Branded To Kill
- Regie:
- Seijun Suzuki
- Jahr:
- 1967
- Genre:
- Action
- Land:
- Japan
- Originaltitel:
- Koroshi No Rakuin
1 Review(s)
23.04.2007 | 14:59Hintergrund
Seijun Suzuki ist einer der unterschätztesten Regisseure Japans. Der 1923 geborene Querkopf war seiner Zeit weit voraus. Seine Filme hatten eine surrealistische Note, gerade was die Visualisierung anging. So verwendete er häufig merkwürdig anmutende Beleuchtungen, setzte viele farbliche Akzente und auch gerne schwarz/weiß Aufnahmen als Stilmittel ein. Doch das japanische Kino dieser Zeit (um 1960) war für solche Experimente noch nicht bereit. Und so kam es, dass Suzuki nach über 40 Filmen (zwischen 1956 und 1967) von seinem Studio mit der Begründung, er würde Filme machen, die weder Sinn machen, noch Geld einspielen, gefeuert wurde. Suzuki kam daraufhin auf eine Schwarze Liste und fand 10 Jahre lang keine Anstellung bei einer japanischen Produktionsfirma. Nach langer Schaffenspause machte er 2001 mit dem/der Remake/Parodie "Pistol Opera" seines 1967 Klassikers "Koroshi no rakuin" ("Branded To Kill") auf sich aufmerksam - jener Film, der seine Entlassung besiegelte und hier zur Besprechung vorliegt.
Handlung
Hanada (Jo Shishido) ist einer der besten Auftragskiller Japans. Auf der internen Liste seines Syndikats belegt er Platz 3. Er lebt ein Leben am Abgrund: Entweder er überlebt seinen nächsten Auftrag oder er stirbt. Doch Hanada ist entgegen dem Kodex der Auftragsmörder ein Lebemann. Er kann weder dem Duft von kochendem Reis, noch den Reizen seiner Frau (Mariko Ogawa) widerstehen. Ganz nach dem Motto „der nächste Auftrag ist der schwerste“ gerät sein Leben mit dem Auftritt der mysteriösen Misako (Mari Annu) aus den Fugen. Der ihm zugewiesene Auftrag geht schief, sein Opfer überlebt und eine unbeteiligte Person ist gestorben. Hanada weiß, was das heißt: Sein eigenes Syndikat wird die Jagd auf ihn beginnen. Zu allem Überfluss mischt sich auch der ruhmreiche Killer No.1 (Koji Nambara) mit ein ...
Kritik
"Branded To Kill" war Seijun Suzukis letzter Film für das berühmte Nikkatsu Filmstudio. Wie seine Vorgänger ist auch Suzukis letzte Kooperation mit dem Studio ein unkonventioneller und seiner Zeit weit vorauseilender Film geworden. Die Handlung ist ähnlich simpel wie die von "Tokyo Drifter" und fokussiert sich ganz auf den Protagonisten. Die Nebenfiguren geben sich mysteriös, ihre Motive bleiben im Schatten. Letzten Endes teilt sich der Plot in Hanadas Killerzeit und seine anschließende Flucht, wobei der Zweikampf der beiden Topkiller das krönende Finale bildet.
Der Weg dahin gestaltet sich aber recht schwierig. Da das Nikkatsu Studio keine weiteren farblichen Alleingänge Suzukis verantworten wollte, veranlassten sie "Branded To Kill" komplett in schwarz/weiß zu drehen. Doch Suzuki verstand es auch ohne Farben ein aufregendes visuelles Konzept zu erarbeiten. Die Beleuchtung der einzelnen Sets ist ausgezeichnet gelungen und trägt mit ihren vielen Schatten zu optischen Geheimnissen bei, die der generell recht mysteriösen und undurchsichtigen Stimmung des Films sehr gut Tribut zollen. In Verbindung mit der tollen Kameraarbeit und den entstehenden Perspektiven zeigt sich ein, für die Zeit grandioses Gesamtbild, welches alleine die Anschaffung rechtfertigt!
Doch auch auf einer anderen Ebene geht "Branded To Kill" eigenwillige Wege. Der Schnitt ist völlig asymmetrisch, was zu vielen Sprüngen führt, die wiederum den Eindruck vermitteln, man würde einzelne, relativ unabhängige Kapitel sehen, die einzig durch ihre Koexistenz in ein und demselben Film zusammengehören. Ferner verliert man dadurch völlig den zeitlichen Bezug. Während der ausladenden Sexszenen zur Mitte hin lässt sich nicht genau sagen, ob sich das Geschehen über einen Tag oder eine Woche erstreckt. Es entsteht ein puzzleartiges Konstrukt, das vom Zuschauer zusammengefügt werden möchte. Das Ganze erweist sich als recht anstrengend und in seiner Zusammensetzung als unbefriedigend, da die finale Lösung in der Retrospektive weitaus weniger Mysterien aufrechterhält, als es das Puzzeln zuvor erwarten lässt. Auf diese Weise fällt der Plot gewaltig ab und bleibt weit hinter der tollen Inszenierung zurück.
Die Schauspieler machen ihre Sache recht gut, was besonders auf die männlichen Darsteller zutrifft. Der mit Wangenimplantaten spielende Jo Shishido agiert überzeugend und glaubhaft, auch wenn der Anblick der an Marlon Brando in "Der Pate" erinnernden Hamsterbacken seine eigene Komik ausstrahlt. Auf Seiten der Antagonisten weiß Koji Nambara als Killer No.1 zu gefallen. Die Darstellerinnen zeigen einmal mehr das förmlich urjapanische Overacting, was sich hier jedoch gut in das parodistische Konzept einfügt.
Die DVD
Das Bild (2,35:1) ist für sein Alter großartig. Man merkt dem Transfer kaum an, dass das Ausgangsmaterial bereits 40 Jahre auf dem Buckel hat. So ist die Schärfe in Nahaufnahmen sehr überzeugend, lediglich die Tiefenschärfe wirkt leicht verwaschen. Das Bildrauschen ist annehmbar und nicht zu störend, was sich auch bezüglich der Bildfehler in Form von Dropouts und ähnlichem sagen lässt. Der Kontrast ist ebenfalls gut, wenn auch die eine oder andere dunkle Szene kurz vor dem Absaufen ist. Alles in allem aber ein großartiges Ergebnis von REM!
Beim Ton gestaltet es sich da schon schwerer. Der DD2.0 Monoton liegt lediglich im japanischen Original vor, was man jedoch nicht als Manko betrachten darf. Leider rauscht es während der gesamten Spielzeit recht deutlich, phasenweise geht es sogar in ein Brummen über. Hier merkt man dem Film schon eher sein Alter an! Die Dialoge sind gut verständlich, wenn sie auch, wie die Musik, recht dumpf aus den Lautsprechern tönen. Die optionalen deutschen Untertitel sind dafür sehr gut.
Die Extras sind wieder vorbildlich. Gleich drei überaus informative und hörenswerte Interviews befinden sich auf dem Silberling. Neben dem Regisseur und dem Hauptdarsteller kommt auch der Ausstatter Takeo Kimura zu Wort. Die Gesamtspielzeit der Interviews beträgt rund 80 Minuten und bietet sehr viele Hintergrundinformationen zum Dreh, dem japanischen Studiosystem uvm. Diese Interviews stammen im Übrigen aus dem Jahre 2006. Daneben bietet die DVD noch eine Bildergalerie, den Originaltrailer und die übliche Trailershow. Das Set wird in einem Digipack samt Poster und Postkarte geliefert - ein für REM typisches und sehr hochwertiges Release!
Fazit
"Branded To Kill" zeigt wunderbar das Schaffen von Seijun Suzuki auf und darf neben "Tokyo Drifter" stellvertretend für seinen filmischen Nachlass stehen. Entgegen aller damaligen Konventionen inszeniert Suzuki einen Gangsterfilm in visueller Pracht, der sich selbst und seine Umwelt nicht allzu ernst nimmt. Viele parodistische Einlagen, keine ernste Weltsicht und eine wunderschöne Kameraarbeit zeichnen diesen Film aus. Leider erweist sich der Kunstgriff beim Cut als Schnitt ins eigene Bein, da er es dem Zuschauer schwer macht, dem Geschehen zu folgen und den Film wie ein Stückwerk präsentiert. Wer darüber hinwegsehen kann und generell ein Interesse an der Geschichte des japanischen Films hat, wird um die Anschaffung dieses Streifens nicht herum kommen. REM macht es dem geneigten Käufer zudem durch die hochwertige Ausstattung leicht, den Geldbeutel zu öffnen.
- Redakteur:
- Martin Przegendza