Geheimnis der fünf Gräber, Das
- Regie:
- John Sturges
- Jahr:
- 1956
- Genre:
- Western
- Land:
- USA
- Originaltitel:
- Backlash
1 Review(s)
16.05.2007 | 21:21Spannend: Showdown in Sierra Blanca
Im Gebiet der Apachen sind fünf weiße Männer einem Indianerangriff zum Opfer gefallen. Ein sechster Mann ist verschwunden - und mit ihm ein Goldschatz. Jim Slater (Richard Widmark) und Karyl Orton (Donna Reed) machen sich auf die Jagd nach dem Gold und dem Überlebenden. Ihr gemeinsamer Weg wird für beide zu einer Reise in die Abgründe von Gier und Verrat.
Diese DVD zeigt eine ungeschnittene und digital restaurierte Fassung des Western-Klassikers von Regisseur John Sturges aus dem Jahr 1956.
Filminfos
O-Titel: Backlash (USA 1956)
Dt. Vertrieb: Koch Media (27.04.2007)
http://www.kochmedia.de/
http://www.dvd-klassiker.com/
FSK: ab 16
Länge: ca. 81 Min.
Regisseur: John Sturges
Drehbuch: Borden Chase nach einem Roman von Frank Gruber
Musik: Herman Stein
Darsteller: Richard Widmark, Donna Reed ("Verdammt in alle Ewigkeit"), William Campbell, John McIntire u. a.
Handlung
Arizona 1870, fünf Jahre nach dem Bürgerkrieg, unweit des Apachengebiets westlich des Rio Pecos. In dieser von Kakteen beherrschten Landschaft lernen sich der Texaner Jim Slater (Richard Widmark) und die Südstaatlerin Karyl Orton (Donna Reed) erstmals kennen. Slater buddelt in den Gräbern, welche die Armee in der abgebrannten Ruine eines Gehöfts angelegt hat. Hier vermutet er das Grab seines Vaters, den er rächen will.
Es sind fünf Gräber, aber Jim meint zu Karyl, die da angeritten kommt, es müssten sechs weiße Männer gewesen sein, die Ziel des Apachenangriffs waren. Ein Brief hat es ihm verraten. Und was will sie hier? Etwa auch das Gold, hinter dem die fünf her waren: 60.000 Dollar? Ja, denn einer der Männer war ihr Gatte und daher beansprucht sie die Hälfte des Schatzes. Nur, wo ist der Schatz jetzt - und wo der sechste Mann?
Slater verliert schnell jeden Respekt für Karyl, als er merkt, dass sie ihn in einen Hinterhalt gelockt hat, um ihn loszuwerden und das Gold für sich behalten zu können. Der angeheuerte Heckenschütze Tom Welker, ein Deputy Sheriff aus Silver City, wird von Slater ausgetrickst und erledigt. Natürlich finden das Welkers zwei Brüder ebenso wenig amüsant wie der Sheriff und jagen von da an Slater durch halb Arizona.
In Tucson, wo Karyl ihn an die Welkers verrät, erfährt Slater, dass ein Sergeant Lake die fünf Männer begraben hat. Als er Lake endlich aufstöbert, ist auch schon Karyl zur Stelle. Lake, der drei der Begrabenen identifiziert, versucht, Bentons Handelspost vor den Apachen zu schützen. Im Laufe der Kampfhandlungen können er und Slater entkommen, doch Lake hat eine tödliche Verwundung erlitten. Im Sterben verrät er, wer der vierte und der sechste Mann waren: Nr. 4 fehlte die linke Hand (eine Kriegswunde) und Nr. 6 ritt ein Pferd der Carson-Ranch.
Auf der Carson-Ranch - Karyl hat Slater schon wieder eingeholt - lassen sich vier der sechs Männer identifizieren. Nr. 4 gehörte zu Major Carsons Familie, doch Nr. 6 scheint die Banditen in den nahen Hügeln anzuführen und nennt sich jetzt Jim Bonniwell. Aus Slaters Brief erahnt Karyl bereits, wer sich hinter Jim Bonniwell verbirgt, und sagt es Slater, den sie inzwischen liebt.
Als Slater wütend allein losreitet, um Bonniwell zu suchen, ahnt sie bereits, dass dieses Aufeinandertreffen nur in einer Katastrophe enden kann.
Mein Eindruck
In den ersten zehn Minuten hat der Zuschauer keine Ahnung, um was es eigentlich geht, aber Hauptsache, es gibt jede Menge Action und Spannung. Gleich werden in der Schießerei zwei Grundthemen der Geschichte angerissen: Gier nach dem Gold und Verrat wegen des Goldes. Diesen Verrat an seinem Vater will der Texaner Jim Slater rächen, dabei hat er seinen Vater nicht mehr gesehen, seit er ein kleines Kind war. Der Krieg verhinderte ein Wiedersehen, und danach befand sich sein Vater auf der Verliererseite. Deshalb zog er los, um Gold zu suchen, fand es zusammen mit fünf anderen Glücksrittern und biss ins Gras. Wer war der sechste Mann, der Verräter, der statt im nahen Fort Hilfe gegen die Apachen zu holen, sich lieber mit dem Gold aus dem Staub machte?
~ Detektivgeschichte ~
Diese spannende Frage macht die Story eigentlich zu einer Detektivgeschichte im Westerngewand, denn Slater folgt einer Spur von Hinweisen, die ihn schließlich an ein unerwartetes Ziel führen. Unterwegs verändert er sich. Aus dem ruppigen Rowdy, der sich nicht scheut, Karyl eine runterzuhauen, wird ein Mann mit Verpflichtungen. Es bringt es nicht über sich, die Farmer, die von Major Carson angeführt werden, in die von Bonniwell gestellte Falle laufen zu lassen. (Ein Pistolenschuss genügt als Warnung, aber er ist hart erkämpft.) Dass er kein Rowdy mehr ist, zeigt er auch, als ihn der Pistolero Johnny Cool (Campbell) ständig herausfordert und er ihn abblitzen lässt (außer am Schluss natürlich).
~ Wandlung ~
Was hat die Veränderung herbeigeführt, ist die zentrale Frage. Denn die Antwort führt zum Verständnis, warum die finale Auseinandersetzung ganz anders verläuft als wenn sie am Anfang stattgefunden hätte. Es ist die Liebe zu Karyl, schätze ich, die Slater zeigt, dass man zwar um das Gleiche kämpfen kann, nämlich das Gold, einander aber dennoch lieben kann. Es gibt Wahlmöglichkeit, entgegen allem, was ihm sein finaler Gegner einreden will. Slater ist nicht mehr wie bisher auf Rache fixiert und gehorcht auch nicht der "Stimme des Blutes", sondern der Stimme von Anstand und Moral (er warnt Rancher Carsons Truppe). Er wird dadurch gerechtfertigt, dass sich sein Gegner als Mann entpuppt, der weder Anstand und Moral noch auch ein Gewissen hat: Er knallt den Sheriff kaltblütig nieder.
ACHTUNG SPOILER
Sein Gegner ist sein eigener Vater, der sich nun Bonniwell nennt - ein Gesetzloser, ein Outlaw, der die Bevölkerung tyrannisiert. Und nicht nur das. Bonniwell ist der Mann Nummer 6, den Slater von Anfang an gesucht hat. Sein eigener Vater ist der feige Verräter, der die anderen fünf den Apachen überließ, um sich mit dem Gold aus dem Staub zu machen. Natürlich erzählt der Vater seine eigene Version dieses Vorfalls.
Der Showdown ist denn auch eine ödipale Abrechnung des Sohnes mit dem Vater, des Alleingelassenen mit dem Outlaw, des Sohnes mit einer Zukunft (= Karyl) mit dem Mann ohne Zukunft und ohne Vergangenheit (Verrat). Diese Auseinandersetzung ist meines Erachtens symbolisch für das Ringen um die Zukunft der nach dem blutigen Bürgerkrieg zerrissenen Vereinigten Staaten. Der Vater gehört der Vergangenheit an und ist ohne Perspektive. Der Sohn muss sich zwischen Vergangenheit und Zukunft entscheiden, doch das bedeutet einen Wechsel der Seiten, von Südstaaten zu Nordstaaten. Karyl, seine Geliebte, erleichtert ihm diesen Weg, denn sie bietet die Perspektive, etwas aufbauen zu können. (Jim kann sich das sehr gut vorstellen und malt ein konkretes Bild für sich.)
SPOILER ENDE
Karyl ist die rätselhafteste Figur. Sie muss Slater alles verzeihen und ständig die Klappe halten. Trotzdem stolziert sie durch den Wüstensand von Arizona wie eine Herrenreiterin und als gehörte ihr dieser verdammte Sand höchstpersönlich. Wahrscheinlich denkt sie schon an die 30.000 Dollar, die ihr bald gehören werden. oder sie schleppt noch die Allüren einer Plantagenprinzessin aus Georgia mit sich herum.
In der Originalfassung enthüllt sich, welche Vergangenheit Karyl hinter sich zu lassen gezwungen ist. Sie hat nach dem Krieg, als ihr Mann Paul verschwunden war, in Atlanta mit dem Feind zusammengearbeitet ("consorting with the enemy"), und zwar auf allen Ebenen, auch in der horizontalen. Nach einiger Zeit waren ihre Dienste als leichtes Mädchen nicht mehr gefragt und sie musste sich nach einer neuen Einnahmequelle umsehen: das Gold von Gila Valley. Dafür, dass sie sich prostituierte, benimmt sie sich nun in Slaters Gegenwart aber wie eine ehrbare Frau. Und die rasch wechselnden Kostüme, die sie stolz trägt, sind alle recht züchtig geschnitten. (Man sollte annehmen, mit einer derart umfangreichen Garderobe müsste sie eine Karawane von 20 Koffern herumziehen lassen.)
~ Erotik ~
Wie auch immer, mit ihr erlebt Jim Slater erstmals so etwa wie Liebe. Ihren Kuss bezeichnet er als "gutes Hausmittel" - ein kleines Beispiel für den sarkastischen Humor der Dialoge. Sie brennt ihm eine Schusswunde aus, nachdem er gesagt hat, dass eine "Frau, die nicht ihr eigenes Bett machen könne, nichts taugt". Worte, die ein raubeiniger Texaner ruhig sagen darf. Als sie sich ihre Bluse auszieht, ist das ein hocherotischer Moment, wie er in Western der Fünfziger selten zu sehen ist, aber er macht kein Aufhebens darum - vielleicht weil er schon am Einpennen ist.
~ Indianer ~
Weniger gut gefiel mir die stereotype Darstellung der Apachen. Sie sind von aller Individualität entblößt, lediglich Statisten, die für die Idee der "Apachengefahr" stehen. Wer individuelle Indianer sehen will, muss schon "Der gebrochene Pfeil" mit Jim Stewart sehen, auch ein klasse Western, der restauriert wurde.
Die DVD
Technische Infos
Bildformate: 1,33:1 (4:3)
Tonformate: D in DD 2.0, Englisch in DD 2.0
Sprachen: D, Englisch
Untertitel: keine
Extras:
- Original-Kino-Trailer
- 4-seitiges Booklet
- Bildergalerie mit seltenem Werbematerial
Mein Eindruck: die DVD
~ Das Bild ... ~
... erstrahlt geradezu vor Farbenpracht, und auch Kontrast und Schärfe lassen nichts zu wünschen übrig. Es ist ein Genuss, dieses Bild zu sehen. Ab und zu taucht trotz der digitalen Bearbeitung mal ein Streifen oder Punkt auf, aber das Auftreten solcher Artefakte ist sehr vereinzelt.
~ Der Ton ... ~
... liegt im Dolby-Digital-Standard 2.0 vor und ist somit ganz okay für so einen alten Streifen. Aber berauschend ist das für heutige Verhältnisse nicht, besonders wenn man die deutsche Synchronisation hört. Sie folgt eben den Tonstandards der fünfziger Jahre, das bedeutet: viele Höhen, wenige Bässe. Die Musik klingt da schon besser. Eer englische Originalton weist viel mehr Bässe auf und klingt natürlicher, nicht nur, was Widmarks, sondern auch was Reeds Stimme angeht. Allerdings ist mir ein merkwürdiges Knistern aufgefallen, sobald irgendjemand spricht. In den übrigen Zeit, etwa wenn die Musik spielt, jedoch nicht.
~ Die Extras ~
Der Originaltrailer zeigt die US-Fassung in englischer Sprache (in was sonst?). Hier erfuhr ich erstmals, dass der Film im Jahr 1870 spielt, also nur fünf Jahre nach dem Ende des Bürgerkriegs. Das ist relativ bedeutungsvoll für die Feindseligkeit, die dem Südstaatler Slater entgegenschlägt. Die siegreichen Nordstaatler gönnen ihm absolut nichts, und überall soll er als Erstes seine Kanone abgeben. So als ob ihn allein schon seine "Nationalität" gefährlich machen würde.
Die Bildergalerie ist wie bei allen Western-Classics-Editionen von hoher Qualität. Sie enthält nicht nur kurios eingefärbte Standfotos - Slaters Wildleckerjacke ist mal braun, dann wieder grün! - sondern auch ein komplettes Presseheft mit deutschsprachigem Handlungsabriss. Wer also nichts verstanden hat, wird hier restlos aufgeklärt. Unter den Fotos fehlt auch nicht die damals für hocherotisch gehaltene Szene nicht, als Donna Reed ihre Bluse auszieht, um sich als Florence Nightingale (= berühmte Krankenschwester im Krimkrieg 1856) zu betätigen.
~ Das Booklet ~
... nennt die Handlung "windschief", die Nebenrollen fehlbesetzt (wahrscheinlich ist damit William Campbell als Johnny Cool gemeint) und zitiert den Drehbuchautor mit seiner heftigen Kritik an Regisseur und Hauptdarsteller, lobt aber ansonsten die "guten Actionszenen" und "sorgfältigen Dialogführung". Über Sturges, den Regisseur von "Die glorreichen Sieben" (1960) erfahren wir viel, über Widmark und Reed hingegen absolut nichts. Widmark spielte in dem Western-Klassiker "Warlock" mit und Donna Reed in "Verdammt in alle Ewigkeit" neben Burt Lancaster und Montgomery Clift. Ich habe schon bessere Booklets gesehen.
Unterm Strich
Es hat schon einfallsreichere und romantischere Western gegeben, aber nur wenige, die spannender waren. Die Hauptfigur Jim Slater erinnert an John Wayne in "The Searchers" (Der schwarze Falke), wenn er dem sechsten Mann nachspürt, der seinen Vater auf dem Gewissen haben soll.
Das Bild dieses alten Films wurde prächtig restauriert, so dass sich der Zuschauer wirklich sattsehen kann. Der Ton kann da nicht so gut mithalten, klingt aber in der Originalfassung voller und runder (durch mehr Bässe). Die Musik von Herman Stein evoziert die üblichen Emotionen voller Dramatik und Romantik, die Bild- und Dialogregie weiß ein paar Perlen zu bieten. Hier heißt es, aufmerksam zu sein. Wieso der Film eine FSK16-Einstufung bekommen hat, will mir beim besten Willen nicht einleuchten. Ich kann nichts Anstößiges daran entdecken. Im "Lexikon des Internationalen Films" hat er eine FSK12-Einstufung.
- Redakteur:
- Michael Matzer