Twilight Of The Idols Europe Tour 2004 - Bischofswerda/Osnabrück/Berlin

07.10.2004 | 12:12

01.10.2004, Eastclub/Tor/K 17

Sicher und sanft einmal quer durch die Bundesrepublik geschaukelt erreicht der Tourtross am Samstag zu mittäglicher Stund das "Tor" in Osnabrück. Ein wenig schockiert ist die Truppe schon beim Anblick der kleinen Bühne in dem gut 300 bis 400 Mann fassenden Club. "Dafür ist hier der Sound leicht zu regeln und man behält gut den Überblick", stellt Infernus beruhigend fest. Bis zum Auftritt bleiben noch locker neun Stunden Zeit, die lässt sich überrunden mit Gesprächen über Bulgakow, Okkultismus im Dritten Reich und die wahre Essenz des Satanismus, die letztlich doch jeder für sich selbst finden muss. "Es tut gut einfach mal nur eine Weile auf der Wiese vor einer Tankstelle zu sitzen und auszuspannen. Das Leben ist sonst stressig genug." Da hat Infernus recht und wird sogleich zum Soundcheck fortgerufen. Noch läuft alles glatt.

Der Saal ist schon gut gefüllt, als der Osnabrücker Dreier NEBELHEER die Bühne betritt. Sie können auf ihre Fans hier zählen, dass nordische Publikum unterstützt klatschend und teilweise auch headbangend den Auftritt der Düstermetaller. Sie machen ihre Sache gar nicht so schlecht, nur fehlt noch der zündende Funke in den meist recht gefühllos zusammengestückelten Kompositionen von "Ad Gladios" und "Anno 1635". Jedes Mal, wenn sich wieder ein sehr schönes und durchaus individuelles Riff ankündigt, folgt ein einfach nicht passend wollender oder zu aufgesetzter Break bzw. lückenfüllendes Stino-Spiel. Dennoch verleitet ihr Black Metal mit Bay-Area-Anleihen zum Mitgehen. Technisch und textlich haben die Jungs definitiv was drauf und die Ablehnung von Corpse Paint spricht dafür, dass hier drei Charakterköpfe mit einer eigenen Vision am Werke sind. In Zukunft wird man von den drei Schwergewichten sicher noch einiges zu hören bekommen.

Die dreißigminütige Verschnaufpause ist dringend nötig, bevor die vier Reiter der Apokalypse die Bühne im "Tor" stürmen. Gleich wird es verdammt heiß hier drinnen, denn kaum hat der bis auf das letzte Barthaar angemalte Haufen Position bezogen, speit Ravn die ersten Flammen über das sich eng drängende Publikum. Die letzte Ölung mit Paraffin gibt es gratis dazu. Frisch getränkt und feurig erregt macht sich vor der Bühne Chaos breit, vom Anfang bis zum Ende, von 'Necronatalenheten' bis zur letzten Zugabe 'I Breath Spears' wird begeistert durchgemosht. Voller Elan bringen 1349 ihren reitenden Black Metal mit thrashiger Gelassenheit unter das Volk. Ravn nutzt die tiefhängende Decke über der Bühne für akrobatische Einlagen und wirkt dadurch noch größer, als er eh schon ist. Im Hintergrund trommelt sich Frost einen Wolf; das ist nicht mehr menschlich, was er an einem Abend zu Stande bringt. Seinen Körper treibt er Show für Show bis zum Äußersten. Man wird das Gefühl nicht los, dass er irgendwann einmal einfach hinterm Drumkit wegstirbt. Keine Frage, heute Abend legen 1349 eine ihrer besten Shows bisher hin. Das Publikum dankt es ihnen, auch wenn einige einfach aus Erschöpfung den Saal verlassen. Schon bei NEBELHEER hatte sich das angedeutet, als deren Sänger Veromoth fragte: "Wer ist für 1349 hier?" und der ganze Saal aufjohlte.

Während also im "Tor" zu ebener Erde alle sieben Siegel gebrochen und der Weltuntergang inszeniert werden, versteckt sich Satan eine Etage tiefer bockig in seiner Hölle. Irgendwie hat er heute keine Lust den Jungs von GORGOROTH mit seinen allmächtigen Kräften beizustehen, was dazu führt, dass ausgerechnet bei 'Destroyer' eine Gitarre wegbricht und stattdessen nur noch höllisches Gefiepe die markerschütternde Stimme von Gaahl begleitet. Zwar hat man so endlich mal die Gelegenheit King am Bass und Gast-Schlagzeuger Dirge Rep unverblümt anhören zu dürfen, aber das ohrenbetäubende Hochfrequenzgeräusch macht die zweite Hälfte des Konzertes unerträglich. Arg mit sich hadernd verlassen am Ende doch gut die Hälfte der Zuschauer den zuvor dicht gefüllten Saal. Umso vehementer verharrt der andere Teil ehrwürdig vor der Bühne. Einige verfolgen sogar mit wonnigem Lächeln auf den Lippen und strahlenden Augen das flammende Inferno vor ihnen. Andere verausgaben sich bis aufs Letzte beim Bangen. Gaahl dankt es ihnen mit Satansgruß und anerkennendem Blick. Er ist heute ganz besonders gut bei Stimme, umso ärgerlicher ist der Wegbruch um ihn herum. Die Ursache für das Gitarrenversagen bleibt ein Rätsel, hat aber folgenreiche Konsequenzen, die dann die Vorband am nächsten Tag zu spüren bekommt. Dicke Luft ist gar keine Ausdruck für das, was nach diesem Konzert im Raum hinter der Bühne herrscht. Zuvor spielen GORGOROTH aber stolz ihre komplette Show bis zu 'Revelation Of Doom' zu Ende und stehen auch nach der hitzigen Aussprache wieder voll ganz ihren geduldigen Fans zur Verfügung.

Redakteur:
Wiebke Rost

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