ein rauschendes Fest zu feiern. Ich fand die Vorstellung reizvoll, nicht lediglich einen "Wir sind super drauf, hoch die Tassen"-Song zu schreiben, sondern den Gegensatz, dass draußen die Welt vor die Hunde geht, während man drinnen umso mehr die Sau rauslässt, zu nutzen. Und so habe ich Stefans Entwurf um Motive ergänzt, die in der Geschichte vorkommen und eine unheimliche Atmosphäre generieren: sieben Zimmer, jedes in einer anderen Farbe, das Pendel, das unerbittlich unheilverkündend schwingt usw., während der Refrain das Leben preist. Den Schluss von "Die Maske des roten Todes" habe ich aber weggelassen, das wäre dann doch zu frustrierend geworden.

Zuletzt sei auch 'I Need A Volunteer' erwähnt, ein Song, der sehr druckvoll umhergroovt. Albi, wofür genau braucht ihr einen Freiwilligen?
Albi: Die Ursprungsidee kam von Frank [Schlagzeuger – Anm. d. Red.]: ein Mann, der die Taschen voller Geld hat und damit um sich wirft. Mir fiel spontan dazu eine Zirkusnummer ein und so kam ich auf einen, sagen wir mal, etwas eigenwilligen Zauberer mit artistischen Fähigkeiten, der Freiwillige für seinen Drahtseilakt in der Manege braucht, um diese vor den Augen des johlenden Publikums verschwinden zu lassen; er wählt dabei vornehmlich Leute aus, die vom Leben stark gebeutelt wurden, um sie auf diese Weise gleichsam von ihrem Leiden zu erlösen, was er als einen Akt der Liebe begreift - also ein bisschen durchgeknallt, der Typ.

In diesen Tagen seid ihr u.a. mit SUBWAY TO SALLY und LETZTE INSTANZ auf Tour, bevor es für euch im Frühling richtig losgeht. Wie sehr brennen die neuen Tracks darauf, endlich live dargeboten zu werden, wie fühlt es sich an, wieder auf Tour zu sein?
Pat: Wir freuen uns riesig darauf, die neuen Songs endlich live zu spielen! Bei der "Eisheiligen"-Tour werden wir schon ein paar Lieder der Platte ins Programm nehmen, bevor wir dann im Frühjahr bei unserer eigenen Tour die "Green Machine" so richtig aus dem Sack lassen.

Wisst ihr, worauf ich mich freue? Euch nächstes Jahr in Köln und auf dem "Reload"-Festival in Sulingen zu sehen. Was liegt eurem Irish Speedfolk eher? Die Hallen- oder die Open-Air-Shows?
Pat: Open Airs machen natürlich unheimlich viel Spaß. Diese Masse an Menschen, dieses Miteinander mit den anderen Bands, diese gigantische Party, die man mit allen Anwesenden feiert, das ist schon der Hammer! Auf der anderen Seite schreit unsere Musik förmlich nach heißen Hallen, nach Schweiß, der von der Decke tropft, und nach einem etwas intimeren Miteinander zwischen Band und Fans, das du so halt nur in den Clubs bekommst. Deshalb würde ich sagen: Open Airs 49%, Clubs 51%.

Ihr seid seit über 30 Jahren im Business und schafft es noch immer, frische, authentische Musik an den Mann zu bringen. Rainer, du bist seit Anfang an dabei – was waren in all der Zeit deine Highlights und was wäre für dich und FIDDLER'S GREEN noch ein absoluter Traum?
Rainer: Albi und ich, sowie auch Stefan (der allerdings ein FIDDLER'S-Jahr weniger auf dem Buckel hat) sind die Gründungsväter der Band. Inzwischen haben wir wirklich sehr viel gespielt und noch mehr gesehen. Mein fehlendes Highlight wäre ein Treffen mit Shane McGowan gewesen. Das wird ja leider nicht mehr möglich sein.

Ihr Lieben, euch ein wunderbares Weihnachtsfest, eine tolle Tour und alles Gute für "The Green Machine". Was möchtet ihr euren Speedfolk-Fans und unseren Lesern noch mit auf den Weg geben?
Rainer: Wir danken euch, dass ihr uns über die Jahr(zehnt)e die Treue haltet! Das bedeutet uns unglaublich viel, und wir können es kaum erwarten, mit euch in ein gigantisches Jahr 2024 zu starten! Folk's not dead!

Fotocredits: Jasmin Seidel

Redakteur:
Marcel Rapp
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