BELPHEGOR: Interview mit Helmuth

17.03.2005 | 21:32

Nackte Nonnen, pralle Schwänze und Geknüppel direkt aus der Hölle: Kaum hat die Bundesprüfstelle Ruhe gegeben, schon lassen BELPHEGOR ihr neues Trümmerwerk "Goatreich – Fleshcult" auf die schwerstens gefährdete Jugend los. Potenzial genug für ein hessisch-österreichisches Gesprächs-Duell mit Frontsau Helmuth. Zwecks besseren Dialekt-Verständnisses haben wir uns schnell darauf geeignet, die Schlacht ins Internet zu verlegen. Gong zur ersten Runde...


Carsten:
Fangen wir mal bei eurem letzten Album an. Dafür hat sich ja die deutsche Bundesprüfstelle sehr interessiert. Wie verlief denn das Verfahren? Scheinbar gut, denn "Lucifer Incestus" steht immer noch in den Regalen gut sortierter Plattenläden.

Helmuth:
Ja, wir sind davongekommen. Napalm Records reagierten gleich und schalteten einen Anwalt ein, der Spaß kostete uns 800 Euro und "Lucifer Incestus" kam dadurch aus den Fängen dieser verwirrten achtköpfigen Runde, und nicht auf den Index. Diese acht Leute sollten ihre sinnlos verschwendete Energie dazu nützen, Hilfe zu leisten, wo sie angebracht wäre. Sei es Umweltschutz, Greenpeace whatsoever, gegen Pädophilie, Tierquälerei... Meiner Meinung nach könnte man sie auch in den Irak entsenden, One-Way-Ticket! Ich denke, dort währen sie mit ihrer Bevormundung am richtigen Ort.

Carsten:
Hattet ihr auch in Österreich Probleme mit Zensur?

Helmuth:
Ja, einige Vertriebs-Ketten beispielsweise weigern sich eben genau wie in Deutschland, unsere Alben in ihr Regal zu stellen. In Deutschland fing das Theater bereits '95 mit "The Last Supper" an, in Österreich zogen sie erst 2000 mit "Necrodaemon Terrorsathan" nach und verwendeten ein Deckblatt, har har. Am US-Markt beispielsweise dürfen auf einigen Sendern unsere Songs nicht gespielt werden, weil das Radio dann eine Strafe von 400 $ aufwärts aufgebrummt bekommt.
Für das reguläre "Goatreich – Fleshcult"-Album mussten wir für Österreich und Deutschland bereits im Vorfeld ein Deckblatt verwenden, was mir mittlerweile schon am Arsch geht. In den TV-Stadionen und Medien wimmelt es nur so von Völker-Mord, Rassenhass, Todschlag und Folter. Und da gibt es eine Behörde in Deutschland, die sich dazu berufen fühlt, Kunst zu beschneiden, sei es jetzt im Musikalischen oder im DVD/Video-Bereich.
Mir kommt das Kotzen, wenn ich mir eine DVD ansehen möchte, ein Zombiefilm ab 14 Jahren erhältlich ist und von diesem Verein behandelt wurde. Dann fehlen vom Original 15 bis 20 Minuten, so passiert bei "Dawn Of The Dead" beispielsweise. Sogar beim genialen "Gladiator" haben sie ganze Handlungssequenzen herausgeschnitten.

Carsten:
Über Jugendschützer und deren fragwürdige Arbeit reg ich mich auch schon seit meiner Jugend auf. Bei eurem neuen Album wolltet ihr diesen Typen, was das morbide Cover angeht, ja scheinbar gleich Nachschub gewähren, oder? Wobei mir persönlich ja die Nonnen vom Vorgänger besser gefielen, hehe.

Helmuth:
Die morbide Gestaltung der Artworks sind ein BELPHEGOR-Trademark seit über einem Jahrzehnt, warum sollten wir uns das nicht mehr gönnen, wegen einer illustren Kaffeerunde in Bonn? Oder wegen ein paar Marktschreiern, die das nicht gut finden? Es ist okay, wenn man was nicht Messbares messen will. Schlimm ist es, wenn man nicht Messbares messbar machen will. Das hat nichts mit Image/Bullshit zu tun, wir stehen einfach darauf, unsere Lyrics umzusetzen. Ich mochte es schon immer, wenn man in einem Booklet oder Bild immer wieder neue Sachen entdeckt. Die visuelle Gestaltung für "Goatreich – Fleshcult" ist eine morbide Reise in den Schlund der Hölle.
Wie gesagt, nimm beispielsweise CANNIBAL CORPSE. Hast du gehört, dass sie Kinder und Frauen töten, wenn sie auf Tour kommen? Okay, die Musik tötet und so verhält es sich auch mit BELPHEGOR. Wir sind einfach Metal-Heads, die seit Jahren versuchen, sich weiterzuentwickeln und den Blast-Rock predigen.

Carsten:
Ich kann mich gut entsinnen, dass die Kollegen vom "Legacy" in einem Interview zu eurem vorigen Album fragten, ob es den Widererkennungswert nicht steigern würde, wenn ihr mal euer Tempo etwas variiert.

Helmuth:
Bullshit Oida, dieser plumpe Einstiegssatz will auf was hinaus, was mir nicht gefällt. Wir machen seit über zwölf Jahren ehrliche Musik und haben immer das, was wir zu dem jeweiligen Zeitpunkt wollten, gemacht, egal ob das jetzt Musik, Covers, Texte oder Fotos angeht.
Es gibt immer Stimmen, die Bands und Menschen in gewisse Richtungen lenken oder verändern wollen. Wir haben uns nie Marketingstrategien unterworfen, oder Beachtung geschenkt und 100 Prozent das verfolgt, für das was BELPHEGOR steht, nämlich Death/Black Metal.

Carsten:
Okay, auch wenn die Legacy-Leute keinen Einfluss hatten: Auf "Goatreich - Fleshcult" lasst ihr es in gleich mehreren Songs zur Abwechslung vergleichsweise langsam angehen. Wie kam es dazu?

Helmuth:
Es ist ein hartes, massives Inferno geworden, egal, wie man es nennt. Mit 'Kings Shall Be Kings' und 'Sepulture Of Hypocrisy' haben wir zwei zähe, langsamere Songs am Start, sehr brutal und fleischig. Da wir mehr probten als jemals zuvor, hat sich das ganz natürlich ergeben, wir hatten einfach noch mehr Zeit, die Riffs und Tempi den Arrangements anzupassen. Außerdem wollten wir eben auch kein "Lucifer Incestus Part II"-Album einspielen, die vielen Double-Bass-Attacken und das schwere Riffing sorgen für gesteigerte Brachialität. Auch Produktionsmäßig konnten wir in den Mastersound Studios noch einiges rausholen und haben unser tightestes Juwel kreiert.

Carsten:
Mir persönlich gefällt ja weniger das zähflüssige 'Sepulture Of Hypocrisy' sondern beispielsweise mehr das abwechslungsreiche 'Kings Shall Be Kings' oder 'Festum Asmorum / Chapt. 2'. Davon könnt ihr gerne noch etwas mehr machen.

Helmuth:
Yeah, die Abwechslung ist sicher eine der Stärken von "Goatreich - Fleshcult".

Carsten:
Wo siehst du denn die größten Unterschiede zwischen "Goatreich - Fleshcult" und "Lucifer Incestus"?

Helmuth:
Neben den vielen zweistimmigen Scalen/Leads//Whammys haben wir darauf geachtet, alles noch präziser und genauer einzuspielen und uns bereits im Proberaum mit Metronom auf die Studio-Sessions vorbereitet. Eine Herausforderung ist es, immer wieder Harmonien und Melodiebögen in unsere Songs/Sound einzubauen, ohne dass es sich schön oder rein anhört, sondern immer kalt und brutal. "Goatreich - Fleshcult" klingt einfach erwachsener, wir sind eben musikalisch und auch als Menschen gereift. Und das spiegelt sich eben auch auf dem neuen Album wider.

Carsten:
Ansonsten bleibt ihr aber eurer Knüppellinie treu.

Helmuth:
Right!

Carsten:
Hat das neue Album eigentlich noch euer alter Drummer Torturer eingetrümmert? Und wie kam es eigentlich zu dem Wechsel hinterm Schlagzeug?

Helmuth:
Ja, Torturer hat "Goatreich - Fleshcult" noch eingespielt. Nefastus stieß dann im Oktober '04 zu uns, als es sicher war, dass Torturer 2005 eine Musikschule besucht und nur noch wenig Zeit für BELPHEGOR gehabt hätte. Es gab keinen Streit oder ähnliches Tam-Tam, im Gegenteil, wir sind noch immer in Kontakt. Der Ausstieg und die Entscheidung für die Musikschule sind ihm auch nicht leicht gefallen. Ich denke, er hat einiges von uns gelernt in den zweieinhalb Jahren, die er bei uns getrümmert hat.
Aber so ist es im Leben immer, man muss Prioritäten setzen und ich respektiere seine Entscheidung. Es ist erstrebenswert, sich als Musiker auf seinem Instrument weiter zu entwickeln.
Mit Nefastus sind wir seit Anfang 2004 in Kontakt - danke an Mike von CHANT OF BLASPHEMY. Auch er ist ein Ausnahmetalent aus Stuttgart und hat sich bereits auf den X-Mass-Festivals bewährt und alles in Grund und Boden geblastet. Auch menschlich passt Nefastus sehr gut zu uns, und das ist wichtig, da wir viel unterwegs sind, im Studio oder eben viel Zeit im Proberaum verbringen. Er ist für BELPHEGOR genau der richtige Mann und wird auf Album Nummer sechs zu hören sein.

Carsten:
Erzähl mal was über eure Lyrics. Die sind ja zum Teil auf Latein.

Helmuth:
English, Latein, Deutsch - ein weiterer BELPHEGOR-Trademark. Die deutsche Sprache haben wir bereits '94 erstmals involviert auf unserer 7' EP "Obscure And Deep".

Carsten:
Warum ist auf der neuen Langrille eigentlich kaum ein deutscher Text mehr zu finden? Hapert's so sehr mit der Aussprache?

Helmuth:
Haha, ich habe kein Problem mit meiner Aussprache. Aber du hast recht, dieses Mal hat es nur für "Du König der Wollust" und "Du Falle der Priester" gereicht.

Carsten:
Erzähl doch bitte mal kurz etwas über die Metal-Szene in Salzburg. Ist ja sonst eher für Mozartkugeln bekannt. Oder gibt's die auch schon in schwarz?

Helmuth:
Har, Black-Metal-Taler. Die kommerzielle Vermarktung Mozarts hier im konservativen Salzburg kotzt mich an. Damals haben sie ihn aus der Stadt gejagt und verhöhnt, weil keiner dieser Dumpfbacken sein Genie erkannte.
Und ja, es gibt einige herausragende Musiker in Salzburg, auch Bands wie STYGMA IV. Alle traditionellen Metal-Liebhaber sollten da mal reinhören, das Potenzial und das musikalische Können dieser Band sind unglaublich. Dann wären da noch OUR SURVIVAL DEPENDS ON US, gemeiner-schiacher Doom Metal mit Aussagekraft, DISCIPLIN M (Brutal Death Metal) usw.
Es gibt auch einige loyale Leute hier, die BELPHEGOR hören und unterstützen, worauf wir natürlich sehr stolz sind. Jedenfalls kann man sagen, in ganz Österreich wächst die Szene und wird größer und besser.

Carsten:
Klischeehafte Stilfrage: Seht ihr selbst euch eigentlich mehr als Black- oder Death-Metaller?

Helmuth:
BELPHEGOR spielen Death Metal mit Black-Metal-Influences, aber prinzipiell ist es mir egal, wie man es nennt. Es ist harte Musik, die wir seit über einer Dekade verfeinern. Das erscheint mir auch das Wichtigste, wenn man länger dabei ist: Auf dem Instrument immer besser zu werden und Techniken, Sustain, Dynamic und Ton zu verbessern.

Carsten:
Einer meiner Kollegen bei POWERMETAL.de wüsste gern, ob das weibliche Gestöhne von "Lucifer Incestus" auf der kommenden Tour mit von der Partie ist?

Helmuth:
Am besten vorbeischauen auf der kommenden Europa-Tour und natürlich werden wir zu den jeweiligen Songs Samples am Start haben. Wir bauen das dieses Mal aus, da Nefastus absolut tight nach klick spielt, werden wir auch einige Effekte, die wir auf Platte benutzen, live unter den Songs abrufen. Wir freuen uns schon sehr, die neuen Tracks auf der Bühne zu präsentieren. Ich hoffe, die Genossinnen und Genossen sind genauso zufrieden mit "Goatreich - Fleshcult", wie wir es sind.

Carsten:
Ich werd meinen Kollegen mal mit zu eurem Gig im hessischen Münster-Breitefeld schleifen.

Helmuth:
Cool, hört man immer gerne, wenn die Magazin-Schreiber nicht nur daheim sitzen und über was schreiben/urteilen, was sie sich nie ansehen.

Carsten:
Da sprichst du genau mit dem Richtigen, har! Ist für dieses Jahr jenseits der Tour noch was geplant?

Helmuth:
Ja, 2005 ist nonstop Touring angesagt, nach der April-Tour werden wir von Juni bis August neben ein paar Festivals, erstmals UK/Spanien/Portugal touren und im Oktober Lateinamerika und Kanada. "Goatreich - Fleshcult" kommt auf dem US-Markt am 5. April raus, ich hoffe, Angebote lassen nicht lange auf sich warten und wir können heuer auch drüben eine Tour spielen. Es gibt viele Plätze, wo wir noch nicht gespielt haben, das heißt, wir haben heuer wieder einige vor.

Carsten:
Wie waren eigentlich die X-Mass-Festivals?

Helmuth:
Als Opener zu fungieren, pisste uns an. Zumal bei vielen Shows noch nicht mal die Hälfte der Leute in der Halle waren.

Carsten:
Kann ich mir vorstellen. In Frankfurt hab ich euch leider auch verpasst.

Helmuth:
Aber für uns war's trotz alledem ein guter Trip, wir trafen viele neue Gesichter und konnten einige neue Leute rekrutieren und von unserem Sound begeistern. Es war natürlich auch eine Ehre mit Bands wie NAPALM DEATH, MARDUK und VADER zu touren. Der Promo-Effekt von solchen Veranstaltungen ist natürlich auch enorm und nicht zu verachten. Auch hatten wir viele Killershows auf dieser Reise, alles in allem eine fette Geschichte für BELPHEGOR.

Carsten:
So, ehe du noch loswerden kannst, was dir sonst noch so auf der Zunge brennt, ein Wunsch: Wieder mehr weibliches Gestöhne auf der nächsten CD, hehe!

Helmuth:
Harhar Oida, du gibst nicht auf... Okay, Grüße an die Leserschaft von POWERMETAL.de, danke für'n Space Carsten, und man sieht sich on the road.

Carsten:
Grüße nach Österreich und viel Spaß bei der Germany-Tour!

Redakteur:
Carsten Praeg

Login

Neu registrieren