Tuska Festival - Helsinki

13.07.2008 | 20:00

27.06.2008, Kaisaniemi

Sonntag, 29.06.

Eigentlich sollten ja KORPIKLAANI auf der Bühne stehen, doch da deren Backline-Technik in Belgien blieb, springen kurzfristig BEFORE THE DAWN (die am vorhergehenden Tag einen eigenen Club-Gig absolvierten) ein. Die Fans nehmen den Line-up-Wechsel relativ gelassen hin und so haben die Jungs der Ersatz-Combo leichtes Spiel, die Leute auf ihr Seite zu ziehen. Es ist wahrscheinlich nicht der beste Gig in der Karriere der Band, doch eine gute Leistung nichtsdestotrotz.

Mit KILLSWITCH ENGAGE kommt auch der Metalcore-Fan auf seine uneingeschränkten Kosten, aber auch Leute, die der Combo zunächst skeptisch gegenüber standen, lassen sich mitreißen. Wie könnten sie auch anders, denn die Amis locken mit ihrer gewinnenden Art einfach jeden aus der Reserve. Die sexuellen Anzüglichkeiten in den Ansprachen des Gitarristen Adam kommentiert Sänger Howard Jones mit einem schon fast schockierten: "What the hell is wrong with you?" Beim Set der sympathischen Mannen stimmt jedenfalls alles, Daumen hoch.

Mit DYING FETUS sah ich mich mit einer weiteren Band konfrontiert, die nun völlig von meinem eigenen Musikgeschmack abweicht, so dass der gut besuchte Gig zum kurzzeitigen Genuss wird, bevor es wieder Richtung Fressbude geht.

SONATA ARCTICA liegen da schon mehr auf meiner Wellenlänge, Tonys eh schon angenehme Stimme entpuppt sich als ein tolles Kontrastprogramm zu den restlichen Bands. Außerdem verteidigt der Finne seinen Titel als schlechtangezogenster Musiker der Metal-Szene mit Bravour, die grünen Hosen in der Kombination mit einem weinroten Ringelshirt ist nun einmal schwer zu toppen. Der Auftritt selbst ist solide, natürlich darf auch dieses Jahr der Wodka-Song nicht fehlen, doch ansonsten enttäuscht die Setlist ein wenig. Zuviel Neues, zu wenig Altes und selbst das wunderschöne 'Replica' lässt den Verlust von 'Victoria's Secret' nicht verschmerzen.

Mit TYR werden kurz vor dem Festivalabschluss auch die Folk-Metal-Fans noch bedient. Die Herren mit den freien Oberkörpern zeigen, dass sie allesamt auch im Kirchenchor singen könnten, wenn sie denn wollten, und stimmen ihre Hymnen an. Eine interessante Abwechslung, nicht nur was den Gesang betrifft, sondern auch in musikalischer Hinsicht. Auf die Dauer allerdings ein wenig eintönig und so gibt es in den 60 Minuten doch einige Längen trotz der sympathischen Komminukation zwischen Band und Publikum.

Und dann ist die Spannung so dick, dass man sich mit einem Messer zerschneiden könnte. Sie sind wirklich hier, die Headliner des Tuska-Festivals 2008, die Legende: SLAYER. Von dem Opener ist erstmal nicht so arg viel zu hören, denn als Tom Araya, Dave Lombardo und der Rest der Combo die Bühne entern, ist das Publikum bereits nicht mehr zu halten. Mit 90 Minuten Spielzeit hat das Quartett die längste Spielzeit des Festivals abgesahnt und nutzt diese auch voll und ganz aus. 36 Marshall-Lautsprecher bilden die Rückwand der Bühne, kein Wunder also, dass es hier mächtig zur Sache geht. Bereits fünf Sekunden nach Konzertbeginn gibt es mehrere Moshpits zu entdecken, die auch nach einiger Zeit noch immer vorhanden sind. Die Finnen strafen all diejenigen Lügen, die die Nordlicher eigentlich für ein schüchternen, zurückhaltendes Völkchen hielten, denn hier geht die Post ab. 'Angel Of Death', 'Raining Blood', hier jagt ein Knüller den nächsten und SLAYER lieben es, sich von ihren Fans feiern zu lassen. Zwischen dem Hauptset und der Zugabe verschwinden sie minutenlang hinter der Bühne, um diese dann wieder unter tosendem Applaus in Besitz zu nehmen. Tom Araya hat sichtlich Spaß, und auch im Publikum gibt es ausschließlich strahlende Gesichter zu erblicken. Hier und do reibt sich jemand das vom Headbangen strapazierte Genick, aber was sind schon ein paar Zerrungen, wenn man seine Helden endlich einmal live erleben durfte?

Und so neigt sich das Tuska 2008 dem Ende zu. Ein wenig zu viel Death Metal für meinen Geschmack dieses Jahr, und auch die strikte Fotografen-Aussienbung, die SLAYER fotografieren durften, hinterlässt einen grauen Fleck auf dem ansonsten sonnigen Wochenende. Ansonsten eine gelungene Veranstaltung mit vielen netten Gesichtern und Geschichten. Die Vorfreude auf das nächste Jahr ist groß.

Redakteur:
Ricarda Schwoebel

Login

Neu registrieren