Party.San 2008 - Bad Berka

29.08.2008 | 11:42

07.08.2008, Festivalgelände

Samstag, Tag der Mundschützer und der Verdammten

Nach einer verregneten und stürmischen Freitagnacht hat sich das Wetter am Samstag zum Glück wieder beruhigt. Die Sonne lacht, das Bier schmeckt schon wieder und ... oh, schon kurz vor 14 Uhr, schnell ab vor die Bühne, mal schauen, was IMPERIOUS MALEVOLENCE so zu bieten haben. Bei Brasilien und Death Metal kommen einem natürlich sofort die mächtigen KRISIUN in den Sinn. Und zu meiner Freude klingt das Trio um Frontmann Raphael wie eine frühe Variante davon. Das bedeutet, man bekommt schnörkellosen, ultrabrutalen Death Metal mit leichtem Black-Metal-Einschlag geboten. Leider haben sich vor der Bühne erst ein paar Headbanger versammelt, die auch noch etwas müde wirken und die Matten nur sehr verhalten kreisen lassen. Egal, IMPERIOUS MALEVOLENCE machen Spaß und gewähren etwa eine halbe Stunde lang einen guten Einblick in ihr bisheriges Schaffen, immerhin schon vier Studioalben seit 1995 und einige Split-EPs. Abschließend wird noch SODOMs 'Sodomy & Lust' runtergeschrubbt. Cool. Daumen hoch für die Brasil-Deather!
[Gastschreiber Thorsten Seyfried]

Bei INSISION stellt sich erst ein Problem. Silvana und Marko sind noch ein wenig geschockt, weil ihnen ihr Auto in der Nacht von einem Besoffenen angefahren wurde. Und sie haben dennoch einen Text geschafft. Respekt.
[Henri Kramer]

Am frühen Samstag sind scheinbar nur eine Hand voll Leute aus ihren Zelten gekrochen gekommen, um INSISION zu supporten. Ein rauer "Wish you have a hangover!"-Kommentar des Sängers Carl Birath wird durch ein raunendes "Fuck you!" beantwortet. Nun ja, das dürfte doch einiges über den Grad der geistigen Umnachtung der Hörerschaft aussagen, die sich dennoch äußerst willig ihre Schädelwände mit brutalem und äußerst schnellem Death Metal einschlagen lässt. Und während Songs wie 'The Imminent Vision', 'My Fever', 'Sado God' und 'We Did Not Come To Heal' mehr und mehr Publikum heranlocken, metzeln sich dann doch noch ein paar Frühaufsteher in einem kleinen Moshpit vor der Bühne nieder.

Nachdem INSISION die Party.Sanen erfolgreich in Stücke gehauen haben, werden sie nun mit dem Intro der schwedischen Death-Metal-Band FACEBREAKER in die Abgründe der Hölle katapultiert. Lauschen beim Eröffnungssong 'Slowly Rotting' noch vergleichsweise wenige Leute, so kann man schon beim darauffolgenden Stück 'The Demon' biertrunkene Menschenströme vor die Bühne pilgern sehen. Kraftvolle und alles zerschmetternde Songs wie 'Burner', 'Soul Eater', 'Unanimated Flesh' und 'Devoured By Decay' lassen die Mähnen in einer Headbang-Orgie verschmelzen und machen FACEBREAKER zu einer der großen Überraschungen des Samstags.
[Gastschreiber Silvana Conrad und Marko Seppä]

Gegen 17 Uhr entern die Norweger von KOLDBRANN an diesem heißen Nachmittag die Bühne und schmettern dem zahlreich versammelten Publikum nach einem kurzen Intro ihren aggressiven Black Metal mit voller Wucht entgegen; Songs wie 'Kaosmanifest' und 'Steinet Til Jorden' erklingen. Trotz des ausdrucksvollen Auftritts von Frontmann Mannevond und seinen Gefolgsmännern lässt sich das Publikum nur zögerlich mitreißen, was zum einen vielleicht am mittelmäßigen Sound liegt, aber einfach auch an der Tatsache, dass sich die volle Wirkung des rauen Black Metals der Nordmänner unter glühendem Tageslicht nur schwer entfalten kann. Gegen Mitte des Auftritts präsentiert die norwegische Band einen neuen Song der kommenden EP, welcher das musikalische Vermögen von KOLDBRANN wieder einmal bestätigt und die neue Scheibe freudig erwarten lässt. Zum finalen Abschluss stößt noch der Sänger von ENDSTILLE dazu und liefert mit einem gemeinsamen Song einen unerwarteten Ausklang der Show.
[Gastschreiberin Annabel Ofenberg]

Hmm, komisch, warum sind nun plötzlich so viele Leute mit grünem Mundschutz unterwegs? Was soll das denn? Ach so, die Chirurgie-Grinder GENERAL SURGERY stehen auf dem Plan. Die Schweden entern die Bühne, wie man es von den letzten Promo-Bildern her kennt, also mit schwarzen Hosen, weißen Hemden und Kitteln, über und über mit Blut beschmiert. Da scheint wohl kurz vor dem Auftritt eine OP voll in die Hose gegangen zu sein. Operation gelungen, Patient tot. Als alles andere als tot erweist sich das Publikum: Mit einem riesigen Circle Pit wird die Band, die es schon seit bald zwanzig Jahren gibt, die es aber erst zu einem Album geschafft hat, eine gute Dreiviertelstunde richtig abgefeiert. Im Prinzip klingen GENERAL SURGERY wie eine Mischung aus DISMEMBER und CARCASS. Ich muss aber sagen, dass mir die Sache mit der Zeit etwas zu eintönig wird, da sie sich die meiste Zeit über im Midtempo bewegt. Auf jeden Fall kommt das Quintett sympathisch rüber und beschließt den Auftritt mit dem CARNAGE-Cover 'The Day Man Lost'.
[Gastschreiber Thorsten Seyfried]

Die klangliche Darbietung von VREID bestätigt mal wieder, dass die Jungs aus Sogndal mit jedem Auftritt immer besser werden. Beim schmucklosen, geradezu schweinerockigen Black Metal, den sie zu bieten haben, wird der Abnabelungsprozess von ihrer Vorgängerband WINDIR sehr deutlich. VREID verstehen es inzwischen, auch ohne Coversongs das Publikum mit ihrem kraftvollen Sound zu becircen. Sehr nett auch die Hörproben ihres neuen Albums "I Krig" (nur leider war die CD auf dem Gelände viel zu schnell ausverkauft). VREID zeigen auch diesmal wieder, dass Black Metal auch ohne Schnickschnack, Corpsepaint und Gepose einfach gut sein kann.
[Gastschreiberin Julia Erdmann]

"Mit so 'nem Fotoapparat hast du 'nen Presseausweis gekriegt?" - so begrüßt man unwichtige, pinke Shirts tragende Schreiberlinge, wenn man auf gute Kritiken nicht angewiesen ist! Und wenn einige äußerst truen Schwarzkittel bei dem Wort "Metalcore" die Nase rümpfen, dann haben sie MAROON noch nicht mit Songs wie '(Reach) The Sun', 'The Iron Council' und 'The Worlds Havoc' über die Bühne jagen sehen. Mit ihren rotzigen Sprüchen, ihrer fürsorglichen Fanliebe und ihrer Straight-Edge-Hingabe sorgen die Jungs dafür, dass bei einigen Fans sämtliche (!) Hüllen fallen.
[Gastschreiber Silvana Conrad und Marko Seppä]

Die Finnen IMPALED NAZARENE haben sich auf deutschen Bühnen in den letzten Jahren durchaus rar gemacht. Umso mehr freue ich mich darauf, diese wilde Truppe endlich live zu sehen. Mit 'Suomi Finland Perkele' startet der Gig spielerisch jedenfalls ganz amtlich. Allerdings ist der Sound alles andere als der Knaller. Bei satter Lautstärke kommt dem Zuschauer ein schäbiger, verwaschener Brei entgegen, der die Freude an der Performance der Finnen doch erheblich schmälert. Und so muss man schon eine Weile hinhören, um Stücke wie das derb knallende 'Original Rig Pig' sowie auch 'Pathogen' von der überaus gelungenen aktuellen Scheibe "Manifest" identifizieren zu können. Der Funke zwischen Band und Publikum, das sich zahlreich vor der Bühne versammelt hat, will daher leider nicht so recht überspringen. Frontmann Mika versucht zwar, das Publikum zu stärkeren Reaktionen nach dem Motto "Deutschland, ihr könnt verdammt noch mal lauter" zu bewegen. Doch diese Appelle fruchten nicht. An der Setlist, die Uraltrumpler der Marke 'Sadu Sathana' gleichermaßen berücksichtigt wie neuere Bolzen à la 'Total War' kann man zwar wenig aussetzen, aber wegen des schlechten Sounds ist die Performance von IMPALED NAZARENE leider in der Kategorie mittelprächtig zu verorten. Schade!

Klang der Sound bei IMPNAZ mäßig bis miserabel, so wird die Performance der holländischen Thrasher LEGION OF THE DAMNED mit einem ungleich wuchtigeren Sound in die große Menschenmenge gepustet. Weiß der Henker, warum im vorliegenden Fall eine Unterschied wie Tag und Nacht zwischen LEGION und IMPNAZ zu konstatieren ist. Seltsam ist das allemal.

In giftgrünes Licht getaucht und von dichtem Bühnennebel umspült, starten die Thrasher ihren Auftritt, der zwar keinerlei Überraschungen in Sachen Setlist offenbart, dafür über messerscharf und motiviert durchgezogen wird. Das neue Studioalbum "Cult Of The Dead" (welches im Übrigen lediglich eine Neueinspielung eines älteren Albums der Vorgängerband OCCULT darstellt) bleibt heute Abend außen vor. Dafür dringen Rübenschwenker wie das kultverdächtige 'Werewolf Corpse', 'Sons Of The Jackal' oder auch 'Sepulchral Ghoul' scharf wie eine Rasierklinge aus den Boxen. Die Metalheads schädeln ordentlich ab und feiern die Holländer. Nach dem finalen 'Diabolist', das von den Anwesenden energisch mitgebrüllt wird, ist dann aber nach etwa 75 Minuten Sense. Fetter Applaus ist der Band sicher. Zu Recht, denn dieser Auftritt war durchaus stark.
[Martin Loga]

Zerstörung, Zerstörung, Zerstörung - wie BEHEMOTH im Anschluss die Bühne des Party.Sans zerlegen, gleicht einer einzigen Offenbarung. Völlig entfesselt spielen die Polen auf, zeigen einmal mehr, welch Klasse sie inzwischen erreicht haben. Der Sound klingt dabei alles zertrümmernd. Und Nergal als Frontschreier lässt sich davon anstecken, gerät offenbar selber in einen Koller und zerreißt ein Neues Testament. Die Songnamen zu dieser Darbietung sind quer durch die Bandhistorie gewürfelt; von 'Christgrinding Avenue' bis hin zu 'At The Left Hand Ov God' sind alle wichtigen Hämmer aus dem BEHEMOTH-Fundus vertreten. Die Musiker präsentieren sich dazu in fiesem grünblauen Licht, was der unbändigen Kälte und Wildheit des Gigs extra guttut. Mit 'Chant For Eschaton' endet die Lehrstunde, mit den letzten Klängen wirft Nergal seine Gitarre auf dramatische Weise von sich. Nach so viel Perfektion bleibt nur die bange Frage, was OBITUARY als eigentlicher Headliner da noch reißen sollen?
[Henri Kramer]

OBITUARY treten an, stilecht mit kurzen Hosen auch bei der Arschkälte. Und die Jungs aus Florida haben mal wieder einiges zu bieten; die Crème de la crème ihrer Diskographie. Mit Songs wie 'Find The Arise' als Opener und 'Til Death' sollte man doch einfach jeden begeistern können. Aber ein Blick übers Publikum zeigt kaum jemanden beim Haareschütteln, und auch ein Moshpit ist nicht zu entdecken. Verwunderlich, weil doch OBITUARY mit ihrem Wechsel zwischen Uptempo in den Strophen und den eher zähflüssigen Refrains den perfekten Rhythmus bieten, bei dem doch schon jeder Nackenmuskel zuckt und man doch gar nicht mehr stillstehen kann. Es ist allerdings auch nicht die beste Spielzeit, wenn viele Fans doch schon ziemlich kaputt gefeiert sind und die ersten der Autofahrer auch schon fast wieder nüchtern scheinen.

Na ja, OBITUARY sehen es gelassen, zeigen allen, was man unter ordentlichem, rotzigem Old School Death Metal versteht, und gehen dann viel zu früh ab. Vor der Zugabe muss ja schließlich noch von dem riesigen Joint genascht werden, der hinter der Bühne wartet. Als erstes tritt der Schlagzeuger wieder auf und schafft es doch tatsächlich, das Publikum mit seinem Drumsolo in Bewegung zu bringen und ihm begeisterte Zurufe zu entlocken. Ein nettes Solo des Gitarristen folgt, und als die Band wieder vollständig auf der Bühne steht, wird mit 'Slowly We Rot' wieder losgeprügelt. Und siehe da: Endlich wird überall geheadbangt. Geht ja auch nicht anders, bei so einer gelungenen Zugabe.
[Gastschreiberin Julia Erdmann]

Und so ist es wieder einmal vorbei, dieses Party.San, mit einem mehr als guten Billing und einem Feeling, das von den Fans im Gästebuch in großer Mehrheit immer noch als einzigartig beschrieben wird - und das war ja nicht immer so. Die Tickets für das nächste Jahr dürfen dabei schon wieder reserviert werden. Denn schon jetzt sind MARDUK, SATYRICON und die Blut-Liebhaber SHINING offiziell bestätigt. Und offenbar soll wirklich dem in diesem Jahr etwas stiefmütterlich behandelten Black-Metal-Genre der passende Tribut gezollt werden. DEN SAAKALDTE aus Norwegen haben zugesagt, eine All-Star-Band mit Sykelig von GORGOROTH, Kvarforth von SHINING, Seidemann von 1349 und KOLDBRANN, Jormungand von DODHEIMSGARD sowie Uurz von URGEHAL und wiederum SHINING. Hier soll herrlich kratzender Black Metal alter norwegischer Schule zelebriert werden. Wir werden es sehen.
[Henri Kramer]

Redakteur:
Henri Kramer

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