Summer Breeze - Dinkelsbühl

03.09.2008 | 08:13

14.08.2008, Festivalgelände

Freitag, 15.08.2008

Die Knochen und die Leber schmerzen noch, als die Hamburger von DARK AGE früh um elf Uhr den zweiten Tag eröffnen. Im Frühjahr vom Metal Hammer noch mit dem "Album des Monats"-Award ausgezeichnet, wollen sie jetzt zeigen, dass "Minus Exitus" auch live den Käse vom Frühstückstisch rockt. Das verkaterte Publikum hat sich bei feinem Regenwetter jedenfalls nicht lumpen lassen und beschert den Hanseaten einen großartigen Empfang. Sänger Eike treibt die Menge noch zusätzlich an, sich mehr zu bewegen, um gegen die einsetzende Kälte und eingefrorene Beine vorzugehen. Ihre Mischung aus Dark Metal gepaart mit Metalcore-Elementen treibt die Wolken vom Himmel und den Kater aus dem Leib. Neben neuen Songs wie 'Exit Wounds' werden aber auch Klassiker Marke 'Zero' zum Besten gegeben. Leider beschränkt sich die Spielzeit auf zwanzig Minuten. Somit ist nach 'Suicide Crew' auch wieder Sense. "Danke schön und Prost!"

Mit den Niederländern von HEIDEVOLK entert die erste Pagan-Metal-Band des Tages die Bretter. Da sich im Moment Pagan Metal wie geschnitten Brot verkauft, ist es auch nicht überraschend, dass zu dieser frühen Zeit schon einige tausend Trinkhorn-Besitzer vor der Bühne in Schlachtgesänge verfallen. Leider müssen die Holländer ohne ihren zweiten Sänger Joris Boghtdrincker auskommen, so dass Mark Splintervuyscht die Kohlen allein aus dem Feuer holen muss [Um danach mit einigen Kollegen von uns kräftig einen zu trinken - Anm. v. Sebastian]. Das gelingt mehr schlecht als recht, denn seine Sangesversuche verpuffen im Morgenregen. Bei Titeln wie 'Saksenland' und 'Opstand der Bataven' gibt es Pagan-Hausmannskost. Neben dem Ausfall von Sänger Jris gibt es aber auch Zuwachs zu verkünden, denn nach dem Ausstieg von Geigerin Stefanie können sie auf dem Summer Breeze Irma vorstellen. "Sagt Hallo zu Irma!" - "Hallo Irma!" Macht's gut, HEIDEVOLK!

Nachdem Walhalla erwacht ist und sich die Bierstände zunehmender Beliebtheit erfreuen, hört auch der Regen endlich auf. Beste Vorraussetzungen also, um den Jungs und Mädels von MIDNATTSOL auf die Finger zu schauen. Ihr aktuelles Album "Nordlys" konnte überzeugen. Ob dies live auch der Fall sein wird? Jein. Zwar können Songs wie 'Open Your Eyes' und 'Northern Light' musikalisch durchweg überzeugen, doch aufgrund der mangelnden Bühnenpräsenz von Elise Espenaes fehlt der letzte Kick. Zu hüftsteif wirkt die kleine Schwester von Liv Kristine. Vielleicht sollte sie beim nächsten Mal auf die hochhackigen Schuhe verzichten. Auch die Ansagen weisen ein gewisse Nervosität auf. Zum Glück folgt sofort die Erklärung, dass dies der erste Auftritt seit dem Release von "Nordlys" ist. Dann wollen wir mal nicht zu hart sein. Doch einmal muss ich noch Kritik üben: Was ist denn bei dem wunderschönen 'Rivers Of Virgin Soils' los? Ich habe selten eine so schiefe Gesangsdarbietung gehört. Dagegen sind die NO ANGELS wahre Gesangsgötter. Zum Glück nur ein kurzer Aussetzer, der nach wenigen Sekunden wieder vergessen ist, denn 'Rivers Of Virgin Soils' knallt mit jeder Menge Atmosphäre und wunderschönen Gitarren-Parts die letzten Krümel Schlafsand aus den Augen und Ohren. Da hält es einen Fan nicht mehr, und er springt auf die Bühne, um Elise einen süßen Handkuss zu verabreichen. Das gefällt dem Regengott anscheinend nicht, und der eifersüchtige Sack schickt die nächste Dusche. Nach 'Race Of Time' verabschiedet sich die deutsch-norwegische Arbeitsgemeinschaft – da geht noch mehr!
[Enrico Ahlig]

Nachdem MIDNATTSOL zumindest mich auch live nicht wirklich überzeugen konnten, geht es schnellstmöglich zur Main Stage hinüber, wo 3 INCHES OF BLOOD schon in den Startlöchern stehen. Das Intro erklingt bereits wenige Sekunden später, und die fünf Kanadier stürmen die Bühne. Sänger Cam Pipes macht dabei überhaupt kein Geheimnis um seine Herkunft, denn er schwenkt ganz wild eine große Flagge von British Columbia. Gerade rechtzeitig kann er sie aber noch weglegen, um zum Mikrofon zu greifen, denn seine Kollegen spielen bereits 'Night Marauders' vom aktuellen Album "Fire Up The Blades".

Die Band präsentiert sich hellwach und ausgeschlafen - was man von einem Großteil des Publikums zu diesem frühen Zeitpunkt nur bedingt behaupten kann. Doch auch das ändert sich während des Auftritts von 3 INCHES OF BLOOD, denn nach und nach nimmt die Zahl der Headbangenden zu, und auch die Stimmung wird kontinuierlich besser. Allzu viele scheinen zwar mit den Songs der Kanadier nicht vertraut zu sein, doch das spielt keine wirkliche Rolle. Cam Pipes und Co. wissen die Menge mit ihren Songs zu begeistern, die ausschließlich von "Fire Up The Blades" und dem direkten Vorgänger "Advance And Vanquish" stammen; das Debüt "Battlecry Under A Winter Sun" wird überhaupt nicht berücksichtigt. Aber 3 INCHES OF BLOOD haben ja auch nur eine halbe Stunde Zeit, und deshalb legen sie eher Wert auf neuere Songs wie beispielsweise 'Wykydtron', 'Trial Of Champions' oder 'Fear On The Bridge'. Beim Publikum kommt der vorgetragene Power Metal, garniert mit einigen Thrash-Einflüssen, jedenfalls sehr gut an, und so vergeht die Zeit wie im Flug. Das müssen auch die fünf Kanadier feststellen, und so ziehen sie mit 'Deadly Sinners' und 'The Goatriders Horde' den Endspurt an. Ein toller Auftritt, der 3 INCHES OF BLOOD sicherlich einige neue Fans beschert hat!
[Martin Schaich]

Nach einer durchzechten Nacht krieche ich verkatert aus meinem Zelt. Wie spät ist es? 13:25 Uhr. SCHEISSE! So renne ich nun zum SCHELMISH-Gig, der schon längst angefangen hat. Dank halber Schlaftrunkenheit und meiner Wohnungslokalität auf Zeltplatz J (also am Arsch der Welt) komme ich ca. drei Songs vor Schluss an der von Dudelsack-Klängen tüdelnden Painstage an. Außer Atem kann ich nur noch auf die gute Soundqualität und das kräftig feiernde Publikum aufmerksam machen. Die Jungs scheinen Spaß zu haben. Guter Mittelalter-Rock wird hier gespielt, auch wenn ich lieber die ganz klassischen Akustik-Geschichten gehört hätte. Es kann aber auch sein, dass ich die schlichtweg verpennt habe. Das Beste scheine ich aber, wie's aussieht, nicht verpasst zu haben. Da covern die Kerle doch tatsächlich 'Ring Of Fire' von Altmeister JOHNNY CASH. Die Trompeten werden hier nur durch grelle Schalmeien ausgetauscht. Wie nicht anders zu erwarten Singt das GESAMTE Gelände mit. Ein absolut geiler Anblick und sehr angenehm für die Lauscher. Den dicken Applaus haben SCHELMISH definitiv verdient.
[Sebastian Schneider]

Auch wenn die tausendste Mittelalter Band nicht mein Fall ist, so muss man SCHELMISH zumindest einen köstlichen Humor attestieren, denn was Kollege Sebastian verschlafen hat, verdient hier durchaus eine kleine Erwähnung. Nicht nur dass sich die Herren mit selbstironischen Ansagen wie "Wir sind alt, hässlich und assozial" ankündigen, sie lassen auch noch den Flötenden Herrn mit dem klingenden Künstlernamen Luzi das L. zu einem Song über einen homosexuellen König an der Stange tanzen. Der nicht wirklich erotische Striptease endet darin, dass sich der Herr bis auf ein Häschentanga komplett entblößt (dabei mal fast sein gehänge verrutscht) und natürlich tobenden Applaus erntet... Wunderbar!
[Caroline Traitler]

Wer auf dicke Bäuche steht, ist bei MAD SIN genau richtig. Wer auf abgefahrene Songs im Kreuzfeuer von Rockabilly, Psycho-Punk und Ska steht, kann bei den Berlinern nix falsch machen. Hier wird frei aus der Leber gerockt, was das Zeug hält, und mächtig Frisur gezeigt. Wer schon immer sein Bierglas auf seiner Haarpracht abstellen wollte, sollte sich beim nächsten Friseurgang an den Jungs von MAD SIN orientieren. Sex sells eben, und so skandieren die Fans früh "Ausziehen!" Ob wirklich jemand Sänger Köfte im Adamskostüm sehen will, sei mal dahingestellt. Optisch freundlicher kommt da schon der wunderschöne Kontrabass daher, den sich Basser Valle schon mal über sein Knie legt. Wer nicht mitfeiert, wird erschossen. Um das nochmals zu verdeutlichen, jagen sie mit 'I Shot The Sheriff' eine geniale Coverversion in den Tanzgraben. Feine Nachmittagsunterhaltung, die bei 'Communication Breakdown' seinen Höhepunkt erreicht. Applaus!
[Enrico Ahlig]

Wie dekadent ist doch ein warme Dusche im Wohnmobil. Zumal auch noch die fast schon totgesagten MEGAHERZ durch's Dachfenster herein schallen ... Oops, da war ja was. Also schnell rein in die Armeehose, Docs geschnürt und ab vor die Pain Stage. Auf dem Weg dorthin schallen schon 'Mann von Welt' und der Evergreen 'Miststück' herüber, und der neue Sänger Alexander Wohnhaas sorgt für gute Stimmung. Gekleidet in ein schwarzes, Musketier-artiges Jacket rennt der bärtige Glatzkopf die Bühne ab, boxt in die Luft und feuert die Fans an. Die Hände gehen hoch, Mädels in IN-EXTREMO-Shirts bangen. "Einen ganz großen Dank an unsere Fans, die "Heuchler" von Null auf 31 gehievt haben", kündigt Alexander den neuen Titeltrack an und erklärt sogleich den Sinn dahinter: "Über uns wurden schon verdammt viele Lügen erzählt." Emotionales Mitgehen gibt es dank '5. März' auch noch, dann ist die Herrlichkeit mit einem kurzen "Wir sehen uns auf Tour!" aber auch schon wieder vorbei. Nur nicht für Kollege Hagen, der nun offensichtlich Gefallen an einem weiblichen Mitglied der MEGAHERZ-Crew gefunden hat. Aber auch das ist eine andere Geschichte... ;-)[Tze… Da tritt er mein Privatleben breit. Nicht dass hier noch einer denkt, ich würde auf MEGAHERZ stehen. Aber hab mich super mit der Dame aus der Crew unterhalten, Grüßle auf diesem Wege ;-) - Anm. v. Hagen]
[Carsten Praeg]

Obwohl PRO-PAIN erst Freitagnachmittag um vier auf den Brettern, die die Welt bedeuten, stehen, bin ich immer noch ziemlich zerstört. An dieser Stelle sei angemerkt, dass es durchaus schlauchen kann, an einem Tag dreimal einen "Vollsuff-Ausnüchterungs-Zyklus" durchzumachen. Dank der Zapfanlage in unserem Stand und des leckeren goldenen Gesöffs in selbiger musste ich dies nämlich erleben. Trotzdem war der Donnerstag ganz klar ein Erfolg, besonders BEHEMOTH haben mich verdammt noch mal umgehauen!

PRO-PAIN spielen als Intro die deutsche Nationalhymne ein. Habe ich ehrlich gesagt weder erwartet noch in dieser Form je gesehen, aber es war trotzdem lustig anzusehen, wie an allen Ecken und Enden des Geländes Metaller plötzlich aufstehen und die Hand auf die Brust legen - völlig egal, ob sie vor der Pain-Stage stehen oder nicht. Trotz dieses patriotischen Aufrufs sind die Reihen vor der Bühne doch um einiges lichter, als bei ABORTED am Vortag. Dazu muss man allerdings sagen, dass der Wettergott am Freitag weniger Einsehen mit der feiernden Meute in Dinkelsbühl hatte. Am frühen Morgen hat es aus Eimern geschüttet, und auch tagsüber ist es empfindlich kalt und immer wieder nieselt es. Gerade als die New Yorker Hardcore-Instanz ihre ersten Songs vom Stapel gelassen hat, setzt der Nieselregen ein und tut der Stimmung nicht sehr gut. Glücklicherweise tauen die Fans über 'Smoking Gun' und 'All For King George' ordentlich auf und feiern die Jungs wenigstens etwas ab.

Man findet einen ganzen Haufen Crowdsurfer, der Pit allerdings ist wesentlich kleiner als bei ABORTED am Vortag. Recht ordentlich geht die Meute beim melodischen 'Hour Of The Time' vom kommenden Album "No End In Sight" ab. Viele grölen den Refrain beim zweiten Mal mit, obwohl die wenigsten den Titel kennen dürften. Es gibt wieder eine recht ordentliche Strohschlacht, trotzdem hat der Auftritt verglichen mit anderen Bands des Festivals etwas weniger Biss, als ich es im Vorfeld erwartet habe. Ich denke aber, dass dies eher auf die widrigen Umstände des Gigs zurückzuführen ist als auf die Band selbst.
[Hagen Kempf]

Nach einem mehr als ordentlichen Auftritt von PRO-PAIN geht es von der Pain-Stage wieder hinüber zur Main-Stage. Und dieser Wechsel zwischen den Bühnen ist auch gleichbedeutend mit einem musikalischen Sprung von der amerikanischen Ostküste an die Westküste. Nach New York Hardcore ist nämlich nun Bay Area Thrash angesagt, und zwar serviert von EXODUS. Diese Band um den Gitarristen Gary Holt besteht bereits seit 1980, auch wenn das Debütalbum "Bonded By Blood" erst fünf Jahre später erschien. Und damit sind wir auch schon beim Thema, denn ihren Gig beginnen EXODUS - nach einem ziemlich langen Intro - mit dem Titelsong von eben jenem Album. Damit ziehen die US-Amerikaner die Fans natürlich sehr schnell auf ihre Seite, und dementsprechend gut ist die Stimmung gleich von Beginn an.

Das Gitarrenduo Gary Holt und Lee Altus (HEATHEN) präsentiert sich dabei in blendender Verfassung, und auch die Rhythmusabteilung um Basser Jack Gibson und Drummer Tom Hunting steht den beiden in nichts nach. Stimmlich gibt es auch bei Rob Dukes nichts auszusetzen, doch sein Auftreten an sich mag zumindest mir überhaupt nicht gefallen. Klar, eine gewisse Aggressivität darf man im Thrash Metal durchaus an den Tag legen, aber man kann es auch übertreiben - so wie er an diesem Nachmittag.

Weiter geht es im Programm mit zwei Songs vom aktuellen Album "The Atrocity Exhibition - Exhibit A", nämlich 'Iconoclasm' und 'Funeral Hymn', und auch diese kommen beim Publikum sehr gut an. Es wird fleißig gebangt und gemosht, und auch die eine oder andere Strohschlacht wird initiiert. Den Schwerpunkt bei der Songauswahl haben EXODUS an diesem Tag auf ihr ältestes und auf ihr jüngstes Album gelegt, denn es folgen die beiden Klassiker 'A Lesson In Violence' und 'Piranha' sowie das neue 'Children Of A Worthless God'. Mit 'Deathamphetamine' und 'Blacklist' kommen schließlich auch noch die beiden Vorgänger von "The Atrocity Exhibition - Exhibit A" zum Zug, wobei insbesondere der letztgenannte Song als Höhepunkt des Gigs zu werten ist. Doch dann ist die Spielzeit von fünfzig Minuten auch schon fast vorbei, und so spielen EXODUS zum Abschluss noch 'Strike Of The Beast'. Da auch dieser Song vom Debütalbum stammt, schließt sich der Kreis, und auch insgesamt war dieser Auftritt eine ziemlich runde Sache. Ich vermisse zwar ein paar Songs in der Setlist, wie beispielsweise den 'Toxic Waltz', aber man kann eben nicht alles haben. Die Fans vor der Bühne haben trotzdem ihren Spaß, vor allem jene in den immer größer werdenden Moshpits, und deshalb darf dieser Auftritt wohl schon als Erfolg für EXODUS gewertet werden.
[Martin Schaich]

Kurz nach der Autogrammstunde der sympathischen Partylöwen der "New Wave Of Folk Metal", ELUVEITIE, präsentieren sich die zahlreichen Musiker aus der Schweiz auf der Painstage. Also nix wie hin und sich von deren unbestrittener Live-Qualität überzeugen lassen. Doch halt, da war doch was: Die beiden Spaßbomben, das Zweigestirn der Live-Unterhaltung, die Brüder Kirder (Bass und Dudelsack) sind ja jüngst bei ELUVEITIE ausgestiegen. Der kurz darauf gefundene Ersatz muss sich also erst einmal beweisen vor der hungrigen Meute und die Lücke füllen, die mit dem Verlust der Hochleistungssportler (zumindest was gelaufene Meter auf der Bühne angeht) gerissen wurde. Wer sich fragt, warum die beiden ausgestiegen sind: Chrigel (Mastermind und Gesang) meinte dazu lediglich, dass sie nicht weiter dabei sein wollten.

Im direkten Vergleich zum Paganfest dieses Jahr in München fällt auf, dass die Songauswahl recht ähnlich ist und sich sowohl über "Slania" (2008) als auch "Spirit" (2006) erstreckt. Ebenso fällt auf, dass Chrigel ein wenig heiser und der Sound der PA nicht ganz Freund mit den vielen Instrumenten der Schweizer ist. Dennoch verbreiten die vorgetragenen Hymnen sofort einiges an Energie, und so steht einer großen Party nichts mehr im Wege. Nachdem wir gelernt haben, wie man in fremden Sprachen hübsche Frauen um Bier bittet, werden uns 'Your Gaulish War' und das immer wieder schöne 'Slania's Song' um die Ohren gepfeffert. Hier zeigt sich, dass der Neue am Dudelsack, Päde Kistler, live nahezu genauso viel Dampf macht wie sein Vorgänger. Allein Kay Brem am Bass gibt sich noch ein wenig introvertiert, was sich mit den nächsten Auftritten allerdings sicher noch ändern wird. Nachdem der letzte Akkord gegriffen und der letzte Ton gespielt wurden, wendet sich eine Reihe glücklicher Gesichter der Mainstage zu, da dort die Recken von AS I LAY DYING zum Kampfe rufen.
[Julian Rohrer]

AS I LAY DYING sind wohl die einzige derart christliche Band auf dem Summer Breeze 2008, die ihre Religiosität in Interviews oder Ähnlichem auch gerne mal als Aushängeschild präsentiert. Diese Tatsache hat scheinbar nur wenige Metaller gestört, findet sich bei den Amis doch eine beachtliche Menschenmenge ein. Auch habe ich immer wieder von weiblichen Kollegen gehört, dass Sänger Tim Lambesis ein "wirkliches Sahneschnittchen" sei. Was genau die Damenwelt an ihm so toll findet, bleibt mir allerdings verschlossen.

Nun ja, ich stehe nicht bei AS I LAY DYING hier, um die Band nach ihrem Aussehen zu beurteilen, sondern um etwas über den Gig zu schreiben. Bei jenem fällt positiv der gute Sound auf, mit dem die Jungs daherkommen. Allerdings sind die Amis leider ein kleines bisschen zu leise, was ich bemerke, obwohl ich circa in der vierten Reihe vor dem Boxenturm stehe. Dem Publikum ist es egal. Die Jungs und Mädels im Pit gehen ordentlich ab und fordern schon beim ersten Song eine Wall Of Death. Tim vertröstet die Meute aber immer wieder auf später. Seiner Meinung nach sei es noch zu früh. Sehr früh werfen die Jungs auch ihren Evergreen 'Forever' ins Rennen, bei dem es für viele der Fans kein Halten mehr gibt. Im Laufe der Show bekommen wir unter anderem noch 'The Darkest Nights' und 'Within Destruction' um die Lauscher geballert, und Fans dürfen sich schließlich auch die Knochen bei einer Wall Of Death brechen. Sehr schade finde ich bei der Songauswahl, dass die wirklich gute "Frail Words Collapse" nur mit 'Forever' Erwähnung findet. Diesen Preis ist man bei AS I LAY DYING wohl bereit zu zahlen, um weiter auf der Metalcore/Screamo-Schiene zu fahren. Ich respektiere diese Entscheidung durchaus, finde es aber schade, war "Frail Words Collapse" durch das kompromisslose Drumming und die hohen Death-Anteile doch auch für den etwas aufgeschlossenen Deather durchaus interessant.

Insgesamt habe ich AS I LAY DYING von der Hell-On-Earth-Tour 2005 wesentlich druckvoller und energetischer in Erinnerung, allerdings war dies abends um elf und in der ausverkauften Batschkapp in Frankfurt und nicht im Freien bei Tageslicht.
[Hagen Kempf]

Alle Jahre wieder... END OF GREEN sind auf dem Breeze mittlerweile schon eine fixe Institution und so etwas wie die "Haus und Hof Band". Dass das aber immer wieder Spaß macht und gut klappt, beweist auch der Auftritt Anno 2008! In der Nacht zuvor hatten die Jungs ihr offizielles Release der neuen, absolut gelungenen Scheibe "The Sick's Sense" und lockten damit eine große Fanmeute vor den Metal.de und Powermetal.de Stand. Sichtlich erleichtert über das positive Feedback am Tag zuvor rocken END OF GREEN nun die Pain Stage und locken damit unglaublich viele Fans vor die Bühne! Unglaublich, was da an Party abgeht und gerade die alten Hits wie der Ohrwurm 'Dead End Hero' oder 'Motor' kommen gut an. Natürlich lassen END OF GREEN auch einige neue Songs vom Stapel wie 'Dead City Lights' und machen damit klar, dass die neuen Stücke auch live bestens funktionieren. Ja, END OF GREEN machen einfach Spaß, sind eine absolut geile Liveband die zeigt, dass düstere Klänge auch ohne Ende rocken und können dann auch gerne wieder am Summer Breeze 2009 spielen, ja?
[Caroline Traitler]

SIX FEET UNDER auf dem Summer Breeze, da fällt mir unweigerlich immer die Geschichte vom letzten Auftritt auf dem alten Gelände in Abtsgmünd ein. Als Frontman Chris Barnes angeblich nicht mit seinen Bandkollegen im Tourbus zum Hotel fahren wollte, sondern für sich allein ein Taxi riefen ließ. Die Diva des Death Metals? Solche Anekdoten interessieren die stattliche Menge, die sich um Viertel vor Acht vor der Hauptbühne eingetroffen hat, reichlich wenig. (Aber die Leser sicher tierisch. - PK) Sie dürstet es nach groovigem Todesblei, den die Truppe um den Ex-CANNIBAL-CORPSE-Grunzer auch sogleich serviert. Mit 'No Warning Shot', 'Victim Of The Paranoid' oder 'Human Target' werden gleich mehrere Klassiker raus gehauen, auch wenn die Band sich dabei in ihrem Bewegungsradius sehr beschränkt hält. Aber die Blicke haften ohnehin auf Rastamann Barnes, der unentwegt seine Arschlangen Haare kreisen lässt. Das eingedeutschte 'Bringer des Blutes' bleibt heute zwar außen vor - dafür steigt die Stimmung explosionsartig an, als Chris Barnes der nicht aufhörenden Forderung des Publikums nachkommt und endlich das AC/DC-Cover 'TNT' ankündigt. Bis zum Bierstand werden die Fäuste jubelnd in die Luft gereckt, während laute "Hey! Hey!"-Rufe folgen. Ob daraufhin hinter der Bühne ein Taxi mal länger warten musste, ist allerdings nicht überliefert.
[Carsten Praeg]

Der Höhepunkt der Headliner ist für die Hartwurst-Fetischisten der Redaktion selbstverständlich KATAKLYSM, die ich dank einiger organisatorischer Defizite in der Gruppe, mit der ich zu diesem Zeitpunkt unterwegs war, nur außerhalb des Moshpits genießen kann. [Eimal um den Red-Bull-Stand und dann doch nur die Hälfte gefunden - Anm. v. Carsten] Nichtsdestotrotz legen die Kanadier (wieder mal) eine fast lupenreine Performance hin.

Als Opener haben die Jungs um Frontröhre Maurizio Iacono 'Like Angels Weeping (The Dark)' gewählt, und sofort wird klar, dass das Mixing durchaus als gelungen bezeichnet werden kann. Die Fans saugen dankbar auf, was die Kanadier von sich geben, und danken es mit großen Moshpits an allen Ecken und Enden. Im Laufe des Abends bekommen wir eine stabile Setlist zu hören, auch wenn ich mir ein Paar Songs mehr aus früheren KATAKLYSM-Zeiten gewünscht hätte. Wir hören 'As I Slither' und 'Chains Of Power', bevor Drummer Max Duhamel mit irrem Geblaste das recht krasse 'Blood On The Swans' einläutet. Selbstverständlich darf auch das starke 'Shadows And Dust' mit hohem Mitgrölfaktor nicht fehlen. Bei 'Soul Manipulator' rastet der ganze Haufen dann kollektiv aus und ist total aus dem Häuschen. Zwischendurch erklärt uns Maurizio, wieso eventuell der ein oder andere Ton ein wenig schief daherkommt: Die Fluglinie British Airways hat nämlich das komplette Equipment inklusive Backdrop verschlampt. Glücklicherweise ist Hilfe bei der Hand, denn die Kollegen von ABORTED und ELUVEITIE stellen den Kanadiern ihre Instrumente zur Verfügung, damit der Gig nicht ins Wasser fallen muss. Verständlicherweise angepisst bestellt Maurizio beim Publikum ein paar "Fuck British Airways"-Chöre, und die Meute kann dem sympathischen Schreihals diesen Wunsch natürlich nicht abschlagen und kommt dem Geforderten bereitwillig nach. [Nicht zu vergessen, dass Maurizio auch noch Metal-Opa und Turbanträger Singh auf die Bühne holt und abfeiern lässt - immer noch Beifall klatschend, Carsten] Der Pit bekommt außerdem noch mit 'Take The World By Storm' und 'Crippled And Broken' die Löffel langgezogen, bevor sich die kanadischen Holzfäller von den Fans verabschieden.

KATAKLYSM haben einmal mehr ihre vorbildlichen Live-Qualitäten offenbart, auch wenn mich die Setlist ein wenig traurig macht. Zu viel ist voraussehbar, und langsam stellt sich bei mir bei KATAKLYSM ein ähnliches Gefühl ein wie bei BLIND GUARDIAN, nämlich dass man irgendwie schon alles kennt. Warum so geniale Songs wie 'For All Our Sins', 'The Renaissance', 'Wounds' oder 'Under The Bleeding Sun' es nie in die Setlist der Blaster schaffen, weiß ich leider nicht. [Wärste mal auf der 2004er Tour gewesen, da kam zumindest 'For All Our Sins' - besserwisserisch, Carsten] Dies ist aber natürlich meine subjektive Meinung. An der Qualität des Gigs unter widrigen Umständen mit fremden Instrumenten gibt es nichts zu rütteln. KATAKLYSM haben das Publikum nicht nur im Griff, sondern im Schwitzkasten.
[Hagen Kempf]

Der Headliner des Abends beginnt mit gemächlichen Klängen: 'Canticum Satanae' wird von den still da stehenden Potsdamer Mittelalter-Rockern SUBWAY TO SALLY a capella vorgetragen. Erst nach ein paar Minuten legt Sänger Eric Fish mit 'Puppenspieler' vom neuen "Bastard"-Album richtig los. Ob er noch angepisst ist, weil ihn unser Verleger Georg kurz zuvor vor laufender Kamera gefragt hat, wie das so sei, wie ein Frosch zu singen? Zu merken ist davon jedenfalls nichts. "Ich will 50.000 Peacezeichen sehen", heitzt der Bandkopf die Menge vor 'Falscher Heiland' an und springt dann eifrig über die Bühne. Drei Bandmitglieder jonglieren mit Fackeln rum, bangalisches Feuer und Feuerbälle schießen vom Bühnenboden hoch. Von der aktuellen Langrille gibt’s noch das ruhige 'Wehe Stunde' und 'Tanz auf dem Vulkan', zu dem Eric die Menge natürlich "springen sehen" will. Nur 'Voodoo' fehlt leider in der Setliste, in meinen Ohren der absolute Hit auf "Bastard". Dafür sind weitere Höhepunkte die Klassiker 'Sag dem Teufel' und 'Henkersbraut', nur das Konfetti dazu hätten sich die Brandenburger ruhig sparen können. Zum Geigenlastigen 'Kleid aus Rosen' lobt Eric "eine geile Frau Schmidt" und lässt das Publikum passend bis 'Sieben' zählen. Als i-Tüpfelchen kommt noch das wie immer unentwegt geforderte 'Julia und die Räuber' oben drauf, bei dem selbstverständlich das gesamte Publikum lautstark mitsingt. Selbst der beinharte Metaller schwingt das Bein und schunkelt mit seiner Freundin. Insgesamt ein netter Gig und einem Headliner auch absolut würdig.
[Carsten Praeg]

Nachdem SUBWAY TO SALLY die Dudelsäcke weggepackt haben, betreten 0:10 Uhr ASP als letzter Act des Freitags die Painstage. Und das hier nichts auf kleiner Flamme geköchelt wird, beweisen gleich zu Anfang große Feuerwerksfontänen. Der Meister kommt in langem Mantel förmlich herausgewirbelt und legt gleich mit 'How Far Would You Go?' ordentlich los. Der Platz ist trotz fortgeschrittener Stunde und HOLLENTHON im Party Tent mehr als nur gut gefüllt und zahlreiche Pommesgabeln werden mit großem Enthusiasmus der Bühne entgegengestreckt, was sicher auch der überaus guten Stimmung zuzuschreiben ist. Es geht weiter mit Songs wie 'Sing Child', dem brandneuen 'Denn ich bin der Meister' und dem vieldiskutierten 'Ich bin ein wahrer Satan'. Dass der ASP-Sound den ein oder anderen Metaller doch nicht völlig kalt lässt, zeigt sich u. a. bei Songs wie 'Werben' und 'Ungeschickte Liebesbriefe', bei denen ich doch ein paar eifrige Headbanger beobachten kann. Außerdem findet der erste von überraschend vielen Crowdsurfern seinen Weg in die Arme der Security. Passend zu 'Lykanthropie' zeigt sich am Himmel ein fast voller Mond und die Stimmung erreicht bei 'Ich will brennen', dem vorletzten Stück, ihren absoluten Höhepunkt. Fast ausnahmslos alle Hände sind zu sehen und schon bei den ersten Akkorden ist der Jubel groß. Während die Bühne sprichwörtlich in Flammen steht, beweist ein Großteil des Publikums Textsicherheit und singt ausgelassen mit. Nach 'Schwarzes Blut' verabschieden sich ASP und sind auch durch laute Zugabe- und "Scheiß auf den Zeitplan"-Rufe nicht zur Rückkehr zu bewegen. Aus dem sich langsam zerstreuenden Publikum lassen sich nur positive O-Töne wie "trotz Arschkälte ein klasse Konzert" vernehmen. Dem ist wohl nichts hinzuzufügen.
[Stephanie Kleine]

PARTY TENT

Dass sich hinter ENEMY OF THE SUN niemand Geringeres als Waldemar Sorychta verbirgt, dürfte mittlerweile auch dem Letzten bekannt sein. So kann das Party-Zelt auch etliche Besucher begrüßen, die sich die Kompositionen des ehemaligen GRIP INC.-Chefs nicht entgehen lassen wollen. Mit Sänger Jules Naveri hat er einen echten Glücksgriff getan, denn mit voller Inbrunst schmettert er Songs wie den Opener 'Emptiness' oder das folgende 'Burning Bridges' aus der Lunge. Es rappelt tüchtig in der Kiste. Mädels, haltet eure Höschen fest. Offensichtlich haben sie das schon zur Genüge getan, denn als Jules fragt, wie viele der Kerle hier beim Summer Breeze schon Sex hatten, melden sich gerade mal vier Stecher. Auf Seiten der Frauen gibt es keine Meldung. Komisch, komisch – das kann für Jules eins bedeuten: "You boys had sex with each other!" Das ist wirklich 'Weak' und sorgt für wackelnde Köpfe. Nach 'Feel The Beating' kommen wir in den Genuss von zwei alten GRIP INC.-Stücken. Im Gegensatz zum With Full Force und Wacken jedoch nicht von Jules intoniert, sondern von niemand Anderem als Gus Chambers! Für 'Twenty Three Feet' darf aber Jules erneut ran und verabschiedet sich mit seiner Crew vom Summer Breeze lautstark. Feiner Gig!
[Enrico Ahlig]

Nach einer durch technische Probleme verursachten kurzen Verzögerung steigt die Spannung im Partyzelt deutlich an: Die Thüringer Pagan-Metaller von XIV DARK CENTURIES geben im Süden der Republik eine Kostprobe ihres Schaffens. Der Blick ins Rund während des stimmigen Intros zeigt, dass sich doch einige Langhaarige für die launig vorgetragenen Geschichten und Sagen interessieren können. Und das zu Recht, wie sich im Folgenden zeigen soll. Obwohl die Sound-Mischung wieder einmal nicht die Beste ist – so ist der Gesang viel zu leise und der Bass im Umkehrschluss deutlich zu laut – lädt 'Thing' von "Skithingi" aus dem Jahre 2006 sofort zum Mitgehen ein. Mit dabei ist auch eine Flöte, live gespielt und Stimmungsgarant. Mit 'Skiltfolk' und 'Bragarful' wird das Partyzelt mit träumerischen Melodien und virtuosem Riffing erfüllt. Trotz gewisser Unsicherheiten bei Michel am Gesang wird dem anwesenden Volk vorgeführt, wie Pagan Metal aus deutschen Landen zu klingen hat. Kaum jemand kann sich dem Schlachtruf bei 'Auf in die Schlacht' entziehen. Mit diesem Song gibt die Band noch einmal alles und beendet eine halbe Stunde voller Heidentum und Heimatverbundenheit.
[Julian Rohrer]

Ohne Pause flitze ich nach AS I LAY DYING zu ROTTEN SOUND, der wohl extremsten Band im Billing 2008 (ja, ich habe ENDSTILLE nicht vergessen), auf die ich mich auch schon seit Monaten freue und die tatsächlich anno 2008 auch schon fünfzehn Jahre im Grindcore-Zirkus unterwegs ist. Die Finnen müssen leider im Partyzelt spielen, was der Stimmung aber glücklicherweise keinen Abbruch tut. Das Zelt ist gut gefüllt, und auch der Sound ist überraschend gut.

Ja und dann stehen die Finnen auf der Bühne, und die Zeit vergeht wie im Fluge, ohne viel darüber sagen zu können, außer dass es mir als Glamour-Grind-Pussy vom Dienst die Freudentränen in die Augen treibt und ich nach dem Gig eigentlich die Unterwäsche hätte wechseln müssen. ROTTEN SOUND zocken sich souverän durch gefühlte hundert Songs, Sänger Keijo Niinimaa kündigt die Songs gleich im Dreier- bis Fünferpack an. Unter vielen anderen wird 'Nation' vom Über-Album "Exit" in den Pit geschleudert. ROTTEN SOUND metzeln kompromisslos alles nieder, was sich ihnen in den Weg stellt. Das Publikum dankt es mit einem kleinen Circle Pit und frenetischem Applaus, und die Band freut sich sichtlich darüber.

Wieder mit einem zufriedenen Grinsen im Gesicht verlasse ich nach dem Gig der Finnen das Partyzelt in Richtung POWERMETAL.de-Stand, um mir das "Bier danach" zu gönnen und um mich von den anstrengenden dreißig Minuten zu erholen, die ich gerade hinter mich gebracht habe.
[Hagen Kempf]

Zeit zum Gruseln. Aus dem heißen Texas sind SHADOW REICHENSTEIN extra nach Dinkelsbühl gereist, um mit Werwölfen, Pickelhauben und Grabsteinen um sich zu werfen - oder eben mit dreckigem Rock 'n' Roll im Stile von Lemmy und Co. Dass die Jungs mehr als nur ein Geheimtipp sind, zeigt sich an der ordentlich gefüllten Zeltbühne. Das Licht geht aus, Nebelschwaden überziehen die Bühne, bevor die Amerikaner mit 'Werewolf Order' mächtig vom Leder ziehen. Drei Akkorde für einen Leichenschmaus oder nur eine horrormäßige MOTÖRHEAD-Kopie? Was bei 'Waking The Dead' noch nah an den motorisierten Helden ist, kann sich endgültig bei der atmosphärischen Halbballade 'It's Halloween' lösen. "Wenn ihr Bock habt, euch gegenseitig zu töten, ist jetzt der richtige Zeitpunkt!" 'Kill Rape Pillage & Burn' soll den passenden Soundtrack bilden. Die Stimmung ist mörderisch und ausgelassen, so dass Sänger "Reichenstein" bei 'Dracula Built My Hotrod' die "Hey Ho Let's Go!"-Rufe aus der Gruft holt. Dann verraten uns die Jungs, dass sie vor allem auf den ganzen "old shit" stehen. Sprich: auf SLAYER, VENOM und CELTIC FROST. Dazu gibt es die Miniversion von 'Reign In Blood' und ein kleines AMON AMARTH-Zitat hinterher. Die Meute feiert einen der unterhaltsamsten Gigs des Wochenendes und die Jungs nach dem abschließenden 'Be My Victim' mächtig ab.
[Enrico Ahlig]

Für die Frickel-Holländer von TEXTURES lässt man gerne mal den Headliner liegen! Das Zelt ist gut gefüllt und alle diejenigen, die dem ganzen Mittelalterkram zugunsten von technischer Finesse entgehen wollen, sind hier bestens bedient! Denn TEXTURES sind vor allem eines: beeindruckend! Was die Herren für eine Energie auf der Bühne entfachen ist unglaublich und die Genialität jedes einzelnen Songs wird einem auch live noch einmal so richtig bewusst. Natürlich gibt's hier auch was vom neuen Meisterwerk "Silhouettes" dargeboten und mit 'Storm Warning' machen TEXTURES klar, dass sie eine der talentiertesten Bands ihres Genres sind und Stil-Kollegen wie MESHUGGAH und co. mal locker in die Tasche stecken! Ja das ist mein Ernst ;-) Immerhin bekommt der Fan mit weiteren grandiosen Songs wie 'Polars' oder 'Swandive' noch ältere Frickelklassiker serviert... Einfach nur geil!
[Caroline Traitler]

Was für ein Übergang: Nach den längst überkommenen [aha! - d. Red.] Mittelalter-Nasen von SUBWAY TO SALLY stellen sich HOLLENTHON der kritischen Fangemeinde im Partyzelt. Mit dem großartigen neuen Album "Opus Magnum" im Gepäck machen sich die vier Wiener bereit, ihren symphonischen Düster-Metal auf ansprechende Weise zu performen. Werte Kollegen der Schreiberzunft kritisieren ja gerne das statische Live-Konzept der Band, da alle Samples von Platte kommen und lediglich die Metal-Fraktion live spielt. Nun, ich kann diesen Punkt absolut nicht nachvollziehen. Bei dem heutigen Gig manifestieren sich eine dermaßen überwältigende Energie und Kraft, resultierend aus einem hundertprozentig tighten Auftritt, brillanten Songs und wunderbar eingesetztem Licht.

Um der Chronologie allerdings Rechnung zu tragen: Den Beginn markiert heute der Opener von "Opus Magnum", 'On The Wings Of A Dove'. Zu diesem Song entern die Jungs um Martin Schirenc die Bühne, wobei jener seine Axt zur Freude des weiblichen Anteils im Auditorium mit entblößtem Oberkörper ohne Schnörkel und Kanten schwingt. Weiter geht's mit 'Fire Upon The Blade', dem Doublebass-Kracher schlechthin. Hier fällt zum ersten Mal das schweinecoole Licht auf – großen Respekt an den Illuminateur! Das eingängige Riffing von 'Y Draig Goch' besitzt nicht nur großen Wiedererkennungswert, sondern lädt mephistotelisch [herrje! - d. Red.] zum Bangen ein. Die Power, die dem Stück auf Platte schon innewohnt, kredenzt uns das sympathische Quartett live um ein Vielfaches potenziert. Außerdem frage ich mich bei diesem Song jedes Mal, wie man auf ein so geniales Songwriting kommen kann.

Das düstere 'Ars Moriendi' navigiert uns nach der kurzen Exkursion zu "With Vilest Of Worms To Dwell" zurück zum aktuellen Werk. Im direkten Vergleich zeigt sich, dass HOLLENTHON 2008 doch deutlich düsterer klingen als 2001. Und so verbreiten die Jungs eine Eiseskälte im Zelt, nur um die Eiszapfen mit pointiertem Groove nach und nach abzuschießen. Mit 'Son Of Perdition' kommt auch der tanzbarste Song des Albums zum Zuge und fasziniert mit dem wohl besten Refrain des ganzen Festivals. Eingeleitet mit dem Satz "Die Nacht ist so jung wie wir", werden alle Fans komplexerer Songstrukturen im Metal mit dem Nackenzwinger 'Woe To The Defeated' ordentlich in Grund und Boden gestampft. Da die Jungs allerdings nicht nur sympathisch, sondern darüber hinaus nett sind, werden wir mit dem coolen cleanen Gesang wieder aufgepeppelt und auf das vorbereitet, was da noch kommen soll. Obwohl Schirenc auf der Bühne eher Zurückhaltung an den Tag legt, scheint es mir, dass sich seinem Charisma kaum einer im Zelt entziehen kann. Und so werden wir ohne große Einleitung in das Jahr 1999 entführt, mit dem Song 'Homage (Magni Nominis Umbra)' von "Domus Mundi". Die Orchestrierung in dem Stück lädt nicht nur zum Kopfschütteln – vertikal versteht sich – ein, sondern ermöglicht auch mal der arg vernachlässigten Hüfte, sich im Takt zu wiegen. Beendet wird eine der besten, wenn nicht sogar die beste Vorstellung auf dem Breeze durch das massive Riff-Bollwerk 'Once We Were Kings'.

Ich werde mir die Jungs sobald wie möglich wieder anschauen. Zum Glück ist die Wartezeit nicht allzu lang, da HOLLENTHON bald auf Tour gehen. Schöner Nachtrag: Wie Mike Gröger (Drums) im Nachhinein meinte, war der Gig auch für die Band ein voller Erfolg. Gibt es etwas Schöneres als die Erkenntnis auf und vor der Bühne, einen vollendeten und hinreißenden Auftritt erlebt zu haben?
[Julian Rohrer]

Nachdem SHADOW REICHENSTEIN schon die Werwölfe heulen ließen, entern die Höllenhunde erneut die Bühne. Diesmal in Form von THE VISION BLEAK und ihrem Sänger Ben Becker, ähem, Allen B. Konstanz. Wie bei jedem Auftritt sind nur Konstanz und sein Gitarrist Schwadorf düster gestylt, während die restlichen Musiker eher bieder auftreten und so ein wenig Atmosphäre verloren geht. Denn diese hat die Musik der beiden ohne Frage. Das letzte Album "The Wolves Go Hunt Their Prey" konnte auf einzigartige Weise Gothic Metal mit Einflüssen aus Black und Dark Metal vereinen – auch live überzeugen Songs wie 'The Black Pharaoh Trilogy – Part II: The Vault Of Nephren-Ka' auf ganzer Linie. Mit schmerzverzerrtem Gesicht trällert Konstanz nicht nur neue, sondern auch alte Klassiker wie 'Carpathia' oder 'Kutulu!' ins weite Rund. Trotz einiger Soundprobleme, die Konstanz mitunter zwingen, sich nicht zu nah an den Monitor-Boxen aufzuhalten, ein überzeugendes Konzert.

Den Abschluss des Tages ist den Jungs und Mädels von JESUS ON EXTACY vergönnt. Doch leider haben auch sie unter der nachmitternächtlichen Stund zu leiden. Nicht nur die Fans, auch die Musiker sehen müde aus, und so fehlt der letzte Kick, um das Zelt zum Beben zu bringen. Ihre Mischung aus Plastik-Pop, Industrial-Rock und Glam haut zwar eingängig aus den Boxen direkt ins Ohr – geht aber genauso schnell auch wieder heraus. Sänger Dorian wirkt wie gerade aufgestanden, während sich Keyboarderin Ophelia Dax mit Headbangen wach hält. Wie schon beim Wave-Gotik-Treffen frag ich mich, warum man eigentlich einen Drummer braucht, wenn eh alles wie aus einem Drum-Computer klingt. Trotz der späten Zeit schaffen es die Essener dennoch, einige Crowdsurfer zu animieren und bei Songs wie 'Lies', 'Change The World' (heute Abend sicher nicht mehr) oder 'Beloved Enemy' die letzten Strohfetzen aus den Haaren zu moshen. Gute Nacht!
[Enrico Ahlig]

Redakteur:
Enrico Ahlig

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