Wave-Gotik-Treffen - Leipzig

17.07.2013 | 13:18

17.05.2013, diverse

Weniger Augenkrebs erzeugende Kostüme und interessante Bands lassen das Wave-Gotik-Treffen wieder zu dem werden, was es einmal war. Ein Familientreffen mit Wohlfühl-Atmosphäre.

Nun ist schon der letzte Tag angebrochen. Wenn man nicht zeltet hat man den Luxus, auch einmal ausschlafen zu können. Niemand, der die ganze Nacht über den Zeltplatz schreit, und keine laute Musik von nebenan, die einen schon gegen acht munter macht. Auch heute geht es zum größten Teil erst gegen 17.00 Uhr mit Konzerten los. So wird der Tag irgendwie zum "Gammeltag", zumal das Wetter auch nicht gut genug ist, um sich einfach irgendwo hinzusetzen.

Das erste Ziel für den Montag ist der Kohlrabizirkus. Dort spielt NEGURA BUNGET zum ersten Mal im Rahmen des Wave-Gotik-Treffens. Auch für uns ist es das erste Live-Erlebnis mit der Band aus Rumänien. Aus Transsilvanien um genau zu sein. Denn mit der Ankündigung des finster drein schauenden Sängers: "Hello, we are NEGURA BUNGET from Transylvania.", wird die Herkunft gleich aufgeklärt. Was dann folgt ist ein Konzert, was man stellenweise nicht in Worte fassen kann. Eine Mischung aus Black Metal und Neofolk trifft es wohl am besten, was uns die Herren da um die Ohren hauen. Black Metal kontra Panflöte und das klingt auch noch verdammt genial! Die einzelnen Stücke besitzen eine Wucht und wirken recht hypnotisch, was durch die spartanische Bühnenbeleuchtung noch verstärkt wird. Man kann sich diesem Sound einfach nicht entziehen. Auch die teilweise recht langen Instrumentalstücke schaffen das toll. Von Langeweile keine Spur. Fehlt nur noch, dass jetzt Graf Dracula auf der Bühne erscheint! Das passiert aber nicht und so hinterlassen NEGURA BUNGET bei vielen Besuchern einen offenen Mund und totale Begeisterung, die sich in einem riesigen Beifall am Ende niederschlägt. Wieder einmal ein gutes Beispiel dafür, dass man das Publikum auch ohne Showzirkus und "nur" mit der Musik vollkommen fesseln kann.

So und was jetzt? Nach diesem Erlebnis und voran schreitender Müdigkeit könnte man im nahe gelegenen Volkspalast ja eine Runde chillen und einmal sehen und hören, was da an Musik läuft. Montags sind ja meist Ambient-Bands am Start. Also gemütlich etwas trinken und dem Duo REFORMED FACTION lauschen. Robin Storey und Mark Spybe, die früher bei ZOVIET-FRANCE dabei waren, präsentieren einen skurrilen Klangteppich und kreieren dazu mit ihren Stimmen eine bedrückende Atmosphäre. Die Bilder auf der Leinwand verstärken das Ganze noch recht ordentlich. Insgesamt ist es nicht so meine Musik, aber was die beiden da abliefern ist nicht schlecht.

Da KORPLIKAANI und ENSIFERUM gefühlt in letzter Zeit omnipräsent sind, entscheiden wir uns für das WGT-Finale für KMFDM. Die Amis bekommt man ja nicht so oft zu Gesicht. Zumal die Band vor kurzem verkündet hat, nie wieder in Deutschland eine Club-Show zu geben. Vielleicht der eine oder andere Festival-Gig, aber mehr nicht. Da sollte man das noch einmal nutzen. Die AGRA-Halle ist gut gefüllt, als das Konzert beginnt. Sänger Sascha Konietzko und Sängerin Lucia Cifarelli lassen es ordentlich knallen und liefern eine tolle Show ab. Die beiden Energiebündel rennen wie angestochen über die Bühne. Das Publikum lässt sich davon anstecken und tanzt ausgelassen. Die Gitarren braten auch ordentlich. So macht das Spaß! 'Krank' oder 'Hau Ruck' bringen die Menge zum kochen. Auch bei 'Anarchy' geht es später auf und vor der Bühne ordentlich ab. So geht das WGT für uns mit bestem Industrial-Rock zu Ende. Man hat KMFDM also noch einmal gesehen, bevor sie sich hierzulande rar machen wollen. Ob das natürlich wirklich so eintreten wird, bleibt abzuwarten.

Alles in allem war es dieses Jahr relativ stressfrei. Oder anders gesagt, man hat sich keinen Stress gemacht, um noch eine Band zu erhaschen, die gerade ganz woanders spielt. Im Vergleich zu 2012 war es in Leipzig wieder etwas voller. Der Veranstalter spricht von 21.000 Gästen. Bei vielen Spielstätten kam man ohne großes Anstehen herein, meist waren es die kleineren Sachen, die hoffnungslos überfüllt waren. Aber auch das gehört irgendwie zu diesem Festival dazu. Positiv fiel auf, dass diese ganzen Cyber-Leute fast weg sind und auch ein einfaches schwarzes Outfit mehr sagen kann als alberne Verkleidungen. Die Leute, die sich gern zur Schau stellen, haben das natürlich auch wieder getan, was ihnen auch gegönnt sei. Aber der Eindruck, dass dies den Besuchern zunehmend nicht wirklich wichtig ist, hat sich dieses Jahr verstärkt. Der Großteil möchte einfach nur dieses Treffen genießen und kehrt somit zum ursprünglichen Sinn der Veranstaltung zurück. Denn schließlich macht ja die persönliche Einstellung und nicht die Verkleidung das Ganze aus. Auch wenn das alle Fotografen und kommerzielle Medien anders sehen, die gern den "gemeinen Grufti" zur Schau stellen. Den wirklichen Szenegänger widert das nur an.

Redakteur:
Swen Reuter

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