CANNIBAL CORPSE: Interview mit Alex Webster und Paul Mazurkiewicz

25.02.2009 | 21:47

Alex Webster: "Es gibt immer Spielräume, um sich weiter zu verbessern". POWERMETAL.de führt ein ausgiebiges Interview mit der Genre-Legende CANNIBAL CORPSE - da bleibt kein Auge trocken.

CANNIBAL CORPSE haben mit ihrem jüngsten Werk "Evisceration Plague" ihr wahrscheinlich stärkstes und musikalisch hochwertigstes Album herausgebracht. Anlässlich der Europatour als Co-Headliner von CHILDREN OF BODOM traf POWERMETAL.de am 02.02.2009 die beiden Gründungsmitglieder Alex Webster (Bass) und Paul Mazurkiewicz (Schlagzeug) backstage im LKA Longhorn in Stuttgart, wenige Stunden vor der Show. In einem fast 40-minütigen Interview entlockten wir den beiden Vollblutmusikern etliche Details zum Entstehungsprozess der aktuellen Scheibe, aber auch viele Anekdoten. Fans sollten die Ohren spitzen. Und ab dafür!


Martin:
Ihr habt ja gerade ein neues Album namens "Evisceration Plague" veröffentlicht. Vergleiche die Scheibe doch bitte einmal mit dem Vorgänger "Kill".

Alex:
Es gibt schon einige Ähnlichkeiten des neuen Albums zu "Kill". Gerade auch in Sachen Produktion, da wir ja den selben Produzenten beziehungsweise das gleiche Team hatten: Eric Rutan und seinen Assistenten Shawn Brian. Aber insgesamt finde ich, dass die Scheibe anders klingt als der Vorgänger. Wir hoffen und wir denken, dass die Scheibe härter ist als die Sachen, die wir zuvor gemacht haben. Aber wer weiß das schon. "Kill" war auch eine sehr brutale Scheibe. Beide Scheiben sind sehr heavy, aber beide auf eine unterschiedliche Art und Weise.

Martin:
Das erste Stück, das auf eurer MySpace-Seite vom neuen Album hochgeladen wurde, war der Titeltrack 'Evisceration Plague'. Und der hat mich ehrlich gesagt anfangs nicht gerade aus den Socken gehauen, aber er hat sich zu einem echten Grower entwickelt. Dieses Stück ist wirklich ein wahnsinnig intensives Groovemonster. Irgendwie hat mich das Stück auch an das alte BLACK SABBATH-Cover 'Zero The Hero' erinnert, das ihr während der "Tomb"-Sessions aufgenommen hattet.

Alex:
Wir wollten ein recht breites Spektrum an Songs auf dem neuen Album haben. Sie sollten nicht alle schnell oder sehr technisch klingen. Ebenso wenig wollten wir zu einfach gestricktes oder zu behäbiges Material. Wir wollten mit "Evisceration Plague" eine gute Mischung von Elementen erreichen, bei denen jedes der Stücke einen eigenen Charakter hat. Natürlich klingt das Stück nicht so schnell und so technisch wie beispielsweise 'Murder Whorship', aber es ist wirkungsvoll auf seine eigene Art und Weise. Ich persönlich würde kein Album machen wollen, auf denen bloß solche CANNIBAL CORPSE-Songs drauf sind - höchstens einen oder zwei in dieser Richtung pro Album. Aber schon so viele, um eine gute Mischung auf dem Album zu haben.

Martin:
Alex, welches Stück war denn für dich persönlich das schwierigste beziehungsweise dasjenige, welches die meiste Zeit in Anspruch genommen hat, bis du vollständig mit dem Ergebnis zufrieden warst?

Alex:
Aus meiner Sicht war das wohl 'Unnatural'. Das war das für die gesamte Band am schwierigsten umzusetzende Stück, besonders für die Gitarristen. Das Endresultat war die Mühe wert, aber dieser Titel hat mit Abstand am meisten Zeit in Anspruch genommen.

Paul:
Also im Hinblick auf die Gitarrenarbeit würde ich Alex zustimmen. Für mich war allerdings der Opener 'Priests Of Sodom' am schwierigsten im Studio umzusetzen, da wir zum allerersten Mal auf einer CANNIBAL CORPSE-Veröffentlichung Click-Tracks benutzt haben. Und wenn man Click-Tracks benutzt, dann musst du die Stücke verdammt präzise eintrümmern, Mann! Das Aufnehmen dieses Stücks war halt etwas schwieriger. Aber wir haben das ja gut hinbekommen.

Martin:
Habt ihr eigentlich Verständnis für die Meinungen von einigen Death-Metal-Fans, die zwar anerkennen, dass ihr mit CANNIBAL CORPSE auf der einen Seite ein sehr hohes instrumentales Können auffahrt, aber auf der anderen Seite bemängeln, dass ihr euch nach deren Wahrnehmung in Sachen Songwriting nicht großartig verändert? Manche denken auch, dass CANNIBAL CORPSE offener für Veränderungen sein sollten und vielleicht auch einer anderen Herangehensweise beim Songwriting Raum lassen sollten.

Alex:
Jeder hat halt eine andere Meinung zur Musik und eine unterschiedliche Vorliebe. Bei uns ist die Situtation halt so, dass man uns - wenn wir uns zu stark an unseren alten Alben orientieren würden - vorhalten würde, dass wir immer dasselbe machen. Würden wir uns zu stark verändern, so würde uns das aber auch wieder zu Nachteil gereichen. Auch wenn wir die Meinungen unserer Fans zum Songwriting bei CANNIBAL CORPSE respektieren und schätzen, so müssen wir diese aber bis zu einem gewissen Grad ignorieren und zunächst auf uns selbst hören. Wir hoffen eben, dass Songs, die wir als heavy empfinden, auch von unseren Fans so wahrgenommen und gemocht werden.

Paul:
Was das Experimentieren anbetrifft: Wir haben ja gerade vom Titelstück 'Evisceration Plague' gesprochen. Dieses Stück könnte man schon als etwas experimentell bezeichnen. Weil dieser Track sich von den übrigen Stücken des Albums unterscheidet. Aber das ist dann auch schon das größte Ausmaß an Andersartigkeit in unserem Sound, das wir auffahren wollen. Auf gar keinen Fall wird man bei uns Keyboards oder sanfte Melodien hören.

Martin:
Ich würde auf gar keinen Fall Keyboards bei CANNIBAL CORPSE hören wollen!

Paul:
Aber Songs wie 'Evisceration Plague' oder 'A Cauldron Of Hate' sind schon anders als viele Stücke, die wir gemacht haben. Sie tragen sehr deutlich die Handschrift von CANNIBAL CORPSE und sie sind brutal wie nur was. Das sind die Veränderungen im Sound, die wir mittragen.

Martin:
Ich kann mir vorstellen, dass es nicht zu einfach ist, sich an den eigenen Wurzeln zu orientieren, ohne zu stark dieselben Riffs oder die gleichen Rhythmusstrukturen zu wiederholen.

Alex:
Ja, da hast du recht. Ich denke, dass die Herausforderung darin besteht, neue Wege zu finden, um noch härter zu klingen. Weißt du, was ich meine? Und genau das versuchen wir. Ich weiß nicht, ob uns das stets gelingt, aber wir versuchen, von Album zu Album stets härter zu klingen. Wir sind bestrebt, da schon etwas Neues auszuprobieren. Wir fragen uns auch manchmal, ob wir nicht ein langsames, brutales Stück komponieren können, das aber im Endeffekt eine brutalere Wirkung entfaltet als ein schneller Klopfer.

Martin:
Meiner Ansicht nach ist euch das gelungen. Ich hatte hohe Erwartungen an das Album, da mir schon der Vorgänger "Kill" sehr gut gefiel. Ich habe mir "Kill" recht gezielt angehört, bevor ich die Promo-CD von "Evisceration Plague" erhalten hatte. Schon nach dem ersten Hördurchgang dachte ich, dass die Scheibe sehr stark ist. Nun ist es so, dass mir "Evisceration Plague" besser gefällt als "Kill".

Alex:
Oh, danke! Das ist schön zu hören.

Martin:
Ihr habt ja zum zweiten Mal mit Eric Rutan (HATE ETERNAL, ALAS, ex-MORBID ANGEL) zusammengearbeitet, der "Evisceration Plague" produziert hat. Von Eric sagt man, dass er ein "drill sergeant" sei. Wie ist es denn, mit ihm zusammen zu arbeiten?

Alex:
Wir sind mit Eric gut befreundet. Wir schätzen seine Meinung sehr. Wenn er uns nahelegt, eine bestimmte Passage zu überarbeiten, die aus seiner Sicht nicht so gut klingt, dann trauen wir ihm da voll und ganz, dass diese Überarbeitung die Mühe wert ist. Das, was er uns abverlangt, ist stets die Anstrengung wert, wenn man das Ergebnis betrachtet. Er macht das, damit unser Album im Endeffekt besser klingt. Das ist der Grund.

Alex:
Ein Produzent muss die Band ein wenig auf Trab halten, denn er hält die Band im Studio zusammen. Denn wir könnten auch leicht im Studio frustriert sein oder sagen: "Nein, die Passage klingt gut genug. Lasst uns an etwas anderem weiterarbeiten." Aber man braucht als Band eben eine Meinung von außen. Und was sich bei Eric eben noch als sehr positiv erweist - mehr, als bei allen anderen Produzenten, die wir je zuvor hatten - ist der Umstand, dass er selbst Gitarrist in einer Death-Metal-Band ist. Er versteht mehr von Death Metal, als jeder andere, mit dem wir je im Studio gearbeitet haben. Das ist natürlich schon sehr hilfreich. Sein musikalischer Hintergrund und sein umfangreiches Wissen sind ein Schlüssel zum Erfolg. Das hilft uns enorm.

Martin:
Gibt euch Eric dann eher Tipps im Studio, eine bestimmte Passage zu überdenken oder etwas zu verändern oder agiert er sehr fordernd, indem er klar sagt, dass ihm etwas nicht gefällt oder dass er die Passage über Bord werfen würde? Oder vielleicht, dass ihr noch tighter spielen sollt? Wie sieht die Arbeitsweise eines Eric Rutan aus?

Alex:
Die Hauptaufgabe von Eric besteht darin, unser Album zu produzieren. Wenn wir beispielsweise an einer Gitarrenharmonie komponieren und zwei unterschiedliche Ideen für diese Passage haben, dann können wir ihn natürlich jederzeit fragen, welche Idee aus seiner Sicht die bessere ist und welche besser klingt. Bei den Schlagzeugpassagen zu "Evisceration Plague" hatten wir auch für manche Songs unterschiedliche Ideen. Wir haben ihn da zu Rate gezogen, welches Rhythmus-Muster brutaler klingt. Eric hat im Bereich extremer Musik so viel Erfahrung, dass wir einfach wissen, dass er uns eine hilfreiche Meinung zu unseren Stücken gibt. Wenn er meint, dass eine Stelle richtig heavy klingt, dann können wir uns darauf verlassen, dass sie auch tatsächlich heavy ist.

Martin:
Wie muss man sich denn den Songwriting-Prozess bei CANNIBAL CORPSE vorstellen? Kannst du uns etwas darüber erzählen? Wie komponiert ihr neue Stücke?

Alex:
Wenn wir in das Studio gehen, um eine neue Platte aufzunehmen, stehen bereits alle Songs. Sie sind schon ziemlich sorgfältig arrangiert, außer die Gitarrensoli und -harmonien. Es kann auch mal vorkommen, dass wir einige kleinere Details während der Arbeit im Studio noch verändern. Normalerweise arbeitet jedes Bandmitglied für sich an Songideen. Manchmal arbeiten wir auch zu zweit oder zu dritt an neuen Ideen zusammen. So habe ich zum Beispiel zusammen mit Rob [Barret, Gitarrist - Anm. d. Verf.] das Stück 'Scalding Hail' in unserem Proberaum geschrieben. Aber die anderen Stücke habe ich zu Hause geschrieben, Rob hat sein Stück allein komponiert und auch Pat arbeitet so. Wir spielen vier Mal pro Woche zusammen, um das neue Material einzustudieren und zu entwickeln.

Martin:
Ihr probt vier Mal pro Woche?

Alex:
Ja, wir proben eigentlich ständig und wir wollen noch besser an unseren Instrumenten werden. Es gibt immer Spielräume, um sich weiter zu verbessern - selbst über einen Zeitraum von einer Woche. Wir arbeiten zunächst an der Musik selbst. Der jeweilige Songwriter stellt dann das Stück vor und hilft den anderen, es einzustudieren. Wir feilen dann an dem Stück und entscheiden, welchen Liedtitel es erhalten soll. Wir überlegen gemeinsam, legen einen Songtitel fest und jeder der Songwriter schreibt dann einen Liedtext. Ich schreibe beispielsweise die Texte meiner Kompositionen selbst, Paul schreibt üblicherweise Liedtexte zu Stücken, die von Pat [O' Brien; Gitarrist - Anm. d. Verf.] stammen. Auch Rob schreibt die Lyrics zu seinen Stücken selbst.

Martin:
Und was ist mit George?

Alex:
George beteiligt sich nicht am kreativen Prozess zur Entstehung neuer Stücke. Wir würden uns natürlich darüber freuen, aber er scheint voll und ganz damit zufrieden sein, "bloß" der Sänger von CANNIBAL CORPSE zu sein. Er mag unsere Lyrics und Stücke. Wir würden uns darüber freuen, wenn er auch Texte schreiben würde, aber irgendwie scheint er da nicht wirklich Lust dazu zu haben (lacht).

Martin:
Na ja, da bleibt schon mehr Zeit für ihn, damit er "World Of Warcraft" zocken kann.

Paul:
Oh, da könntest du recht haben. Genauso ist es! (Gelächter). Man merkt, dass du unsere DVD gesehen hast [Paul meint die 3-er DVD Box "Centuries Of Torment" - Anm. d. Verf.].

Martin:
George scheint ein richtiger Crack in dieser Hinsicht zu sein.

Alex:
Er ist verdammt gut in diesem Online-Spiel. Er ist ein regelrechter Meister. Ich selbst habe "World Of Warcraft" noch nie gespielt.

Martin:
Alex, du hast im Vorfeld der Veröffentlichung von "Evisceration Plague" verlauten lassen, dass das neue Album den bis dato härtesten Gitarrensound einer CANNIBAL CORPSE-Veröffentlichung überhaupt haben wird. Denkst du, dass der Sound der neuen Scheibe sich so stark von dem auf der "Kill"-Scheibe unterscheidet? Ich meine, schon "Kill" hatte einen regelrecht Schädel spaltenden, sehr massiven Sound.

Alex:
Eigentlich müsstest du Pat zu dieser Frage hinzuziehen. Normalerweise kann man es Pat kaum in Sachen Sound recht machen. Aber er ist dieses Mal der Meinung, dass seine Gitarrenspuren mit dem bisher besten Sound überhaupt in Szene gesetzt wurden. Er hat absolut nichts an der Produktion und dem Mix auszusetzen gehabt. Im Regelfall gibt es nämlich immer etwas, worüber er sich beschwert. Bisher hat er nach dem Erscheinen von jedem CC-Album im Nachhinein etwas zu kritisieren gehabt, was in seinen Ohren nicht so gut klang. Er meint dann immer: "Okay, das nächste Mal müssen wir das besser machen." Nun ist er tatsächlich der Meinung, dass das der beste Sound einer Scheibe ist, den wir je hatten.
Wir wollten den Sound genauso haben. Er entspricht genau unserer Vorstellung, wie sich ein besonders heavy klingender Gitarrensound anhören sollte. Jeder mag da eine andere Meinung diesbezüglich haben, aber wir alle finden, dass dieser Sound der bisher beste ist.

Martin:
Ich habe mir im Vorfeld des Erscheinens eures neuen Scheibchens "Kill" ausgiebig angehört und nachdem ich die Promo-Kopie von "Evisceration Plague" hatte, den Sound dann jeweils verglichen. Die Produktion klingt für mich ein klein wenig heller vom Klangbild her, währen die Gitarren irgendwie schon schneidender und ein Quäntchen intensiver klingen.

Alex:
Ja, der Sound ist schon sehr ähnlich, aber gerade bei den etwas langsameren Stücken (ahmt die fräsenden Riffs nach - d. Verf.) ... das kann man nur recht schwer in Worte fassen. Man muss sich die Stücke schon genau anhören.

Martin:
Was haltet ihre eigentlich von Bewertungen, die ihr in der Fachpresse bekommt oder auch von Metalfans, die beispielsweise für Webzines schreiben? Welchen Stellenwert messt ihr den Reviews bei? Lest ihr sie oder steht ihr Kritiken eher gleichgültig gegenüber?

Alex:
Klar lesen wir Kritiken! Wir wollen doch wissen, was die Leute von unseren Alben halten. Aber wenn dann jemand etwas richtig Negatives über uns schreibt, dann denken wir halt, dass der Typ keine Ahnung von den Sachen hat, über die er schreibt (lacht). Nein, was ich damit sagen möchte, ist: Wir sind schon recht selbstsicher, dass die Alben, die wir veröffentlichen, unserer Ansicht nach auch gute Alben sind. Wenn jemand unsere Meinung nicht teilt, dann ist das halt einfach eine andere Meinung. Das stört uns nicht.

Paul:
Wir machen musikalisch unser Ding und uns ist wichtig, dass zunächst wir mit unseren Alben zufrieden sind. Natürlich möchten wir wissen, wie unsere Musik beim Publikum ankommt. Glücklicherweise hatten wir für unsere letzten paar Alben tolle Kritiken in den Medien erhalten und auch bei den Fans kamen die Scheiben sehr gut an. Wenn die Alben auch bei der Presse gut ankommen, dann ist es umso besser.

Martin:
Aber es jedem recht zu machen, ist doch kaum möglich, oder?

Paul:
Da stimme ich dir zu. Das ist unmöglich.

Alex:
Also ich habe mir sogar schon die Frage gestellt, ob man überhaupt als Band erfolgreich sein kann, wenn es nicht eine bestimmte Anzahl von Leuten gibt, die einen musikalisch scheiße finden. Ich weiß gar nicht, ob es überhaupt irgendeine große Band gibt, bei der es nicht eine beträchtliche Anzahl von Leuten gibt, die diese Band rigoros ablehnen.
Selbst wenn du enorm leidenschaftlich Musik machst, so ist die Chance immer recht groß, dass es Leute gibt, die dich und deine Musik überhaupt nicht mögen. Aber das ist halt so.

Martin:
Alex, du hast ja auf dem letzten HATE ETERNAL-Album "Fury And Flames" den Bass eingespielt. Es ist das zweite Mal, dass du auf einer HATE ETERNAL-Veröffentlichung zu hören bist, wenn man das erste Demo der Band einrechnet.

Alex:
Ja, ich hatte auf dem ersten Demo der Band schon gespielt. Als die Aufnahmen zu "Fury And Flames" begannen, da hatten sie keinen Bassisten im Line-up. Da habe ich mich mit ihnen zusammengetan und die Passagen einstudiert. Aber ich habe keine einzige Show mit HATE ETERNAL gespielt. Dessen ungeachtet war es eine Ehre für mich, mit den Jungs aufzunehmen. Sie sind tolle Musiker und menschlich schwer in Ordnung. Sie habe jetzt einen neuen Bassisten, der spielerisch sehr fit ist.

Martin:
Also ist es wohl eher unwahrscheinlich, dass du in Zukunft wieder einmal auf einem HATE ETERNAL-Album zu hören sein wirst?

Alex:
Ich hätte sicher nichts dagegen, da HATE ETERNAL eine großartige Band ist und da mir die Aufnahmen zu "Fury And Flames" viel Spaß gemacht haben. Aber aus Sicht der Band ist es sicherlich besser, ein permanentes Bandmitglied zu haben. CANNIBAL CORPSE sind eben Priorität Nummer eins für mich und ich bin immer sehr eingespannt. HATE ETERNAL beenden übrigens gegenwärtig eine Tour. Von daher wäre es für mich auch praktisch unmöglich, in beiden Bands zu spielen.

Martin:
Vor etwa einem halben Jahr habt ihr ein beeindruckendes 3-DVD Set namens "Centuries Of Torment" veröffentlicht, das ein sehr interessantes Feature enthält, das auf den Namen "Staring Through The Eyes Of The Band" hört. Darin bekommen Fans einen Einblick in euer Privatleben abseits der Bühne. Als ich diesen Beitrag gesehen habe, habe ich mich unweigerlich gefragt, wo nach all diesen Jahren im Musikgeschäft noch die Aggression herkommt, um Musik mit CANNIBAL CORPSE zu machen.

Alex:
Auch wenn wir mit unserem Leben heute sehr zufrieden sind, so können wir uns doch an Dinge in der Vergangenheit erinnern, die uns sehr verärgert haben. Diese Aggression kann man aus der Vergangenheit entlehnen. Jeder Mensch hat doch eine mehr oder weniger aggressive Seite - selbst die Menschen, die generell sehr nett wirken. Aber auch bei denen schlägt ab und zu auch mal Aggression durch.
Wir lieben aggressive Musik. Und auch wenn diese Seite unserer Persönlichkeit sicher nicht die dominierende ist, können wir immer noch genügend Aggression daraus ziehen, wenn wir Musik komponieren.

Paul:
Wir spielen diese Musik ja schon über 20 Jahre. Und wir lieben sie. Es ist nicht so, dass jemand von uns eine unglückliche Kindheit hatte und dass dies der Grund ist, warum wir Death Metal spielen. Nein, wir lieben diese Musik einfach. Aber die Aggression steht nicht im Vordergrund der Wesensart der Bandmitglieder. Und ich denke, dass es bei den meisten Death-Metal-Fans sehr ähnlich ist. Unsere Fans sind ganz normale Jugendliche oder Erwachsene, die eben auf verrückte Musik stehen. So wie wir damals. Das ist allerdings schon ein echter Kontrast.

Alex:
Also ich bin jetzt kein Psychologe oder so, aber jeder Mensch trägt doch eine gewisse Aggressionsneigung in sich, da sie zur menschlichen Natur gehört. Es ist doch eine tolle Sache, wenn die Leute ihre negative Aggression in etwas Positives umkehren, indem sie auf Death- oder Black-Metal-Konzerten headbangen und entsprechend abgehen.

Martin:
Es gibt ja sogar Filmstars, die CANNIBAL CORPSE mögen, wie beispielsweise Schauspieler Jim Carrey.

Alex:
Liebe Güte, das ist ja schon so lange her! Zu dem Zeitpunkt kannten uns viele Leute noch gar nicht. Wir hatten gerade "Tomb Of The Mutilated" herausgebracht und waren auf Tour. Der Film "Ace Ventura - Ein tierischer Detektiv" wurde 1993 gefilmt und er wurde 1994 veröffentlicht. Jim Carrey sprach uns in der Mitte unserer Tour zu "Tomb" an, ob wir in dem Film mitmachen würden. Das war echt eine tolle Erfahrung.

Paul:
Wer hätte denn vermutet, dass Jim Carrey Death-Metal-Musik mag? Gerade bei einem bekannteren Schauspieler würde man doch so etwas nicht annehmen.

Alex:
Das ist wirklich interessant, denn der Death Metal war damals noch etwas recht Neues. Wenn man ganz großzügig ist, dann könnte man sagen, dass der ganz frühe Death Metal mit einer Band wie MANTAS [Vorgängerband von DEATH - Anm. d. Verf.] irgendwann um 1983 seinen Anfang nahm. Aber dass jemand wie Jim Carrey uns in seinem Film haben wollte, das ist heute noch beeindruckend für mich.

Martin:
Wie lief das seinerzeit ab? Kam er auf euch zu und sagte: "Ich will euch in meinem neuen Film haben", oder wie kam das zustande?

Alex:
Genauso war es! Er kannte unsere Musik sehr gut. Alle Songs. Er fragte auch, ob wir 'Rancid Amputation' spielen würden. Ich dachte zunächst, dass er uns vielleicht gar nicht so gut kennt, aber er kannte unsere Musik echt gut. Das war echt verrückt.

Martin:
Meint ihr, dass Jim Carrey vielleicht heute noch Death Metal hört?

Alex:
Keine Ahnung. Er ist heute ein vielbeschäftigter Schauspieler. Wir haben ihn seit der Filmaufnahme nie mehr gesehen.

Martin:
Paul, auf der "Centuries Of Torment"-DVD kann man auch deinen Vater sehen, der erzählt, dass du vor langer Zeit einmal vor der Entscheidung standest, entweder professioneller Musiker oder aber ein Profi-Eishockey-Spieler zu werden.

Paul:
Ich spiele Eishockey, seit ich fünf Jahre alt bin. Zu dem Zeitpunkt, als ich die High School verließ, habe ich natürlich überlegt, was ich nun tun werde. Zum Beispiel, ob ich auf das College gehe, um zu studieren. Wer weiß, wenn ich das Eishockey-Spielen weiter verfolgt hätte ... keine Ahnung. Eishockey-Spielen war damals meine Leidenschaft, die ich mit meinem Vater teile. Sicherlich hätte er seine Freude daran gehabt, wenn ich diesen Weg weiter verfolgt hätte, zumal ich seit früher Kindheit diesen Sport ausgeübt habe. Aber zu dieser Zeit hat mich Metal halt immer mehr interessiert und eben auch der Gedanke, in einer Band zu spielen. Irgendwann hat mich Hockey dann nicht mehr so interessiert und die Musik ist stattdessen in den Vordergrund getreten.
Ich erinnere mich daran, dass ich sechs Monate auf das College ging, aber daran scheiterte, weil ich nur Musik im Kopf hatte und ständig nur Party machte und Mädchen abschleppte. Der Wunsch, Musik zu machen, war damals sehr stark ausgeprägt bei mir. Glücklicherweise lief bei CANNIBAL CORPSE am Anfang alles sehr schnell ab. So schnell, dass wir nach gerade einmal einem Jahr Bestehen schon einen Plattenvertrag von Metal Blade Records angeboten bekamen. Das war im Juli 1989.

Martin:
Ihr wart ja die erste Death-Metal-Band überhaupt, die Metal Blade unter Vertrag nahm.

Alex:
Ja, wir waren die erste reinrassige Todesblei-Band dort. Sie hatten zwar schon Bands im Thrash/Death-Bereich unter Vertrag wie beispielsweise HALLOWS EVE, aber wir waren die erste echte Death-Metal-Band.

Martin:
Auf "Centuries Of Torment" gibt es sehr interessantes Bildmaterial zu sehen. Unter anderem habt ihr so ziemlich eure erste Liveshow überhaupt da draufgepackt.

Alex:
Die älteste Liveshow, die auf "Centuries Of Torment" zu sehen ist, war die vierte oder die fünfte der "Eaten Back To Life"-Tour. Allerdings wurde sie in demselben Club gefilmt, in dem unser allererster Auftritt über die Bühne ging. Es war das "River Rock Cafe" in Buffalo, New York. Heutzutage heißt der Laden natürlich anders. Es finden auch keine Konzerte mehr dort statt, sondern Karaoke und so etwas. Unseren allerersten Auftritt überhaupt kann man sich auf dem "15 Years Killing Spree"-Box-Set ansehen.

Martin:
Wie lange habt ihr beispielsweise jetzt diese Aufnahme der Show in Buffalo aus dem Jahr 1989 nicht mehr gesehen?

Alex:
Ich glaube, dass ich das Filmmaterial nie zuvor gesehen habe. Denn der Typ an der Bar hatte damals unsere Performance mit einer statischen Kamera an der Decke gefilmt. Wir hatten ihn vor einiger Zeit interviewt und er meinte, dass er noch Filmmaterial von uns hätte. Aber das war schon ziemlich verrückt, uns als so junge Band auf diesem Tape zu sehen.

Martin:
In jüngerer Zeit haben einige Bands ihre alten Klassiker oder gar ganze Alben nochmals neu eingespielt. DESTRUCTION, TESTAMENT, aber auch SODOM haben das getan. Wäre das auch etwas für CANNIBAL CORPSE? Würde es euch reizen, alte Bandklassiker neu aufzunehmen mit einem zeitgemäßen Sound?

Alex:
Ich glaube nicht, dass das etwas für uns wäre. Wir hatten zwar 'The Undead Will Feast' von unserem ersten Album neu eingespielt, als George in die Band kam, aber im Endeffekt reizt uns die Idee nicht.

Paul:
Warum sollten wir uns der Vergangenheit zuwenden? Wir haben uns über die Jahre hinweg sehr stark weiterentwickelt, würde ich meinen. Und wenn wir schon Energie aufwenden, um Dinge aufzunehmen, warum sollten wir dann nicht neues Material aufnehmen? Einen Song könnte man schon neu aufnehmen, aber ich bezweifle selbst das.

Alex:
Also ich kann jetzt nicht für die anderen Jungs sprechen, aber ich persönlich kann es nicht akzeptieren, dass man das alte Songmaterial von CANNIBAL CORPSE stets als Klassiker-Material betrachtet. Ich will eher, dass unsere neueren Alben zu Bandklassikern werden. Ich kann und will mich nicht mit einem Gedanken abfinden, so nach dem Motto: "Oh, wir haben ja unser stärkstes Album vor soundsovielen Jahren aufgenommen und heute nehmen wir ja nur noch so zum Selbstzweck auf." Ich möchte vielmehr mit jedem Album besser werden.

Martin:
Also würdet ihr es als unbefriedigend empfinden, altes Material von CANNIBAL CORPSE neu einzuspielen?

Alex:
Nur in die Vergangenheit zurückzugehen um alte Songs aufzunehmen, damit man dann hört, wie sie heute klingen, das wäre ... ich würde das zwar nicht rigoros ausschließen, aber ich würde sagen, dass es sehr unwahrscheinlich ist, dass wir so etwas mal machen.

Paul:
Ich bin kein Fan einer solchen Idee. Es gibt ja auch Gründe, warum ein Album als Klassiker betrachtet wird. Und das hängt oft auch mit dem Sound einer bestimmten Scheibe zusammen.

Alex:
Die meisten Leute mögen unsere (älteren) Alben so wie sie sind. Wenn jemand "Tomb Of The Mutilated" ohnehin mag, warum sollten wir dann etwas reparieren, was gar nicht kaputt ist?

Martin:
Es gibt sicherlich auch Fans, die dank des jahrelangen Hörens von älteren Songs diesen Sound derart verinnerlicht haben, dass sie überhaupt keine andere Aufnahme dieser Stücke mehr wollen.

Alex:
Ich stimme dir da voll zu. Man sollte die Finger von alten Aufnahmen lassen. Sie sind gut, so wie sie aufgenommen wurden. Sie halten einen Moment in der Vergangenheit fest und illustrieren, wie wir damals unsere bestmögliche Leistung als Musiker abgerufen haben.
Aber weißt du, welche Neuaufnahmen ich recht gut fand? SAXON haben doch vor ein paar Jahren ein Album namens "Heavy Metal Thunder" herausgebracht. Diese Neuaufnahmen waren echt gut.

Paul:
THE ACCÜSED haben das auf ihrem neuen Album auch gemacht. Sie haben alte Bandklassiker neu eingespielt. Also zunächst wollte ich mir diese Neuinterpretationen erst gar nicht anhören, da ich die alten Versionen mag. Ich fand es ganz gut. Entweder die neuen Versionen klingen richtig gut oder sie sind schrottig. Also ich habe von vielen Leuten gehört, dass sie die Neueinspielung des EXODUS-Albums "Bonded By Blood" überhaupt nicht mögen.

Martin:
Okay, lasst uns mal das Thema wechseln. Ich war ehrlich gesagt echt überrascht, dass laut dem Filmmaterial auf "Centuries Of Torment" keiner von euch jemals wieder Bob Rusay, euren alten Gitarristen, seit seinem Rauswurf 1993 getroffen hat. Stellt euch mal vor ihr würdet ihn zufällig auf der Straße treffen. Was würdet ihr zu ihm sagen?

Paul:
Das ist witzig, dass du das fragst. Ich bin tatsächlich der einzige, der Bob jemals gesehen hat, seit wir ihn 1993 aus der Band geworfen haben. Ich hatte ihn einige Monate später, maximal ein Jahr, nach dem Rauswurf getroffen. Und er brachte uns so viel Feindseligkeit entgegen! Ich erinnere mich, dass er mir einen Blick zuwarf, als wäre er imstande, mich zu töten. Es gab nicht wirklich ein Gespräch. Ich begrüßte ihn und er warf mir diesen vernichtenden Blick zu. Wir haben von anderen Leuten erfahren, dass ihn der Rauswurf derart erschütterte, dass er überhaupt nicht mehr mit uns sprechen wollte.

Alex:
Er sagte einigen unserer gemeinsamen Freunde, dass er überhaupt nicht mit uns sprechen wolle. Und wir wollen ihm da nicht zu nahe treten, nachdem er keinen Kontakt mehr zu uns möchte.

Martin:
Und nach über fünfzehn Jahren ist er noch immer so feindselig euch gegenüber?

Alex:
Na ja, vielleicht ist er gar nicht mehr so verärgert, aber er will dieses Geschehnis wohl einfach vergessen. Er muss sehr stark gekränkt gewesen sein, da er nie wieder in einer Band spielte.
Als wir mit der DVD fast fertig waren, kontaktierten die Produzenten von "Centuries Of Torment" Bob Rusay, aber er hat sich auf ihre Anfrage nicht gemeldet. Wir vermuten, dass er noch irgendwo in Buffalo lebt. Wenn er uns je sehen will, dann würden wir uns freuen, ihn zu treffen.

Martin:
Welches sind denn die Annehmlichkeiten des täglichen Lebens, die ihr persönlich am meisten vermisst, wenn ihr auf Tour seid?

Paul:
Na ja, das fängt schon bei Kleinigkeiten an. Du möchtest auf Tour gerne dein eigenes Badezimmer haben, in deinem eigenen Bett schlafen oder einfach mal entspannen wie zu Hause. Sonderlich erholen kann man sich auf einer Tournee eben nicht. Aber das ist Teil unseres Jobs. Und wir könnten es schlechter auf Tour haben.

Alex:
Diese Tournee hier ist unsere allererste größere Tour durch Europa, die wir als Opener-Band für eine andere Gruppe bestreiten, wenn ich mal die Festival-Tourneen vor Jahren ausklammere, als wir für IMMORTAL, MORBID ANGEL oder DEICIDE eröffneten. Das waren aber kürzere Tourneen. Diese hier führt uns durch ganz Europa als Opener-Band. Und viele der Konzerthallen sind größer als die, die wir sonst spielen. Wir haben auch vor vielen Jahren hier im LKA Longhorn in Stuttgart gespielt. Allerdings nicht als Headliner.
Auf dieser Tour ist der Backstage-Bereich generell angenehmer als früher und wir haben immer eine Dusche zur Verfügung. Wir schwitzen derart viel auf der Bühne... Wenn ich wenigstens jeden Abend eine Dusche zur Verfügung habe, dann ist mir alles andere recht egal. Man schwitzt und müffelt auf der Bühne recht schnell und wenn man dann ein paar Tage lang keine Dusche zur Verfügung hat, glaub mir: Du möchtest da nicht im Bus sein! (Gelächter)

Martin:
Ihr seid mit CANNIBAL CORPSE schon seit über 20 Jahren aktiv. Gibt es bei euch so etwas wie einen Plan, vielleicht noch zwei oder drei Alben aufzunehmen und sich dann zur Ruhe zu setzen? Oder habt ihr solche Gedanken überhaupt nicht?

Alex:
Wenn man älter wird, dann denkt man darüber schon ein wenig nach. Ich weiß nicht, wann wir vielleicht an einem Punkt ankommen werden, wo wir sagen: "Okay, wir haben genug davon, weil wir uns physisch oder vom Alter her den Tourneen nicht mehr gewachsen fühlen." Aber im Moment fühlen wir uns prima. In naher Zukunft ist kein Ende von CANNIBAL CORPSE in Sicht. Aber klar ist halt auch, dass alles irgendwann ein Ende findet.

Paul:
Wir sind alle um die vierzig Jahre alt und wir müssen das von Tag zu Tag sehen. Vielleicht nehmen wir noch zwei Alben auf, sind aber weitere zehn Jahre musikalisch aktiv. Wer weiß? Alles hängt davon ab, dass man gesund ist und gesund bleibt. Es ist manchmal wirklich ernüchternd, wenn man von anderen Musikern hört: "Mann, ich kann nicht mehr spielen, weil mein Rücken kaputt ist" oder so etwas. Niemand bei CANNIBAL CORPSE hat bislang größere Probleme. Das könnte aber leicht irgendwann eintreten. Aber solange niemand von uns solche Probleme bekommt und wir recht gesund bleiben... Wir haben gerade das aus meiner Sicht beste Album unserer Karriere aufgenommen und wir sind spielerisch besser drauf denn je. Wir könnten mit Leichtigkeit noch zehn Jahre aktiv sein. Wer weiß?

Alex:
Es gibt gelegentlich sogar Bands, die erst im Alter von Ende 30 beispielsweise ihren musikalischen Durchbruch schaffen und als Band groß werden. Wir hatten in dieser Hinsicht großes Glück. Wir sind zwar seit über 20 Jahren aktiv, aber wir sind noch nicht so alt. Ich hatte mein erstes Album mit CANNIBAL CORPSE aufgenommen, als ich noch nicht einmal das Alter hatte, um in den USA legal Alkohol trinken zu können. Ich war neunzehn Jahre alt. Wir haben sehr jung angefangen und von daher können wir wohl auch noch längere Zeit aktiv sein.

Martin:
Was war denn das bisher Abgefahrenste, das euch in eurem Leben bisher widerfahren ist?

Alex:
Wie jetzt? Auf CANNIBAL CORPSE bezogen oder generell?

Martin:
Generell meine ich.

Alex:
Verdammt, man sollte meinen, dass mir da sofort was einfällt... Okay, ich werde dir mal erzählen, was für mich persönlich das coolste Ereignis war. Wir waren auf Tour und spielten einmal in Québec in Kanada. Ein Finne hatte mir zuvor erzählt, dass er das Polarlicht gesehen hatte. Ich hätte niemals gedacht, dass ich das Polarlicht überhaupt einmal sehen würde. Aber wir waren an einem Fleck, an dem es so dunkel war, dass wir sie sehen konnten, die "Aurea Borealis", also das Polarlicht. Das war für mich das Aufregendste, das ich jemals gesehen habe. Man glaubt fast, dass man Special Effects am Himmel wahrnimmt. Völlig unglaublich war das. Das war sehr beeindruckend und ich hätte das Polarlicht nicht gesehen, wenn ich nicht Mitglied dieser Band wäre.

Paul:
Lass mich mal nachdenken. Über die Jahre erlebt man so einiges. Aber das Verrückteste mit CANNIBAL CORPSE, das war damals die Geschichte, als wir an der Grenze zwischen der Ukraine und Weißrussland feststeckten. Das liegt auch schon wieder einige Jahre zurück. Ich versuche, diese lange Geschichte kurz zu fassen. Wir dachten damals, wir werden wie Staatenlose behandelt. Wir waren sehr besorgt und haben echt gedacht: "Hey, was sollen wir tun? Sollen wir die amerikanische Botschaft anrufen um hier rauszukommen?" Wir saßen im wahrsten Sinne des Wortes in unserem Bus an der Grenze fest.

Martin:
Und aus welchem Grund hat man euch da festgehalten?

Alex:
Das können wir gar nicht mit Gewissheit sagen, da die Ukraine und Weißrussland offenbar sehr komplizierte Gesetze haben. Wir saßen eben an der Grenzstation fest. Weißrussland wollte, dass wir ausreisen und die Ukraine wiederum wollte nicht, dass wir in ihr Land einreisen. Mann, wo hätten wir denn hin sollen? Wir saßen da rum und füllten riesige Stapel an Papieren aus. Wir verpassten beide Shows. Eine Regierungsbehörde in Weißrussland sagte die Show dort ab. Wir sind also völlig nutzlos durch Weißrussland gegondelt und in die Ukraine ließ man uns gar nicht erst einreisen. Und die Show in der Ukraine haben wir dann auch noch verpasst. Puhhh! (schnaubt)

Paul:
Außerdem mussten wir noch zweitausend Euro abdrücken, damit uns die Grenzbeamten eskortierten.

Alex:
Das war eine riesige Enttäuschung. Und die Grenzer, die wollen alle nur Geld!

Paul:
Ich weiß nicht, ob wir noch jemals wieder in die Ukraine oder nach Weißrussland wollen. Es war eine derart negative Erfahrung. In diese Situation möchten wir nie mehr geraten. Wir haben fast ein wenig um unser Leben gefürchtet.

Martin:
Wollt ihr am Ende des Interviews noch ein paar Worte an die CANNIBAL CORPSE-Fans und an die Leser unseres Webzines richten?

Paul:
Ich danke euch Fans für eure Unterstützung! Ohne euch gäbe es uns nicht. Wir haben die großartigsten Fans, die man sich nur wünschen kann. Vielen Dank an euch!

Alex:
Vielen Dank für die Unterstützung und ich hoffe, euch auf unserer Tour zu sehen!

Redakteur:
Martin Loga

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