CALIBAN: Höllenritt mit Sänger Andy Dörner
08.05.2025 | 14:28Einmal Hölle und zurück. Nein, die letzten Jahre waren alles andere als einfach für CALIBAN. Doch nun ist das Metalcore-Monster zurück, quasi direkt aus der Unterwelt, um uns ein superbes, so spielfreudiges wie energiegeladenes Album vor den Latz zu knallen. Grund genug also, weshalb das Album so heißt, wie es eben heißt. Was das für die Hattinger bedeutet, wie weit sich die Band wiedergefunden hat, wie viel Kraft die Platte hat und ausstrahlt und wie geil die Jungs auf Live-Action sind, erfahren wir von Fronter und Springinsfeld Andy Dörner persönlich.
Andy, wie geht es dir? Wie ist die Lage bei CALIBAN?
Moin Marcel, danke für das Interesse! Tourstart steht vor der Tür, also ist gerade viel los bei uns. Vorfreude und auch Spannung steigen gerade immens an.
2022 erschien euer – sage und schreibe – 13. Studioalbum "Dystopia", ein Brett vor dem Herrn. Im September habt ihr euch nach 18 gemeinsamen Jahren von Marco getrennt. Wie kam es dazu?
Danke für die Blumen, was "Dystopia" betrifft, hört man gern! Zu dem Thema mit Marco möchte ich nicht mehr viel sagen, das ist jetzt schon recht lang her und da muss man das nicht wieder neu aufkochen. Nach einigem Hin und Her hat man sich halt dazu entschieden getrennte Wege zu gehen.
Verstehe. Einen kongenialen Ersatz fandet ihr in Iain. Wie kam da der Kontakt zustande und wie konnte er sich in das Songwriting zum neuen Album mit einbringen? Vor allem sein Gesang erhöht noch einmal die Dynamik der Scheibe.
Iain war/ist für uns kein Unbekannter, weil man sich im Grunde schon sehr lange kennt. Wir waren auch schon zusammen auf Tour, als Iain noch bei WE BUTTER THE BREAD WITH BUTTER gespielt hat. Nachdem Iain die Trennung von Marco mitbekommen hatte, hat er sich bei uns gemeldet und angeboten auszuhelfen, falls mal Bedarf ist. Zu dem Zeitpunkt waren wir aber noch nicht "bereit" dazu, Marco durch jemanden zu ersetzen. Nachdem wir uns dann irgendwann einig waren, wo es mit CALIBAN hingehen soll, neues Album etc., sind wir dann aber doch auf Iain zurückgekommen und haben Iain mit ins Boot geholt. Ich bin happy mit der Entscheidung und wie du schon sagtest, tut es der Dynamik sehr gut. Wir ergänzen uns perfekt in meinen Augen. Beim Songwriting hat Iain gute Ideen zum Thema "oldschool Metalcore" eingebracht, gute objektive Eindrücke von "außen" in die Sichtweise gebracht. Vor allem auch textmäßig kam viel Input von Iain, weil er gerade auch durch eine sehr harte Zeit gegangen ist, quasi selbst gerade "Back From Hell" war...Gutes Stichwort. Mit "Back From Hell" meldet ihr euch zurück. Wie weit waren denn die letzten Jahre die Hölle (für euch)? Und jetzt kehrt ihr stärker und vor allem intensiver denn je zurück?
Die Hölle für mich war definitiv die Corona-Zeit und die Zeit danach, wo man in der Luft hing, gefangen in einer Ohnmacht ohne große Hoffnung auf Besserung. Alles stand still, niemand wusste, wie und ob es nochmal weitergeht. Ich persönlich hing in einer Spirale fest, in einem Loch, aus dem ich keinen Ausweg finden konnte. Es war eine harte Zeit, auch wenn wir in der Zeit der Pandemie die "Zeitgeister"-EP und das "Dystopia"-Album rausgehauen hatten. Es war einfach nicht dasselbe und die Alben sind quasi verpufft. Nachdem es aber mit "Back From Hell" losging, hat sich meine Stimmung stark gebessert und das Arbeiten an dem Album war für mich auf jeden Fall der Ausweg aus diesem Loch, dieser Spirale, dieser Hölle! Ich denke, man kann gut hören, was wir für Energie in das Album gesteckt haben, viel Herz und Wut... Ich bin super happy.
Auf mich macht "Back From Hell" einen noch entschiedeneren und abwechslungsreicheren Eindruck. Mit welchem Ziel seid ihr an die Arbeiten herangetreten und wie seht ihr die musikalischen Unterschiede zu "Dystopia"?
Wir waren mit "Dystopia" im Nachhinein relativ schnell nicht mehr so happy. Das ist wahrscheinlich auch der Zeit geschuldet, in der das Album entstanden ist, bzw. unter welchen Umständen. Von daher war der erste Ansatz erstmal das Ganze wieder anders anzugehen - im Team, Oldschool-Zusammen-Schreiben - wir wollten alte Wurzeln wieder aufblühen lassen; das was CALIBAN ausgemacht hat, wieder neu interpretieren. Es sollte rau und emotional werden, ehrlich und brutal.
Einer der härtesten Tracks überhaupt ist das Zusammenspiel mit Joe von FIT FOR AN AUTOPSY. Wie kam denn da die Kollaboration zustande? War das schon länger geplant?
Die Feature-Gäste haben wir recht spät angefragt. Marc hatte FIT FOR AN AUTOPSY angeschrieben, weil er eh immer mal wieder in Kontakt mit denen ist und Joe war einfach the perfect match für 'Dear Suffering'. Das hat dem Song nochmal eine schöne Prise mehr Hass gegeben!Mit diesem Track versucht ihr die Dunkelheit anzunehmen und die Kämpfe in Stärke umzuwandeln. Wie genau ist das zu verstehen und habt ihr praktische Beispiele? Ist das Album generell eine Überlebenserklärung?
Meine Grundidee zu dem Song war davon geprägt, wenn man geistig beeinträchtigt zur Welt kommt, ungewollt von den Erzeugern, man aber auch noch so viel mitbekommt und versteht, dass man nicht gewollt ist, nur Ablehnung und Hass erfährt, daran dann aber versucht zu wachsen, um irgendwann hoffentlich ein Leben in Ruhe führen zu können. Das Album soll natürlich motivieren nie aufzugeben, immer an sich zu glauben und seine Stärken zu erkennen. Und an alle da draußen, die mit Problemen zu kämpfen haben, Depressionen oder sonstige Dinge, die Euch beschäftigen: Teil Dich mit, Du bist nicht allein!
Irgendwie lässt mich 'I Was A Happy Kid Once' nicht in Ruhe. Was ist denn passiert, dass dieses Kind immer unglücklicher wurde?
Das ist frei zu interpretieren. Es ist aber auf jeden Fall einiges an Verlust und Trauer verarbeitet worden, so viel kann ich sagen.
Die Tradition eines deutschen Titels verfolgt ihr seit – glaube ich – 2012? Und was macht die 'Alte Seele' genau aus?
Das Instrumentale von 'Alte Seele' hat sich nach einem deutschen Song angefühlt. Wenn man einen Song hört und einem dann deutsche Zeilen in den Kopf springen, ist es immer ein gutes Zeichen dafür...
Auch das Artwork ist eine absolute Wucht. Ist das eure Vorstellung der Hölle? Das Cover wäre prädestiniert für eine Vinyl-Veröffentlichung…
Die Inspiration für das Artwork hat Chris durch den Titel und die ersten Songs bekommen, wir waren direkt mit seinem ersten Entwurf super happy und nachdem es dann komplett fertig war, noch mehr als das...
Vinyl? Das Album gibt es als Vinyl, in verschiedenen Farben, falls du das meinst. Oder meinst du als Picture Vinyl? Das Artwork würde das natürlich anbieten, aber das wären dann wirklich nur Scheiben für die Wand, da die Qualität dabei doch sehr leidet.Umso besser! Im Frühling macht ihr Europa unsicher. Vor allem auf CABAL und IN HEARTS WAKE bin ich sehr gespannt, weil ich beide Bands noch nicht gesehen habe. Wie weit könnt ihr denn die Band-Konstellationen auf Tour mitbestimmen? Zuletzt habe ich euch 2022 gesehen, wie sehr habt ihr euch auch in Sachen live denn weiterentwickeln können?
Am Ende des Tages müssen wir die Bands natürlich absegnen, waren aber mit der Auswahl auch hier sehr happy. Ich denke, das Package wird gut funktionieren. Unsere letzte richtige Tour ist jetzt fast sechs Jahre her und ich bin ehrlich gesagt ziemlich nervös und aufgeregt, zwar im positiven Sinne, aber das habe ich so schon lange nicht mehr wahrgenommen.
Ihr seid absolute Veteranen der Metalcore-Szene und eure Live-Shows sind pure Energie. Wie betrachtet ihr denn aus eurer Position die Entwicklung der Metalcore-Szene der letzten Jahre? Ich persönlich tue mich auch immer etwas schwer mit der Abgrenzung zum melodischen Death Metal…
"Wild" würde ich sagen. Es gibt mittlerweile soooo viele Genre-Zöglinge, die aus dem Metalcore entstanden sind, da komme ich kaum noch hinterher. Ist aber natürlich etwas Gutes, eine positive Entwicklung, wie ich finde. Die Toleranz ist insgesamt viel größer geworden, auch wenn es natürlich immer noch Lager gibt, die einfach nicht zueinanderfinden wollen.
Andy, es war mir eine Freude, etwas tiefer in das Geschehen eintauchen zu können. Hab vielen Dank! Was möchtest du unseren Lesern und allen CALIBAN-Fans noch mit auf den Weg geben?
Ich sage Danke für Euer Interesse und hoffe natürlich, dass Euch "Back From Hell" gefällt und einige von Euch auf der Tour erscheinen werden, die gerade im Gange ist. Danke für Euren Support über all die Jahre, das ist wirklich nicht selbstverständlich!!!
Photo by Moritz Hartmann
- Redakteur:
- Marcel Rapp