EXTOL: Interview mit John Robert

18.02.2005 | 11:52

EXTOL waren zu "Synergy"-Zeiten (2003) so etwas wie ein Exot. Denn obwohl die spielerische und songwriterische Klasse damals wie heute unbestritten war und ist, nahm seinerzeit niemand so richtig Notiz von den Nordlichtern. Das sollte sich mit ihrem neuen Album "Blueprint" spielend ändern. Denn so offen für jedweden Sound gaben sich EXTOL noch nie. Dementsprechend dürften die fünf Instrumentalmeister Fanscharen zahlreicher Genres ansprechen. Von Thrash Metal bis Fusion, von Death- bis Power Metal, von Melodic über Ambient bis hin zu Black Metal: Auf "Blueprint" hält ein meterdicker roter Faden die Stile zusammen, ohne das auch nur ein einziges Mal eine wirklich störende Harmonie zu vernehmen wäre. Nach zwei Line-Up-Wechseln im letzten Jahr und einer dezenten Kurskorrektur war es auf Grund des Releases allerhöchste Zeit, Basser John Robert Mjaland auf den Zahn zu fühlen.

Alex:
Hi, John Robert! Alles klar bei euch?

John Robert:
Ja, soweit ist bei uns alles im grünen Bereich.

Alex:
Was bedeutet der Albumtitel des neuen Albums, "Blueprint"?

John Robert:
Der Albumtitel bezieht sich nicht auf einzelne Songs, sondern auf die komplette Scheibe. Es ist eigentlich eine konzeptionelle Geschichte, deren voller Titel "The Blueprint Dives" heißt. Das Wort 'Dives' kann sowohl die Songs als unsere geschriebene songwriterische Arbeit verstehen oder ein Spannungsfeld beschreiben, indem all unsere Gefühle, Ideen, Gedanken und der Glaube einfließt. 'Blueprint' wiederum ist etwas universelles, ein Model, das es wert ist, nach ihm zu leben.

Alex:
Vielleicht sagst du zunächst mal etwas über eure neue Scheibe. Wie stehst du zur Zeit zu "Blueprint"?

John Robert:
Wir alle sind mehr als zufrieden mit "Blueprint". Das Album offenbart neue Seiten im EXTOL-Sound, die wir in dieser Form noch nie so exzessiv ausleben konnten. Dennoch ist "Blueprint" das homogenste Album unserer Karriere geworden, auf das wir mächtig stolz sind.

Alex:
Habt ihr "Blueprint" wieder in Oslo aufgenommen?

John Robert:
Ja, im selben Studio, in dem wir auch schon den Vorgänger "Synergy" eingespielt haben, die Top Room Studios in Oslo. Børge Finstad hat einmal mehr produziert und wir sind absolut fasziniert von der Transparenz seiner Arbeit. Für den Mix wollten wir aber dieses Mal eine andere Location und so sind wir ins Antfarm nach Dänemark getingelt und haben Tue Madsen einen Besuch abgestattet. Ich denke, dass wir die richtige Wahl getroffen haben, da die Produktion zwar glasklar ist, zudem aber auch einen richtig geilen Punch hat und auch schön rau und erdig ist. Wir wollten im Sound unserer Musik einfach mehr Tiefe und Gefühl und ich denke, dass uns schlussendlich beides geglückt ist.

Alex:
Es gibt nicht gerade wenige Leute, die euch auf Grund eurer Komplexität als DREAM THEATER in Thrash bezeichnen, euch aber eine gewisse Einzigartigkeit attestieren. Wie siehst du das?

John Robert:
Einzigartig vielleicht, wenn du das Zusammenspiel der zahlreichen Stilelemente in Kombination mit unserem Sound herausstellst. Aber der Vergleich mit DT hinkt gewaltigt. Im Gegensatz zu ihnen sind wir straightforward, viel mehr in die Fresse. Zudem möchte ich zwar nicht überheblich klingen, sage aber trotzdem, dass ich unsere Ideen kreativer finde, als DREAM THEATERs Arrangements. Meine Meinung.

Alex:
Welcher Song auf der neuen Scheibe verkörpert euch denn am besten?

John Robert:
Schwer zu sagen, ich favorisiere jedoch den Opener 'Gloriana'. Er startet schnell und aggressiv und verfällt dann in relaxte Sphären mit akustischen Gitarren und cleanen Vocals. Die perfekte Eröffnungsnummer! Sie zeigt sehr anschaulich, wie unproblematisch solch unterschiedliche Stilelemente Hand in Hand gehen können.

Alex:
Wie geht ihr denn an eine solche Nummer heran, in der ja nicht gerade wenig passiert?

John Robert:
Vieles von dem regelt sich mit der Zeit von selber. Allerdings investieren wir immer sehr viel Zeit in die einzelnen Songs und überarbeiten sie immer und immer wieder. Jeder hat seine Meinung und Ideen, in welche Richtung sich ein Arrangement zu entwickeln hat. Das wird schon kanalisiert, aber nicht kontrolliert. Es gibt niemanden, der oberlehrerhaft das Lineal schwingt. Wir sind dann immer ein wenig unsicher, wie das Ganze letzten Endes nach den Studiosessions klingt. Bisher sind wir aber nur positiv überrascht worden. Wahrscheinlich aber auch weil wir eigentlich immer gewissenhafte Vorproduktionen anfertigen.

Alex:
Ihr habt letztes Jahr ein paar Line-Up-Probleme gehabt. Was war los?

John Robert:
Ja, letztens verließen uns beide Gitarristen, um ihre Energie in andere Dinge zu investieren. Es besteht bei einem so drastischen Einschnitt immer die Gefahr, dass eine Band auseinander fällt. Glücklicherweise fanden EXTOL relativ schnell Ersatz. Und zwar in den beiden etatmäßigen Gitarristen der Band GANGLION, Tor Glidje und Ole Sveen. Diese Verbindung hat vom ersten Moment an Blüten getragen. Und da jeder von uns schon einmal in verschiedenen Besetzungen und Formationen gespielt hat, war diese Situation nicht wirklich neu. Danach ging alles sehr schnell.

Alex:
Gib mir mal einen kurzen Überblick über eure Texte, die sich ja um etwas Universelles ranken, wie du schon am Anfang berichtet hast. Wovon handelt das Konzept "The Blueprint Dives"?

John Robert:
Dieses Universelle bezieht viele Einzelaspekte mit ein, womit sich die jeweiligen Texte befassen. Liebe, Hoffnung, Einsamkeit, Unendlichkeit, die Seele, Autorität und so weiter. Es gibt weit mehr, als roter Faden sollen aber mal diese Themen reichen. Eine positive Färbung haben alle Zeilen "Blueprints". Wenn du so willst, ist jeder Song dabei ein "dive into blueprint", ein Mosaikstein des Ganzen. Eine Reise in die Realität und die Wahrheit, jenseits allem, was wir mit bloßem Auge sehen können.

Alex:
Habt ihr gigtechnisch schon Planungen am laufen?

John Robert:
Ja, wir spielen erst zwei Releaseshows und setzen dann europaweit über, um MASTODON und DOZER für drei Wochen zu supporten. Deutschland wird auch mit von der Partie sein. Ende März sind wir dann noch im Vorprogramm von GOD FORBID in England, bevor es noch mal für einige Wochen in die USA geht. So sieht es in nächster Zeit aus. Es laufen aber zahlreiche weitere Planungen für den Herbst.

Alex:
Habt ihr irgendwelche Besonderheiten für eure Shows geplant?

John Robert:
Wie immer: Intensiv, mit jeder Menge rauer Energie. Wobei das neue Material natürlich weit mehr ruhige Passagen beinhaltet. Vielleicht sind wir aber diesmal noch lauter und haben eine noch positivere Liveatmosphäre, haha.

Alex:
Hast du schon Feedback zu "Blueprint" erhalten? Wie geht denn die internationale Presse mit der Scheibe um?

John Robert:
Generell sehr positiv, wobei ein gewisser Annäherungsprozess stattfindet. Es gibt auf der neuen Scheibe viel Neues und demnach auch vieles, an das man sich erst einmal gewöhnen muss. Es scheint aber, dass die Presse diese neue EXTOL-Seite versteht und auch akzeptiert.

Alex:
Schlagwort: Zehn Jahre EXTOL...

John Robert:
Ich weiß, so lange schon! Eine Band, die über einen solch langen Zeitraum zusammen bleibt und gemeinsam Stufe für Stufe erklimmt, ist für mich etwas Besonderes. Und es fühlt sich absolut nicht so an, als wären wir jetzt eine "alte" Band. Ich denke, wir sind immer noch up to date und ganz nah am Zahn der Zeit. Wenn ich mir die Bandsituation untereinander ansehe, kann ich mittlerweile nur von einer Familie sprechen. Nichts anderes sind wir.

Alex:
Wie sieht es innerhalb dieser Familie abseits dem Bandgeschehen aus?

John Robert:
Zunächst mal ist die Band natürlich unser Mittelpunkt, da sie der Ort ist, an dem wir gemeinsam unsere Kreativität bündeln und ausleben. Außerdem eint sie uns in Freundschaft und gibt uns Identität. Aus dieser tiefen Verbundenheit heraus entsteht eine Botschaft, die wir den Hörern da draußen vermitteln wollen. Eine positive Botschaft, die aus positiven Individuen entsteht. Wir haben kein Ziel, das wir unbedingt mit der Band erreichen wollen. Außer einem: Wir wollen die Sterne erreichen und unsere Hörer mitnehmen.

Alex:
Einen schöneren Schlusssatz hab ich, glaube ich, noch nie gehört. Kannst du noch ein paar letzte Worte für unsere treue Anhängerschaft anschließen?

John Robert:
Checkt unser neues Album an und kommt zu den Deutschlandterminen in Köln, Berlin, Hamburg oder München. Ich verspreche euch was ganz Besonderes.

Alex:
Danke für das Interview. Lasst es euch gut gehen.

John Robert:
Wir haben zu danken. Wir sehen uns!

Redakteur:
Alex Straka

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