Straßen der Gewalt
- Regie:
- Yoo Ha
- Jahr:
- 2006
- Genre:
- Thriller
- Land:
- Südkorea
- Originaltitel:
- Biyeolhan geori
1 Review(s)
05.09.2007 | 17:44Hintergrund
Der neue Film des Regisseurs von "Once upon a Time in High School".
Handlung
Das Gangsterleben ist hart. Auch Byung-doo (gespielt von Koreas TV-Star In-seong Jo) bekommt das zu spüren. Mit 29 Jahren muss er sich immer noch mit kleinen Jobs über Wasser halten. Sein Boss betrügt ihn und seine Jungs, Aufstiegschancen sind nicht in Aussicht. Erst als Byung-doo den Bandenboss Hwang (Ho-jin Jeon, "Blood Rain") trifft und durch sein Auftreten beeindrucken kann, scheint sich das Blatt für ihn zu wenden.
Hwang sitzt ein korrupter Rechtsanwalt im Nacken, der seine Geschäfte bedroht. Doch keiner in der Bande traut sich, den heiklen Widersacher aus dem Weg zu räumen. Keiner, bis auf Byung-doo ...
Mit dieser Bluttat rückt er ein großes Stück auf der Karriereleiter empor und steht nun in der Rangfolge direkt unter Hwang. Mit seinen Jungs im Rücken und dem Vertrauen des Bosses scheint ihn nichts mehr aufhalten zu können.
Seine alten Schulfreunde sollen ihm jedoch zum Verhängnis werden. Min-ho (Gung-Min Nam, "Bad Guy"), sein ehemaliger bester Freund, plant den Dreh eines Gangsterfilms und versucht über Byung-doo Einblicke in die Welt der Ganoven zu erhaschen. Der raue Alltag seines alten Freundes dient ihm als Inspirationsquelle.
Was dieser nicht weiß: Min-ho dreht in seinem Film Byung-doos Leben nach, was weitreichende Konsequenzen hat.
Kritik
Scorsese auf koreanisch.
1973 drehte Martin Scorsese den Gangsterfilm-Klassiker "Mean Streets" ("Hexenkessel" in der deutschen Fassung). Sein intensives Porträt des Gangsterlebens in New Yorks Little Italy mit den damals wenig bekannten Robert DeNiro und Harvey Keitel in den Hauptrollen gilt bis heute als einer der herausragenden Beiträge des Genres.
Yoo Has "Straßen der Gewalt" steht eindeutig im Zeichen von Scorseses Frühwerk, trägt aber auch Merkmale seiner anderen Meisterwerke wie "Casino" oder "Goodfellas". Wer die genannten Filme gesehen hat, weiß, was ihn in den langen 133 Minuten dieses koreanischen Beitrags erwartet. Der klassische Aufstieg und Niedergang eines Gangsters wird hier in aller Ausführlichkeit beleuchtet, ohne großartige Höhepunkte zu bieten. Ein wenig familiärer Zusammenhalt à la "Der Pate“, gemischt mit der Bodenständigkeit Scorseses, und fertig ist das koreanische Gegenstück zu den Meisterwerken Hollywoods anno 1974.
Doch so leicht ist es dann doch nicht. "Straßen der Gewalt" zeigt viele gute Ansätze, kann letztlich aber nicht vollends überzeugen. Das liegt in erster Linie am viel zu gemächlichen Tempo, gerade in der ersten Filmhälfte. Regisseur Yoo Ha beleuchtet weit über eine Stunde lang die Hintergründe des Protagonisten, wobei er sich das eine oder andere Mal in Belanglosigkeiten verliert. Spätestens nach der dritten Karaokerunde fühlt man sich wie in einer kleinen Zeitschleife. Was bei "Der Pate" aufgrund der hohen Komplexität an sozialen Verbindungen noch wunderbar funktioniert, langweilt hier doch zusehends. Eine Straffung um 50 Prozent hätte wahre Wunder gewirkt! Ferner wirkt die obligatorische Liebesgeschichte klischeehaft und arg aufgesetzt. Sie trägt wenig zur eigentlichen Handlung bei und nimmt unnötig viel Zeit in Anspruch.
Glücklicherweise werden Byung-doos Beweggründe für sein Gangsterleben besser beleuchtet. Die Sorge um seine Familie und deren Unterhalt wird sehr gut illustriert und gefällt mit ihrer emotionalen Tiefe. Überhaupt ist "Straßen der Gewalt" sehr realitätsnah ausgefallen. Die soziale Rangfolge, die familiären Probleme und vor allem die Darstellung des Gangsteralltags sind überaus gut gelungen und die große Stärke des Films. Das zeigt sich besonders in den Actionszenen, die ihren Namen aber im eigentlichen Sinne gar nicht verdient haben. Vielmehr handelt es sich um recht brutale (Massen-)Schlägereien, in denen jeder Baseballschläger-Hieb einem Knochenbruch gleichkommt. Anstatt sich in überdrehter, aufgestylter Action zu verlieren, versucht Yoo Ha, auf dem Boden zu bleiben und mit der Gewalt einen scharfen Strich zu ziehen. Die Wirkung lässt sich gut mit dem Finale von "Der Pate" vergleichen, dessen gewaltsames Ende eine ähnliche Intensität hatte.
Zusammengenommen bleibt ein ordentlicher Film, der in gewohnter Weise den Aufstieg und tiefen Fall eines Ganoven beschreibt. Der gute Hauptdarsteller In-seong Jo und die Realitätsnähe machen "Straßen der Gewalt" zu einem Film, den man sich (bei Gefallen der oben genannten Filme) vormerken sollte.
Die DVD
Das Bild (2,35:1) ist recht ordentlich, wenn auch nicht wirklich gut. Die Schärfe ist okay, der Kontrast über weite Strecken auch. In dunklen Szenen werden aber reichlich Details verschluckt. Zudem ist ab und an Ghosting (das Nachziehen von Gesichtern, o. Ä.) zu sehen. Stellenweise ist das Bild recht grobkörnig, mittleres Hintergrundrauschen mischt sich auch noch mit ein.
Der Ton (Deutsch, Koreanisch je DD 5.1) steht dem in fast nichts nach. Hintergrundgeräusche sind eher die Seltenheit. Einzig während der Actionszenen sind direktionale Geräusche zu vernehmen. In den ruhigen Passagen haben die hinteren Kanäle Sendepause. Der Bass brummt angenehm (wenn er denn mal darf), die Dialogverständlichkeit ist in beiden Spuren zu jeder Zeit gegeben. Tonal nehmen sich die beiden Spuren nicht viel, wodurch die Wahl offen beim Zuschauer liegt.
Fans von Bonusmaterial stehen mit dieser Veröffentlichung im Regen. Außer Trailern und den Untertiteln zum Film herrscht hier Ebbe.
Fazit
Der immerwährende Aufstieg und Fall von Ganoven wurde in der Vergangenheit schon mannigfaltig verfilmt. Ob Coppola, Scorsese oder De Palma - Gangsterepen kamen aus Hollywood. Mit "Straßen der Gewalt" kommt nun ein Beitrag aus Korea. Ganz in der Tradition der großen Vorbilder gehalten, offenbart sich ein ordentlicher Beitrag, der aber durchaus mehr hätte sein können. Die Realitätsnähe und der charismatische Hauptdarsteller hätten den Film in höhere Sphären heben können. Leider stören Längen in der ersten Filmhälfte, die (leider übliche) klischeebeladene Liebesgeschichte und die eine oder andere Vorhersehbarkeit im Plot.
Fans von "Scarface", "Goodfellas" und Co. sollten aber einen Blick riskieren.
- Redakteur:
- Martin Przegendza